Er wollte noch viel mehr antworten. Doch Ian beließ es dabei, das Gespräch in die Richtung weiterzuführen, in die Alistair es nun lenkte.

"Nein.", antwortete er dann nüchtern und fuhr ebenso trocken fort. Er wollte es vermeiden, zu viele Emotionen in die Erzählungen zu stecken. "Nach der Schule war ich mir nicht sicher, was ich machen sollte. Ich probierte mich in einem Kindergarten und es... es hat einfach gepasst. Ich war mir sicher, etwas in die Richtung machen zu wollen." Es fiel ihm schwer, sich nicht zu sehr hineinzusteigern.

"Ich war mit den Kindern im Feriencamp..." - er begann, etwas zu zittern. Das ist nur die Kälte. "Wir saßen am Lagerfeuer und ich war der Letzte. Ich habe Schreie gehört und bin ihnen gefolgt." Ians Herz klopfte immer schneller. "Da war dieser Typ. Vor... vor der kleinen Megan - mitten im Wald... es ist noch nichts passiert - zum Glück! Aber ich hatte diese Wut. Ich verstand nicht, wie man einem Kind... wie man überhaupt..." Du steigerst dich rein, Ian. "Ich bin zu ihm, habe ihn zu Boden gedrückt und entwaffnet. Hab' dem Mädchen gesagt, sie soll abhauen." Er ballte seine Fäuste zusammen. Die Erinnerungen? Die Wut? Der Selbsthass? "Ich nahm sein Messer und rammte es in seinen Bauch."

Ian legte seine Hände druckvoll auf seine Stirn und wischte sich die dicken Schweißperlen weg. "Dann bin ich aufgestanden und hab' dem... dem... Typen in seine Eier getreten. Immer und immer wieder! Ich sah von den Schlafhäusern aus, wie das Licht anging. Sie durften nicht da sein, bevor ich es erledigt hatte... dachte ich. Ich kniete mich neben ihn und schlug in sein beschissenes Gesicht. Ich... weiß nicht, wann er tot war. Ich machte einfach immer weiter. Ich sah nur diese hässliche Fratze vor mir - und... und wie sie das Kind ansah." Er atmete inzwischen laut und schnell.

"Das war vor mehr als drei Jahren." Es fühlte sich inzwischen so an, als würde er mit sich selbst reden. Es tat gut, auch wenn es schmerzte. "Ich kam natürlich ins Gefängnis." Er zuckte fast etwas zusammen und wühlte in seinem Rucksack herum, kramte dabei das sorgfältig gefaltete Papier mit Megans Zeichnung heraus, hielt sie sich vor das Gesicht in Richtung von Alistair. "Das hat die Kleine mir gemalt!"

Er drehte die Zeichnung etwas hin zu Alistair. " 'Das' - hat sie gesagt - 'das bin ich, Ian'!" Er zeigte mit einem zittrigen Finger auf die Karikatur eines Mädchens, die etwas mehr als ein Strichmännchen war und ein rosa Kleid sowie eine goldene Krone trug. Daneben stand in einer krakeligen Schrift Pinzesien Megan "Und das... das ist der böse Mann!" Er deutete auf eine schwammige geisterhafte Figur, die mit schwarzem Filzstift auf das Papier gepresst wurde. Seine Augen waren nass. Er spürte, wie heiße Tränen an seinen brennenden Wangen hinunterliefen. "Und das bist du!" Seine Finger fuhren noch auf dem Blatt zu einer Zeichnung von einem Männchen, das größer war, als alles andere und ein Cape trug. Daneben stand in der selben Kinderschrift supaheltd ian. Ian lächelte kurz blass. "Sie hat mich so angestrahlt, als sie mir das zeigte."

Wütend und irgendwie seltsam enttäuscht von sich selbst wischte er sich die Tränen aus den Augen. "Ich hoffe, sie hat jetzt noch jemanden, der auf sie aufpasst!"