Ihr gesamter Körper fühlte sich mit einem Mal an, als würde das Gewicht des Universums ihn nach unten ziehen. Die Wut ihn ihr war völlig ausgelaufen, alles an Axel verpufft.
Das Gefühl hatte Nichts in Léo übrig gelassen. Sie weinte hemmungslos, weil sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte und es irgendwie das Richtigste im Moment schien.
Alistair hob sie hoch und drückte sie an sich. Sein fester, warmer Griff erinnerte sie an den Grund, warum es so richtig war, zu weinen.
"Ich wede Papa nie wieder sehen"
Das war eine schlichte Tatsache für sie, die Einzige, die noch auf dieser Welt zu zählen schien. Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung begannen, die Leere langsam aufzufüllen.
Sanft redete er ihr zu, doch so sehr ihr sein Dasein und seine Worte ihr als Balsam dienten, so verwandelte sich dieser Balsam, sobald er eingezogen war, in weitere Tränen, die ungehindert aus ihren braunen Augen quollen. Das Mädchen wollte lachen, als er sie mit Kobold ansprach und ihr sagte, dass das okay war, aber sie glaubte eigentlich nicht daran. Sie war ein schlechter Kobold, sie wusste nichtmal, wo ihr Goldtopf war und sie hatte es auch gar nicht verdient, auf seine tolle Mütze aufzupassen.
Der Ire setzte sie auf dem Boden ab, sie hatte Mühe, sich aufrecht zu halten, konnte ihn aber ertaunlich leicht ins Gesicht schauen, was sie auch dringend wollte. Er strich ihr eine Träne von der Wange weg, zwei Tränchen kullerten nach, dann sagte er.
"Hör mal" "wenn es in meiner Macht steht, finde ich deinen Papa wieder und sorge dafür, dass du ihm wieder in die Arme springen kannst."
Seinen Vorschlag, ihn zu hauen, wenn sie wollte, nahm sie wahr, aber sie würde Alistair nie wehtun wollen. Ihre Gedanken hingen immernoch an dem Versprechen, dass er ihr gerade gegeben hatte. Noch mehr Tränen rannen aus den Augen herab, nicht aus ihrer festen Überzeugung heraus, dass ihr Papa nun sicher sterben würde, daran war für sie jetzt nicht mehr zu rütteln. Sie musste weinen, weil dieser komische Kauz vor ihr so lieb war und ihr wieder Hoffnung geben wollte und es bei ihr keine Wirkung zeigte. Das war nicht fair ihm gegenüber, er hatte ihr nichts getan, dass das jetzt nicht klappte! Ihre Lippen bibberten und sie versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken.
Plötzlich kam eine zusätzliche Last zu dem Gewicht des gesamten Universums auf ihrer rechten Schulter dazu. Sie drehte langsam den Kopf und blickte direkt in Rileys etwas merkwürdig aussehendes Gesicht.
"Hallo Léo, ich hab dir was mitgebracht."
Er suchte merkwürdig ungeschickt in seinen Taschen nach etwas Bestimmtes und überhaupt benahm er sich ganz anders als sonst. Und er roch aus dem Mund ziemlich stark nach diesem Hauch, den auch Alistair anhaftete.
Der junge Mann ließ den kleinen USB-Gorilla in ihre sich gerade hebende Hand fallen, auf deren Handinnenfläche ein wenig Blut aus den Wunden floß, die die Fingernägel beim Ballen der Faust verursacht hatten.
"Hier, den brauchst du ganz bestimmt mehr als ich."
Mit der anderen Hand ließ sie die Ärmchen des Plastikaffen wackeln. Machete kam gerade mit Álvaro im Maul an, den sie hatte fallen lassen und legte ihn behutsam in ihren Schoß ab, um sie dann aus seinen schwarzen, von noch schwärzeren Fell umrahmten Augen erwartungsvoll anzublicken.Riley, Alistair und selbst der riesige Hund waren gerade so nett zu ihr und wollten sie aufmuntern. Sie waren überhaupt immer nett zu ihr, genauso wie Clover und Ian und Andris und noch andere, die das kleine Mädchen so gern hatte. Sie hatte das gar nicht verdient, weil sie jetzt einfach nicht wieder fröhlich werden wollte, obwohl das genau das war, was sie jetzt machen sollte. Einfach wieder aufspringen und lachen und alle knuddeln und die kleine, niedliche Léo sein.
Aber es ging nicht. Sie war einfach nur unendlich traurig. Papa würde auf die andere Seite gehen, Alistair konnte das bestimmt nicht verhindern, weil Campanilla hier war, wo sie nicht sein sollte. Und sie war ein sehr schlechter Kobold, dass sie jetzt ihre lieben großen Freunde so enttäuschte und nicht wieder fröhlich werden konnte.
Léo begann zu schluchzen und das Wasser plätscherte wie kleine Bäche aus ihren Augen.