Ich hänge es zwar nicht an die große Glocke (), aber ich mag Trails in the Sky. Ziemlich gern. Da am Donnerstag der Nachfolger, Trails in the Sky SC, erschien, habe ich in der Woche vor der Ankündigung eiligst noch einmal den ersten Teil durchgespielt, um mit perfekt aufgefrischten Erinnerungen weitermachen zu können. Tatsächlich habe ich das Spiel erstmals gespielt, kurz bevor ich den Gamelog hier aufgemacht habe. Alte Einträge dürften sich noch im icksmehl-Gamelog finden lassen.
Leider kam die Ankündigung des Releasetags von SC so plötzlich, dass ich leider keine Zeit hatte, wie geplant einen kompletten Spielstand in FC zu erreichen. Dafür muss irgendwann wohl ein dritter Run herhalten, denn ich habe erneut einige Dinge verpasst, die sich bestimmt gelohnt hätten.
Denoch bin ich sehr froh, FC ein zweites Mal durchgespielt zu haben, denn das hat mir erneut gezeigt, wie toll das Spiel ist, wie sehr es meinen Geschmack trifft und wie sehr ich mich auf SC freue.
The Legend of Heroes: Trails in the Sky ist meiner Meinung nach eines der wenigen JRPGs ohne beträchtliche Schwächen. Das Spiel macht einfach sehr, sehr viel richtig. Auch wenn ich es wegen der Textlastigkeit nicht uneingeschränkt jedem Spieler empfehlen würde, finde ich dennoch, dass das Spiel in jeder Hinsicht etwas bieten kann.
Um genauer zu beschreiben, was das Spiel für micht so herausragend macht, habe ich mal ein paar Punkte zusammengestellt:
Alle Hauptcharaktere und jeder halbswegs wichtige Nebencharakter hat eine greifbare Persönlichkeit
Während viele RPGs es nicht einmal schaffen, ihren Hauptcast durch irgendetwas besonders oder individuell zu machen, haben in Trails in the Sky selbst Nebencharaktere eine gut ausgearbeitete Persönlichkeit. Und es gibt ziemlich viele Nebencharaktere. Ob das nun ein Zeitungsreporter, ein Bürgermeister oder die Königin ist - man bekommt ein ziemlich gutes Bild davon, was diese Personen ausmacht.
Die Dialoge sind extrem lebendig geschrieben
Wer Golden Sun gespielt hat, weiß, dass ein Spiel auch sehr wortreich sein kann, ohne Substanz zu haben. Trails in the Sky ist sehr wortreich und hat in den Dialogen dennoch mehr Substanz als die meisten anderen Spiele, selbst die, die sich aufs Wesentliche konzentrieren.
Das liegt besonders an der tollen Chemie zwischen den Charaktere. Egal, wer gerade dabei ist, die Dialoge sind zu fast jedem Zeitpunkt unterhaltsam und kein reiner Selbstzweck. Sie füllen die Charaktere mit Leben, bringen sie dem Spieler näher. Es gibt sehr viele gut geschriebene lustige Szenen, aber auch viele ernste.
Das Spiel weigert sich, den Text lediglich zweckmäßig ans Gameplay anzupassen. In vielen Orten werden mit NPCs ganze Konversationen geführt, und statt gesagt zu bekommen "Gehe dorthin, mache das" spielt auch das Drumherum eine Rolle.
Das World Building ist äußerst liebevoll umgesetzt und konsistent
NPCs in Trails in the Sky spielen nicht nur im Zusammenhang mit dem Spieler eine Rolle, sie haben auch ein eigenes Leben. Im Spiel ist man sehr viel in Städten unterwegs, und dem aufmerksamen Spieler wird auffallen, dass die NPCs auch Beziehungen untereinander pflegen. Im Laufe des Spiels kann man so zum Beispiels Familienkrisen miterleben, oder sehen, wie Charaktere von Ort zu Ort reisen. Den erwähnten Onkel des Mädchens aus Rolent findet man in Grancel tatsächlich vor -- solche Dinge gibt es im Spiel zu Hauf, und das alles vollkommen optional und ohne, dass die Hauptcharaktere etwas damit zu tun haben.
