Nach einem Video über die Geschichte dessen, was wir als JRPGs bezeichnen, und einigen Bildimpressionen zu der Urmutter dieses Genres, das eigentlich gar nicht ein Genre ist, habe ich selbst Lust bekommt, zu den Wurzeln zurückzugehen, was mittlerweile mein Hobby und eine Leidenschaft ist. Ich spreche von Dragon Quest, und zwar der Urversion von 1986 – das war noch ein anderthalb Jahre von Final Fantasy.
Die Geschichte: Der Protagonist, in meinem Fall der heldenhafte ROLAND, ist der Nachfahre des legendären Erdrick. Der Drachenlord hat die Welt in eine dunkle verwandelt und seine Existenz bedroht die der Menschen. So rief der König Lorik, Herr von Tantagel, den Auserwählten ROLAND zu sich, um ihn auf eine Mission zu schicken: ROLAND soll den Drachenlord besiegen und die entführte Prinzession Gwaelin aus der dunklen Höhle befreien, in die sich verschleppt wurde. So beginnt das Epos...
ROLAND stehen stets eine Reihe von Optionen zur Verfügung: Er kann mit Leuten reden, den Boden untersuchen, Gegenstände oder Zauber verwenden, seinen eigenen Status betrachten sowie Treppen hinauf- und hinuntersteigen und Türen wie Schatztruhen öffnen.
Mit diesen Fähigkeiten (und 120 Goldstücken) ausgestattet, wird ROLAND ohne weiteres Gerede in die Spielwelt geworfen, die ihm zu Beginn schon fast gänzlich offen steht, und die er nach Belieben erkunden kann. Verbindungspunkt der einzelnen Orte in Dragon Quest ist die klassische Weltkarte. In Städten kann man sich Waffen, Rüstungen und Items kaufen sowie sich in INNs ausruhen, und Zwischenziele sind meistens Dungeons, die man durchqueren muss. Kämpfe gibt es überall außer in Städten, die Stärke der Gegner ändert sich dabei von Gebiet zu Gebiet.
Die Kämpfe selbst sind sehr simple: ROLAND kann Angriffe, Zauber und Items können verwendet werden, alternativ steht ihm die strategische (und deshalb nicht unheldenhafte) Flucht zur Verfügung. Besiegte Gegner hinterlassen Gold und EXP, Levelaufstiege erhöhen die vier Statuswerte Angriff, Agilität (Verteidigung), HP und MP und verleihen ROLAND neue Zauber. Waffen und Rüstungen erhöhen ROLANDs Schaden bzw. seine Widerstandskraft, und je teurer ein Gegenstand ist, desto besser ist er. Es gibt kein Ausrüstungsmenü, gekaufte Sachen werden immer sofort gegen die angelegten ausgetauscht. ROLAND kann eine Waffe, eine Rüstung und einen Schild tragen.
Um gegen Gegner in neuen Gebieten eine Chance zu haben, muss ROLAND viel kämpfen. Sehr viel. Manchmal müssen mehr als hundert Gegner bezwungen werden, bevor ROLAND genug Gold hat, um sich die beste Ausrüstung zu kaufen, und sein Level hoch genug ist, um sich noch mächtigeren Gegnern entgegenzustellen. Dringt ROLAND versehentlich in neue Gebiete vor, bleibt ihm nur die Flucht vor den dortigen Feinden. Wird ROLAND im Kampf bezwungen, so kehrt er automatisch zum König zurück, zum Preis der Hälfte seines Goldes. Erfahrungspunkte, Items und Ausrüstungen bleiben also unverändert. Seinen Fortschritt sichern kann ROLAND auch nur beim König, doch da eine Niederlage im Kampf nicht fatal ist, kann er damit leben.
ROLAND muss nicht nur die Welt erforschen: Er muss auch in den Dörfern mit den Einwohnern reden, um sich wichtiges Wissen um die Welt und ihre Geheimnisse anzueignen. Denn einige Gegenstände, die ROLAND benötigt, um zum Drachenlord zu gelangen, sind so gut versteckt, dass man sie nicht von selbst und auch mit den kryptischen oder weniger kryptischen Hinweisen der Dorfbewohner nur schwer finden kann.
ROLANDs Ziel ist es, zum Schloss des Drachenlords zu gelangen, das auf einer Insel liegt. Um jedoch auf diese Insel zu gelangen, muss er vorher drei Gegenstände finden, um die Regenbogenbrücke zu bauen. Diese Gegenstände werden von drei Weisen bewacht, die sie ROLAND nur überlassen, wenn er vorher ihren Erwartungen gerecht geworden ist: Er hat für sie jeweils einen anderen Gegenstand zu finden.
Die Feinde ROLANDs sind zahlreich: Ob Schleim-Gegner oder Drakos, Drachen oder Magier, Soldaten oder Golems – er muss sich ihnen allen entgegenstellen. Viele dieser Gegner werden die Welt noch lange bevölkern, auch nach ROLANDs Zeit.
