"Er atmet nicht mehr."
"Wie, er atmet nicht mehr?"
"Uuuuuurrrrgh...!"
"Scheiße, Ridley, halt durch! Wir warten bis die da draußen durch sind und dann hauen wir ab..."
"Staff Seargant? Hören Sie mich, Sir? Scheiße, verdammtes Mistteil!"
"Dagegen zu schlagen hilft auch nix, Daniel!"
"Was soll das heißen, Cam? Sollen wir uns etwa auf eigene Faust durchschlagen und... FUCK sind die bald mal fertig mit der Verbrannte Erde-Aktion?!"
"Die sind erst fertig wenn hier alles Asche ist, wenn wir Asche sind, verstehst du das?"
"Sie würden doch nicht...!"
"Doch, Rodriguez, genau das würden sie!"
"Cam, dreh' mir jetzt bloß nicht durch!"
"Sie testen irgendeinen Scheiß an uns aus und dann..."
"Cam, halt die Fresse!"
"... verfrachten sie unsere Asche an den Grund des Mariannengrabens, nachdem sie die gesamte..."
"CAM, ICH SAGTE DU SOLLST DIE FRESSE HALTEN!"
"... DIE GESAMTE SACHE UNTER DEN TISCH GEKEHRT HABEN!"
"CAM, WIR SIND SOLDATEN UND KEINE TESTKANINCHEN FÜR IRGENDEINE ZOMBIESEUCHE!"
"Ja richtig, Daniel - wir sind Soldaten, deshalb können sie uns auch so leicht loswerden!"
"Wer sind 'sie', Cameron?"
"Rodriguez, ich rede von der Regierung! Von den Leuten da oben, die uns hier unten zuschauen wie wir eingebunkert vor uns hinvegetieren!"
"Ich wiederhol's nicht nochmal, Cam: Halt' deine verdammte Fresse."
"Cam, es wäre vielleicht wirklich besser, wenn du... Ridley?"
"Ridley?"
Ridley richtete sich langsam auf, im selben Moment als sich Yuki langsam aus ihrem kurzen Wachkoma quälte. Sie hatte tierische Kopfschmerzen, ihr Herz pochte, und ihr war bewusst, dass da draußen alles andere als ein schlechter Traum war. Okay, der Reihe nach:
Sirenen.
Verfaulter Geruch in der Luft.
Notruf aus dem Sani-Bereich.
Brutales Gemetzel ebenda.
Musste mitansehen, wie eine Krankenschwester ausgeweidet wurde von drei ihrer Patienten, während eine andere nur pansich wegrannte und ins Kreuzfeuer von Yuki und ihren Jungs geriet.
Die Patienten fielen einfach nicht um, egal wie oft man auf sie schoss.
Kugel in den Kopf machte sie komplett kampfunfähig.
Niederschlagen, Kopfschuss, das war die Taktik um Mun zu sparen.
Übrigegebliebene Ärzte und Schwestern in einen Truck verfrachten und auf die Reise schicken.
Die ausgeweidete Schwester stand vor ihnen.
"Ridley, alles okay bei dir?"
Die letzten überlebenswichtigen Organe plumpsten aus ihr heraus, die Lungenflügel schienen nur an einem seidenen Faden zu hängen.
Augen wie Milchglas.
Genug Luft, um zu atmen.
Genug Luft, um zu fressen.
Kopfschuss.
Kein Atmen.
Kein Fressen.
Nur noch mehr von ihrer Sorte draußen vor der Tür.
"Ach du Scheiße, sieh dir mal seine Augen an...!"
"Genau wie..."
Ridley wurde gebissen!
"Oh kacke, alle Mann zurück!"
Ridley stand auf und schnappte wild um sich. Seine Arme unkoordiniert vor sich haltend, versuchte er nach den dreien zu packen, aber ein fester Griff gelang ihm einfach nicht. Die feixenden Schnappgeräusche wurden ab und an unterbrochen durch uturales Grunzen als wäre er der Sänger einer Death Metal-Band. Yuki stand von der Matraze am Betonboden des Luftschutzbunkers auf und griff nach dem Erstbesten, das sie als Waffe benutzen konnte.
