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Thema: Erste Gedichte - Kritik/Anregungen ausdrücklich erwünscht

  1. #1

    Erste Gedichte - Kritik/Anregungen ausdrücklich erwünscht

    Hallo,

    ich bin noch sehr neu hier im Forum. Ich würde gerne wissen wie ihr einige meiner mehr oder minder lyrischen Ergüsse findet und dafür wurde mir dieses Forum wärmstens empfohlen.
    Das meiste ist schon viele Jahre alt, aber ich hätte gerne mal eine distanzierte Sichtweise darauf.

    Geigenspieler

    Der Geigenspieler ist in der Stadt,
    die Menschen flüchten ins Haus.
    Spielt er wie der Teufel doch.
    Das Tanzen haben sie satt.

    Man sagt, sein Spiel lässt Leben vergehen,
    man sagt, der ist von schwarzer Macht.
    Die Kinder hören die Warnung nicht,
    laufen ihn zu sehen.

    Am Stadtthor steht er lässig,
    spielt eine schöne Melodie.
    Die Kinder beginnen zu tanzen-
    der Spielmann lacht gehässig.

    Wie dem Rattenfänger einst folgen sie ihm
    Aus der Stadt zum Friedhof hin.
    Es fällt ein jedes in sein Grab,
    des Geigers Melodie im Sinn.

    Sein Lachen tönt über Wald und Flur,
    die Eltern schrecken auf,
    rennen panisch zum Stadtthor hin-
    und hören fern die Geige nur.

    Er sucht sich einen neuen Ort,
    wo man ihm gerne lauscht.
    Pass auf, sonst tanzt auch du für ihn.
    Gib Acht, sonst bringt er dich fort.

    Tod eines Traumes

    Müde bin ich, geh zur Ruh’,
    schon fallen mir die Augen zu.

    Schwarz wird die Welt.
    Klare Gedanken weichen Träumen,
    unwirklich anmutende Bilder
    gaukeln mir Szenarien vor, die ich zu erleben nicht hoffe,
    muss ich doch fürchten in ihrer Banalität zu versinken,
    zu ertrinken in dem Glauben
    dieser Welt gewachsen zu sein,
    in der Sehnsüchte gestillt und die Ängste genährt werden.
    Könnt ich sie greifen, die Bilder,
    zerstören würde ich sie,
    zerreißen, verbrennen und verstreuen
    in die Nacht, die sie geschaffen hat.

    Schwarz wird die Welt...
    ...und ich träume.

    Eine Schattenmelodey
    Wie die alten Sangesmeister
    will ich Töne tausendfach
    zu einem schönen Lied verweben,
    das schwebt dann durch die dunkle Nacht.

    Mit der Laute will ich zaubern
    eine zarte Melodey.
    Sie soll von meinen Träumen flüstern
    und Träume spinnen auch dabei.
    -
    Wenn doch nur ein Mensch verstünde,
    die Worte, die er doch nicht kennt.
    Und hören könnte all die Klänge,
    die seinen Ohren all zu fremd.

    Und wer erlöst die schwarzen Schatten,
    die so drohend euch angaffen,
    und nur woll'n, dass ihr versteht,
    dass ihre Lieder Träume schaffen...?

    Schwarzer Engel

    Deine Flügel sinken nieder,
    die schwarzen Federn sind zerzaust.
    Das Tageslicht ist dir zu wider,
    es ist dunkel, wo du haust.

    Aus Asche ist dein Heil'genschein,
    aus Trauer dein Gewand.
    Dein Herz ist kälter noch als Stein,
    aus Knochen nur ist deine Hand.

    Schwarzer Engel, bist gekommen,
    wie Weiherauch umgibt dich 's Leid,
    hast meinen Sohn mit dir genommen,
    doch war es noch nicht an der Zeit.

    Das Licht der Sonn wird dich verbrennen.
    Und glaube mir, ich wart nur drauf,
    dass du endlich Schmerz wirst kennen.
    Ja, dann lache ich laut auf.

