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ᵵ Ghost Rider ᵵ
Mit jedem Datenblatt, dass sich vor Andrej auf dem Bildschirm aufbaut, wird der Terraner ruhiger und seine Wut löst sich in Wohlgefallen auf; da hatte man ihm doch tatsächlich angemessene Ausrüstung zur Verfügung gestellt, alles auf dem so ziemlich neusten Stand und in sehr guter Verfassung. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht lehnt sich der Ingenieur zurück und blättert virtuell die Seiten durch. Ja, doch, sehr zufriedenstellend. Sein Ärger über Galotti und den Kommandanten ist merklich abgekühlt, aber im Hinterkopf graut ihm wieder vor dem Gedanken, mit dem dicklichen Wissenschaftler zusammenarbeiten zu müssen. Er atmet tief durch und erhebt sich aus dem Drehstuhl, um zu dem Tisch mit der spiegelnden schwarzen Oberfläche in der Mitte des Raumes zu gehen, an welchem sich eine weitere Eingabekonsole befindet. Seine Finger fliegen nur so über die Tasten, als er sein neues "Spielzeug" mit Daten füttert, und kurz darauf leuchtet der Tisch bläulich auf und ein 3D-Modell des Bergbaudesintegrator in einer Explosionsdarstellung erscheint holographisch über der Platte. Alle Achtung. Etwas erstaunt von dieser doch sehr realistischen Darstellung löst sich Andrej von der Tastatur und lässt das Modell so wie es ist, immerhin würde es so den Anschein erwecken, er würde an der Mission arbeiten. Nach einer weiteren Eingabe am Hauptcomputer schaltet sich der große Bildschirm an der Wand ein und das Bild von ihrem Zielplaneten erscheint darauf. In der Tat mutet er sehr erdähnlich an, was Andrej an seine Heimat denken lässt, als er vor den Bildschirm tritt und die Details der "zweiten Erde" studiert. Sogleich schüttelt er den Wehmut, der ihn zu überwältigen droht, ab und wendet sich wieder seinem Datenspeicher zu. Ja, er hatte noch einige Daten zu analysieren, schließlich stand er bei seiner vorherigen Arbeitsstätte kurz davor, ein Raumschiff zu entdecken. Sicher, äußerlich deutete nichts darauf hin, und man erklärte ihn für wahnsinnig, aber er hat es einfach im Gefühl, dort ist etwas gewesen. Die Chance, dieses Überbleibsel fremder Technologie zu bergen, stehen nahezu bei Null, denn dazu hätte er zurück in das Bergwerk gemusst, und wenn es nach der Minenverwaltung geht, setzt der Ingenieur dort nie wieder einen Schritt hinein. Auch konnte er die Gesteinsproben nicht mitnehmen, jedoch die Daten dazu befinden sich noch in seinem Besitz. Also würde er sie nachträglich auswerten. Einen Sinn hat dies nur für den Terraner selbst, quasi ein Selbstbestätigungsritual. Im Labor finden sich genug Rechnerkapazitäten, und so beauftragt Andrej kurzerhand eine der freien Arbeitsstationen, die Gesteinsproben auszuwerten. Zahlenreihen flimmern über den Bildschirm, das wird wohl eine ganze Weile dauern. Was nun? Mit dem Start hat er nichts zu tun, und wenn jetzt nicht gerade jemand ihn zu einer neuen Konfrontation besucht, kann er ungestört arbeiten.
Andrej zückt den Notizblock und stellt sich vor das gesprengte Modell des Bergbaudesintegrator, welches immer noch bläulich über dem Tisch schwebt; dabei begutachtet er jedes Teil einzeln und macht sich Notizen. Der Heliumtank fasst genug Volumen für gut 5 Stunden Arbeitszeit, das war gut. Ein Anschluss für eine permanente Heliumzufuhr war gegeben, aber ohne Direktleitung ist dieses Gerät sehr viel flexibler einsetzbar. Das Herzstück des Desintegrators, ein Howalgonium-Kristall, ist ein Prachtexemplar und verrät schon alleine durch seine Größe, dass hier eine Menge Zerstörung mit diesem Werkzeug möglich ist. Die restlichen Bauteile wie der Mikroteilchenbeschleuniger oder der Magnetgleichrichter machen ebenfalls einen soliden Eindruck, und abermals durchfährt Andrej eine Welle der Genugtuung in Anbetracht dieser ihm zur Verfügung stehenden Technik. Nur zu gerne würde Andrej das Gerät in natura auseinandernehmen und sich den Kristall in Echt anzuschauen, aber das würde keinen Nutzen haben außer dem Stillen seiner Neugier. Abermals fällt der Blick des Ingenieurs auf das Bild des Planeten auf dem Bildschirm an der Wand. Bei dem Gedanken, dass er außer dieser relativ unwichtigen schriftlichen Informationen in der Positronik nichts über den Planeten weiß, kommt ein mulmiges Gefühl in ihm auf. Es bestand quasi keine Möglichkeit, sich richtig auf die dort herrschenden Umstände vorzubereiten, explizit bezogen auf seine Aufgabe schon gar nicht. Erdähnlich, ja, das ist das Einzige, worauf Andrej aufbauen kann. "Heißt also dieser Planet besteht aus Silikaten und ein wenig Karbornaten? Und selbst wenn es so ist, was herrscht vor? Lockergestein? Festgestein? Bohren wir in Erzen herum? Und wenn ja, was für Erze? Diese Informationen hier sind Müll wert", und mit einer abfälligen Geste weißt er innerhalb seines Selbstgesprächs auf den Bildschirm des Hauptrechners, auf dem die Daten der Positronik flimmern. Schnell schaut er zur Tür, nicht dass ihn hier jemand neobachtet und ob seiner gespräche für verrückt erklärt. Er könnte jetzt zum Offizier gehen und sich nach weiteren Informationen erkundigen, aber wahrscheinlich würde er nur mit einem 'Das ist alles was wir da haben, steht doch auch drunter' abgewatscht werden, dessen ist sich der Ingenieur sicher. Wenigstens muss er sich weder sein Quartier noch diese Räumlichkeiten hier (seinem Wissen nach) mit jemanden aus der Besatzung teilen. Ja, die Crew. Der Start verlief alles andere als harmonisch, aber noch weigert sich Andrej, die alleinige Schuld bei sich zu suchen. Sicher, eine gewisse Aktie hat auch er selbst daran, der Kommentar zum Kommandanten war überflüssig, und das sieht er auch ein; es wär besser gewesen, sich seinen Teil zu denken anstatt es gleich zu verbalisieren. Aber allein dieser...Galotti treibt den Terraner zur Weißglut, alles an diesem Kerl schreit nach Inkompetenz und einen Verhalten, mit welchem er einfach nicht klarkommt. Der Rest der Crew, nunja, mit niemanden hat er bis jetzt ein Wort gewechselt, der Graben zwischen Militär und Zivil war unübersehbar und allgegenwärtig. "Ist ja nichts Neues...", murmelt Andrej schulterzuckend vor sich hin und macht sich daran, das Modell vom Thermostrahler auf den Hologrammtisch zu bringen. Diese Offiziere, Leutnants und WasweißichfürRänge denken immer, sie seien was Besseres. Tja, das hat dieser Militäringenieur damals auf dem Mars auch gedacht, und während sich ein Modell des Bergbaulasers aufbaut, legt sich ein zufriedenes Grinsen auf Andrejs Gesicht...
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