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Wer den Vorgänger mochte, ist auf jeden Fall gut mit VLR bedient.
Ich spucke auf deinen Post.

So, auch endlich durch, und eins vornweg, ich bin schon heftig enttäuscht. Während die Story und speziell die Auflösung den Vorgänger für mich über alle Kritik erhoben haben (im Ernst, letztendlich war es das einfach SOWAS von wert, trotz der Mängel!), ist es bei VLR der umgekehrte Effekt: Während des Spiels ging's schon klar, aber am Ende war ich dann doch der Meinung, dass ich mir das Ganze hätte sparen können. Ich bin insofern total froh, dass 999 wunderbar als eigenes, abgeschlossenes Spiel dasteht, und ich werde beim dritten Teil auch erstmal die Meinungen abwarten, bevor ich mich entscheide, ob ich ihn spiele.

Eigentlich hab ich zwei große Probleme damit, und die brauchen nicht mal Spoiler.

1. Das Ende war nicht bodenständig genug.
Es hat sich nach Selbstzweck angefühlt, Mindfuck um des Mindfucks willen, es war einfach viel zu viel, zu unpersönlich, zu enigmatisch und dadurch letztlich zu beliebig. Darunter hat dann auch die Inszenierung gelitten, die im ersten Teil so wahnsinnig war, dass sie noch problemlos sämtliche Kontinuitätsschwächen und potentielle Probleme überspielen konnte. Was ja auch nicht verwunderlich ist - So eine Story KANN man gar nicht vernünftig inszenieren; selbst mit allen Erklärungen kann man die Auflösung nicht einfach nur genießen, sondern muss sich selbst immer wieder in die Fiktion zwingen (war zumindest bei mir so, während mich 999 förmlich ins Spiel gesaugt hat, gerade am Ende). Das Problem liegt imho also am Story-Konzept, nicht in der Umsetzung.
Das war auch schon der Hauptgrund für meine Enttäuschung.


2. Das Spielkonzept hebelt sich selbst aus.
Exkurs: Die Spannung in 999 kommt imho dadurch, dass sich die Story langsam zusammenfügt, dass man im Laufe des Spiels immer mehr über die Figuren und das Setting erfährt, und auch erfahren will. Die verschiedenen Routen und gerade das Ende unterstützen diesen Moment.
Virtue's Last Reward dagegen hat neben diesem Mystery-Aspekt noch eine moralische Schiene, die der Vorgänger bloß thematisiert, nicht aber ins Spielkonzept einbindet. Also eigentlich eine sehr coole Änderung, aber irgendwie schafft es das Spiel auf dem Weg dorthin, BEIDE Aspekte komplett zu dekonstruieren. Die Entscheidungen, die man treffen muss, wirken am Anfang relevant, und auch schwierig, aber sobald man durchschaut hat, dass man früher oder später sowieso alle Entscheidungen treffen muss, um das Spiel durchzuspielen, wird es einfach nur noch mühsam. Die positiven und negativen Konsequenzen von Betray und Ally werden lächerlich, irrelevant, weil es überhaupt keine Entscheidungen sind. Man nimmt irgendwann ja eh beides mit. Dummerweise ändern sich aber auch die Konsequenzen, wenn man eine andere Route wählt. Und während das Spiel diesen Umstand ganz gut mit seinem Science-Fu-Kladderadatsch erklären kann, weicht es die Charakterisierung der Figuren total auf. In 999 war man gespannt, wie die Leute reagieren, weil man dadurch mehr über sie erfahren hat, hier ist es eher ein teilweise widersprüchliches Abarbeiten möglicher Situationen, die sich in ihrer Glaubwürdigkeit stark unterscheiden (einige Begründungen für Ally/Betray greifen mit einer Hingabe in die Scheiße, dass es ein Genuss ist). Wenn die Aussage sein sollte "Es kann alles passieren, je nach Verlauf der Dinge!", tut es mir leid, aber das nehme ich dem Spiel nicht ab. Viele Charakterreaktionen waren einfach nur plot-convenient. Dazu kommt diese komische, komische Entscheidung, beinah alle handfesten Informationen in Exposition Dumps am Ende des Spiels zu platzieren. Wieso? Dadurch ist der Weg nicht mehr das Ziel, sondern allen voran ein Weg, und nicht unbedingt einer, der durchgängig spannend ist. Das Ziel ist aber auch nicht viel besser, abgesehen von wenigen Ausnahmen hat mich kaum eine der Hintergrundgeschichten berührt.

Es gab auch Dinge, die ich richtig gut fand, gerade spielerisch. Da wären einmal die Rätselräume, das Interface und die Skip-Funktion, die hier einfach viel besser funktioniert haben. Dass die Rätsel durch die Passwörter und die Archive Files sozusagen mehrere Ebenen bieten, war ein unglaublicher Mehrwert, auch wenn man sich wieder darüber streiten kann, dass man alle Räume auf Hard schaffen muss, um das Perfect Ending zu erhalten. Die Umlagerung auf den 3DS hat ebenfalls sehr gut funktioniert, tolle Grafik, tolle Stimmen! Die Sprecherin von Phi ist mit ihren Nuancen glaub ich mein Favorit. <3


Letztendlich: Ich hab es nur seeehr selten, dass sich meine objektive Wahrnehmung total von meiner subjektiven unterscheidet, aber das hier ist definitiv so ein Fall. Das Spiel war trotz der Probleme ziemlich gut, aber ich fand es im Gesamtbild einfach nur wahnsinnnig kacke und dumm. Punkt. Ich hab praktisch kein Interesse daran, zu erfahren, was im Nachfolger passiert.