Die Entführung der Prinzessin ist eine andere Geschichte. Entweder hat der Drachenlord gar nichts damit zu tun, oder er hat sie einfach so in einer sumpfigen Höhle eingesperrt, bewacht von einem grünen Drachen. Jedenfalls ist das der Ort, an dem ROLAND seine notwendigerweise zukünftige Geliebte finden und befreien muss. Selbstverständlich muss ROLAND sie zum Schloss zurücktragen. Dort gesteht Gwaelin ihm ihre Liebe, und sie fragt auch ROLAND, ob er sie liebt. Verneint ROLAND, so sagt sie nur: „But thou must!“, so lange, bis ROLAND einsieht, dass er sie wirklich liebt.
Nach einer langen Reise, weit über tausend besiegten Gegnern, mehreren besuchten Städten und durchquerten Höhlen und Abstechern in alle Teile der Welt, um verschiedene Gegenstände und die legendäre Ausrüstung seines Vorfahren Erdrick zu beschaffen, kann ROLAND endlich dem Drachenlord gegenübertreten. Und ROLAND bezwingt ihn. Doch dann verwandelt sich der Drachenlord selbst in einen gigantischen Drachen. Nach einem langen, gefährlichen Kampf schafft es ROLAND, auch den Drachen zu bezwingen.
Nach dem Ende seiner langen Reise kehrt ROLAND in das Schloss des Königs zurück. Der König dankt ROLAND und schlägt ihm vor, er soll der neue König werden. Doch ROLAND lehnt ab und sagt, er hätte nur das Recht, ein eigens von ihm entdecktes Land zu regieren. So will er sich auf eine Reise aufmachen – und die Prinzessin folgt ihm an seiner Seite, ob ROLAND es will oder nicht. Das Königreich ist gerettet, und so machen sich die Geliebten ROLAND und Gwaelin in eine unbekannte Zukunft auf...
Bis auf zwei gescheiterte Anläufe bei Dragon Quest 8 (einmal bis zum Ende der ersten Hälfte, einmal etwas weiter) hatte ich nie Kontakt mit der traditionsreichen Serie. Umso stärker war es mir ein Anliegen, die Reise ganz von vorn zu beginnen und zu schauen, wie alles anfing, wie sich die Spiele im Laufe der Zeit entwickelt haben, welche Elemente sich in jedem Teil wiederfinden und was letztlich daraus geworden ist. Jetzt verstehe ich auch, warum Enkidu das so macht.
Man kann sagen was man will, aber mir hat Dragon Quest Spaß gemacht. Sicherlich hätte ich die ewigen Grind-Sessions nicht überlebt, wenn ich es nicht auf dem Emulator mit Turbo-Funktion gespielt hätte. Aber für sein Alter ist Dragon Quest erstaunlich benutzerfreundlich: Es gibt kein Game Over, die Gegner sind in der Regel fair und können keine kritische Treffer landen und es gibt später im Spiel sogar Zauber, um Dungeons zu verlassen, zum Schloss zurückzukehren und um Zufallsbegegnungen (schwächerer Gegner) zu unterbinden.
Das grundlegende Gameplay ist sehr simpel, aber für diese Zeit sicherlich etwas ganz besonderes gewesen. Zwar verbringt man die meiste Spielzeit mit dem Kämpfen, aber es gibt auch andere Elemente: In Dungeons muss man mittels Fackeln oder Zauber zum Beispiel für Licht sorgen. Man kann Truhen öffnen, und für jede Tür im Spiel braucht man magische Schlüssel, die man später kaufen kann. Man merkt dem Spiel auch an, dass es eine Geschichte erzählen will, und sei sie noch so simpel. Die NPCs in den Städten reden über den Drachenlord, die Prinzessin, das böse in der Welt, ihre Familie, die Geheimnisse oder einfach nur über etwas ganz Belangloses.
So hat alles angefangen. Sechs Stunde habe ich insgesamt Gebraucht, aber hätte ich die Kämpfe in normalem Tempo bestritten und nie eine Komplettlösung aufgesucht, um herauszufinden, wo dieser oder jener Gegenstand ist, wäre wohl ein Vielfaches daraus geworden. Im Gegensatz zum ersten Final Fantasy hat Dragon Quest keine riesige Welt, aber dennoch eine Weltkarte beachtlicher Größe. Durch die massiven Grind-Sessions, die notwendig sind, wird die Spielzeit allerdings auch extrem gestreckt. Ich hoffe mal, dass das bei den folgenden Teilen nicht mehr der Fall ist.
Mir hat es auf jeden Fall viel Spaß gemacht, in den letzten Tagen in das Spiel einzutauchen. Es hat viel Charme versprüht und in mir eine gewisse Nostalgie ausgelöst und mich insbesondere durch die Musik an die alten Pokémon-Spiele für GameBoy erinnert. Einige Designentscheidung wurden übrigens 1:1 in Pokémon übernommen. Auch Final Fantasy hat sich sehr stark an Dragon Quest orientiert, aber auch sehr viel Neues erfunden.
Dieser kleine Exkurs war auf jeden Fall eine interessante Erfahrung, und ich gedenke auch, das zweite Dragon Quest zu spielen, und danach vielleicht auch noch das dritte – oder vorher lieber noch die NES-Version von Final Fantasy? Wie dem auch sei, ich freu mich drauf, auch über die anderen Spiele ein wenig zu berichten!