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Thema: Twilight: Der Lionsgate-Boss will weitere Filme

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  1. #1
    Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Meyer ursprünglich auf Fandom in dem derzeitigen Maße abzielte. Ich denke nicht einmal, dass sie besonders vertraut mit Fanszenen oder Internet-Gemeinschaften ist. Hell, die Frau weiß nicht einmal, wie eine Suchmaschine funktioniert.

    Natürlich ging es ihr darum, Geld aus willigen, weiblichen Jugendlichen rauszu••••n, wozu ihr Konzept auch supergut taugt. Dieses Konzept hat sie übrigens nicht aus dem Boden gestampft und daraus Twilight geformt, sie hat vielmehr geklaubt wo es ging und sich daraus etwas zusammengerührt. Und ich wage sogar zu behaupten, dass sie selbst das nicht allein getan hat. Auf die Dichotomie zwischen Unbelebtem und Lebendem und die Polarität, in der sich der Mensch befindet, kommt keine Frau von allein, die regelmäßig die Katastase in der Konfliktkomplikationen fallen lässt, weil sie zu faul ist, die Konflikte miteinander zu verweben.

    Das Ding ist, dass sie nichts geschaffen hat, das tatsächlich schädigenden Einfluss nehmen kann. Ja, Bella ist die Cracknutte des Jahrhunderts und die Werte, die Twilight vermittelt, sind so gesund wie öffentliche Toilettensitze. Man macht sich allerdings etwas vor, wenn man Meyer da irgendeine Verfehlung von Verantwortung vorwirft: Dieses Medienkonzept gibt es spätestens seit den 90ern. Und es wird geduldet. In Deutschland nennt man das zum Beispiel BRAVO.

    Was subtextlich in Twilight da ist, sind nur die krassen Masturbationsphantasien von weiblichen Teenagern; es ist sicher nicht richtig, die zu bestätigen und Projektionsflächen dafür zu bieten, allerdings ließe sich das gleiche über Action- und Soldatenfilme sagen. Oder über eine Reihe von virtuellen Realitäten in Computerspielen. Oder über Seifenopern. Und auch hier ist die Frau nicht die erste, die es so krass ausufern lässt, sie trägt das Vampirroman-Genre eigentlich nur ein paar Altersstufen weiter und verbindet es mit populären Elementen -- die Twilight-Reihe ist nicht der erste Schlüpferbefeuchter mit Blutsaugern.


    Ich halte es prinzipiell nicht für fragwürdig, das Twilight-Konzept bis zum getno auszumelken: Dafür ist es gemacht. Ich kann mir gut vorstellen, dass das über Renesmee passieren wird, die ist nämlich der perfekte Sequel-Ansatzpunkt -- auch das sicherlich aus Kalkül Meyers. Ein Perspektivenwechsel etwa in die männliche Perspektive ist allein schon deshalb unmöglich, weil es die zugrundeliegende Dichotomie (und damit das einzige, was aus den aneinandergespuckten Worten Literatur macht) zerstören würde: Und welcher weibliche Teenager möchte schon eine männliche Reflektorfigur.

  2. #2
    Zitat Zitat
    Was subtextlich in Twilight da ist, sind nur die krassen Masturbationsphantasien von weiblichen Teenagern; es ist sicher nicht richtig, die zu bestätigen und Projektionsflächen dafür zu bieten, allerdings ließe sich das gleiche über Action- und Soldatenfilme sagen. Oder über eine Reihe von virtuellen Realitäten in Computerspielen. Oder über Seifenopern. Und auch hier ist die Frau nicht die erste, die es so krass ausufern lässt, sie trägt das Vampirroman-Genre eigentlich nur ein paar Altersstufen weiter und verbindet es mit populären Elementen -- die Twilight-Reihe ist nicht der erste Schlüpferbefeuchter mit Blutsaugern.
    Wie gesagt, ich sehe den Hauptgrund dafür, Twilight als spezielles Werk zu kritiseren, in der Ausbreitung. Deshalb wird ja auch Counterstrike auseinandergenommen und nicht irgendein obskurer 2D-Shooter, und deshalb gehen die religiösen Fundamentalisten auf Harry Potter los und nicht auf irgendeines der tausend Kinderbücher, die hundertmal ketzerischer sind.
    Sie macht natürlich nichts neues, und natürlich sind die Annahmen, die dahinter liegen, akzeptiert (das ist ja das Problem). Aber dass sie in einem so erfolgreichen Medium so überdeutlich sind, ist nunmal perferkter Nährstoff für kritische Auseinandersetzung, und ich denke auch, dass es durchaus etwas bringen kann.

  3. #3
    Na ja, wenn Twilight keinen interessieren wuerde, waere es ja eh fruchtlos, darueber zu diskutieren. Die Frage ist ja, warum ist es so erfolgreich, obwohl es so mies ist.

  4. #4
    Zitat Zitat von La Cipolla Beitrag anzeigen
    Wie gesagt, ich sehe den Hauptgrund dafür, Twilight als spezielles Werk zu kritiseren, in der Ausbreitung. Deshalb wird ja auch Counterstrike auseinandergenommen und nicht irgendein obskurer 2D-Shooter, und deshalb gehen die religiösen Fundamentalisten auf Harry Potter los und nicht auf irgendeines der tausend Kinderbücher, die hundertmal ketzerischer sind.
    Sie macht natürlich nichts neues, und natürlich sind die Annahmen, die dahinter liegen, akzeptiert (das ist ja das Problem). Aber dass sie in einem so erfolgreichen Medium so überdeutlich sind, ist nunmal perferkter Nährstoff für kritische Auseinandersetzung, und ich denke auch, dass es durchaus etwas bringen kann.
    Ich denke allerdings eben, dass die Auseinandersetzung auch auf einem nicht sonderlich fruchtbaren Niveau betrieben wird. Damit beziehe ich mich jetzt nicht auf diesen Thread oder dieses Forum (und überhaupt bin ich auch der erste, der beim Twilight-Bashen dabei ist), sondern auf die allgemeine Diskussion darum, die immer wieder Schleife um einzelne Punkte fährt -- vor allem um die Art und Weise der Beziehungen und um Bellas Wesen. Schon hier erscheint mir, werden elementare Dinge einfach ausgeblendet: Zum Beispiel, dass es hier zwischen Bild- und Sachebene schon eine größere Schere gibt; in der Wahl zwischen Leben und Tod wählt Bella immer wieder den Tod -- das ist symptomatisch für die Lesergeneration der Zielgruppe; Bella ist passives Stummkind, das nur einmal hinfallen muss, um in übelste Gefahr zu kommen, weil sie Mensch in einer fatalistischen Umwelt ist; bei Meyer glitzern Vampire in der Sonne, weil sie andernfalls die menschliche Gesellschaft nicht infiltrieren könnten, was ein durchaus legitimer Kniff ist.


