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Thema: Twilight: Der Lionsgate-Boss will weitere Filme

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Vielleicht, und damit lehne ich mich unter Umstaenden weit aus dem Fenster, ist das Problem, das viele mit Twilight haben (mich eingeschlossen) ein Generationenkonflikt. Vielleicht verstehen wir nicht, was an den Twilight-Vampiren so toll sein soll ... irgendwo muss da ja ein Reiz bestehen, sonst waere es nicht so erfolgreich. Du sagst, dass "den Tod zu waehlen" symptomatisch fuer die Zielgruppe ist? Ist mir, ehrlich gesagt, nie so aufgefallen. Andererseits bin ich auch nicht wirklich mit der Zielgruppe in Kontakt. Mein zehn Jahre juengerer Cousin, der vielleicht der einzige halbe Angriffspunkt dafuer waere, fasst Buecher nur mit der Kneifzange an. "Unsere Vampire" waren damals die von Buffy, und auch wenn da ziemlich viel Teenie-Beduerfnisweltbefriedigung mit drin war (Buffy ist 16, ist eine Superheldin, verliebt sich in einen Vampir und wird dadurch mit niemals zu erfuellender Liebe konfrontiert, etc.), war's nie so idealistisch, wie Twilight das darstellt. Buffy hat zwar die ganze Vampirgeschichte auch etwas romantisiert, zumindest wenn man's jetzt mal direkt mit den Klassikern wie Bram Stoker vergleicht, aber Twilight geht da einen Schritt weiter. Wo Buffy zu den ganzen "boesen" Aspekten die theoretische Moeglichkeit des "Guten" hinzugefuegt hat (mit Angel als gutem Vampir, z.B.), dreht Twilight die ganze Materie um 180 Grad und macht Vampire zu etwas "gutem" mit der theoretischen Moeglichkeit des "Boesen".

    Aber ja, Stephanie Meyer hat den romantischen Vampir nicht erfunden. Anne Rice hat genau das gleiche gemacht, nur ist Lestat de Lioncourt im Gegensatz zu Edward Cullen ganz offiziell ein Antiheld, und die Geschichten um ihn sind Gothic in Reinform. Da wird gar kein Hehl darum gemacht, dass man mal eben den Tod glorifiziert ... trotzdem geht auch Anne Rice nicht her und idealisiert den Vampir an sich so weit, dass er von einem, im Optimalfall, "liebenswerten Monster" zum Idealbild eines Mannes wird, wie das in Twilight der Fall ist.

    Ich koennte mir eine Gegenueberstellung von Twilight und den Lestat-Romanen durchaus als interessant vorstellen, wo ich gerade so darueber nachdenke.

    Ist Twilight Gothic? Oder, anders gefragt, reicht das Auftreten von Vampiren, die ja ein klassisches Motiv dort sind, aus, um das Buch unter diesen Gesichtspunkten zu beschreiben, obwohl die Geschichte an sich nicht wirklich damit zu tun hat? Neu-Gothic vielleicht? Es ist vor allem an die Teenager-Generation gerichtet, oder an Leute, die sich damit identifizieren koennen. Teen-Gothic. Es laesst den ganzen grossen mythologischen Hintergrund der Vampire weg, loescht die Elemente aus, die Vampire zu epischen Protagonisten gemacht haben, und reduziert es auf eine winzige Ebene. Mikrokosmos-Gothic. In dem Genre waere diese "Tod ueber Leben"-Metapher ja nicht mal wirklich unueblich; unueblich ist nur die Ebene, auf die Meyer das ganze transponiert hat. Highschool-Gothic. Aber deutlich weniger dunkel als Buffy das ist. Wenn man sich die Filme mal ansieht (zumindest den ersten; mehr hab ich mir davon leider nicht ansehen koennen, weil der schon stinklangweilig war) sind da fuer einen Vampirfilm ziemlich viele Tag-Szenen drin. Die Welt ist zwar relativ grau dargestellt, aber sie ist hell. Buffy ist dunkel (und ziemlich interessant ist, dass alles "schlimme", was dort passiert, immer nachts passiert; sobald ein Tageslicht-Shot kommt, kann man davon ausgehen, dass die Konflikte anfangen, sich aufzuloesen -- ist ziemlich interessant gemacht) und ich glaube, in Interview with the Vampire gibt's hoechstens fuenf Szenen, die ueberhaupt am Tag spielen.

