Obwohl das Thema schon mal von Corti, drei zufälligen Mitgliedern und mir aufgegriffen wurde, möchte ich trotzdem nochmal über das grundlegende Konzept hinter unseren Rollenspielen sprechen und die Frage aufwerfen, ob dieses Konzept denn gut ist.

Die meisten Rollenspiele bei uns bauen in puncto Spielmechanik wohl auf den JRPGs auf, deren Spielzuschnitt ich jetzt aber nicht im Detail beschreiben möchte. Wichtig ist nur, dass es in diesem Thread nicht um das Thema "offene Welt vs. lineares Spiel" geht. Wir sollten also davon ausgehen, dass der Entwickler ein Spiel entwickeln möchte, das schon noch in Richtung JRPG geht. Im Mittelpunkt soll daher die Frage stehen, wie man dieses Konzept weiterentwickeln könnte. Außerdem soll es hauptsächlich um das Gameplay gehen. Man könnte zwar schauen wie man die Handlung am besten ins Spiel integriert, aber was und wie erzählt wird, soll hier keine Rolle spielen.

Ich fange einfach mal mit ein paar Gedanken an.

1. Das Kämpfen ist in unseren Rollenspielen immer sehr dominant. Ist das gut so? Könnte man auch andere Schwerpunkte setzen? Natürlich sind Kämpfe und das Charakter-Management wohl die Essenz eines Computerrollenspiels, aber dennoch glaube ich, dass dieser Aspekt des Gameplays gar nicht so dominant sein muss, wie er es in vielen Spielen ist. Zu viel Dominanz kann schnell zu Monotonie führen und vielleicht wäre es sowieso nicht schlecht, wenn man weniger in Genres und ihren Grenzen denkt. Man könnte das Spiel zum Beispiel durch Adventure-Elemente abwechslungsreicher machen, was im Kleinen auch schon getan wird.

2. In den meisten Spielen reist man viel und trifft immer wieder auf neue Städte und Dungeons. Das bringt oft ein Problem mit sich: Copy-Pasta-Städte, die eigentlich nur dazu da sind, damit der Spieler neue Ausrüstung einkaufen und neue Nebenaufgaben bekommen kann. Gleiches gilt für die Dungeons, ihnen fehlt das Individuelle. Wäre es da nicht besser, es so wie die Sternenkind-Saga zu machen und nur eine einzige "Stadt" zu benutzen, in deren Umgebung sich das Spiel abspielt? Sicherlich ist es bei manchem Heldenepos nötig, dass der Held die ganze Welt bereist, aber dann sollten die Handlungsorte sich vielleicht stärker unterscheiden und im besten Fall sogar ihre eigene Geschichte haben.

3. Das Charakter-Management-System ist wie gesagt ein elementarer Bestandteil der Rollenspiele. Allerdings ist gerade das Standardsystem des Makers ziemlich schwach. Angriff, Abwehr, Intelligenz und Geschick, dazu noch ein paar krude Formeln - geht das nicht besser? JRPGs machen es auch nicht besser. Das Sphäro-Brett aus FFX sieht zwar ungewöhnlich aus, ist aber letztendlich trotzdem so fade wie eh und je. In dieser Hinsicht haben die westlichen Spiele eindeutig die Nase vorn. Die Sternenkind-Saga zeigt zum Beispiel wie interessant so ein Fähigkeitenbaum sein kann.

Was mir so einfällt:
- Gegenstände könnten ein Gewicht haben (Vorteil: Glaubwürdigkeit, größere Immersion in die Spielwelt, Nachteil: Der Spieler muss aufpassen was er aufsammelt, Gegenstände müssten jederzeit ablegbar und wieder aufnehmbar sein, so wie bei Diablo, was schwieriger in der Umsetzung ist).
- Ausrüstung könnte einer "Puppe" direkt angezogen werden (sieht toll aus, notwendig ist es natürlich nicht). Im Idealfall wird sogar das Charset angepasst, aber das geht wohl nur auf den neuen Makern. Frauen sollte man natürlich ganz ausziehen können! Ähem ...
- umfangreiche Fähigkeitsbäume mit der Möglichkeit, alle verteilten Punkte wieder zu entfernen, um ein "Verskillen" zu verhindern. Mit Stufengrenzen könnte man verhindern, dass der Spieler zu schnell im Baum vorankommt.
- größere Unterschiede zwischen den verschiedenen Waffen und Klassen, der Held sollte kein Krieger-Priester-Zauberer-Dieb sein.

4. Die meisten Rollenspiele benutzen Kampfsysteme, die an Dragon Quest oder Final Fantasy angelehnt sind. Ein großer Nachteil dieser Systeme ist, dass sie statisch sind. Die Figuren stehen immer an gleicher Stelle und jeder kann jeden angreifen. Trotzdem fordern viele Spieler, dass die Kämpfe nicht nur aus Enter-Drücken bestehen, sondern strategisch anspruchsvoll sind. Mit Zuständen und Elementen kann man schon für Abwechslung sorgen, schlecht finde ich sie nicht, aber sind sie wirklich der Weisheit letzter Schluss? Velsarbor zeigt gut, dass eine zu starke Ausrichtung auf Gegneranfälligkeiten auch Nachteile haben kann, denn wenn der Einsatz der Zustände notwendig wird, ziehen sich die Kämpfe natürlich auch in die Länge. Außerdem nutzt sich dieses Konzept schnell ab. Ob der Gegner nun gegen Schlaf, Lähmung, Stein oder Vereisen anfällig ist macht keinen Unterschied. Es gibt nicht so viele Variationsmöglichkeiten wie man denkt. Vielleicht sollte man sich allgemein die Frage stellen, ob die Kämpfe gegen das Kleinvieh strategisch anspruchsvoll sein müssen. Ich finde: Je mehr man kämpft, desto weniger sollten sie es sein.

5. Der Spieler ist in den Rollenspielen natürlich oft in Kerkern oder der Wildnis unterwegs. Wenn diese Orte sich aber hauptsächlich grafisch unterscheiden, kann das schnell langweilig werden. Besonders dann, wenn es sich um reine Durchlauf-Orte mit wahllos verteilten Gegnern und Schätzen handelt. Was könnte man dagegen tun? Ich nenne es mal "intelligentes Dungeon-Design". Jeder Raum sollte einen Zweck haben und mit Bedacht ausgestattet werden. In der Speisekammer des Goblinbaus befinden sich nicht 20 Goblins, aber vielleicht einige Riesenratten. So was kann man auch gut mit Adventure-Elementen verbinden, der Spieler könnte Entscheidungen treffen, für die Aufgaben gibt es unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten usw. So etwas in der Art habe ich ja schon mal bei "Im Herzen der Finsternis" versucht.