    Twilight ist für meine Begriffe vor allem deshalb so erfolgreich, weil es bestimmte Lesersehnsüchte auf martialische Art und Weise ausschlachtet. Die Gefühlswelt im Buch ändert sich nie, sein Duktur schlägt nicht einmal um. Es ist die heftige Aneinanderreihung von pathetischen Schilderungen davon, wie perfekt der perfekte Mann ist, wie stark die starke Liebe ist, wie schlimm Sicherheit sich anfühlt, wie doof alle normalen Menschen sind, Schmerz und Tod werden stilisiert, irrationale Entscheidungen glorifiziert ... Die Reihe ist gelebte Pubertät in einer Erwachsenenwelt. Es suggeriert, dass es kein Aufwachsen braucht, dass es keine Veränderung geben muss. (Bella liebt den Tod, den unlebendigen Vampir; sie liebt die ultimative Metapher für Starre.) Außerdem werden ja alle Konfliktsituationen entweder völlig falsch konstruiert (Konflikte ohne Eskalation) oder Konfliktpotentiale aus Faulheit ausgespart (Konfliktexpositionen ohne Komplikation); das ist ein ziemlich perfides Heile-Welt-Schema, das suggeriert, es wäre völlig in Ordnung, die Welt um sich herum so wahrzunehmen, daraus entsteht keinerlei Problematik -- zumindest nicht für Bella. Die Handlung passiert furchtbar zentralistisch: Alles, was passiert, geschieht um Bellas willen; jeder mag oder will sie, obwohl außer ihrem Blut an ihr nichts besonders ist, jeder kümmert sich um ihr Wohlergehen, jeder räumt hinter ihr auf, im Grunde ist sie nur zweimal überhaupt realen Gefährdungen ausgesetzt. (Und das Konfliktpotential, das der Vampirliebe eigentlich innewohnt, nämlich dass der Vampir sich nicht zurückhalten könnte, wie Edward es ein paar Male beschwört, wird ja völlig im Wind zerschossen) Perfide heile Welt für Bella als totale Canvas. Die Reihe wird dadurch zu einer perfekten Mischung aus dunklem Buffy-Flair und LazyTown-Erzählmodellen. Bzw. halte ich Vergleiche mit dem Sailor-Moon-Anime für nicht unbedingt zu weit hergeholt.

    Es gibt eine Menge an Büchern, die ausschließlich von den Lesersehnsüchten her gedacht sind: Allerdings existieren die vor allem in höheren Altersbereichen als Groschenromane. Die Zielgruppe, die Stephenie Meyer anvisiert, wird vor allem mit edukativen Lesewelten umgeben. Meyers Romane hingegen sind so wenig edukativ wie nur möglich und so sehr das Selbstbild eines Teenagers der Zielgruppe bestätigend wie nur möglich. Eine ziemlich clever angewendete Form von Verantwortungslosigkeit.


    Letztendlich muss ich auch zugeben, dass ich keine überdeutlichen Annahmen oder Botschaften darin finde, die nicht als reines exemplum gelten könnten. Was ist denn das genaue Problem an ihren Annahmen? Sie spiegelt reale Lebenswelten wieder in überfiktionalisierten Erzählwelten. Damit sagt sie nicht "Wartet bis nach der Ehe mit dem Sex und lasst euch dann bei der erstbesten Gelegenheit schwängern."; das ist eben, was in ihrem Buch passiert. Was subtextlich vor allem an sexualisierter Botschaft drinsteht, wird übrigens größtenteils hineingelegt: Das "Vegetarismus"-Gelübde der Cullens führt nicht zur Kastration Edwards und zur Ablehnung von Promiskuität, sondern zum Spiegel der rationalen Seite (entgegen der Wildheit des Lebens in re Jacob, der Bella bei der erstbesten Gelegenheit besteigen würde, wenn da klare Zuwendung passierte). Auch an den dargestellten Beziehungsmodellen ist nichts wirklich bedenklich, sie werden eben nur nicht mehrseitig perspektiviert, deshalb bleibt eine Wertung aus -- was für die $$$-Intention auch eher hinderlich wäre.
    Twilight hat keinen edukativen Rahmen. Und ich bin mir auch sicher, dass nur die wenigsten Leser darin Botschaften für ihr Leben suchen. Klar passiert da mal etwas Fandom und vermutlich gibt es da häufiger dieses Schwärmer-Phänomen, wo man so sein will wie Bella oder wo der Typ so gentle sein muss wie Eddi. Das sind allerdings flüchtige Erscheinungen, die es ebenfalls nicht erst seit Twilight gibt. Ich persönlich halte auch nichts davon für verwerflich.

  5. #5
    Ok, der erste Punkt ist tatsächlich krass, wenn man ihn sich so vor Augen hält. Ich müsste jetzt aber etwas Zeit damit verbringen, andere Medien für die Zielgruppe auf solche Phänomene zu untersuchen, um einschätzen können, ob Meyer da wirklich dermaßen außergewöhnlich ist, dass es einen gesellschaftlichen Aufschrei rechtfertigt (oder ob es doch wieder vorrangig an ihrer Verbreitung liegt).

    Ich muss ganz ehrlich sein, ich kapier den letzten Absatz nicht wirklich. Gerade im Kontext mit dem ersten Argument, in dem du darlegst, dass das Buch pubertäre Vorstellungen von Welt untermauert, sehe ich da eine ganz krasse Vorbildfunktion, die, wenn nicht bewusst (und ich bin mir sicher, dass es bei so einigen Kindern bewusst ist!), so doch unterbewusst ihre Wirkung hinterlässt. Ich kann mir nicht vorstellen, das sowas ausschließlich flüchtig ist - und WENN es flüchtig wäre, würde dein kompletter erster Punkt doch genau so sehr wegfallen, weil diese Vorstellungen eben eine pubertäre Sache wie das Schwärmen sind, derer man sich, Twilight hin oder her, früher oder später entledigt. Ich denke, irgendetwas bleibt immer hängen, und sei es nur unter der Brille der Nostalgie (was imho noch die harmloseste Variante ist).

