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Drachentöter
25. März, G-2:
[Dr. Fuhrmann]
Dr. Fuhrmann hat das ruppige Bremsmanöver recht gut überstanden, bis auf zwei große blaue Flecke auf beiden Schultern, verursacht dadurch, daß er bei der ersten und auch der folgenden Erschütterung hart in die automatisch schließenden Gurte seines Arbeitssessels geschleudert wird. Als die Anweisung aus der Kommandozentrale kommt, hat er längst im Kopf überschlagen, was ihn im Maschinenraum erwarten könnte. Auf einer rein analytischen Ebene ist ihm nach Katharinas gebrüllter Durchsage klar, daß die zwei Maschinisten keine Chance gehabt haben dürften, wenn eine Entladung des Reaktors II sie direkt erwischt hat, der Humanist in ihm treibt den zerstreuten Mediziner dennoch zur Eile, als das Schiff endlich zur Ruhe gekommen scheint.
Als er den Maschinenraum erreicht, findet er seine Befürchtungen bestätigt. Tars und Miller weisen typische Verletzungen auf, wie ein elektrischer Schlag sie verursacht. Die Haut ist aufgeplatzt, wo die Entladung in den Körper der Unglücklichen hinein- und wieder herausgefahren ist, wirkt regelrecht zerfetzt, als hätte sich eine bestie an den Männern ausgetobt. Ihnen kann niemand mehr helfen. "Zentrale von Dr. Fuhrmann: Katharina hat recht, Jorge und John ist leider nicht mehr zu helfen.", meldet er mit leicht bedrückter Stimme.
[Galotti]
Galotti hingegen hat nach den peinlichen Auftritt vor versammelter Mannschaft und dem Zusammenprall mit der Kante von Sprengstoffingenieur entschieden, daß er seinen Kopf erstmal besser unten halten sollte. Zwar mag er ein Trampel sein, aber selbst ihm ist aufgefallen, daß er keinen gloriosen ersten Eindruck vermittelt hat. Er sitzt gerade still in seinem Quartier, als der erste Ruck durch das Schiff geht. Das erweist sich als Glück für ihn, da auch bei ihm die Turbulenzen durch die Sicherheitsgurte abgefangen werden. Katharinas beunruhigende Meldungen erreichen auch ihn, und nachdem die G-2 offenbar aufgehört hat zu bocken wie ein störrischer Mustang, löst er die Haltegurte, wuchtet seinen Leibesumfang hoch und wetzt in Richtung der Kommandozentrale.
„Ich hab es doch gesagt“, trompetet er noch etwas außer Atem, gerade in dem Moment, als er sein Ziel erreicht hat. „Dieses Schiff ist verflucht!“
[Cera]
Hatte Cera noch gehofft, dass die situation nicht gar so kritisch ist, wird sie von Marks Worten bald eines Besseren belehrt. Sie will gerade etwas erwidern, als die Durchsage von Katharina an ihr Ohr dringt. Oh verdammt. Obwohl sie die beiden nur kurz kannte kommt es ihr vor, als ob ihr jemand den Boden unter den Füßen wegzieht. Es ist noch gar nicht lange her, da saßen sie alle zusammen in dem Besprechungsraum der Garching. Sie blinzelt eilig die Tränen weg, die ihr in die Augen treten, sie muss sich jetzt auf ihren Dienst konzentrieren, allerdings ist sie im Moment zur Untätigkeit verdammt, wenn die Hyperfunkanlage derart gestört ist. Vielleicht kann sie sich mit Galotti austauschen, er ist ebenfalls Hypertechniker und auf seinem Fachgebiet macht ihm auch so schnell niemand etwas vor. Sie will Mark gerade den Vorschlag machen, da merkt sie wie er von Selbstzweifeln und Vorwürfen überwältigt ist. Anzusehen ist ihm kaum etwas, er wirkt nicht mitgenommener als jeder in der Zentrale. Gerne hätte sie ihm etwas in der Art gesagt, er hätte sich gut Geschlagen und hat alles menschenmögliche getan, ihr fehlen aber die richtigen Worte und so sieht sie ihn nur stumm in seine blauen Augen. Das ist anscheinend auch das Falsche, denn langsam merkt sie eine starke Abneigung gegen sie, die ebenfalls von Mark ausgeht.
Genau das was immer passiert, wenn jemand von ihrem Talent erfährt. Kaum einer kann das Unbehagen gänzlich ablegen, wenn er mit ihr zu tun hat und weiß was sie ist, was Cera auch völlig nachvollziehen kann. Nur gerade hasst sie es mal wieder und sieht ihre Begabung eher als Fluch an. Das ist einer der Momente, in denen sie sich wünscht dass sie jemand anlügen könnte dass alles gut werden würde, ohne dass sie es merkt. Schließlich erlöst Mark sie beide aus dieser mehr als unangenehmen Situation. "Ich bin schon unterwegs.", antwortet sie ihm, wobei sie jetzt ebenfalls den Blick gesenkt hat. Später - sollte es für sie alle ein Später geben - sollte sie ein Gespräch mit Mark suchen, falls sie länger zusammen Dienst tun. Irgendwie scheint er mit ihr wesentlich mehr Probleme zu haben, als Ma-Kynaan.
