Hab zwar einen Teil davon schon ins Filmforum gepostet, aber es gehört auch hier nochmal hin ^^

In unserem Broadway-Programmkino laufen zur Zeit öfters mal internationale Filme im Original mit Untertiteln. So konnte ich spontan doch noch Kaze Tachinu von 2013 nachholen, der noch auf meiner Liste stand, und den ich letztens leider nicht mit Narcissu, Lilly, Wargod und Kynero zusammen sehen konnte. Prinzessin Kaguya und When Marnie was here stehen nach wie vor noch aus, hoffentlich schaffen die es in Deutschland überhaupt weitflächig (sprich: hier in der Nähe) auf die große Leinwand.
Ein wunderbares historisch-biographisches Porträt über das Leben von Ingenieur Jiro Horikoshi, der den japanischen Zero-Fighter gebaut hat. Nur in ein paar Traumsequenzen driftet es in phantastischere Bilder ab. Thematisch kann ich die Probleme, die insbesondere in den USA ein paar Leute mit dem Film hatten, schon irgendwie nachvollziehen (die Zero wurde später beim Angriff auf Pearl Harbour und in Kamikaze-Attacken im Zweiten Weltkrieg verwendet). Denn auch wenn betont wird, dass der sympathische Jiro die zivile Nutzung bevorzugt und lediglich schöne Flugzeuge bauen möchte, bleibt es nahezu kommentarlos, wie er sich letztenendes doch in den Dienst einer militaristischen Diktatur stellt, Heimat und Traum hin oder her. Sicher ist das einfach nicht der zentrale Punkt, aber wenn man schon einen Film über eine solche Persönlichkeit macht, kommt man um eine Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten der Zeit eigentlich nicht herum. Da machen sie es sich ein bisschen zu einfach. Aber hey, ist ja nichts Neues, dass den Japanern ein Rückstand bezüglich der Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit attestiert werden kann
Die Szenen mit seiner großen Liebe und späteren kranken Frau Nahoko sind mir irgendwie nahe gegangen :'-( Außerdem interessant, wie sie die historischen Ereignisse wie zum Beispiel das große Kanto-Erdbeben von 1923, die Weltwirtschaftskrise oder die Tuberkolose-Epidemie gezeigt haben. Lustig war, dass auch ein paar Deutsche in dem Film vorkamen, als die Gruppe die Werke in Dessau besucht, und die wurden auch in der japanischen Version auf deutsch gesprochen Sowohl der Tonfall als auch Inhalt war sehr klischeehaft ("Das ist unser Stolz!"), was zum Vergnügen und Gekicher im Publikum beitrug. Noch verstärkt dadurch, dass sich in diesem auch einige japanische Austausch-Studenten befanden, die darüber aufgeregt tuschelten ^^ Traurig gestimmt hat mich außerdem, dass das der letzte Film von Oscarpreisträger Hayao Miyazaki gewesen sein soll, auch wenn das jetzt offenbar wieder etwas relativiert worden ist. Schade, dass er nicht nochmal so etwas gemacht hat wie in den Anfängen des Studios. Historiendrama und Biographie ist ja schon schön, aber irgendwie auch ein wenig trocken. Wenn man da an Nausicaä, Laputa oder Mononoke zurückdenkt, vermisse ich die phantastischeren und dadurch universelleren Geschichten sehr. Ich kann mir vorstellen, dass manch einem, der landeskundlich nicht allzu bewandert ist, der Zugang zu einem Film wie Kaze Tachinu schwerfallen könnte. Random Fun Fact: Die Hauptfigur Jiro wurde von Hideaki Anno gesprochen (Ja, der Neon Genesis Evangelion Anno) ^^ In der englischen Synchronisation von Joseph Gordon-Levitt.

Übrigens habe ich letzten Donnerstag bei einem kleinen Ghibli-Abend einer Freundin dann zum ersten Mal auch Stimme des Herzens (Whisper of the Heart) gesehen, den mir Narcissu mal empfohlen hatte. War ganz nett und süß, aber so richtig gefallen hat er uns irgendwie ehrlich gesagt nicht ^^' Ich muss aber dazu sagen, dass es bestimmt nicht hilfreich war, dass einer der Gäste ständig dazwischengenörgelt und zynische Kommentare abgelassen hat, was wohl in der Natur jener Person liegt Auch scheint manch einer eine Art Prequel (oder genauer gesagt einen Vorgänger) zu diesem "Königreich der Katzen" erwartet zu haben, obwohl ich extra drauf hingewiesen hatte, dass das hier (inklusive dem "Baron") keine sonderlich große Rolle spielen würde.
Jedenfalls ist für meinen Geschmack insgesamt viel - ich meine VIEL zu wenig passiert. Es ist eine niedliche Liebesgeschichte, aber die Handlung plätschert teilweise echt übel vor sich hin und hätte rein ausgehend vom Inhalt auch locker 40 Minuten kürzer sein können. Ich hab kein Problem damit, dass es relativ realistisch gehalten bleibt, aber irgendeine Form von zentralem Konflikt, an dem die Charaktere wachsen können, oder irgendein Mysterium, das aufgedeckt werden muss, brauche ich in meinen Filmen dann schon. Falls es hier überhaupt etwas gab, das man so bezeichnen könnte, wurde es extrem unspektakulär, heimlich still und leise (oder, böse gesagt, "langweilig") rübergebracht. Zu viel heile Welt. Da möchte ich gerne den naheliegenden Vergleich zum aktuelleren Mohnblumenberg ziehen, der ebenfalls von Ghibli und thematisch ähnlich ist, aber der mir um einiges mehr zugesagt hat, weil ihn der historische Hintergrund, das Rätsel um die Verwandschaftsbeziehungen und das zu rettende Clubhaus imho wesentlich interessanter und lohnenswerter machte.

Jetzt fehlen also noch Kaguya und Marnie. Ist trotzdem irgendwie eine ungewohnte Situation, dass längerfristig noch gar nichts Neues von Ghibli angekündigt ist :-/

@Cipo: Die Geschichte vom Bambussammler ist ein überaus bekanntes und altes Märchen in Japan, das dort fast jeder kennt. Bin gespannt, was eine Freundin und Kommilitonin von mir über den Film sagen wird, die das Thema neben anderen Geschichten (im Vergleich zu westlichen Märchen) in ihrer Magisterarbeit untersucht hat.