    Dass die Annahmen und Ideale in den Büchern die Realität widerspiegeln, ist für mich kein Argument, sie nicht zu kritisieren. Irgendwo muss man ja anfangen, wenn man unzufrieden ist, und ich als Autor (und jetzt in diesem Forum als Laienliteraturkritiker/-nörgler) tue das natürlich am ehsten da, wo ich auch eine gewissen Ahnung und Macht habe: bei den Medien, die eine wichtige Rolle darin spielen, die bestehende Realität zu bestätigen, und daher auch die Möglichkeit haben, sie zu verändern.

  6. #6
    Ich persönlich sehe die Vorbildfunktion bei Twilight eben überhaupt nicht; ich kann das aber auch nicht so belegen, dass ich sagen könnte, meine Auffassung würde andere aushebeln. Die Sache ist nur, dass, spräche man Twilight diese Funktion zu, man das auch mit allen anderen Medien gleicher Genese ähnlich machen müsste: Und in diesem Fall sähe ich weitaus größere Probleme bei beispielsweise Actionfilmen und ähnlichem.

    Ich denke, wo es um die Flüchtigkeit geht, musst du zwischen synchronischem und diachronischem Lebenswandel unterscheiden: Das Buch erfüllt synchronisch Sehnsüchte der jungen Leserschaft, liegen diese nun in der Bestätigung der eigenen, verqueren Lebenswelt, oder in feuchten Schlüpfern. Diachronisch kann es allerdings wenig Einfluss auf den Lebenswandel nehmen, eben weil es derart kurzweilig ist. Das heißt nicht, dass man aus dem Buch "herauswächst": Es ist ein Konsumgut, auf Lebensumwelten nimmt es gar keine so krasse Wirkung, wenn diese nicht bereits schon vorher angezerrt waren und das Medium hier deshalb als Pflaster herhalten muss.

    Klar bleibt immer irgendwas hängen; das heißt aber nicht, dass die Reihe irgendeine Potenz besitzt, offen gesagt besitzt es für meine Begriffe nicht einmal die Mittel dazu, wirklich bewusst Einflüsse auszuüben. Und selbst wenn, müsste man dann schon irgendwie noch belegen, dass diese Einflüsse grundlegend negativ sind -- das halte ich tatsächlich für diskutabel. Fakt ist, dass es sich um eine mackige Kulturerscheinung handelt; genauso wie Casting-Shows oder eben die BRAVO, oder Doku-Soaps. Das sind größtenteils auch Nebenformen von Bauerntheater, Twilight darf sich dabei mit den Federn der Literatur schmücken, aber viel mehr als Bauerntheater ist es auch nicht. Kurzweile mit dem geringstmöglichen Anspruch.

    Du darfst natürlich das, was das Buch transportiert, über das Buch kritisieren. Überhaupt wollte ich diese Kritik überhaupt nicht ersticken; es ist nur so, dass sie sehr oft falsche Wege nimmt, weil es ziemlich einfach ist, Twilight doof zu finden. Soll nicht heißen, dass jeder kritische Ansatz automatisch unbegründet ist, aber ich verstehe eben beispielsweise nicht, wieso man das immer mit Polemik anstecken muss. Denn ja, Meyer ist eine grottig schlechte Autorin, aber das macht ihre Denksysteme ja nicht grundsätzlich wertlos -- eben vor allem, weil es eine dermaßen große Leserschaft gibt, die sich damit mehr oder weniger auseinandersetzt. Es scheint aber in der Regel unmöglich zu sein, damit objektiv und unvorbelastet umzugehen. Außerdem geht das oft mit der Grundannahme einher, das alles würde zum Werther-Phänomen führen. Die ist aber prinzipiell stussig gedacht. Überhaupt ist es nicht zielführend, wenn Annahmen in das Buch hineingelegt werden, woraufhin neue Annahmen entstehen, die man dann verurteilen kann. Entweder man geht soziologisch ran, dann müsste man sich einen Überblick über die Leserschaft und ihre Lebensumwelt verschaffen, oder man geht kulturwissenschaftlich ran, dann sollte man erstmal tief genug in die Materie eindringen. Oft wird aber nur die vorgelagerte Sachebene der Geschichte (die Beziehungskonstellation) hergenommen und als Paradebeispiel für die Glorifizierung der Teenie-Liebe verurteilt. Das greift prinzipiell zu kurz.

    Im Übrigen hat die Twilight-Reihe durchaus höchst positive Nebeneffekte -- und sei's allein, dass eine mediell verdorbene (kein Kulturpessimismus, nur überspitze Vereinfachung) Teilmenge der jüngeren Generationen mit literarischen Phänomenen konfrontiert wird: Die Polaritäten, die die Geschichte aufmacht, werden durch Meyers Unfähigkeit natürlich völlig kastriert. Aber der stoffliche Zugang über die größtmöglichen Projektionsflächen erscheint mir zumindest durchaus als gutes Mittel, mediell desensibilisierte Jugendliche für mitgedachte Stoffe zu sensibilisieren. Gosh, ich kann mir sogar vorstellen, dass ein Teil der Twilight-Anhänger später irgendwann mal Hesse total super finden wird.

    Geändert von Mordechaj (13.02.2012 um 11:10 Uhr)

  7. #7
    Vielleicht, und damit lehne ich mich unter Umstaenden weit aus dem Fenster, ist das Problem, das viele mit Twilight haben (mich eingeschlossen) ein Generationenkonflikt. Vielleicht verstehen wir nicht, was an den Twilight-Vampiren so toll sein soll ... irgendwo muss da ja ein Reiz bestehen, sonst waere es nicht so erfolgreich. Du sagst, dass "den Tod zu waehlen" symptomatisch fuer die Zielgruppe ist? Ist mir, ehrlich gesagt, nie so aufgefallen. Andererseits bin ich auch nicht wirklich mit der Zielgruppe in Kontakt. Mein zehn Jahre juengerer Cousin, der vielleicht der einzige halbe Angriffspunkt dafuer waere, fasst Buecher nur mit der Kneifzange an. "Unsere Vampire" waren damals die von Buffy, und auch wenn da ziemlich viel Teenie-Beduerfnisweltbefriedigung mit drin war (Buffy ist 16, ist eine Superheldin, verliebt sich in einen Vampir und wird dadurch mit niemals zu erfuellender Liebe konfrontiert, etc.), war's nie so idealistisch, wie Twilight das darstellt. Buffy hat zwar die ganze Vampirgeschichte auch etwas romantisiert, zumindest wenn man's jetzt mal direkt mit den Klassikern wie Bram Stoker vergleicht, aber Twilight geht da einen Schritt weiter. Wo Buffy zu den ganzen "boesen" Aspekten die theoretische Moeglichkeit des "Guten" hinzugefuegt hat (mit Angel als gutem Vampir, z.B.), dreht Twilight die ganze Materie um 180 Grad und macht Vampire zu etwas "gutem" mit der theoretischen Moeglichkeit des "Boesen".