    Finden wir Twilight also deswegen scheisse, weil es das, was wir (as in: unsere Generation) von Vampiren und Gothic-Literatur erwartet, total ignoriert oder umkehrt? Vielleicht haben Hardcore-Bram-Stoker-Fans das gleiche gesagt, als sie zum erstenmal Anne Rice gelesen haben. Also ganz abgesehen davon, dass Meyer einfach talentlos ist und Schund schreibt, aber, um zurueck zum Ausgangspunkt zu kommen, wenn man mal die Pulp Literatur aus unserer Kindheit/Pobertaet nimmt, muss man eigentlich relativ unverbluemt zugeben, dass da im grossen Durchschnitt auch kein hoher literarischer Anspruch gegeben war.

  2. #2
    Ich glaube, du nimmst die "Gegenbewegung" als viel zu homogen wahr. Eigentlich gibt es ja nicht mal "eine Gegenbewegung", sondern bloß viele einzelne Leute, die diese Bücher aus verschiedenen Gründen ablehnen. Natürlich sind da welche dabei, die ein Problem mit dem Vampirbild aus Twilight und der "Verhunzung" von Gothic-Schemata haben (und für die mag dieser Ansatz tatsächlich sehr interessant sein! Mio-Raem könnte hierzu kommentieren), aber das auf alle zu beziehen und daraus auf ein generelles Missverständnis des Phänomens und seiner Anziehungskraft zu schließen, ist definitiv zu eng gefasst. Ich muss auch ehrlich sagen, ich hatte von Anfang an überhaupt kein Problem mit glitzernden Vampiren (hab bloßmal schief über die Idee gelächelt ^^), und erst recht nicht damit, die Faszination der Teenies zu verstehen.
    Kurz gesagt: Das ist imho ganz stark übergeneralisiert, könnte für einzelne aber stimmen.

    Ein Generations"problem" (das aber eigentlich selbstverständlich ist) besteht natürlich insofern, dass die Bücher für Pubertierende sind, wir aber alle nicht mehr allzu heftig pubertieren.

    Deine Theorie, dass Twilight-Vampire als prinzipiell gut dargestellt werden, würde ich übrigens anzweifeln, VOR ALLEM, wenn du Anne Rice mit reinnimmst. Eigentlich hast du bei beiden Autoren ein "übliches" böses Vampirbild und dann einige Mary-Sue-Helden, die halb darüber stehen und durch ihr Brooding und ihre Liebe achso sehr darunter leiden. Twilight ist mit letzterem halt bloß weniger konsequent (wie Mordechaj schon bei der Auflösung von Konflikten festgestellt hat), ist lediglich eine Frage des Ausmaßes. Aber darüber zu diskutieren, wäre glaub ich mühsam.


    @Mordechaj: Macht Sinn so.

  3. #3
    Mein Problem mit Twilight ist nicht Twilight. Mein Problem mit Twilight ist, dass es in letzter Zeit viel zu viel davon im "Horror"-Bereich gibt...

  4. #4
    Ich muss deinen Beitrag jetzt mal ein bisschen zerpflücken, Ranmaru, um alle Gedankenstränge irgendwie so zu ordnen, dass man am Ende noch weiß, wie ich vom einen ins andere komme. Das liegt nicht daran, weil ich dir überall partout widersprechen will, sondern daran, dass deine Ansätze sich total klasse zum Weiterdenken eignen.

    Zitat Zitat von Ranmaru Beitrag anzeigen
    Vielleicht verstehen wir nicht, was an den Twilight-Vampiren so toll sein soll ... irgendwo muss da ja ein Reiz bestehen, sonst waere es nicht so erfolgreich.
    Ich weiß nicht genau, ob jemandem die Reihe besser gefallen würde, wenn das Vampirbild traditioneller gehalten wäre. Abgesehen davon hätte es darum dann auch nicht so einen großen Hype gegeben, denn dieses Bild ist einer der Faktoren, die für Erfolg sorgen.

    Machen wir uns da überhaupt nichts vor, das fährt eine übelst psychologische Schiene mit uralten Geschlechterkonflikten: Warum ist denn das Vampirbild hier so verquer? Genau, weil der Vampir impotent ist. Komplett kastriert, dieses mächtige Wesen, das den Tod symbolisiert. Und der Shapeshifter-Wolf? Handzahm, trotz seiner Gewalt. Völlige Domestikation. Ich muss zugeben, ich kann verstehen, was weibliche Teenager daran reizt, und größtenteils ein männliches Publikum abstößt: Eben die völlige Kastration des Mannes. Soetwas wäre bis vor ein paar Jahren gar nicht möglich gewesen, momentan lösen sich die Geschlechterrollen aber stark genug auf, um diese Unterdrückungsphantasien umdrehen zu können. Twilight ist wie ein chauvinistischer Porno für Frauen.

