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  1. #23

    Shin Megami Tensei

    Nachdem ich mich letztes Jahr an Kyuuyaku Megami Tensei, das SNES-Remake von Digital Devil Story: Megami Tensei und Digital Devil Story: Megami Tensei II, gewagt habe, habe ich mir in der vergangenen Woche das erste Shin Megami Tensei für SNES vorgenommen.

    Trotz ihres Alters umfasst die Serie bisher nur vier Hauptteile. Die haben alle so einiges gemeinsam. Viele Elemente, wie die Dämonenbeschwörungen, sind den meisten MegaTen-Spielen gemein, die Hauptserie zeichnet sich aber speziell durch das Alignment-System aus. Durch Entscheidungen, die der Spieler trifft, wird er entweder Law, Neutral oder Chaos zugeordnet, was den Verlauf der Handlung wie auch das Ende stark beeinflusst.



    In Shin Megami Tensei steht Law für "Gott", der ein tausendjähriges Königreich gründen will, in dem die Menschen, die ihn anbeten, in Sicherheit leben können, während Chaos für die Seite der Dämonen und der Freiheit steht, wobei "Anarchie" vielleicht das bessere Wort wäre. Neben dem Protagonisten hat man zu Beginn auch noch den "Law Hero" und "Chaos Hero" in der Party, die jedoch später ihre eigenen Wege gehen. Sich zwischen den beiden zu entscheiden ist oft gar nicht so einfach. Auch gar nicht so einfach ist es, auf dem neutralen Pfad zu bleiben, wie ich selbst feststellen musste. Das neutrale Ende ist das, auf das Shin Megami Tensei II aufbaut, das einige Jahrzehnte später spielt.

    Die Handlung ist primär deshalb cool, da thematisch Dinge angeschnitten werden, die andere RPGs nicht oder eher nebensächlich behandeln. Es gibt keine wirkliche Schwarzweißmalerei, wobei es im Spiel eher so rüberkommt, dass sowohl Law als auch Chaos nicht erstrebenswert sind. Religiöse Symbolik wird frei verwendet, und mit viel Liebe zum Detail wird die Verdorbenheit der Welt portraitiert. Sehr schön dunkel, eine willkommene Abwechslung zu den üblichen hellen und bunten 16-Bit-RPGs.



    Spielerisch fühlt sich Shin Megami Tensei seeehr nach dem Remake von Megami Tensei II an. First-Person-Dungeon-Crawling + 2D-Weltkarte + rundenbasierte Kämpfe + Dämonenverhandlungen + Dämonenbeschwörungen + Dämonenfusionen + viele (teils recht große) Dungeons. Das macht die Serie ja auch irgendwo aus.

    Typischerweise reist von auf der Oberwelt von Dungeon zu Dungeon, in denen man auch einen Großteil der Zeit verbringt. Alles, auch Shops und "Häuser", befindet sich in diesen Dungeons.

    Ein bisschen süchtig macht dieses System schon. Am Freitag habe ich quasi nichts anderes gemacht, als Shin Megami Tensei zu spielen. Leider hat das Spiel noch ein paar Macken, darunter die langsamen Übergänge zwischen Kämpfen und Umgebung (nach jedem Kampf muss man erst sechs Textboxen wegdrücken und dann den Übergang zum Feld-/Dungeonmodus abwarten) und die Menüführung, die wirklich grässlich ist. Wenn man neue Ausrüstungsgegenstände kaufen möchte, hat man vorher keine Möglichkeit zu sehen, wie gut die sind. Items und Fähigkeiten haben keine Beschreibungen. Das Inventar ist relativ groß, aber begrenzt. Solche kleinen Dinge halt.



    Auch an der Optik merkt man dem Spiel an, dass es ein früheres SNES-Spiel ist. Die Monstergrafiken und manche Artworks sind ganz nett, aber die Dungeon- und Map-Grafiken sowie Animationen sind ziemlich simpel und auch nicht besonders schön. Megami Tensei II, das ich gestern angefangen habe, macht da schon etwas mehr her.

    Wie auch bei Kyuuyaku Megami Tensei schon ist die Musik leider absolut nichts Besonderes. Der Stil ist zwar individuell, aber memorabel ist keines der Stücke wirklich.