Sie verlässt die Zentrale über eine der Leitern, nachdem sie ihrem Multifunktionsarmband die Raumnummer von Ma-Kynaan entnommen hat. Sein Quartier ist nicht weit von der Tür zur Zentrale entfernt. Sie klopft erst kurz an die Tür, bis ihr gleich darauf einfällt, wie überflüssig dass in der derzeitigen Situation ist. Kurz entschlossen zieht sie am Griff, und die unverschlossene Tür schwingt auf. Cera fährt der Schreck in die Glieder, als sie den Kommandanten in einer Blutlache auf dem Boden liegen sieht. Sie fängt sich allerdings gleich wieder und läuft zu ihm. Das Blut stammt von einer Platzwunde an der Stirn und scheint nicht soviel zu sein, wie es auf Cera zuerst den Eindruck machte. Außerdem atmet er gleichmäßig und sie kann seinen Puls fühlen. Ein paar Sekunden später kommt schon der Medoroboter herein, den sie gerufen hat. Nachdem er Ma-Kynaan kurz untersucht hat, schnarrt er: "Zustand unkritisch, Verlegung in die Krankenstation empfohlen."
Gleich darauf wird sie von Fuhrmann, der auch die Medoroboter koordiniert, angefunkt: "Ich habe eben den Bericht des Medoroboters bekommen, er soll ihn in die Krankenstation schaffen, dorthin wird Brokendillar auch gerade verlegt." Sie bestätigt dem Roboter, dass sie mit seinem Vorschlag einverstanden ist, und dieser legt Mascaren auf eine Antigravtrage und verschwindet in Richtung Krankenstation. Etwas benommen steht sie noch ein paar Sekunden in dem Quartier, dann geht sie wieder zurück in die Zentrale.
[Dr. Fuhrmann]
Dort ist inzwischen auch Dr. Fuhrmann angekommen, Brokendillar wird gerade ebenfalls auf einer Antigravtrage abtransportiert. Er wendet sich an Mark: "Ma-Kynaan und Eftermann haben einen ziemlichen Schlag an den Kopf bekommen, aber ihr Zustand ist soweit stabil. Ich werde sie in der Krankenstation weiter behandeln." Dann legt er Mark eine Hand auf die Schulter und sieht ihm fest in die Augen: "Es tut mir leid dass es Jorge und John nicht geschafft haben. Aber es war ein Unfall, den niemand verhindern konnte. Ich lasse ihre Körper in die Kühlkammer bringen, bis wir Gelegenheit haben sie angemessen zu bestatten." Fuhrmann hat schon genug Einsätze hinter sich, so dass er weiß wie hart es für einen Kommandanten ist, Leute zu verlieren. Vor allem wenn er noch so jung und unerfahren ist, und gleich bei seinem ersten Kommando. Er nickt dem jungen Offizier noch einmal aufmunternd zu, dann verlässt er die Zentrale wieder.
...............
Unvermittelt wird die Beleuchtung um ein paar Stufen heller, das kaum wahrnehmbare Surren der Kraftanlagen erfüllt wieder das Schiff und Katharina meldet sich: "Reaktor 1 läuft wieder. Reaktor 2 irreparabel beschädigt, 3 und 4 brauchen noch ein paar Minuten um abzukühlen, dann können sie ebenfalls wieder hochgefahren werden. Außerdem hat die Positronik die Sperre der Impulstriebwerke aufgehoben, alle Tests waren zufriedenstellend, die Triebwerke stehen wieder zur Verfügung. Wir haben einen ungeklärten Energieverlust an den Hyperfeldern der Impulskonverter, der aber sonst momentan keine Auswirkungen zu haben scheint, außer dass wir gerade allgemein zu wenig Energie haben. Wir sollten nicht versuchen gleichzeitig zu feuern, einen Treffer einzustecken und zu beschleunigen. Vom Einsatz der Lineartriebwerke rate ich dringend ab, auch wenn die Positronik noch keinen Defekt gefunden hat, sonst transistieren wir doch noch unfreiwillig. Eine genaue Analyse der Vorfälle kommt frühestens, wenn hier unten wieder alles läuft." Langsam dämmert es ihr, wie knapp sie wirklich einer Katastrophe entronnen sind, als sie wieder an das Ziehen im Genick denken muss, das normalerweise nur kurz vor einer Transition auftritt. Auch wenn ihr schleierhaft ist, was diesen Effekt bewirkt haben könnte.
Die Bildschirme in der Zentrale erhellen sich ebenfalls, die automatische Reparatur der Außenbeobachtung ist abgeschlossen. Zu sehen ist allerdings nichts außer dem gewöhnlichen Bild des Weltraums, was aber nichts heißen muss, da man unbeleuchtete Objekte zum Teil erst bemerkt, wenn man dagegen fliegt.
Inzwischen hat auch die Ortungsstation Energie, und Willibalds aufgeregte Stimme ist zu hören: "Ortung direkt voraus! Eine ungeheuerliche Masse, wenn ich den Anzeigen trauen kann. Größe auf jeden Fall im Kilometerbereich, Entfernung etwa 20 Lichtminuten. Genaueres kann ich nicht sagen, die Hypertaster sind durch die Interferenzen in diesem Raumbereich ebenfalls gestört und arbeiten nur ungenau. Bei derzeitiger Geschwindigkeit und Kurs Kollision in etwa 25 Minuten."
Geändert von Andromeda (01.05.2012 um 16:33 Uhr)
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