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Thema: Umfrage für die Uni - Homosexualität in der Gesellschaft

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  1. #1
    Das ist das große Problem, das ich mit der Belegung Fortpflanzungstrieb habe: Es ist ein Sexualtrieb. Der Unterschied dabei ist, dass der Fortpflanzungstrieb explizit zielgerichtet ist (d.i. die Weitergabe des Erbgutes) und der Sexualtrieb erstmal nur selbstgerichtet ist (d.i. Vereinigungsbedürfnis). Es ist hier schwer, zwischen genetisch Angelegtem und gesellschaftlich Generiertem zu unterscheiden, letztendlich müssen wir uns aber darüber im Klaren sein, dass ein Sexualtrieb durch innerkörperliche Prozesse in Gang kommt. Deshalb tritt das sexuell Triebhafte ja auch erst mit der Entwicklung der Geschlechtsorgane und dem damit einhergehenden Anstieg der Hormonproduktion hervor. (nota: Ich habe hier nur Halbwissen. Ich weiß tatsächlich nur Verschwommenes über die pubertäre Entwicklung.) Dass es einen genetisch verfestigten Sexualtrieb gibt, ist also unabstreitbar, er ist natürlicher Teil der menschlichen Entwicklung. Wie er allerdings geartet ist, hängt stark von multikausalen Faktoren ab und vieles davon wird -- vertrauen wir einfach mal der Psychoanalyse und der Entwicklungspsychologie -- bereits im frühkindlichen Alter beeinflusst. Die Tatsache außerdem, dass Körper und Psyche in einem ständigen Wechselverhältnis stehen und einander beeinflussen, während jeder Körper und jede Psyche von Grund auf verschieden sind, macht es beinahe indechiffrabel, wozu welcher Einfluss führen könnte. Letztendlich ist dann auch Genetik ein Kann-Zustand.

    Die tabula rasa (sorry, da war ich etwas schwammig) meint deshalb auch nicht, dass Menschen komplett als unbeschriebene Membran auf die Welt kommen, sondern dass sie innerhalb der genetisch vorprogrammierten Grundvoraussetzungen völlig frei von Verhaltensweisen sind. Diese kommen erst in Gesellschaft zustande und verlaufen nach gewissen Mustern, welche wiederum beiderseits natürlichen Umständen und genetisch durchgesetzten Grundprinzipien (vor allem Trieberfüllung und Nutzenstreben) gehorchen. Das heißt praktisch: Heterosexualität könnte genetisch vorprogrammierte Norm sein, das ist allerdings nicht verifizierbar (zumindest ist es bis heute niemandem gelungen und ich bezweifle, dass es jemals jemandem gelingt, selbst wenn es der Wahrheit entsprechen sollte). Nehmen wir für einen Moment an, dass Heterosexualität genetisch vorprogrammiert ist -- was könnte der Schluss daraus sein? Immerhin ist auch die Neigung vorprogrammiert (und das wiederum ist empirisch belegbar) den Sexualtrieb möglichst häufig auszuleben, ohne dabei an einen Partner gebunden zu sein; unsere Gesellschaft hat aber ein ganz anderes Normverständnis als die Evolution.

    Wäre irgendein bestimmtes Grundverhalten angeboren (das könnte gern individuell sein) ohne dass dieses in irgendeiner Weise gesellschaftlich beeinflusst ist, ließe sich das weder feststellen -- man kann keinen Menschen außerhalb von Gesellschaft aufziehen, schon die Mutterbrust ist gesellschaftlicher Kontakt und die bisherigen Versuchssubjekte sind allesamt nach kurzer Zeit gestorben --, noch hätte das irgendeinen Effekt, da die Gesellschaft eine faktischer und unwiderruflicher Teil des menschlichen Daseins ist: Er kann also nur innerhalb von gesellschaftlicher Beeinflussung existieren, nahezu alle ernstzunehmenden Forscher (y exclu Mr. Chomsky, der meint, der Fahrplan für's Denken wäre in die Muttermilch getunkt) gehen davon aus, dass die Persönlichkeit und das Denken sich aus dem Latenz-Schema (Reiz-Reaktion; Assimilation-Akkommodation; Ping-Pong) ergeben. Freilich, Denken und Persönlichkeit sind ja auch Bewältigungsmittel eines gesellschaftlichen Umfeldes, genauso wie Sexualität: Wie gesagt, Disposition spielt beispielsweise eine Rolle. Wir hatten mal ein Kaninchen ohne Partner. Nach 2 Wochen hat das einen Ball in etwa seiner Größe als Geschlechtspartner akzeptiert. Assimilation-Akkomodation. Ein evolutionär-zielgerichteter Nutzen im Sinne der Fortpflanzung entsteht nicht, wohl aber eine Befriedigung des selbstgerichteten Sexualtriebes.

  2. #2
    Zitat Zitat von Mordechaj Beitrag anzeigen
    Ein evolutionär-zielgerichteter Nutzen im Sinne der Fortpflanzung entsteht nicht, wohl aber eine Befriedigung des selbstgerichteten Sexualtriebes.
    Das ist ein wichtiger Aspekt imo.

    Ein Grundverständnis über den Fortpflanzungstrieb zum Thema Homosexualität zu erlangen halte ich für falsch oder zumindest nicht zielführend. Zumal sich die Frage nach der Fortpflanzung bei Homosexuellen ohnehin nicht stellt. Das zeigt für mich, dass Sexualität eben nicht nur der Fortpflanzung, sondern auch heutzutage besonders der Lustbefriedigung dient.