In SC merkt man das übrigens noch deutlicher, denn man trifft fast alle NPCs wieder, und das, was sie zu sagen haben, beruht alles auf dem, was man schon in FC über sie erfahren hat. Charaktere, für die man in FC Aufgaben erledigt, reagieren sogar entsprechen darauf. (Es gibt übrigens ein Steam-Achievement dafür, dass man einem eigentlich total unwichtigen Nebencharakter an 13 verschiedenen Orten im Spiel begegnet. ^^)
Die Handlung ist gut durchdacht und streut intelligent Hinweise
Auch wenn die Geschichte in Trails in the Sky zunächst gemächlich voranschreitet, merkt man rückblickend, oder spätestens beim zweiten Durchgang, wie viel gutes Foreshadowing es gibt, und wie wunderbar die spätere Handlung sich im Hintergrund aufbaut.
Auch wenn die Handlung größtenteils ziemlich lokal ist, erfährt man in jedem Kapitel einige sehr relevante Dinge über die übergreifende Geschichte. Am Ende verlaufen alle Fäden wunderbar zusammen. Manche Wendungen erahnt man bereits vorher, andere kommen völlig überraschend. Aber in jedem Fall machen sie Sinn und sind in sich stimmig.
Olivier!
Olivier ist einfach ein herrlicher Charakter. Wohl der unterhaltsamste Videospielcharakter, der mir je untergekommen ist. So gut wie jede Szene mit ihm ist einfach herrlich.
Das Spiel bietet ein gutes Maß an Erkundung und Freiheit
Zwar ist man in jedem Kapitel auf eine Stadt und die Umgebung beschränkt, doch diese Gebiete sind meist gar nicht so klein. Während es in der Stadt selbst viel zu tun gibt, kann man meist auch schon recht früh in verschiedene Richtungen streunen und teilweise sogar optionale Gebiete besuchen, oder solche, in die man von der Handlung erst später kommt. Verloren fühlt man sich dabei jedoch nie. Etwas unspektakulär sind leider die Verbindungsstraßen.
Die Nebenaufgaben sind abwechslungsreich und belohnend
Belohnend nicht nur im Sinne von "materieller Belohnung", sondern vor allem, weil es viele Quests gibt, die sehr charakternah sind und die man nicht nur für die Bracer Points, das Geld oder die Items spielen würde. Solche Konversationen in optionalen Inhalten vermisse ich in vielen anderen Spielen schmerzlich. Es gibt klassische Nebenaufgaben wie Monster besiegen, Katzen finden, Briefe überbringen, und Eskortmissionen, aber auch einige besondere. In SC muss man zum Beispiel Poker spielen oder Kindern in einer Kirche unterrichten.
Das Kampfsystem ist gut durchdacht und spaßig
Das Kampfsystem ist an sich nicht sonderlich neu, nutzt aber mehrere Aspekte klug aus: Es ist zugbasiert wie Final Fantasy X und Dimension spielt eine Rolle wie in Grandia. Durch kluges agieren kann man die Zugreihenfolge etwas manipulieren. Da es für bestimmte Züge Boni gibt, wie etwa einen Angriffsbonus oder HP-Heilung, die man vorher einsehen kann, zahlt es sich aus, auf solche Details zu achten. Man kann verschiedene Elemente des Systems miteinander kombinieren.
Das Skillsystem ist nicht sehr kompliziert, wächst im Laufe des Spiels aber auf angenehme Weise und bietet dem Spieler reichlich Freiheit, die Charaktere nach seinen persönlichen Vorlieben anzupassen.
Die Kämpfe haben zudem eine angenehme Länge, und wer keine Lust drauf hat, kann auch jeder Zeit flüchten.