    Aber ja, Stephanie Meyer hat den romantischen Vampir nicht erfunden. Anne Rice hat genau das gleiche gemacht, nur ist Lestat de Lioncourt im Gegensatz zu Edward Cullen ganz offiziell ein Antiheld, und die Geschichten um ihn sind Gothic in Reinform. Da wird gar kein Hehl darum gemacht, dass man mal eben den Tod glorifiziert ... trotzdem geht auch Anne Rice nicht her und idealisiert den Vampir an sich so weit, dass er von einem, im Optimalfall, "liebenswerten Monster" zum Idealbild eines Mannes wird, wie das in Twilight der Fall ist.

    Ich koennte mir eine Gegenueberstellung von Twilight und den Lestat-Romanen durchaus als interessant vorstellen, wo ich gerade so darueber nachdenke.

    Ist Twilight Gothic? Oder, anders gefragt, reicht das Auftreten von Vampiren, die ja ein klassisches Motiv dort sind, aus, um das Buch unter diesen Gesichtspunkten zu beschreiben, obwohl die Geschichte an sich nicht wirklich damit zu tun hat? Neu-Gothic vielleicht? Es ist vor allem an die Teenager-Generation gerichtet, oder an Leute, die sich damit identifizieren koennen. Teen-Gothic. Es laesst den ganzen grossen mythologischen Hintergrund der Vampire weg, loescht die Elemente aus, die Vampire zu epischen Protagonisten gemacht haben, und reduziert es auf eine winzige Ebene. Mikrokosmos-Gothic. In dem Genre waere diese "Tod ueber Leben"-Metapher ja nicht mal wirklich unueblich; unueblich ist nur die Ebene, auf die Meyer das ganze transponiert hat. Highschool-Gothic. Aber deutlich weniger dunkel als Buffy das ist. Wenn man sich die Filme mal ansieht (zumindest den ersten; mehr hab ich mir davon leider nicht ansehen koennen, weil der schon stinklangweilig war) sind da fuer einen Vampirfilm ziemlich viele Tag-Szenen drin. Die Welt ist zwar relativ grau dargestellt, aber sie ist hell. Buffy ist dunkel (und ziemlich interessant ist, dass alles "schlimme", was dort passiert, immer nachts passiert; sobald ein Tageslicht-Shot kommt, kann man davon ausgehen, dass die Konflikte anfangen, sich aufzuloesen -- ist ziemlich interessant gemacht) und ich glaube, in Interview with the Vampire gibt's hoechstens fuenf Szenen, die ueberhaupt am Tag spielen.

    Finden wir Twilight also deswegen scheisse, weil es das, was wir (as in: unsere Generation) von Vampiren und Gothic-Literatur erwartet, total ignoriert oder umkehrt? Vielleicht haben Hardcore-Bram-Stoker-Fans das gleiche gesagt, als sie zum erstenmal Anne Rice gelesen haben. Also ganz abgesehen davon, dass Meyer einfach talentlos ist und Schund schreibt, aber, um zurueck zum Ausgangspunkt zu kommen, wenn man mal die Pulp Literatur aus unserer Kindheit/Pobertaet nimmt, muss man eigentlich relativ unverbluemt zugeben, dass da im grossen Durchschnitt auch kein hoher literarischer Anspruch gegeben war.

  8. #8
    Ich glaube, du nimmst die "Gegenbewegung" als viel zu homogen wahr. Eigentlich gibt es ja nicht mal "eine Gegenbewegung", sondern bloß viele einzelne Leute, die diese Bücher aus verschiedenen Gründen ablehnen. Natürlich sind da welche dabei, die ein Problem mit dem Vampirbild aus Twilight und der "Verhunzung" von Gothic-Schemata haben (und für die mag dieser Ansatz tatsächlich sehr interessant sein! Mio-Raem könnte hierzu kommentieren), aber das auf alle zu beziehen und daraus auf ein generelles Missverständnis des Phänomens und seiner Anziehungskraft zu schließen, ist definitiv zu eng gefasst. Ich muss auch ehrlich sagen, ich hatte von Anfang an überhaupt kein Problem mit glitzernden Vampiren (hab bloßmal schief über die Idee gelächelt ^^), und erst recht nicht damit, die Faszination der Teenies zu verstehen.
    Kurz gesagt: Das ist imho ganz stark übergeneralisiert, könnte für einzelne aber stimmen.

    Ein Generations"problem" (das aber eigentlich selbstverständlich ist) besteht natürlich insofern, dass die Bücher für Pubertierende sind, wir aber alle nicht mehr allzu heftig pubertieren.

    Deine Theorie, dass Twilight-Vampire als prinzipiell gut dargestellt werden, würde ich übrigens anzweifeln, VOR ALLEM, wenn du Anne Rice mit reinnimmst. Eigentlich hast du bei beiden Autoren ein "übliches" böses Vampirbild und dann einige Mary-Sue-Helden, die halb darüber stehen und durch ihr Brooding und ihre Liebe achso sehr darunter leiden. Twilight ist mit letzterem halt bloß weniger konsequent (wie Mordechaj schon bei der Auflösung von Konflikten festgestellt hat), ist lediglich eine Frage des Ausmaßes. Aber darüber zu diskutieren, wäre glaub ich mühsam.


    @Mordechaj: Macht Sinn so.

  9. #9
    Mein Problem mit Twilight ist nicht Twilight. Mein Problem mit Twilight ist, dass es in letzter Zeit viel zu viel davon im "Horror"-Bereich gibt...

  10. #10
    Ich muss deinen Beitrag jetzt mal ein bisschen zerpflücken, Ranmaru, um alle Gedankenstränge irgendwie so zu ordnen, dass man am Ende noch weiß, wie ich vom einen ins andere komme. Das liegt nicht daran, weil ich dir überall partout widersprechen will, sondern daran, dass deine Ansätze sich total klasse zum Weiterdenken eignen.