"Zurück, ich mach' das!", rief sie kühl und ging langsam auf den infizierten Ridley zu. "Ich mach' das..."
"Yuki, pass auf!", rief Cameron, der merklich nervös zitternd versuchte, mit dem Sturmgewehr auf Ridley zu zielen, der sich nun langsam erhob und auf Yuki zutrottete.
"Es tut mir leid, Thomas!", sagte Yuki und benutzte das erste Mal seit 2 Jahren Ridleys Vornamen, um ihn direkt anzureden. "So leid, okay?"
Dann hob sie Bazooka hoch und verpasste Ridley einen donnernden Schlag auf sein Haupt. Blut spritzte aus der enorm großen Platzwunde, die sich nach dem von einem blechernen Geräusch begleiteten Hieb bildete. Er torkelte zurück, benommen, leise vor sich hingrunzend. Sie setzte noch einmal nach. Schwinger links.
Noch einmal. Schwinger rechts.
Noch einmal. Durchstoß von oben.
Tränen schossen ihr in die Augen und sie brach erschöpft zusammen. Die blutverschmierte Bazooka fiel mit einem dumpfen Poltern neben sie auf den Boden. Auf Knien betrachtete sie ihr Werk: Ridleys Schädel war gespalten, Blut klebte an der Wand hinter ihm, auf dem Boden auf welchem er bis eben stand, auf dem Krankenbett, auf welches sie ihn vorhin gehievt hatten und auf welchem er jetzt auch wieder leblos lag. Rötliche Hirnmasse tropfte dickflüssig aus seinem Schädel auf die Matratze, die Augen waren wegen der Krafteinwirkung ausgetreten, das linke baumelte an einem seiden Faden aus der Augenhöhle heraus und schwang für ein paar Augenblicke sachte von links nach rechts wie ein Pendel. Die Zunge hing aus dem Mund heraus, und fast schien es so, als würde der Leichnam Yuki direkt ins Gesicht schauen.
"Schau mich nicht so an.", flüsterte sie und wischte sich mit der rechten Hand die Tränen aus den Augen. Dennoch war noch was Feuchtes an ihrer rechten Wange. Sie tastete danach und betrachtete ihre Hand. Blut. Sie wischte es blitzschnell an der Hose ab, immer noch schluchzend am Boden kniend.
"Schaut mich nicht so an.", sagte sie, nun etwas lauter an ihre drei umstehenden, geschockt dreinblickenden Kameraden gerichtet.
"Ein Kopfschuss hätte gericht, Ma'am.", sagte Rodriguez leise und mehr voller Furcht als voller Respekt.
"Ich wollte keine Rakete in einem Luftschutzbunker abschießen. Vor allem nicht in sein Gesicht.", witzelte Yuki mit zynischem Unterton und erhob sich langsam aus ihrer religiös wirkenden Pose.
"Unangebracht, Ma'am.", antwortete Rodriguez und deutete auf die anderen stumm dastehenden Zwei.
Eine minutenlange unbequeme Pause, nur ab und an unterbrochen durch das Bombardement, das fünf Meter über ihnen abging, sagte Cam endlich: "Was zum Geier hast du dir dabei gedacht?"
Yuki schaute sich im Bunker um. Da war nur die Treppe rauf in den Sanitätsbereich, gesichert durch eine massive Stahltür oben und eine weitere am unteren Ende der Treppe. Beide waren im Moment verschlossen, sie wusste nicht ob die Lebenserhaltungssysteme hier drin lang genug für die vier ausreichen würde. Auf jeden Fall auf einem derart engen Raum (5x8 Meter, davon viel vollgestellt mit Schränken, Krankenbetten und anderem Ramsch, da der Bunker eher als Abstellkammer benutzt wurde als als Schutz vor Flugangriffen) würde es eng werden. Sie mussten raus.
"Was hast du dir dabei gedacht, Yuki? Antworte mir, verdammt nochmal!", rief Cameron abermals, diesmal deutlich aggressiver.
"Ich...", fing sie an, stockte allerdings kurz, "Ich... war von der Rolle."
"Von der Rolle?", wiederholte Cameron und kam auf sie zugestapft. "Von der Rolle?" Er packte sie am Kragen und drückte sie mit aller Kraft gegen den Spind der hinter ihr stand.