    Den genetischen Ansatz halte ich auch nicht für uninteressant. Homosexualität könnte auch genauso gut eine genetisch (vorsichtig gesagt) '''gewollte''' und evolutionsbedingte ,,Bremse'' gegen Überpolulation sein. Oder ein Selektionsmechanismus. Die Ansätze sind ja vielfältig (und meine bestimmt nicht mal richtig ^^). Aber ich finde es nicht unwahrscheinlich, dass es eine genetische Grundlage für Homosexualität gibt, die nur einfach noch nicht hinreichend belegt ist.

    Ich persönlich nehme in meinem reduzierten Verständnis mal an, dass gesellschaftliche und genetische Faktoren eine Rolle spielen und sich einander bedingen. Die eingeworfene Tabula Rasa halte ich auch für einen sinnvollen Ansatz. Also genetische Grundlagen, die durch gesellschaftliche Einflüsse ausdifferenziert werden. Fände es irre spannend mal handfeste Antworten zu bekommen, welche gesellschaftlichen Faktoren bei der Findung von Sexualität generell eine Rolle spielen. Läuft aber vermutlich darauf hinaus, dass die Entwicklung/Sozialisation der Person so individuell ist, sodass sich ein allgemeingültiges Bild nicht abzeichnen lässt.

    Hätt gar nicht gedacht, dass sich aus der popeligen Umfrage so eine interessante Diskussion entwickelt. Immer was Neues....

  3. #3
    Dass beide Faktoren eine Rolle spielen, halte ich persönlich (auch hier ohne tieferen Einblick in die Materie) gerade deshalb für infragekommend, weil diese Kombination in unzähligen anderen Fällen ebenso eine Rolle spielt; das reicht von angeborener Schizophrenie, die einen Trigger benötigt, bis endokrine Fehlfunktionen, welche erst durch einen bestimmten Lebenswandel oder bestimmte Ereignisse hervortreten (können, nicht müssen). Im Falle der genetisch angelegten Homosexualität gäbe es dann eben eine Bevölkerungsgruppe, die aufgrund ihrer Anlagen zumindest mit höherer Wahrscheinlichkeit homosexuell sind. Wir müssen allerdings im Hinterkopf behalten, dass man dabei meist über gesellschaftliche Prädefinitionen spricht und von Normzuständen ausgeht, die die Gesellschaft, nicht die Natur definiert.

    Besonders schwierig ist es hier eben, die genetische Ursache als Kern von der gesellschaftlichen Ummantelung zu trennen, weil man wie gesagt keinen Menschen außerhalb von Gesellschaft aufziehen kann. Das und die Tatsache, dass Homosexualität nur über Befragung und nicht rein empirisch feststellbar ist, machen einen Nachweis praktisch unmöglich.

    Die evolutionsbedinge "Bremse" halte ich als Idee für nicht haltbar, gerade das Wort "Selektrionsmechanismus" ist etwas unbedacht. Die Selektion selbst ist ja der Mechanismus der Evolution, im Zuge dessen das wegstirbt, was angesichts seiner Konkurrenz mit der Umwelt nicht überlebensfähig und angesichts der Konkurrenz mit seinen Artgenossen nicht fortpflanzungsfähig ist. Das bedeutet, es müsste irgendeine latente Instanz geben, die über die Jahrmillionen hinweg gesagt hat "Oh, jetzt wird's gefährlich mit der Population." und mit dem Finger auf einige zeigte, die dann homosexuelle Nachkommen gezeugt haben. Dabei ist aber Überpopulation ein ebenso künstlicher Begriff wie Homosexualität: Es gibt keine Überpopulation, es gibt lediglich ein bestimmtes Maß an Menschen, von denen der Mensch denkt, sie wären zu viel. Vor Beginn des industriellen Zeitalters meinte man, mit dem Brechen der Einmilliarden-Grenze würde das Menschengeschlecht sukzessive aussterben, wenn nicht künstliche Beseitigungsmaßnahmen ergriffen würden. Heute sind wir 7 Milliarden und es hängt eigentlich nur am Verteilungssystem, nicht unbedingt an der Ressourcenlage.

    Und ähnlich ist das eben mit xyz-Sexualität: Es handelt sich um einen künstlichen Begriff: Man steht nicht automatisch auf nur ein Geschlecht, man steht nie auf ein ganzes Geschlecht. Homosexualität schließt nicht automatisch von der Fortpflanzung aus (wäre dem so, wäre auch jede Argumentation vom genetischen Standpunkt aus stussig, weil Homosexualität irgendwann in den frühen Jahren der Menschheitsgeschichte ausgestorben wäre ), Heterosexualität bedeutet nicht gleichzeitig Fortpflanzung. Nur weil du gern Weißwurst mit Sauerkraut isst, heißt das ja nicht automatisch, dass du der Oberbayer schlechthin bist, auch wenn diese Zuschreibung freilich gern vorgenommen wird.

  4. #4
    Ich finde das Argument zu behaupten dass Homosexualität anerzogen ist für sehr gefährlich. Man weiß es schlichtweg nicht. Es gibt durchaus Argumente für eine genetische Komponente: So sind oftmals beide Zwillinge homosexuell. Andererseits gab es ja auch die sogenannten "Lustknaben" was dagegen spricht. Oder dass über Generation hinweg heterosexuelle Menschen irgendwann einen homosexuellen Sohn haben. Man muss schlichtweg zugeben dass man darüber gar nichts weiß. Legendlich die Tatsache dass es in der Tierwelt sehr häufig vorkommt lässt vermuten dass es legendlich eine Laune der Natur darstellt, weniger ein "Defekt". Dafür kommt es meiner Meinung einfach zu häufig vor. Aber interessant ist das Thema sicher.

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