Ich durfte für die Uni mal "Die Bürgschaft" auswendig lernen. Das war auch kein sonderliches Vergnügen, hat aber schon dazu beigetragen, dass ich mir mal näher Gedanken darüber gemacht habe, wie Lyrik überhaupt aufgebaut ist. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich eigentlich kein Freund der klassischen Gedichte bin, sondern eher die Gedichte des Expressionismus bevorzuge. Folgendes Werk haben dabei meine Schüler dieses Jahr als Klausur bekommen:

Alfred Lichtenstein: Jetzt tut man mir nichts mehr beim Militär (1914)

Jetzt tut man mir nichts mehr beim Militär.
Wer achtet noch auf mich. Man hat sich längst gewöhnt
An meine sonderbaren Zivilistenaugen.
Beim Exerzieren bin ich halb im Traum
Und auf den Märschen mache ich Gedichte.

Doch kommt ein Krieg. Zu lange war schon Frieden.
Dann ist der Spaß vorbei. Trompeten kreischen
Dir tief ins Herz. Und alle Nächte brennen.
Du frierst in Zelten. Dir ist heiß. Du hungerst.
Ertrinkst. Zerknallst. Verblutest. Äcker röcheln.
Kirchtürme stürzen. Fernen sind in Flammen.
Die Winde zucken. Große Städte krachen.
Am Horizont steht der Kanonendonner.
Rings aus den Hügeln steigt ein weißer Dampf
Und dir zu Häupten platzen die Granaten.

Das passt jetzt zwar nicht mehr so in den gerade hier vorherrschenden klassischen Rahmen, aber mir gefällt die Symbolik und das Konzept hinter dem Expressionismus eigentlich sehr gut.