    Zitat Zitat
    Du sagst, dass "den Tod zu waehlen" symptomatisch fuer die Zielgruppe ist? Ist mir, ehrlich gesagt, nie so aufgefallen.
    Wirklich nicht? ^^" Teenager im Alter zwischen 13 und 18? Selbstmodphantasien und die Beschäftigung mit dem Tod sind hier eigentlich völlig üblich. Und gerade seit den 80ern (oder seit den Romantikern \o/), als es fesh wurde, diese düsteren Gedanken zu zelebrieren, ist das eigentlich heftiger Teil der Jugendkultur. Eine gute Bekannte von mir meinte neulich mal eher scherzhaft: "Wir hatten doch alle mal eine Goth-Phase." -- sicher übertrieben, aber nicht ganz von der Hand zu weisen für den Großteil der Leute unserer Generationen. Buffy beispielsweise ist diesem Phänomen auch entsprungen.

    Zitat Zitat
    "Unsere Vampire" waren damals die von Buffy, und auch wenn da ziemlich viel Teenie-Beduerfnisweltbefriedigung mit drin war (Buffy ist 16, ist eine Superheldin, verliebt sich in einen Vampir und wird dadurch mit niemals zu erfuellender Liebe konfrontiert, etc.), war's nie so idealistisch, wie Twilight das darstellt. Buffy hat zwar die ganze Vampirgeschichte auch etwas romantisiert, zumindest wenn man's jetzt mal direkt mit den Klassikern wie Bram Stoker vergleicht, aber Twilight geht da einen Schritt weiter. Wo Buffy zu den ganzen "boesen" Aspekten die theoretische Moeglichkeit des "Guten" hinzugefuegt hat (mit Angel als gutem Vampir, z.B.), dreht Twilight die ganze Materie um 180 Grad und macht Vampire zu etwas "gutem" mit der theoretischen Moeglichkeit des "Boesen".
    Das ist sicher eine richtige Denkweise. Twilight treibt das vollkommen auf die Spitze: Wie gesagt, für mich ist das die bloße Kastration. Und das wiederum ist tatsächlich ziemlich genial. Natürlich verurteile ich das als Literaturliebhaber und greife mir an den Kopf, was die Frau mit dem Vampirmotiv macht (irgendwer meinte mal, Meyer hätte das geschafft, was Van Helsing verwehrt geblieben ist: Den Vampir endgültig zu töten.); aber rein funktionell ist es ein ziemlicher cleverer Kniff.

    Und du stellst es in die Richtung auch schon ganz korrekt dar: Diese Verweichlichung hat sich prozesshaft durchgesetzt -- weder Anne Rice noch Buffy hätten derartigen Erfolg gehabt, wenn sie den Stoff nicht weiter in die Lebenswirklichkeit des Publikums gezerrt hätten. Twilight hätte auch keinen Erfolg gehabt ohne diese absolute Entmannung.

    Zitat Zitat
    Ich koennte mir eine Gegenueberstellung von Twilight und den Lestat-Romanen durchaus als interessant vorstellen, wo ich gerade so darueber nachdenke.
    Ich glaube fast, Meyer hat von Rice Unmengen abgeschrieben. Word has it, dass sie den ersten Roman in der Mitte angefangen und dann bis zum Ende geschrieben hat, um dann nochmal zurückzugehen und den Anfang bis zum Mittelteil zu schreiben. Glaube, dabei hat sie automatisch in die Intertextualitätstrickkiste greifen müssen. Fände das allerdings auch sehr spannend, zumal es ja die Wandelerscheinung des Vampirmotivs unterstreichen würde. Sollte daran wirklich gehobenes Interesse bestehen: Ich habe dieses Semester ein Seminar besucht, dass sich mit Verwandlungsstoffen beschäftigt hat. Ich glaube mich zu erinnern, dass eine von meinen Kommilitonen genau das macht: den Wandel des Vampirmotivs untersuchen. Weiß nun nicht, wie viel das hergibt, auch nicht mehr, wer genau das war und ob sie literaturwissenschaftlich so viel taugt, aber so eine Betrachtung würde sicher nicht schaden, wenn man über Twilight sprechen möchte.

