Moorjen!![]()
*Kaffee, Tee, Frühstück*
Früher hätte ich mir auch nicht vorstellen können meine Heimatstadt je zu verlassen. Aber es ist einfach nicht mehr "meine" Stadt. Seit über 20 Jahren wird Geld ohne Ende nach Mitte und Friedrichshain gepumpt, was Neuberliner in Scharen anlockt, die jeden Preis für Kauf- oder Mietimmobilien hinlegen. Dies treibt die Berliner in die Außenbezirke oder ganz aus der Stadt und es entsteht ein identitäts- und seelenloser Kern in dem sich jeder wundert, dass es dort keine Berliner gibt. Kulturelle Identität hat auch keine Chance, weil entsprechendes Gewerbe (Gastronomie oder Unterhaltung wie Theater und so) i.d.R. nur ein oder zwei Jahre Pacht- oder Mietvertrag bekommt und danach eine 50%ige Preiserhöhung nicht bezahlen kann oder will.
Der Rest der Stadt verkommt regelrecht. Ich sag jetzt mal einen Satz, für den ich schon häufig heftigste Kritik einstecken musste, zu dem ich aber nach wie vor stehe und der umso wahrer wird, je mehr Zeit vergeht: Die Westberliner, also die die vor '89 schon Westberliner waren, gehören zu den Verlierern der Wiedervereinigung. Die Meinung dazu im Westen der Stadt ist nahezu einhellig aber die Meisten trauen sich kaum das auszusprechen. Das beginnt bei so banalen Sachen wie seit Jahrzehnten völlig vernachlässigten Grünanlagen und endet bei so elementaren Sachen, wie der ersatzlose, fast übergangslose Wegfall der Berlinzulage. Dazwischen gibt es noch hundert andere Argumente, ich könnte eine Stunde so weiter schreiben.
Aber genug davon, Jammern war nie und ist bis heute nicht mein Ding. Wenn etwas nicht funktioniert, ändere ich es mit meinen Möglichkeiten. Das heißt also ich muss die Stadt verändern oder mich. Für ersteres müsste ich mindestens Bürgermeister werden, dessen Arm aber nicht lang genug ist, also Kanzler. Das ist mir aber nicht einträglich genug und mit zuviel Öffentlichkeit verbunden. Also letzteres.
Vielleicht baue ich mir auch eine Geldverdienmöglichkeit, die ortsunabhängig ist und bleibe in Berlin. Oder ich schaffe mir zwei Wohnsitze. Endgültig ist noch nichts, noch ist alles denkbar.