    Dann ist dein Federkleid zerstört,
    wirst keinem mehr sein Kinde stehlen,
    das unter die Lebenden gehört,
    wirst nicht noch eins von ihnen quälen.

    Ja, dann lache ich so laut,
    dass die Hölle soll erbeben,
    vereistes Herz wird aufgetaut,
    und die Kinder...sie werden leben.

    Weißer Bruder

    Bruder, sag, wann wirst du wieder lachen?
    Bruder, sag, warum du so traurig bist.
    Ich seh dich an und seh nur einen Schatten
    und weißes Fell, das grau geworden ist.

    Nicht stolz, nur schleppend ist dein Gang
    und trüb ist lange schon dein Blick.
    Ein König, gefallen in die Dunkelheit,
    zerlumpt und kein bisschen elegant.

    Bruder, sag, wie soll ich dich noch trösten?
    Bruder, sag, wie ich dich halten kann.
    In dieser kalten Zeit will ich dich wärmen,
    dass du wieder lachst - irgendwann...

    Engelslachen

    Dumpfes Licht erhellt den Raum,
    Stille füllt ihn ganz.
    Über einem Zwergenbett
    Reih’n Tapire sich zum Tanz.

    Dort unter ihren wachen Augen
    Ruht ein Wesen – zart und rein.
    Schaut man in sein Angesicht –
    Man glaubt, es mag ein Engel sein.

    Zur Faust geballt die kleine Hand,
    Reglos liegt es da.
    Angst, dass es gestorben ist,
    wie im Traum einst es geschah.

    Doch plötzlich huscht ganz unverhofft
    Ein Lachen über sein Gesicht.
    Glückseeligkeit durchdringt den Körper,
    Dieses Lächeln – ein Gedicht.

    Vergessen sind die langen Stunden,
    die man durchwacht in jeder Nacht,
    alle Ängste, alle Sorgen,
    wenn so ein kleiner Engel lacht.

  2. #2
    Hallo Majura =)
    Ganz allgemein finde ich Eine Schattenmelodey, Weißer Bruder und Engelslachen echt cool, mit den anderen kann ich eher weniger anfangen. Deshalb gehe ich mal auf die drei näher ein.

    Eine Schattenmelodey
    Zitat Zitat
    Und wer erlöst die schwarzen Schatten,
    die so drohend euch angaffen,
    und nur woll'n, dass ihr versteht,
    dass ihre Lieder Träume schaffen...?
    Die ersten drei Strophen sind wirklich toll (gerade atmosphärisch!), aber ich finde, die letzte fällt etwas raus. Einmal vom Reimschema her (Paarreim statt Kreuzreim wie in den drei Strophen davor, was aber in Ordnung ist), vor allem jedoch bezogen auf die Melodie. Wenn ich das im Kopf lese, habe ich irgendwie das Gefühl, da müsste danach noch was kommen, dass das Gedicht sozusagen noch nicht vorbei ist. Das Fragezeichen am Ende ist auch etwas seltsam -- ich kann mir zwar vorstellen, warum das da ist, aber weil die letzten drei Zeilen Nebensätze sind, wirkt es meiner Meinung nach etwas fehl am Platze.

    Weißer Bruder
    Zitat Zitat
    Bruder, sag, warum du so traurig bist.
    Zitat Zitat
    Ein König, gefallen in die Dunkelheit,
    zerlumpt und kein bisschen elegant.
    Die Zeilen unterbrechen den Lesefluss etwas, auch weil sich dieses sonst sehr angenehm liest und schön rund wirkt. Zumal "gefallen in die Dunkelheit" irgendwie ... cheesy ist. Vielleicht "zerlumpt und kaum mehr elegant" oder so? Ich würde die drei Punkte am Ende des Gedichts übrigens durch einen simplen Satzpunkt austauschen (kommt imho besser), aber das ist wahrscheinlich Ansichtssache.