    Zitat Zitat
    Ist Twilight Gothic? Oder, anders gefragt, reicht das Auftreten von Vampiren, die ja ein klassisches Motiv dort sind, aus, um das Buch unter diesen Gesichtspunkten zu beschreiben, obwohl die Geschichte an sich nicht wirklich damit zu tun hat? Neu-Gothic vielleicht?
    Vampirromane sind mittlerweile eine eigene Gattung ohne wirkliche Kulturerscheinung geworden. Ähnlich eben wie Groschenromane, nur mit anderem Publikum. Twilight ist sicherlich das Produkt neuerer Erscheinungen einer aufgeweichten Gothic-Szene ("Oh, ich kleide mich schwarz und schminke mir die Augen schwarz -- ich bin so Goth!"), allerdings kann man so eine Einordnung, denke ich, tatsächlich nicht anstellen: Dafür fehlen einfach viel zu viele Bezüge. Ich meine, der Kleine Vampir ist ja auch kein Gothic-Roman. Belassen wir es vielleicht bei "Jugendroman"; da kann man ja mittlerweile auch alles reinwerfen, was einem so in den Kopf kommt. ^^

    Zitat Zitat
    Wenn man sich die Filme mal ansieht (zumindest den ersten; mehr hab ich mir davon leider nicht ansehen koennen, weil der schon stinklangweilig war) sind da fuer einen Vampirfilm ziemlich viele Tag-Szenen drin. Die Welt ist zwar relativ grau dargestellt, aber sie ist hell. Buffy ist dunkel (und ziemlich interessant ist, dass alles "schlimme", was dort passiert, immer nachts passiert; sobald ein Tageslicht-Shot kommt, kann man davon ausgehen, dass die Konflikte anfangen, sich aufzuloesen -- ist ziemlich interessant gemacht) und ich glaube, in Interview with the Vampire gibt's hoechstens fuenf Szenen, die ueberhaupt am Tag spielen.
    Ist eine ziemlich interessante Beobachtung, die natürlich auch sehr stark mit der Vernichtung des traditionellen Vampirs zusammenhängt. Ich glaube aber fast, dass das auch mit dem angestrebten Flair zusammenhängt: In Twilight gibt es keine echte Bedrohung, höchstens Lethargie. Und nichts ist besser geeignet für Lethargie als ständige Bewölkung und regenschwangere Nachmittage in riesigen Nadelwäldern. Die Hauptfigur sieht auch nicht ohne Grund aus wie auf Meth-Entzug: Wie ein Tag mit schwerer Grippe im November. Das Krankheits- und Schwächemotiv durchzieht die Filme (stärker übrigens als die Bücher) eigentlich die ganze Zeit und abstrahiert sich auch in einigen Szenen zu einer Art Überthema, wenn man es so denken will: Bellas Schwächeanfälle, ihre Alpträume, die Monate als Edward sie verlassen hat -- im Grunde ist ihr ganzes Leben dieses "day in bed"-Phänomen.
    Und das passt eben besonders gut mit der trüben Tagszenerie zusammen. Wirst auch feststellen (solltest du wirklich mal Lust haben, dir die anderen Filme auch anzuschauen -- was ich empfehlen kann, es ist irre komisch), dass Nachtszenen dazu genutzt werden, wirkliche Bedrohnungsmomente zu untermalen; beispielsweise jagen die Vampire und Werwölfe in der Regel nachts durch die Wälder, oder die Vampirarmee in Seattle wird immer nachts gezeigt ... Selbst Bella wird in der Nacht aktiver, während sie am Tag aussieht, als hätte sie noch eine Paracetamol mehr nötig, um endlich einzuschlafen.

    Zitat Zitat
    Finden wir Twilight also deswegen scheisse, weil es das, was wir (as in: unsere Generation) von Vampiren und Gothic-Literatur erwartet, total ignoriert oder umkehrt?
    Ich denke eben tatsächlich hauptsächlich an dieses Kastrationsphänomen. Allerdings stößt natürlich auch der Hype enorm ab, weil man sich auf den ersten Blick nicht erklären kann, was an diesem Schund so eine Aufmerksamkeit verdient hat. Nochmal: Meyer ist tatsächlich eine grottige Autorin. Aber eine brillante Strategin. Die derzeitige Populärkultur strebt hin zu einem Menschenbild, das auf völliger Prostitution beruht -- in den 90ern fing das schon sehr stark an mit slutty Britney und den Milchbubie-Boybands. Heute sind wir so weit, dass Justin Bieber (!) großes Idol ist -- halte das zumindest für eine Konsequenz mit starkem Kausalzusammenhang. Ich sehe Twilight eben in der gleichen Genese: Letztendlich ist es eben nicht mehr als die schlüpfrige Phantasie eines weiblichen Teenagers. Und sowas muss sich einfach verkaufen.