    Zitat Zitat von Ranmaru Beitrag anzeigen
    Vielleicht verstehen wir nicht, was an den Twilight-Vampiren so toll sein soll ... irgendwo muss da ja ein Reiz bestehen, sonst waere es nicht so erfolgreich.
    Ich weiß nicht genau, ob jemandem die Reihe besser gefallen würde, wenn das Vampirbild traditioneller gehalten wäre. Abgesehen davon hätte es darum dann auch nicht so einen großen Hype gegeben, denn dieses Bild ist einer der Faktoren, die für Erfolg sorgen.

    Machen wir uns da überhaupt nichts vor, das fährt eine übelst psychologische Schiene mit uralten Geschlechterkonflikten: Warum ist denn das Vampirbild hier so verquer? Genau, weil der Vampir impotent ist. Komplett kastriert, dieses mächtige Wesen, das den Tod symbolisiert. Und der Shapeshifter-Wolf? Handzahm, trotz seiner Gewalt. Völlige Domestikation. Ich muss zugeben, ich kann verstehen, was weibliche Teenager daran reizt, und größtenteils ein männliches Publikum abstößt: Eben die völlige Kastration des Mannes. Soetwas wäre bis vor ein paar Jahren gar nicht möglich gewesen, momentan lösen sich die Geschlechterrollen aber stark genug auf, um diese Unterdrückungsphantasien umdrehen zu können. Twilight ist wie ein chauvinistischer Porno für Frauen.

    Zitat Zitat
    Du sagst, dass "den Tod zu waehlen" symptomatisch fuer die Zielgruppe ist? Ist mir, ehrlich gesagt, nie so aufgefallen.
    Wirklich nicht? ^^" Teenager im Alter zwischen 13 und 18? Selbstmodphantasien und die Beschäftigung mit dem Tod sind hier eigentlich völlig üblich. Und gerade seit den 80ern (oder seit den Romantikern \o/), als es fesh wurde, diese düsteren Gedanken zu zelebrieren, ist das eigentlich heftiger Teil der Jugendkultur. Eine gute Bekannte von mir meinte neulich mal eher scherzhaft: "Wir hatten doch alle mal eine Goth-Phase." -- sicher übertrieben, aber nicht ganz von der Hand zu weisen für den Großteil der Leute unserer Generationen. Buffy beispielsweise ist diesem Phänomen auch entsprungen.

    Zitat Zitat
    "Unsere Vampire" waren damals die von Buffy, und auch wenn da ziemlich viel Teenie-Beduerfnisweltbefriedigung mit drin war (Buffy ist 16, ist eine Superheldin, verliebt sich in einen Vampir und wird dadurch mit niemals zu erfuellender Liebe konfrontiert, etc.), war's nie so idealistisch, wie Twilight das darstellt. Buffy hat zwar die ganze Vampirgeschichte auch etwas romantisiert, zumindest wenn man's jetzt mal direkt mit den Klassikern wie Bram Stoker vergleicht, aber Twilight geht da einen Schritt weiter. Wo Buffy zu den ganzen "boesen" Aspekten die theoretische Moeglichkeit des "Guten" hinzugefuegt hat (mit Angel als gutem Vampir, z.B.), dreht Twilight die ganze Materie um 180 Grad und macht Vampire zu etwas "gutem" mit der theoretischen Moeglichkeit des "Boesen".
    Das ist sicher eine richtige Denkweise. Twilight treibt das vollkommen auf die Spitze: Wie gesagt, für mich ist das die bloße Kastration. Und das wiederum ist tatsächlich ziemlich genial. Natürlich verurteile ich das als Literaturliebhaber und greife mir an den Kopf, was die Frau mit dem Vampirmotiv macht (irgendwer meinte mal, Meyer hätte das geschafft, was Van Helsing verwehrt geblieben ist: Den Vampir endgültig zu töten.); aber rein funktionell ist es ein ziemlicher cleverer Kniff.

    Und du stellst es in die Richtung auch schon ganz korrekt dar: Diese Verweichlichung hat sich prozesshaft durchgesetzt -- weder Anne Rice noch Buffy hätten derartigen Erfolg gehabt, wenn sie den Stoff nicht weiter in die Lebenswirklichkeit des Publikums gezerrt hätten. Twilight hätte auch keinen Erfolg gehabt ohne diese absolute Entmannung.

    Zitat Zitat
    Ich koennte mir eine Gegenueberstellung von Twilight und den Lestat-Romanen durchaus als interessant vorstellen, wo ich gerade so darueber nachdenke.
    Ich glaube fast, Meyer hat von Rice Unmengen abgeschrieben. Word has it, dass sie den ersten Roman in der Mitte angefangen und dann bis zum Ende geschrieben hat, um dann nochmal zurückzugehen und den Anfang bis zum Mittelteil zu schreiben. Glaube, dabei hat sie automatisch in die Intertextualitätstrickkiste greifen müssen. Fände das allerdings auch sehr spannend, zumal es ja die Wandelerscheinung des Vampirmotivs unterstreichen würde. Sollte daran wirklich gehobenes Interesse bestehen: Ich habe dieses Semester ein Seminar besucht, dass sich mit Verwandlungsstoffen beschäftigt hat. Ich glaube mich zu erinnern, dass eine von meinen Kommilitonen genau das macht: den Wandel des Vampirmotivs untersuchen. Weiß nun nicht, wie viel das hergibt, auch nicht mehr, wer genau das war und ob sie literaturwissenschaftlich so viel taugt, aber so eine Betrachtung würde sicher nicht schaden, wenn man über Twilight sprechen möchte.