"Von der... von der Rolle!", antwortete Yuki und windete sich, um Cams Griff zu entkommen.
Er hob sie an und drückte sie nun noch stärker gegen die Spindtür. Sein Blick war von purer verfickter Wut erfüllt, so als ob er mit der Macht seiner Gedanken ihren Kopf zum Platzen bringen wollte. "Du hast gerade einen Mann mit einer Bazooka den Schädel eingeschlagen, mit dem du zwei Jahre alng gedient hast. Mit dem du Party gemacht hast, der Typ der auf deine und seine Kosten Witze machte weil sich sonst niemand traute, der Typ der dich als seine große Schwester betrachtete nachdem du ihm ausgeredet hattest nach Afghanistan zu gehen! Einen guten, jungen Mann!" Nun schrie er sie direkt an. "Und du erschlägst ihn kaltblütig mit einem Stahlrohr du verdammtes Miststück!"
"Er...!", fing sie an, bekam allerdings kaum Luft dank Camerons hartem Griff, "Er war nicht mehr der Typ den du kanntest, Cam! Er war... einer von denen da draußen!"
Sie wusste anhand seines Blicks, dass er sie entweder gleich totschlagen würde - oder dass er am überlegen war. Seine bereits schon überbelasteten Synapsen schienen fast zu platzen, je genauer er nachdachte über die Situation. Sie blinzelte nicht, jedes Zwinkern würde eventuell fatale Folgen haben. Nur einen Moment nicht aufpassen, und sie würde wahrscheinlich genauso behandelt werden wie sie Ridley behandelt hatte. Totgeschlagen in einem Luftschutzbunker ohne funktionierende Toilette. Sie hätte natürlich Cam einfach in die Eier treten und ihn kampfunfähig machen können, aber sie wollte nciht noch mehr ihrer Leute verletzen.
"Denk' nach Cam. Er war nicht mehr derselbe. Du würdest das Gleiche mit mir machen wäre ich es gewesen. Ich wollte nicht, dass ihr ihn tötet, weil ich die verfickte Verantwortung habe im Moment... Cam! Hör mir zu!", schreiflüsterte sie durch seinen festen Griff hindurch, "Ridley war mein Kumpel, ein verdammt guter Freund, aber als er zu... zu... diesem Ding da wurde, hörte er auf, er selbst zu sein. So wie Schwester Rose!"
Schwester Rose war die Krankenschwester gewesen, die ihre gesamten Innereien über den Krankenflügelboden verteilt hatte und trotzdem weitergelaufen war.
"So wie Schwester Rose...", wiederholte Cameron langsam nickend.
"Ja, so wie Rose...", sagte Yuki im versichernden Ton.
"Er war tot."
"Er war tot und dann nicht mehr."
"Wie die draußen."
"Genau."
"Untote."
"Wie es Lutz uns gesagt hatte."
Cameron heilt kurz inne, um abermals nachzudenken. Sachte ließ er ein paar Sekunden später Yuki wieder auf den Boden und lockerte seinen Griff, die Aktion mit einem "Tut mir leid." kommentierend.
Yuki wollte Cameron umarmen, entschied sich allerdings erst einmal dagegen. Es wäre in dieser Situation nicht...
Jetzt umarmte er sie.
Sie erwiderte die Umarmung, tätschelte Cameron auf den Rücken, immer wieder die Worte "Es tut mir so leid." wiederholend, während Camerons Tränen langsam aber sicher ihre Schulter durchnässten.
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Geändert von T.U.F.K.A.S. (23.08.2012 um 18:39 Uhr)
"Ich will da nicht raus.". Das war im Prinzip der stille Kanon der fünf Menschen, die unten in diesem betonierten Schuhkarton eingepfercht waren und sich seit fast 2 Stunden gegenseitig angeschwiegen hatten. Sie saßen einfach da, Ridleys Leiche hatten sie notdürftig mit einer Flammenschutzdecke verdeckt, um nicht ständig seinen fast vorwurfsvollen toten Blick sehen zu müssen. Yuki sah abwechselnd die restlichen drei an und gab ihnen durch einfaches, langsames und unspektakuläres Aufstehen vom Betonboden zu verstehen, dass man raus sollte aus diesem Bunker.