    Engelslachen
    ... ist natürlich etwas kitschig, und das IST natürlich so gewollt, schon klar, aber ich merke trotzdem mal an, an welche Stellen es mir etwas zu viel ist. Kannst du natürlich ignorieren.
    Zitat Zitat
    Ruht ein Wesen – zart und rein.
    [...]
    Man glaubt, es mag ein Engel sein.
    Zitat Zitat
    Dieses Lächeln – ein Gedicht.
    Und hier würde ich "einst" und "es" austauschen, funktioniert glaub ich etwas besser:
    Zitat Zitat
    wie im Traum einst es geschah.

  3. #3
    Ich danke dir ganz herzlich für diese konstruktive Kritik.

    Das Holpern, vor allem bei Weißer Bruder, ist mir auch schon aufgefallen. Gerade diese Stelle mit gefallen in die Dunkelheit gefällt mir nicht mehr so richtig gut. Ich werde daran arbeiten.

    Engelslachen ist sehr kitschig, ja. Da war der Lütte aber auch gerade zwei Wochen auf der Welt. Findest du das zu überzogen? Das waren eben so die Gefühle damals, aber ich weiß eben nicht, ob das für Außenstehende dann doch too much ist.

  4. #4
    Zitat Zitat
    Engelslachen ist sehr kitschig, ja. Da war der Lütte aber auch gerade zwei Wochen auf der Welt. Findest du das zu überzogen? Das waren eben so die Gefühle damals, aber ich weiß eben nicht, ob das für Außenstehende dann doch too much ist.
    Ist bestimmt auch einfach Ansichtssache, vor allem natürlich für Außenstehende. Keine Ahnung, ob man da überhaupt versuchen sollte, es "zugänglich" für eben jene Außenstehenden zu machen, ist ja letztendlich dann doch eher was Persönliches. Kann aber natürlich dazu führen, dass es nicht so gut ankommt. ^^

  5. #5

    Helgax Gast
    Deine Gedichte finde ich sehr berührend. Besonders schön finde ich die Tatsache, dass man ein bisschen nachdenken muss, bevor man wirklich versteht, was gemeint ist und dass die Phantasie angeregt wird. Ich möchte mich aber der Tatsache anschließen, dass es an einigen stellen holpert... manchmal wirken die Sätze auch nicht schlüssig. Ich denke das lässt sich aber beheben!

  6. #6
    Hallo Majura!

    Erstmal toll das du dich "zur Verfügung stellst" und um Kritik fragst. Gibt ja viele, die vor allem Gedichte zeigen wollen aber dann eher weniger für Verbesserungsvorschläge offen sind, weil sie lieber gelobt werden wollen.

    Ich komm gleich ohne Umschweife zu deinen Gedichten: Es gibt so einen Spruch der heißt „reim dich oder ich fress dich“. Der hat mir in meiner Anfangszeit vor 7 Jahren sehr geholfen, weil ich sehr am Reimklang hing und alles andre darüber vergessen hatte. Mir fällt mir vor allem auf , dass der Inhalt der Gedichte hinter den schönen Worten (du hast eine sehr breitgefächerte Ausdrucksweise, phantasievoll, wortgewandt) zurücksteht, weil er kaum zugänglich gemacht wird. Wobei es natürlich auch immer Leser wie Helgax gibt, die genau das schätzen.

    Ich frag mich was du dem Leser mit diesen Gedichten wirklich sagen willst – grade bei „Engelslachen“ war meine Motivation zu lesen nach der ersten Strophe weg, obwohl das Thema an sich – die Sorgen einer Mutter, das getrieben sein und den Schützling zu bewachen – ein sehr sehr berührendes Thema darstellen könnte. Hier ist es aber recht knapp verpackt, man erfährt nur „sie steht im Zimmer, hat Angst das das Kleine tot ist (komisch das diese Angst in einem Satz abgehandelt wird) und ist erleichtert, als sie ein Lachen hört. Hm. Wenn es eine persönliche Erfahrung ist, ist es aber sowieso immer schwierig das als Aussenstehender auch nur Ansatzweise nachzuempfinden – ich hab aber leider zu den Zeilen keinen Draht bekommen.