    Zitat Zitat
    Ist Twilight Gothic? Oder, anders gefragt, reicht das Auftreten von Vampiren, die ja ein klassisches Motiv dort sind, aus, um das Buch unter diesen Gesichtspunkten zu beschreiben, obwohl die Geschichte an sich nicht wirklich damit zu tun hat? Neu-Gothic vielleicht?
    Vampirromane sind mittlerweile eine eigene Gattung ohne wirkliche Kulturerscheinung geworden. Ähnlich eben wie Groschenromane, nur mit anderem Publikum. Twilight ist sicherlich das Produkt neuerer Erscheinungen einer aufgeweichten Gothic-Szene ("Oh, ich kleide mich schwarz und schminke mir die Augen schwarz -- ich bin so Goth!"), allerdings kann man so eine Einordnung, denke ich, tatsächlich nicht anstellen: Dafür fehlen einfach viel zu viele Bezüge. Ich meine, der Kleine Vampir ist ja auch kein Gothic-Roman. Belassen wir es vielleicht bei "Jugendroman"; da kann man ja mittlerweile auch alles reinwerfen, was einem so in den Kopf kommt. ^^

    Zitat Zitat
    Wenn man sich die Filme mal ansieht (zumindest den ersten; mehr hab ich mir davon leider nicht ansehen koennen, weil der schon stinklangweilig war) sind da fuer einen Vampirfilm ziemlich viele Tag-Szenen drin. Die Welt ist zwar relativ grau dargestellt, aber sie ist hell. Buffy ist dunkel (und ziemlich interessant ist, dass alles "schlimme", was dort passiert, immer nachts passiert; sobald ein Tageslicht-Shot kommt, kann man davon ausgehen, dass die Konflikte anfangen, sich aufzuloesen -- ist ziemlich interessant gemacht) und ich glaube, in Interview with the Vampire gibt's hoechstens fuenf Szenen, die ueberhaupt am Tag spielen.
    Ist eine ziemlich interessante Beobachtung, die natürlich auch sehr stark mit der Vernichtung des traditionellen Vampirs zusammenhängt. Ich glaube aber fast, dass das auch mit dem angestrebten Flair zusammenhängt: In Twilight gibt es keine echte Bedrohung, höchstens Lethargie. Und nichts ist besser geeignet für Lethargie als ständige Bewölkung und regenschwangere Nachmittage in riesigen Nadelwäldern. Die Hauptfigur sieht auch nicht ohne Grund aus wie auf Meth-Entzug: Wie ein Tag mit schwerer Grippe im November. Das Krankheits- und Schwächemotiv durchzieht die Filme (stärker übrigens als die Bücher) eigentlich die ganze Zeit und abstrahiert sich auch in einigen Szenen zu einer Art Überthema, wenn man es so denken will: Bellas Schwächeanfälle, ihre Alpträume, die Monate als Edward sie verlassen hat -- im Grunde ist ihr ganzes Leben dieses "day in bed"-Phänomen.
    Und das passt eben besonders gut mit der trüben Tagszenerie zusammen. Wirst auch feststellen (solltest du wirklich mal Lust haben, dir die anderen Filme auch anzuschauen -- was ich empfehlen kann, es ist irre komisch), dass Nachtszenen dazu genutzt werden, wirkliche Bedrohnungsmomente zu untermalen; beispielsweise jagen die Vampire und Werwölfe in der Regel nachts durch die Wälder, oder die Vampirarmee in Seattle wird immer nachts gezeigt ... Selbst Bella wird in der Nacht aktiver, während sie am Tag aussieht, als hätte sie noch eine Paracetamol mehr nötig, um endlich einzuschlafen.

    Zitat Zitat
    Finden wir Twilight also deswegen scheisse, weil es das, was wir (as in: unsere Generation) von Vampiren und Gothic-Literatur erwartet, total ignoriert oder umkehrt?
    Ich denke eben tatsächlich hauptsächlich an dieses Kastrationsphänomen. Allerdings stößt natürlich auch der Hype enorm ab, weil man sich auf den ersten Blick nicht erklären kann, was an diesem Schund so eine Aufmerksamkeit verdient hat. Nochmal: Meyer ist tatsächlich eine grottige Autorin. Aber eine brillante Strategin. Die derzeitige Populärkultur strebt hin zu einem Menschenbild, das auf völliger Prostitution beruht -- in den 90ern fing das schon sehr stark an mit slutty Britney und den Milchbubie-Boybands. Heute sind wir so weit, dass Justin Bieber (!) großes Idol ist -- halte das zumindest für eine Konsequenz mit starkem Kausalzusammenhang. Ich sehe Twilight eben in der gleichen Genese: Letztendlich ist es eben nicht mehr als die schlüpfrige Phantasie eines weiblichen Teenagers. Und sowas muss sich einfach verkaufen.

  11. #11
    Zitat Zitat
    In Twilight gibt es keine echte Bedrohung, höchstens Lethargie. Und nichts ist besser geeignet für Lethargie als ständige Bewölkung und regenschwangere Nachmittage in riesigen Nadelwäldern. Die Hauptfigur sieht auch nicht ohne Grund aus wie auf Meth-Entzug: Wie ein Tag mit schwerer Grippe im November. Das Krankheits- und Schwächemotiv durchzieht die Filme (stärker übrigens als die Bücher) eigentlich die ganze Zeit [...]
    Ist wahrscheinlich bloß eine modernisierte Alternative zur Bedrohlichkeit; früher hatte man halt Angst vor irgendwas körperlich Bedrohlichem, heute, wo in dieser Hinsicht alles total sicher ist, hat man halt eher Angst davor, langweilig, sinnlos und ereignislos aus dem Leben zu gehen. Ich denke da auch das Revival der Lebe-jeden-Tag-als-wäre-es-dein-letzter-Sprüche in Internet-Steckbriefen.
    Twilight spielt ja nicht umsonst im langweiligsten Hinterland überhaupt. Wahrscheinlich ist dieses "Feindbild" ein Einfühlen in die "Probleme" der 1990er-Generation, eine Wiederholung des (ehemals männlich bestimmten?) Abenteuer-Motivs, verbunden mit einer Portion romantischer Liebe. Und das kommt heute wahrscheinlich noch besser an, zumal die körperliche Gefahr hier ja immer noch (wie auch schon bei Rice u.ä.) mit dem Positiven verbunden ist (Vampir-Blut-Mythos) und sozusagen als "immer noch besser als gar keine Ereignisse" eingeschätzt wird. Bei Twilight kommt praktischerweise dazu, dass die Gefahr keine Konsequenzen hat, was Girliegirl genau so sehr natürlich freut wie den 12-jährigen Jungen die erfolgreiche Head-On-Mentalität seines Shonen-Helden.

  12. #12
    Das hieße ja aber, man hätte Angst davor, Bella zu sein. ^^"

    Nein, ich glaube viel eher, dass es darum geht, genau dieses Gefühl von Ereignislosigkeit und Trägheit zu behalten. Das ist ja das coole am Liebäugeln mit dem Tod: Starre und ein bisschen Selbstauslöschung in Nichtigkeit. Ist ein bisschen wie mit Grippe im Bett liegen (deshalb, meiner These nach, auch die ganze marode Szenerie) und sich bemuttern lassen. Nicht am Leben teilnehmen. Das scheint durchaus anziehend zu sein.

