Shin Megami Tensei - Soul Hackers [3DS]
Vorweg: ich bin noch nicht allzu weit in dem Spiel, sprich ohne grinden hat mein MC jetzt Lvl. 20. Mag also gut sein, dass einiges storytechnisches was ich hier bekrittele später noch angesprochen wird. Daher unterteile ich grob in Charaktere/Story und das Gameplay.

Fangen wir mal mit den Charakteren und der Story an:
An und für sich hat man eine ganz sympathische Gruppe junger Typen, bekannt als die Hackergruppe "Spookies". Der Haken? Davon sind nur der MC sowie seine Kindheitsfreundin spielbar, was wirklich schade ist: die Gruppe hat nämlich eine deutlich unterhaltsamere Dynamik als die beiden (nicht zuletzt, da der Protagonist stumm und für den Spieler unsichtbar ist). Die Kindheitsfreundin ist allerdings ein besonderer Fall: Die wird nämlich zu Beginn des Spiels von einem Dämon, Nemissa, besessen, die charakterlich das komplette Gegenteil zu unserer Freundin ist.
Nun die Preisfrage (und mein großes Problem #1): Was mache ich, wenn meine Freundin auf einmal von etwas besessen ist? Richtig, ich zucke mit den Schultern. Zumindest tut das der komplette Cast, bzw. die meisten checken nicht einmal, dass Madame nicht nur einen schlechten Tag hat und deswegen auf einmal zickig ist wie nichts (oder die Haarfarbe wechselt). Nemissa schmeißt sich dafür dann auch mal ins Lack- und Lederoutfit, ganz gleich, was ihr Wirtskörper davon hält, und pöbelt alles und jeden an. Das wäre jetzt auch nicht so arg, wenn nicht - Problem #2 - Nemissa eigentlich absolut nichts reißen würde zu Beginn, da sie wie der MC auch auf Level 1 ist. Dazu scheint sie eher magisch orientiert zu sein - kann aber noch fast keine Zauber. Hrm.
Weiter geht es mit der Story und Problem #3: Wie gesagt, ich bin noch nicht sehr weit und kann daher noch nicht viel sagen. Dass aber abgesehen von "Huch, hier rennen ja Monster rum!" keiner darauf reagiert, dass auf einmal (warum auch immer) Dämonen auftauchen stört mich. Diese drei Punkte sind alles Dinge, die für mich nur auf der Storyebene die Immersion nehmen, da nichts irgendwie glaubwürdig scheint. Zum Vergleich: Atsuro hat in Devil Survivor deutlich mehr Wind gemacht, als Kresnik sich in Maris Körper vorgestellt hat. Oder Yuzu, die den großteil der Spielzeit gebraucht hat, um irgendwie diese ganze Dämonensache in ihren Kopf zu bekommen.

Zum Gameplay:
Es wirkt einfach unkomfortable und antiquiert. Die Grundideen sind nett, aber durch die Bank weg fragwürdig umgesetzt. Bewegen kann man sich Kästchenweise, wobei man immer nur in gerade Linien sieht, was vor einem liegt. Man kann vorwärts gehen, Sidesteps machen wobei die Blickrichtung gehalten wird, und sich in exaktem 90°- bzw. 180°-Winkel drehen. Gepaart mit dem SMT-Dungeon-Design, wo alles eh exakt gleich und leer aussieht, kämpft man sich durch verwinkelte Dungeons und Zufallskämpfe. Erkunden macht dabei nicht viel Spaß, wenn man jedes mal erst einmal den Char drehen muss, um in eine andere Richtung zu laufen. Rückwärts laufen geht übrigens auch nicht.
Die Kämpfe sind relativ vertraut, wenn man SMT kennt. Neu ist, dass es zwei Reihen pro Gruppe gibt, wobei nur die vordere mit Nahkampfangriffen angreifen und angegriffen werden kann. Grafisch würde ich das ganze allerdings noch einmal ein gutes Stück hinter den Devil Survivor-Teilen einordnen, wo man die Gegner wenigstens vernünftig gesehen hat und sich die Statuswerte und Porträts der eigenen Gruppe ansehen konnte.

Der Clou beim Kampfsystem, der einerseits sicher eine gute Idee, andererseits aber unglaublich nervig ist, ist das Loyalitätssystem. Dämonen haben eine gewissen Loyalität, die je nach Kampfhandlungen steigt oder fällt. Dabei gibt es mehrere Arten von Dämonen mitverschiedenen Präferenzen. Ist die Loyalität nur mittelmäßig, passiert es regelmäßig, dass der Dämon gerade einfach keinen Bock hat, einen Befehl auszuführen, der nicht in sein Präferenzschema passt, bei sehr niedriger Loyalität macht der Dämon fast grundsätzlich was anderes. Man stelle sich praktisch vor, man versuche ein getauschtes Pokémon auf Level 50 zu steuern, wenn man nur den Orden bis Level 20 hat.
Das System ist jetzt an und für sich schon fragwürdig genug, denn es macht wirklich keinen Spaß, wenn die Dämon, die eigentlich den Status boosten und heilen sollten, plötzlich sagen "Nö, du kannst mich mal" und einen der Boss dann killt mangels Heilung. Auch toll ist, einen magisch-orientierten Dämon zu haben - der aber keine Zauber kann und somit permanent rumzickt, weil man ihn nicht zaubern lässt (wtf?). Absoluter Overkill an der Nummer ist aber: Kein Mensch erklärt einem diese Preferenzen bis man die ersten Stunden hinter sich hat und womöglich schon die Dämonen vor lauter Loyalitätsmangel desertiert sind. (Ja, das gibt's auch. Ein Dämon hat sich einfach im Kampf verkrümelt, weil ich ihm sagte, er solle Angreifen.)
Das Ganze dann gepaart mit dem standard-SMT-Schwierigkeitsgrad, bei dem einen Bosse durchaus in den ersten zwei Runden falten, wenn man nicht aufpasst. Hurra.


Es gibt noch einige andere Punkte, etwa die umständliche Menüführung, das Touchscreen, was immer und überall das Optionsmenü aufrufen kann (wozu auch immer) oder, dass man beim Fusionieren keine Chance hat herauszufinden, was die Skills des neuen Dämonen eigentlich machen. Das sind alles so Kleinigkeiten, die zwar nicht groß sind, aber einfach alle teils sinnfrei und teils nervig erscheinen und damit das Gesamterlebnis runterziehen.
Das Spiel ist nicht gleich per se schlecht, aber es spielt sich einfach antiquiert und unkomfortabel - vor allem, da DS, 3DS & Co jetzt wirklich die Leistung hätten, es besser zu machen. An Devil Survivor, Lucifers's Call, DDS und schließlich auch SMT VI sieht man auch, dass die SMT-Reihe selbst es durchaus deutlich besser kann.