"Ich gehe jetzt da raus.", sagte sie leise und räusperte sich kurz. "Wer mitkommen will, kann mir gerne folgen. Ich zwinge niemanden." Sie ging langsam zu Cameron herüber, der neben ihrer Ausrüstung saß und einen dieser fies stinkenden Vanille-Cigarillos rauchte, die Yuki so verabscheute. Sie zog sich die Schutzweste über den Oberkörper, stopfte die immernoch blutverschmierte Bazooka in den Rucksack und hievte diesen auf ihren Rücken. Er wirkte schwerer als vorhin, wahrscheinlich alleine durch die Tatsache, dass sie seit knapp 6 Stunden nichts mehr gegessen und kaum etwas getrunken hatte. Sie wollte auch nciht. Das einzige was sie musste, war funktionieren. Dieser Körper musste funktionieren. Solange er ihr ermöglichte, zu atmen und zu kämpfen, konnte ihr ein leerer Magen und ein trockener Hals ncihts ausmachen.
"Die haben vor circa...", sie hatte das Zeitverständnis völlig verloren in diesem verdammten Betonsarg, "... bestimmt 20 Minuten aufgehört mit dem Bombardement. Die Luft sollte rein sein."
Auf ihre unterschwellige Forderung an die anderen, endlich aufzustehen und ihr zumindest bis raus an die frische Luft zu folgen, reagierte lediglich Rodriguez, der die ganze Zeit auf einer Kiste gesessen und nur in die Luft gestarrt hatte, um den faul-süßlichen Geruch von Ridleys Leiche zu ignorieren. Er stellte sich neben sie, sein Sturmgewehr locker in einer Hand haltend und neben sich hängend lassend, und tätschelte ihr sanft mit der anderen auf die Schulter.
"Cam, Carpenter?", fragte sie zögerlich udn sah die beiden abwechselnd an.
Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit (obwohl es maxmimal 20 Sekunden waren), aber nachdem die beiden sich gegenseitig stumm angesehen und sich bestätigend zugenickt hatten, standen auch sie auf. Cameron sah sie eindringlich an, nahm ihr eher forsch den Rucksack ab, hievte ihn auf den Rücken und gab nur ein "Du gehst vor." von sich.
Die Tür flog förmlich auf, als Yuki mit vorgehaltenem Sturmgewehr aus der Bunkertür nach draußen stürmte. Schnell ließ sie die Waffe wieder sinken und sah sich um. Der komplette Stützpunkt sah aus wie ein einziges, in braun-schwarz getauchtes abstraktes Gemälde ohne Struktur. Am Horizont konnte sie gräuliche Rauchschwaden aus Brisbanes Häusern steigen sehen, in der Ferne ertönte eine Kirchenglocke, die wie ein morbider Witz Gottes über die Polizeisirenen, Schussgeräusche und Schreie hinweg hallte, die aus derselben Richtung kamen.
Die komplette Zone um Yuki und ihre Kameraden herum war menschenleer, die meisten Gebäude waren nur noch in ihren Fundamenten vorhanden, ansonsten hatte das stundenlange Dauergeballer alles zerstört.
Sie wollten nicht raus aus dem, was quasi all die Jahre ihr Zuhause war. Und doch mussten sie in die Stadt, die lichterloh brannte und alles andere als einladend wirkte in diesem Moment.
"Also...", begann Carpenter und versuchte, trotz all der Erschütterung halbwegs positiv und optimistisch zu klingen, "Entweder wir schlagen hier Wurzeln. Oder wir tun das, was wir am besten können und helfen unseren Leuten so gut wir können."
Yuki nickte stumm, aber brachte kein Wort heraus. Alles, was vorher zwar hin und wieder streng und reglementiert, aber dennoch schön war, war nun ein Ort des Todes, der nach verbranntem Fleisch stank, ein Ort wo sich abgetrennte Körperteile mit Feuer und Trümmern abwechselten. Ein Ort, der genausogut ihre persönliche Hölle sein konnte.
So machten sie sich auf den beschwerlichen Weg in die Stadt. Nicht ahnend, dass es von hier an nur noch schlimmer werden würde.