  13. #13
    Hm. Ok.

    Wir hätten dann also die simple Fantasie einer absoluten Konstante in einer verwirrenden, wechselhaften Pubertät, natürlich zielgruppentechnisch passend in der Gestalt einer (wortwörtlich) unsterblichen Liebe. Edward ist der perfekte Beschützer, der Sicherheit in einer schwierigen Welt bieten kann, und dafür auch nichts erwartet außer Bellas Liebe.
    Der Tod ist in diesem Setting wahrscheinlich nur eine Art hucklige Metapher für diese Idee; ich würde mich vielleicht ein wenig vom Straight-forward-Todestrieb entfernen, schließlich sind die Twilight-Vampire in keiner Hinsicht sonderlich tot. Ich denke, hier kommt eher dieser übliche Widerspruch zu Tage, zwar schon mit dem Tod als (mangelhaftes) Symbol der Starre zu liebäugeln, ihn aber auch als "absolute Veränderung" zu fürchten. Am Ende sind Edward und Bella schließlich unsterblich und nicht in tatsächlichem Tod vereinigt, wie es viele Medien vor Meyer gemacht haben. Unter anderem auch Romeo und Julia, das auf Fan-Seite ja gern verglichen wird.
    Lustig. Wenn man es so betrachtet, ist es tatsächlich bloß das (imho) sehr naive Argument, dass es durchaus Sicherheit in einem unsicheren Leben geben kann, nicht erst im Tod. Ist bestimmt ein Schlag ins Gesicht für ein paarhundert Jahre Philosophie und Literatur.

    Jetzt würde mich noch interessieren, wie Jacob und Bellas Kind da mit reinpassen.
    Ersterer könnte die positiven Aspekte der verändernden (Pubertäts-)Welt repräsentieren (immerhin ist er ständig nackt und verwandelt sich ), die es aber dieser Ideologie zufolge trotz einer gewissen Anziehungskraft nicht mit einer "handfesten" Konstante aufnehmen können. Letzteres könnte man leicht auf den eben genannten Widerspruch beziehen, die Sicherheit in einer veränderlichen Welt, personifiziert. Oder steckt da noch mehr drin?

    Wow, das ist deep.

  14. #14

    Hier wird nicht geterrort
    stars5
    Es macht mir ein wenig Angst wie viel man in das Buch plötzlich reininterpretieren kann
    Ich hab den ersten Film gesehen und konnte leider nicht mehr darin erkennen als den Versuch das immer und immer wiederkehren des "Liebe auf den ersten Blick"-Prinzip neu zu verpacken wie man es schon Millionen mal gesehen hat.
    Wer soetwas mit Romeo und Julia vergleichen will...narf. Nein.
    Zwischen Romeo und Julia stand ein Krieg zweier Familien, zwischen Edward und Bella steht....naja...nichts. Oder nicht viel. Seine Familie läd sie (sogar wirklich ganz ohne Hintergedanken) zum Essen ein und ihr Papa gibt Edward die Erlaubnis sie ab und zu ma zu daten. Man könnt jetzt meinen da wär irgendeine Vampirproblematik die diese ganze Beziehung gerade zu unmöglich und kompliziert gestalten könnte - nö, weil Edward sich ja super im Griff hat und als Bella zum Vampir wird löst sich alles in glitzernden Rauch auf.
    Ich versuche da nichts reinzuinterpretieren. Twillight kann man wie schon mehrmals angesprochen in der Sparte der Teenieromane verstauben lassen, wo simpelste Probleme zu einem Drama für mehrere hundert Seiten aufgebauscht wird.
    Zumindest könnte man das, wenn einem die Story nicht dauernd so penetrant von allen Seiten ins Gesicht geklatscht werden würde.

    Wegen folgendem Zitat

    Zitat Zitat
    Twilight ist sicherlich das Produkt neuerer Erscheinungen einer aufgeweichten Gothic-Szene ("Oh, ich kleide mich schwarz und schminke mir die Augen schwarz -- ich bin so Goth!"), allerdings kann man so eine Einordnung, denke ich, tatsächlich nicht anstellen: Dafür fehlen einfach viel zu viele Bezüge.
    musste ich an das Wave-Gotic-Treffen letztes Jahr denken, wo im sonst kulturell gut besetzten Rahmenprogramm auch Twillight (Film 1-3 im Cinestar) eingeplant war.
    Keiner der Besucher wusste so recht warum gerade diese (und auch ausschließlich) diese Filmreihe gezeigt werden musste.
    Ich hoffe mal schwer dass das nichts mit der Szene ansich sondern mit einem Fehlgriff seitens der Veranstalter zu tun hat.

  15. #15
    Zitat Zitat von La Cipolla Beitrag anzeigen
    Edward ist der perfekte Beschützer, der Sicherheit in einer schwierigen Welt bieten kann, und dafür auch nichts erwartet außer Bellas Liebe.
    Bellas Liebe erwarten? Ich bitte dich. Ein Mann hat doch keine Erwartungen zu stellen. Wenn er die Frau wirklich liebt (und das hat er verdammt nochmal zu tun), wird er sie auch ohne Gegenliebe beschützen. So und nicht anders! Schau dir Jacob an, der schafft das doch auch, obwohl er über die ganze Reihe hinweg friendzoned ist.

    Glaube übrigens nicht, dass Sicherheit vermittelt werden will. Nur der reine Tran, nichts zustande bringen zu müssen, passiv vor sich hinleben zu dürfen. Meyer hält die Schwächen ihres antizipierten Publikums hoch: Weg des geringsten Widerstandes (Bellas Umzug nach Forks), Freakshow (Bella ist an der Schule die "Neue" und will keine Aufmerksamkeit erregen), Elitarismus (alle an der Schule sind doof, weil sie so normal sind), Egozentrismus (entweder es läuft nach Bellas Vorstellungen, oder gar nicht), Selbstglorifizierung (alle Typen stehen auf Bella, alle mögen Bella, Bella ist super), Rebellion gegen die Eltern (Charlie ist ja soooo doof! Und Bella mag es, dass er sie in Ruhe lässt, weil er mit ihr nichts anfangen kann), Profilneurose ("Ich mach gefährliche Sachen, weil ich dann Haluzinationen von Edward bekomme -- Edward, komm zurück zu mir!"; außerdem ist Jacob nur der Typ, der da ist, weil Bella sonst allein ist), das Spielen mit anderer Leute Gefühlen (Jacob kann einem leid tun) ... end of thinking capacity.