Es gibt sinnvolle Komfortfunktionen
Ein Schnellreise-Feature gibt es zwar nicht (würde auch nicht in die Welt passen), aber man hat beispielsweise schon sehr früh die Möglichkeit, Gegner auf der Karte anzeigen zu lassen, oder dafür zu sorgen, dass Gegner einen nicht verfolgen. Aus Kämpfen kann man immer problemlos fliegen. Das Fortbewegungstempo ist sehr zügig, das Texttempo angenehm und man kann sich auch schnell durch den Text skippen, wenn man das will. Es gibt kein Game Over, sondern Retrys für Kämpfe.
Der Soundtrack ist eher unauffällig, aber unglaublich stimmig
Die Musik von Trails in the Sky gehört zu meinen Lieblingssoundtracks. Insgesamt halte ich die Musik für etwas unterschätzt. Sie liefert zwar kein Bombast-Erlebnis, ist aber voll von unglaublich stimmigen, einprägsamen, schönen und abwechslungsreichen Melodien, die alle möglichen Stimmungen abdecken. Das normale Kampfthema ist leicht jazzig, sehr ungewöhnlich für RPGs. Das Hauptthema ist außerdem unglaublich schön. :>
Natürlich gibt es auch nicht nur ruhige Musik:
(Eine der mitreißendsten Musiken für einen letzten Dungeon überhaupt!)
Spritework und 2D-Actionszenen gehören zum Besten, was das Genre zu bieten hat
Während die 3D-Grafik nicht allzu viel hermacht (das Umgebungsdesign und besonders die Innenausstattung der Häuser sind sind aber dennoch gelungen!) punktet das Spiel mit sehr detaillierten und toll animierten 2D-Grafiken. Bisweilen sehen Bewegungen so flüssig aus, dass man meinen könnte, es handle sich im 3D-Effekte. Es gibt einige Action-Szenen im Spiel, deren Spritework mit zu dem besten zählt, das ich bisher in einem RPG gesehen habe. Dazu zählt beispielsweise eine gewisse Theaterszene.
Das englische Skript ist fantastisch XSEED hat eine großartige englische Version angefertigt, die von Anfang bis Ende so lebendig klingt wie kaum eine andere Übersetzung, die ich kenne (mit Ausnahme von vielleicht Final Fantasy IX und Dragon Quest). Ich kann mir sogar vorstellen, dass die englische Fassung ansprechender als die japanische ist.
Das Finale und Ende sind äußerst mitreißend gestaltet
Dazu muss ich wohl nicht viele Worte verlieren. Die Handlung hat sehr viel aufbauenden Charakter, aber am Ende verlaufen sehr viele Fäden zusammen und es geht richtig zur Sache. Und nach dem letzten Kampf... na ja, ich verrate mal lieber nichts. Aber es hat schon seinen Grund, warum Fans des Spiels XSEED jahrelang angefleht haben, SC zu lokalisieren.
Insgesamt... ist The Legend of Heroes: Trails in the Sky einfach ein Spiel, das fast alles richtig macht. Wenige Spiele haben in meinen Augen so wenig Schwächen. Der Fokus liegt letzten Endes auf Dialogen, Charakteren und der Handlung – und hier merkt man ganz besonders, wie wichtig die Umsetzung ist und dass ein Spiel das Rad nicht neu erfinden muss. Das Spiel hat leider nie so viel Aufmerksamkeit erfahren wie andere "aufsehenerregendere" Titel dieser Zeit, doch es ist ohne Zweifel eines der bestgeschriebenen RPGs überhaupt, mit riesiger Detailverliebtheit, exzellentem World Building und Charakteren, die einem sehr, sehr ans Herz wachsen.
Seit der englischen Veröffentlichung hat sich das Spiel sehr schnell in die Liste meiner Lieblingsspiele überhaupt gemausert – und dort wird es sicherlich auch immer bleiben.