    Vom Schwierigkeitsgrad würde ich das Spiel gar nicht mal sooo hoch einstufen. Das liegt primär daran, dass man aus den meisten Kämpfen recht sicher fliehen kann (wenn man genug levelt), und das die Bosse im späteren Verlauf größtenteils echt ein Witz sind, auch ohne strategische Finesse.

    Garstig können aber viele der Zufallskämpfe werden, denn normale Gegner werfen mit Zustandsveränderungen nur so um sich, und von denen sind einige fatal. Paralysis, Bind und Stone sorgen alle dafür, das man im Kampf nicht mehr agieren und auch außerhalb keine Zauber mehr einsetzen kann. Mir ist es öfter passiert, dass ich einen Charakter im Dungeon nicht heilen konnte (Bind verschwindet zum Glück nach einiger Zeit, Paralysis ggf. auch) und deshalb zurück musste (zum Glück kriegt man später einen Warp-Zauber).



    Durch die optionalen Inhalte, die verteilbaren Stat-Punkte bei Level-Ups und die freie Wahl bei der Teamzusammenstellung durch die Dämonen kann man sein Spielerlebnis recht individuell gestalten, auch wenn die Haupthandlung bis auf einige Punkte jedes Mal ähnlich ablaufen wird. Gegen Ende merkt man die Unterteilung in Law/Neutral/Chaos stärker, unter anderem fällt im Neutral-Pfad ein ganzer Story-Gameplay-Abschnitt weg.

    Das Alignment beeinflusst auch das Gameplay: Als Law-Held kann man keine Chaos-Dämonen beschwören, und manche Ausrüstungsgegenstände sind nur für Law oder Chaos.

    Die Encounter Rate ist leider anfangs schon recht hoch und später jenseits von gut und böse. Im letzten Dungeon geben die Bosse so unverhältnismäßig viele EXP, dass sich normale Kämpfe gar nicht lohnen. Der letzte Dungeon besteht zudem aus zweimal acht teils recht großen und verzweigten Stockwerken, weshalb ich hier auf einen No-Encounter-Cheat zurückgegriffen habe, der alles sehr viel lockerer gemacht hat.

    Die letzten Bosse (gibt zwei bei Neutral) waren beinahe identisch und die Kämpfe zwar lang, aber einfach. Wirklich keine große Herausforderung, dabei war ich nicht einmal nennenswert gut vorbereitet. Die größte Gefahr im Spiel liegt wirklich darin, dass einem normale Encounters über mitspielen – in langen Dungeons eine sehr reelle Gefahr. Das Ende selbst war mir dann etwas zu klischeehaft: Ein alter Mann textet mich über das Gleichgewicht zwischen Law und Chaos zu, und die Konsequenzen meiner Handlungen und dass die Menschheit nun geführt werden muss.

    Ein bisschen ironisch ist, dass Neutral im Endeffekt auf "töte alle" hinausläuft. ^^



    Fazit: Unterm Strich hatte ich viel Spaß an Shin Megami Tensei, gerade die düstere Atmosphäre und die postapokalyptische, dystopische Welt haben mir wieder gut gefallen. Das Dungeon-Crawling macht in gewisser Weise süchtig. Die Kämpfe sind an sich recht fix, werden aber durch einige blöde Designentscheidungen etwas verlangsamt und auch die sonstige Steuerung ist noch verbesserungswürdig. Das Chaos-Neutral-Law-System ist von der Idee her interessant und auch für damalige Verhältnisse gut umgesetzt, aber ein bisschen fehlt noch die inhaltliche Tiefe. Im späteren Verlauf wird das Gameplay etwas mühseliger, aber das ist man ja von vielen RPGs gewohnt. Optisch und musikalisch leider eher unterdurchschnittlich. Dennoch: ein solider Start für die Serie und ein recht erinnerungswürdiges Spiel!

    Story 6.0 Charaktere 3.0
    Gameplay 5.5 Kämpfe 6.0
    Optik 5.0 Musik 4.5
    Atmosphäre 8.0 Spielzeit 23:00*
    Memorability 7.5 Gesamt 6.0

    *mit Emulator gespielt, Ingame-Spielzeit wäre deutlich höher
    Geändert von Narcissu (22.05.2016 um 11:09 Uhr)


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