    Meyer schmeißt für meine Begriffe nur ein Gefühl, ein Flair in den Raum, versucht dann so viele Teenie-Neurosen wie möglich zu bestätigen und schert sich um den Rest des Romanes gar nicht. Ihr sind auch ihre Charaktere egal. Komplett. Könnte mir halt auf mittlerer Ebene höchstens LDS-Philosophien vorstellen, die das Buch verwirklicht.

    Zitat Zitat
    ich würde mich vielleicht ein wenig vom Straight-forward-Todestrieb entfernen, schließlich sind die Twilight-Vampire in keiner Hinsicht sonderlich tot.
    Ich glaube aber, das hat seine Gründe in Meyers schriftstellerischer Unfähigkeit. Die Dichotomie, die mitgedacht wird (Vampire als untote, kalte, starre, aristokratische Wesen < contra > Werwölfe als aufbrausende, stets Bella wärmende Mitglieder eines Naturvolkes ; Tod gegen Leben), impliziert das durchaus. Natürlich funktioniert sie ab einem gewissen Punkt überhaupt nicht mehr, weil die Steffi keine Lust hat, Konflikte zu spinnen.

    Zitat Zitat
    Ich denke, hier kommt eher dieser übliche Widerspruch zu Tage, zwar schon mit dem Tod als (mangelhaftes) Symbol der Starre zu liebäugeln, ihn aber auch als "absolute Veränderung" zu fürchten.
    Glaub ich fast nicht. Bella begibt sich regelmäßig in Todesgefahr, sei es um Aufmerksamkeit zu bekommen, sei es aus reiner Dummheit oder weil ihr völlig unlogisches Ehrgefühl so stark ist. Sie fürchtet den Tod nicht, sie umarmt ihn eher. Sie steht auf der Grenze zwischen Tod und Leben und wartet auf einen Windstoß, der sie auf die eine oder andere Seite schlägt (Grey's-Anatomy-Zitate sind doof, aber manchmal haben sie Wirkung); natürlich ist auch dieses Bild völlig unvollständig, weil Edward ja eigentlich nie um Bellas Zuneigung fürchten muss, allerdings wäre das die logische Konsequenz aus Jacobs Vorhandensein.

    Zitat Zitat
    Am Ende sind Edward und Bella schließlich unsterblich und nicht in tatsächlichem Tod vereinigt, wie es viele Medien vor Meyer gemacht haben. Unter anderem auch Romeo und Julia, das auf Fan-Seite ja gern verglichen wird.
    Der Witz ist ja, dass dieser Vergleich nicht seinen Ursprung in der Fan-Szene hat, sondern praktisch Inhalt des zweiten Romans ist. ^^" Stephenie hatte damals, glaube ich, etwas Lust auf Intertextualität. Wenn ich mich recht erinnere, bestehen auch einige Seiten davon nur aus R&J-Zitaten. Das Ding ist allerdings, dass es in diesem Fall nicht einmal direkt um die ewige Form der Liebe geht, sondern eher um das unglaubliche Dilemma, in dem sich Bella befindet, ein Jahr älter zu sein als Edward -- sie ist gerade 18 geworden und hat geträumt, sie wäre eine Oma. Was danach passiert, ist das bloße Retelling der Romeo&Julia-Katastrophe (Edward erfährt von Bellas angeblichem Tod und will sich, wie er es bereits prophezeiht hat, umbringen).

    Wir müssen übrigens unterscheiden zwischen dem Tod in der Vernichtung und dem Tod in ewiger Starre. Meyer ist Latter Day Saints Christin. Afterlife und so. Bin mir ziemlich sicher, dass da sehr viel mit reinspielt.

    Zitat Zitat
    Ist bestimmt ein Schlag ins Gesicht für ein paarhundert Jahre Philosophie und Literatur.
    Wie so ziemlich alles, was Mormonen so verzapfen. ^^""

    Zitat Zitat
    Jetzt würde mich noch interessieren, wie Jacob und Bellas Kind da mit reinpassen.
    [...] Oder steckt da noch mehr drin?
    Ich muss ehrlich zugeben, ich glaube, da steckt überhaupt nichts mehr groß drin. Bella und Eddi mussten ein Kind bekommen, damit Bella zum Vampir werden konnte (die Ehe stellt Eddi bei seinem Antrag auf ein Niveau zusammen mit dem Vampirdasein; Kind besiegelt Ehe, Ehe besiegelt Vampirdasein --> Kind muss Bella in den Vampirismus treiben). Natürlich wollen die Werwölfe das Kind töten, damit Jacob sich -- in seiner völligen Unterwerfung -- auf Bellas Seite schlagen kann, um ihren Wunsch zu erfüllen, das Kind zu retten. Einziger Ausweg daraus ist Jacobs völlige Unterwerfung unter Bellas Wunsch, indem er sich in Renesmee verliebt. Renesmee wiederum ist die bloße Erbin des Twilight-Vermächtnisses, eine neue Generation Vampir: Deshalb übrigens auch meine Vermutung, dass es mit ihr weitergehen wird.
    Bei einer schlechten Autorin, wie Meyer es ist, liegt für meine Begriffe die Vermutung sehr nahe, dass die Prägung Jacobs ein bloßes Mittel ist, den Kampf um Bella endlich aufzulösen. Dadurch ist jeder zufrieden, Jacob hat eine eigene Flamme, Bella muss nicht darum fürchten, dass Jacob sie jemals verlässt, hat gleichzeitig aber Eddi und ist ein Vampir. Happy End à la Meyer.

  16. #16
    Zitat Zitat
    Bei einer schlechten Autorin, wie Meyer es ist, liegt für meine Begriffe die Vermutung sehr nahe, dass die Prägung Jacobs ein bloßes Mittel ist, den Kampf um Bella endlich aufzulösen. Dadurch ist jeder zufrieden, Jacob hat eine eigene Flamme, Bella muss nicht darum fürchten, dass Jacob sie jemals verlässt, hat gleichzeitig aber Eddi und ist ein Vampir. Happy End à la Meyer.
    Sie ist wohl die einzige Autorin die jemals Pedophilie als Lösung eines Liebesdramas benutzt.

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