Guten Morgen. Du meine Güte.
Es _ist_ für Jungs weniger schlimm als für Mädchen, ich dachte, Praxis und Folgen der Klitoridektomie seien mittlerweile allgemein bekannt. Beschneidung an weiblichen Genitalien bedeutet auf die männlichen übertragen so ungefähr, daß die Eichel entfernt würde. Oder mehr. Die Folgen sind neben der hohen Sterblichkeit unter der Prozedur Probleme beim urinieren und beim Abgang der Monatsblutung bis hin zu Blutstau mit Todesfolge, darüber hinaus wird eine so verstümmelte und zugenähte Frau wieder aufgeschnitten, um Sex haben oder ein Kind bekommen zu können. Vom totalen Verlust des sexuellen Empfindens und dem seelischen Trauma fange ich gar nicht erst an. Wer noch nicht genug hat, möge sich den Wikilink durchlesen, der ist recht ausführlich.
Soviel also zur Differenzierung der Beschneidungspraktiken bei Mädchen und Jungen.
Ne. Ist es nicht. Seine ganze Entstehung und Verfassung gründet sich auf den christlichen und somit zwangsweise auch jüdischen Wurzeln unserer Kultur, die sich bis heute durchschlägt. Wir sind ein säkularer Staat, worüber ich sehr froh bin, aber in Glauben wurzelnde Traditionen sind damit nicht einfach weg. Das geht auch gar nicht.
Beim zweiten gebe ich dir Recht, was das Grundrecht betrifft, ganz entschlossen bin ich in der Sache aber nicht. Gläubige jüdische oder muslimische Eltern tun das ihrem Kind ja nicht aus Bosheit an. Wie die muslimische Tradition geht, weiß ich nicht, im Judentum ist es aber so, daß mit der Beschneidung der Bund mit Gott geschlossen wird. Wenn der Staat jetzt herkommt und sagt, daß das nicht in Ordnung ist, muß sich das für die betroffenen Eltern so anfühlen wie für gläubige christliche Eltern, deren Kind man die Taufe verwehrt (richtig, dem Kind in erster Linie. Denn unbeschnitten oder ungetauft gehört es nicht zu Gott, was in spiritueller Hinsicht eine Katastrophe darstellt). Deshalb kann ich mich da beim besten Willen nicht festlegen, ob die Beschneidung von Jungen, vor allem wenn sie so klein sind, noch im Verhältnis liegt oder nicht. Dahinter steht keine sinnentleerte Tradition , sondern ein zentraler Aspekt des Glaubens. Genausogut könnte man Karfreitag erst ab 18 freigeben, weils ja so eine blutrünstige Angelegenheit war.
Das ist eine Formulierung, bei der sich mir die Fußnägel hochklappen. Sie ist mir zu pauschal. Erziehung durch religiöse Eltern bedeutet nicht gleichzeitig Indoktrination, genauso wenig wie eine Erziehung durch nichtreligiöse Eltern automatisch die Entstehung eines aufgeklärten, vernuftgeleiteten Menschen bedeutet.
Entschuldigung, daß ich deinen Satz jetzt hier hernehme, aber was mir schon seit der Zölibatdiskussion im Katholizismus nicht aus dem Kopf will ist folgende Frage:Zitat
Warum meinen zum großen Teil Leute, die nichts mit solchen Traditionen zu tun haben entscheiden zu können, was andere Leute mit ihrem Pimmel anstellen oder auch nicht?