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Legende
Wenige Minuten, nachdem Svenson wieder von Deck 6 in der Feuerorgel angekommen ist, registriert er wieder, dass er auf dieser Mission keine Kanoniere zu befehligen hatte und die Feuerleitzentrale entsprechend leer bleiben würde. Instinktiv macht er den obersten Knopf seiner Uniform auf und wirft sich dann mit etwas Schwung in den breiten Sitz vor dem Hauptknoten der Waffenpositronik, von dem aus man nicht nur die technische Attribution der Systeme einsehen kann, sondern auch einen guten Rundumblick auf Statusbildschirme und Visiere der einzelnen Geschütze hat. In Gegenwart von anderen Offizieren oder Crewmitgliedern verkneift er sich derartiges normalerweise und belässt es dabei zwecks Repräsentation, stocksteif, mit hinter dem Rücken verschränkten Händen, dazustehen. Jetzt aber lümmelt er regelrecht in dem doch sehr bequemen, frei drehbaren Sessel vor dem tiefgrünen Bildschirm und wartet auf den Start, während er wieder, ohne es bewusst wahrzunehmen, an der Delle in seiner Uniform, die die P99 verriet, herumzurücken.
Endlich kommt bewegung in die Bilder der Visiere. Der Kugelraumer bewegt sich langsam, aber sicher von den Antigravfeldern getragen, aus dem Hangar. Als die G-2 dann die Prallschirme durchdringt, springen weitere kleine Bildschirme unter jedem Visier an. Ah... die Langstreckenscanner arbeiten also auch einwandfrei. Auf den kleinen Bildschirmen, die ähnlich viel Farbe zeigen, wie die Visiere, auf denen nun zum größten Teil ein konturloses, dunkles Bild zu sehen ist, das lediglich hier und da mal von einem weit entfernten Stern unterbrochen wird, tauchen nun kleine Fadenkreuze auf, die allerdings eher an den Grundriss eines Baseballfeldes erinnern. Links und rechts am Rande des ultraschallähnlichen Bildes erscheinen nun Unmengen von Zahlen. Die Scanner erfassen alle Objekte rund um das Beiboot, welche sich noch im Bereich einer 99% Treffsicherheit der Geschütze bewegen. Wobei es sich beim überwiegenden Teil dieser Objekte um Meteorkörnchen handelt, die gerademal so groß sind, wie der Nagel des kleinen Fingers. Langstreckenscanner sind auf Beibooten, die sowieso nie mit großen Geschützen feuern würden, eher nutzlos, jedenfalls ist das Svensons Meinung. Aber sie werden nunmal installiert. Als eine Art Frühwarnsystem taugen sie allerdings allemal. En kurzes Flackern huscht über alle Bildschirme, als das Schiff beschleunigt und übergangslos in den Linearflug wechselt.
Svenson fällt wieder ein, dass der Kommandant die interne Einsatzbesprechung oder wie immer er das nennen will, in die erste Linearetappe verlegt hat. Schicksalsergeben seufzt der Oberleutnant, erhebt sich reichlich unmotiviert aus dem bequemen Stuhl und knöpft den obersten Knopf seiner Uniform wieder zu, nachdem er sie etwas zurechtgerückt hat. Mit einer Hand langt er in eine Hosentasche und angelt daraus ein faustgroßes Kästchen hervor, das auf einer Seite eine kleine Digitalanzeige nebst zwei roten Knöpfen und auf der anderen Seite eine Klammer besitzt. Ein Piepser. Svenson musste dieses teuflische kleine Ding bis jetzt nur wenige Male nutzen. Es kommt zum Einsatz, wenn außer dem Feuerleitoffizier keine anderen Kanoniere in der Feuerorgel zugegen sind und er diese ebenfalls aus welchen Gründen auch immer, für kurze Zeit unbeaufsichtigt lassen muss. Svenson hatte diesen Piepser am Anfang seiner Ausbildung erhalten, es gab zwar Ersatzgeräte auf jedem Schiff, aber da er diese bis jetzt nie gebraucht hat, weiss der Terraner spontan nicht wirklich, wo er suchen müsste. Es war recht simpel, der Piepser wird eingeschaltet und verbindet sich dann normalerweise automatisch mit der Waffenpositronik. Er meldet sofort, wenn irgendetwas mit der Technik nicht stimmt oder sich große Objekte mit direktem Kurs nähern. Ein leises Piepen ertönt, als der Mann das Gerät einschaltet. Nach einem kurzen Moment blinkt allerdings nichts weiter als Error! auf. Klasse... Ich brauche dieses Ding einmal alle 5 Jahre und jedes Mal ist es irgendetwas anderes. Er schaltet den Pipser noch einige Male aus und ein, aber das Ergebnis bleibt das selbe. Svenson hat zwar durchaus Ahnung von Computern und auch mit dem Begriff Informationstechnik weiss er etwas anzufangen, aber normalerweise nur, wenn er vor einem bereits arbeitenden System sitzt. Mit wenig Enthusiasmus greift er in eine Ablage unter dem Hauptknoten und kramt einen Schraubenzieher hervor. Einige Augenblicke später hat er das kleine Gerät mehr oder minder komplett zerlegt. Wobei es da nicht zu viel zu zerlegen gibt, da das Innenleben an sich nur aus einer Platine, der fest verbauten Anzeige und einigen kleinen Kabeln besteht. An einer Seite ist noch eine kleine Rechnereinheit zu erkennen. Der Offizier kontrolliert die Kabel und die Verbindung zu dem Stummel, der das Signal der Feuerleitzentrale empfangen müsste. Aber hier stimmt alles, die Kabel sitzen fest verlötet und an der Antenne erkennt er auch keine Beschädigungen. Er überlegt einen Moment. Er weiss, dass der Piepser mit kurzen Funkwellen arbeitet, welche die restlichen Frequenzen des Schiffs nicht behindern. Einer Eingebung folgend, verlässt er die Feuerleitzentrale und steht nur einige Minuten später vor dem Funkraum. Bleibt nur zu hoffen, dass der Kommandant nicht gerade jetzt auf die Idee kommt, seine Einsatzbesprechung abhalten zu wollen... Denkt er sich, während er in den Funkraum eintritt.
Geändert von weuze (10.04.2012 um 20:17 Uhr)
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