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  1. #11

    The Legend of Dragoon


    Ich habe mit etwa 37 Stunden Spielzeit soeben The Legend of Dragoon beendet. Das Spiel erscheint mir (und nicht nur mir) wie eine Art Antwort von Sony auf den Erfolg von Final Fantasy VII und Final Fantasy VIII. „Das können wir auch“, hat sich Direktor Yasuyuki Hasebe gedacht, und mal eben über hundert Leute zusammengetrommelt, um auch ein klassisches RPG mit CGI-Videos, Renderhintergründen und einer epischen Geschichte auf 4 CDs zu entwickeln. Um es kurz zu machen: Dieses Unterfangen ist gescheitert.

    Weniges an The Legend of Dragoon ist wirklich gut, und das Spiel macht einige schwer verzeihliche Fehler, die damals zum Teil allerdings noch Standard waren. Loben muss man die wundervollen Renderhintergründe, die tollen CGI-Sequenzen, die realistischen 3D-Modelle und die Abwechslungsreiche Gestaltung der Dörfer und Städte. Das, und nur das, kann ich wirklich an dem Spiel loben. Was die anderen Belange angeht, so läuft hier viel verkehrt. Ich gehe mal die einzelnen Punkte durch:

    Story
    The Legend of Dragoon erzählt eine ziemlich ausufernde und potentiell interessante Geschichte, die sich 11.000 Jahre in die Vergangenheit erstreckt. Die Mythologie mit dem Baum des Lebens und den 108 Rassen gefällt mir ganz gut und die Geschichte bietet nette Grundlagen. Aber sie nutzt diese Grundlagen nicht. Sie ufert aus, wird extrem komplex, führt viele Namen und Charaktere ein und erklärt am Ende vieles gar nicht mehr. Zumindest nicht im Detail. Das ist schade, denn es scheitert nicht an den Ideen, sondern an der Präsentation.

    Charaktere
    Es kommt ein bunter Haufen an Charakteren zusammen, unter denen sich viele langweilige Charaktere neben einigen wenigen interessanten Charakteren einfinden. Wieder einmal sorgt die Präsentation dafür, dass die ganze Rechnung irgendwie nicht so aufgeht. Positiv ist, dass jeder Charakter wirklich ein wenig Spotlight bekommt (wenn auch Kongol zum Beispiel sehr underused ist) und auch der Eindruck erweckt wird, dass den Entwicklern etwas an den Charakteren liegt. Durch die schwachen Dialoge (und die grausame Übersetzung) und generische We-can-do-it!-Momente sind aber bis auf evtl. Haschel und Rose alle Charaktere ziemlich schlecht präsentiert.

    Gameplay
    Hier wird so vieles falsch gemacht. Das Kampfsystem ist potentiell interessant, aber da hört es auf. Ich zähle mal einige Schwächen des Gameplays auf:
    – recht langsame Kämpfe, einigermaßen viele Zufallskämpfe
    – kaum EXP für normale Kämpfe (= lohnen sich gar nicht), in Bosskämpfen sehr unverhältnismäßig viel
    – Inventar kann nur 32 Items beinhalten
    – Backtracking ist ständig notwendig
    – die schönen Maps sind teils nicht darauf ausgelegt, perfekt begehbar zu sein; teils sieht man manche wichtigen Übergänge/Passagen nur schwer im Gewirr
    – Heilung ist im Kampf fast nur und außerhalb nur per Items möglich (abgesehen von Inns etc.)
    – die Weltkarte ist nur über gestrichelte Linien (mit vielen Kämpfen in bestimmten Abständen) begehbar
    – gibt noch einige andere Sachen, dir mir jetzt gerade nicht einfallen


    An meinem Nervenkostüm hat das Spiel ab und zu arg gerüttelt. Irgendwann habe ich meinen Frieden mit den Kämpfen gemacht. Da die einzelnen Gebiete meistens recht klein waren, haben die Zufallskämpfe manchmal gar nicht so sehr genervt, aber sobald mal wieder Backtracking involviert war, wurde es schnell frustrierend. Positiv sind die Additions, die die Kämpfe etwas aktiver gestalten und neben den erhaltenen EXP und Items (die nicht der Rede wert sind) noch einen zusätzlichen (meiner Meinung nach notwendigen) Anreiz bzw. eine Belohnung bieten, da man sie durch Benutzen aufleveln kann.

    Spaß hatte ich meistens in den Städten, da hat mir das Spiel am besten gefallen. Wenn gerade keine dramatischen Momente herrschten, waren die Charakter-Interaktionen sogar oft ziemlich toll. In dem Spiel steckt schon sehr viel Liebe, nur leider ist die Umsetzung oft schlecht.


    Musik
    Es gibt eine Handvoll schöner Stücke, aber... ugh... die Battle Themes. Sie sind grausam. Wirklich, wirklich schlecht, besonders zusammen mit der Siegesmusik. Und das ist die Musik, die man meistens hört. In vielen Dungeons wird außerdem sehr generische, melodielose Ambientemusik gespielt und der Soundtrack für 40 CDs Spielinhalt setzt sich aus 50 Tracks zusammen. Nicht die gesamte Musik ist schlecht, ganz und gar nicht. Aber es sind doch einige wirklich schlechte Stücke dabei. Und umgekehrt zu zum Beispiel Wild ARMs 4 hört man die schlechten Stücke viel häufiger als die guten.

    Fazit
    Trotz all dem war es für mich kein Spielerlebnis, das ich als „schlecht“ abstempeln würde. Ja, es war manchmal frustrierend. Ja, irgendwie fehlt dem ganzen Spiel die Innovation. Aber trotzdem habe ich hinter all den Fehlern teilweise schöne Ansätze gesehen, und anders als bei vielen heutigen Spielen wirkt die Umsetzung nicht lieblos, sondern stark fehlerbehaftet. Mir ist es lieber, ein fehlerbehaftetes Spiel mit einer Seele zu spielen, als ein oberflächlich-makelloses Spiel ohne Seele. Ein wenig Nostalgie kam durch die Grafik, insbesondere die Renderhintergründe, auch auf, und abgrundschlecht war die Geschichte nun auch nicht.

    Als ich das Spiel letztes Jahr mit einem Freund zusammen angefangen habe, war ich ziemlich begeistert. Das bin ich nun nicht mehr. Trotzdem hat mir The Legend of Dragoon in gewisser Weise auch gefallen. Es ist ein umfangreiches und vollwertiges RPG, das schlecht gealtert ist und schon damals viele Fehler gemacht hat. Aber ich will es nicht als „schlecht“ abstempeln, insbesondere nicht nach dem doch sehr beschwichtigenden Ende, nach dem ich das Spiel beruhigt und zufrieden zur Seite legen kann.
    Geändert von Narcissu (25.08.2012 um 16:46 Uhr)


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