  5. #5
    Zitat Zitat
    In Twilight gibt es keine echte Bedrohung, höchstens Lethargie. Und nichts ist besser geeignet für Lethargie als ständige Bewölkung und regenschwangere Nachmittage in riesigen Nadelwäldern. Die Hauptfigur sieht auch nicht ohne Grund aus wie auf Meth-Entzug: Wie ein Tag mit schwerer Grippe im November. Das Krankheits- und Schwächemotiv durchzieht die Filme (stärker übrigens als die Bücher) eigentlich die ganze Zeit [...]
    Ist wahrscheinlich bloß eine modernisierte Alternative zur Bedrohlichkeit; früher hatte man halt Angst vor irgendwas körperlich Bedrohlichem, heute, wo in dieser Hinsicht alles total sicher ist, hat man halt eher Angst davor, langweilig, sinnlos und ereignislos aus dem Leben zu gehen. Ich denke da auch das Revival der Lebe-jeden-Tag-als-wäre-es-dein-letzter-Sprüche in Internet-Steckbriefen.
    Twilight spielt ja nicht umsonst im langweiligsten Hinterland überhaupt. Wahrscheinlich ist dieses "Feindbild" ein Einfühlen in die "Probleme" der 1990er-Generation, eine Wiederholung des (ehemals männlich bestimmten?) Abenteuer-Motivs, verbunden mit einer Portion romantischer Liebe. Und das kommt heute wahrscheinlich noch besser an, zumal die körperliche Gefahr hier ja immer noch (wie auch schon bei Rice u.ä.) mit dem Positiven verbunden ist (Vampir-Blut-Mythos) und sozusagen als "immer noch besser als gar keine Ereignisse" eingeschätzt wird. Bei Twilight kommt praktischerweise dazu, dass die Gefahr keine Konsequenzen hat, was Girliegirl genau so sehr natürlich freut wie den 12-jährigen Jungen die erfolgreiche Head-On-Mentalität seines Shonen-Helden.

  6. #6
    Das hieße ja aber, man hätte Angst davor, Bella zu sein. ^^"

    Nein, ich glaube viel eher, dass es darum geht, genau dieses Gefühl von Ereignislosigkeit und Trägheit zu behalten. Das ist ja das coole am Liebäugeln mit dem Tod: Starre und ein bisschen Selbstauslöschung in Nichtigkeit. Ist ein bisschen wie mit Grippe im Bett liegen (deshalb, meiner These nach, auch die ganze marode Szenerie) und sich bemuttern lassen. Nicht am Leben teilnehmen. Das scheint durchaus anziehend zu sein.

  7. #7
    Hm. Ok.

    Wir hätten dann also die simple Fantasie einer absoluten Konstante in einer verwirrenden, wechselhaften Pubertät, natürlich zielgruppentechnisch passend in der Gestalt einer (wortwörtlich) unsterblichen Liebe. Edward ist der perfekte Beschützer, der Sicherheit in einer schwierigen Welt bieten kann, und dafür auch nichts erwartet außer Bellas Liebe.
    Der Tod ist in diesem Setting wahrscheinlich nur eine Art hucklige Metapher für diese Idee; ich würde mich vielleicht ein wenig vom Straight-forward-Todestrieb entfernen, schließlich sind die Twilight-Vampire in keiner Hinsicht sonderlich tot. Ich denke, hier kommt eher dieser übliche Widerspruch zu Tage, zwar schon mit dem Tod als (mangelhaftes) Symbol der Starre zu liebäugeln, ihn aber auch als "absolute Veränderung" zu fürchten. Am Ende sind Edward und Bella schließlich unsterblich und nicht in tatsächlichem Tod vereinigt, wie es viele Medien vor Meyer gemacht haben. Unter anderem auch Romeo und Julia, das auf Fan-Seite ja gern verglichen wird.
    Lustig. Wenn man es so betrachtet, ist es tatsächlich bloß das (imho) sehr naive Argument, dass es durchaus Sicherheit in einem unsicheren Leben geben kann, nicht erst im Tod. Ist bestimmt ein Schlag ins Gesicht für ein paarhundert Jahre Philosophie und Literatur.

    Jetzt würde mich noch interessieren, wie Jacob und Bellas Kind da mit reinpassen.
    Ersterer könnte die positiven Aspekte der verändernden (Pubertäts-)Welt repräsentieren (immerhin ist er ständig nackt und verwandelt sich ), die es aber dieser Ideologie zufolge trotz einer gewissen Anziehungskraft nicht mit einer "handfesten" Konstante aufnehmen können. Letzteres könnte man leicht auf den eben genannten Widerspruch beziehen, die Sicherheit in einer veränderlichen Welt, personifiziert. Oder steckt da noch mehr drin?

    Wow, das ist deep.

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