    Bei weißer Bruder (das mir ebenfalls wieder von der Wortwahl und hier auch vom Klang sehr gut gefällt) finde ich könntest du einige Wörter herauskürzen, ohne das das Gedicht seinen Gehalt verliert und dadurch deutlich flüssiger zu lesen wird. Es gefällt mir aus deiner Reihe auch am besten, weil einige schöne Passagen drin sind die ich so noch nirgendwo gelesen hab.

    Ich persönlich bin eher in der lyrischen Welt zuhause, wo sogar soweit gekürzt wird das die Reime wegfallen können – aber soweit will ich gar nicht gehen.
    Einige Wörter ecken wie bereits angesprochen noch an – das „elegant“ etwa, oder das „ich seh dich an und seh nur“, das mit der Wiederholung heraussticht.

    Die letzte Zeile ist schwierig, letzte Zeilen sind immer eine Herausforerung, aber hier ist der „dass“-Satz glaube ich das Problem. Wobei... „dass du wieder lachen kannst – irgendwann“ würde auch schon runder wirken. (vielleicht ist auch das „st“ bei „Lachst“ mir nur beim lautlesen eine Barriere... ich komm vielleicht noch dahinter)... So in etwa würde ich es runder Empfinden – wobei es nur ein Vorschlag sein soll, damit du eine Alternative zum vergleichen hast. Vielleicht bringt es dir ja was.


    Weißer Bruder

    Bruder, sag, wann wirst du wieder lachen?
    Bruder, sag, warum du traurig bist.
    Seh ich dich an, erblicke ich nur einen Schatten
    und weißes Fell, das grau geworden ist.

    Dein eleganter Gang schleppt sich dahin,
    dein Blick ist lang schon trüb geworden.
    Ein König, in die Dunkelheit gefallen
    der Stolz, der alte Glanz verloren.

    Bruder, sag, wie soll ich dich noch trösten?
    Bruder, sag, wie ich dich halten kann.
    In dieser kalten Zeit will ich dich wärmen,
    sodass du wieder lachen kannst – irgendwann.



    Schwarzer Engel war mir vom Kontext her zu persönlich und ich möchte es daher auch unkommentiert lassen.

    Bei Schattenmelodey und Tod eines Traums gefallen mir leider nur die Titel – die Gedichte an sich wirken mir zu klischeehaft. „Müde bin ich, geh zu Ruh“... wirklich? Wobei ich noch einige Zeit über Schattenmelodey sitzen werde... da steckt was drin, was mich fasziniert und ich komm nicht wirklich drauf was es ist. Auf jeden Fall interessant – hinter den ganzen Wörtern, die sich ohne Abwechslung wiederholen wie „Traum, Lied, Töne".

    Der Geigenspieler ist auch sowas, wo du mir zu offensichtlich bist – man liest die ersten zwei Zeilen und denkt schon „aha, der Rattenfänger von Hameln“ oder „der fiedelt wie der Teufel“ und mehr kommt bis zum Ende nicht. Es ist eine Sache, Themen wiederaufzugreifen, aber hier sind die Worte die du gewählt hast sehr schlicht („gehässig“ zum Beispiel – passt an der Stelle weder vom Versmaß noch vom Klang, oder dem Reimschema her und wirkt einfach nur grob).

    Ich hoffe du kannst was draus mitnehmen, ich finde es immer interessant Gedichte von andren zu lesen, wenn man offen fürs weiterarbeiten an den Zeilen ist. Kein Gedicht ist jemals fertig, aber manche sind verdammt nah dran.

    Schau dich doch mal in größeren Gedichteforen um! Hier im MMX gibt es nur eine Handvoll Leute und Austausch ist eh immer gut.

    Viel Spaß auch für zukünftige Projekte und Gedichte,
    wünscht Viviane

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