Es mag viele Aspekte geben, die einen an den Storys von JRPGs stören. Manche werden da die generischen Protagonisten nennen, andere die Geschichtszüge, die sich in fast jedem Spiel finden lassen. All diese Dinge finde ich aber bei Weitem nicht so schlimm wie die Tatsache, dass die Antagonisten in Rollenspielen fast immer unglaublich schwache Persönlichkeiten und Standardmotive haben. Das ist ein Schwachpunkt, den das Genre (und übrigens auch das Fantasy-Genre allgemein) seit jeher hat, obwohl gerade ein Gegenspieler doch großer Potential für die Geschichte bietet.
Typische Motive eines Antagonisten:
- Rache
- Weltzerstörung just because
- Ich will ein Gott werden
- Rache
- eine neue Welt erschaffen und dabei die alte zerstören
[...]
All dies sind äußerst schwache Motive. Selbst wenn man ein wenig über die Hintergründe eines Antagonisten erfährt, ist dies üblicherweise nichts als das Aufkochen einer bereits zum hundertsten Mal präsentierten Geschichte. Egal ob das Spiel 20 Jahre alt ist oder dieses Jahr herausgekommen ist: Man findet solche Antagonisten immer wieder. Manchmal Menschen, manchmal irgendwelche Dämonen, in manchen Fällen auch Götter oder überirdische Existenzen. Meistens aber relativ dünn charakterisiert.
Um erfreuliche Ausnahmen zu nennen:
- Shadow Hearts 2 hat generell ziemlich glaubwürdige und abwechslungsreiche Antagonisten. Besonders derjenige, der es am Ende ist, hat gut in seine Rolle hineingepasst und war kein verrücktes, von Rachsucht verzerrtes Wesen mit dem unstillbaren Drang, die Welt zu zerstören.
- Final Fantasy X hat das Problem sehr klug gelöst, indem einfach [Sin] zum Bösen gemacht wurde. Die eigentlichen Figuren dahinter sind letztendlich nur gezwungenermaßen die Antagonisten, und so fand ich einen Endkampf, den man eigentlich gar nicht kämpfen will, emotional um ein Vielfaches ansprechender als einen Kampf gegen Ich-Will-Die-Welt-Zerstören #23656.
- Suikoden V hatte zum Teil großartige Antagonisten. Das Vorfinale (also vor dem letzten Dungeon) hat mir unheimlich gut gefallen.
Leider scheint das gesamte Genre in diesem Punkt nicht weiterzukommen und bedient sicher leider immer wieder der klassischen Bösewicht-Mechaniken, die man leider schon viel zu oft gesehen hat, und die schon bei Herr der Ringe keinen überzeugenden Antagonisten erschaffen haben. Erfreuliche Beispiele für gute Antagonisten gibt es zwar auch immer mal wieder, aber diese sind leider viel zu selten. Einer göttlichen Existenz oder einem Kefka kann man nicht verübeln, dass sie anders denken, weil man sie einfach nicht nach üblichen Maßstäben beurteilen kann. Aber die allermeisten Protagonisten, ob Mensch oder Dämon, sind einfach sehr eindimensional. Interessanter ist es, wenn ein Charakter, den man das ganze Spiel über kennengelernt hat, schließlich mit überzeugenden Motiven zum Antagonisten wird. Das gibt es ja auch ab und an, und in der Regel ist so ein Antagonist interessanter.
Was meint ihr? Findet ihr es schlimm, im Endkampf immer wieder die gleich motivierten Antagonisten verprügeln zu müssen? Welche Spiele haben in dieser Hinsicht vorbildliche Persönlichkeiten (bei Namensnennungen oder das Eingehen auf die Endstory bitte die Spoiler-Tags verwenden, wenn es nicht gerade ein so bekanntes Spiel wie ein Final Fantasy ist)?