Gerade DSA4 ist ein hervorragendes Beispiel für Cipos Argument, daß die Regeln besseren Diskussionsstoff liefern. DSA4 hat ein viel komplexeres Charaktermanagement als DSA3 – wo man vorher eine Klasse hatte, die im Wesentlichen die bei allen vorhandenen Talente beeinflusst hat, gibt DSA4 einem eine Rasse, eine Profession und danach einen riesigen Stapel Talente, Sonderfertigkeiten und Vor- und Nachteile mit verschiedenen Kosten, aus denen man sich den Charakter zusammen kauft. Das ergibt nicht nur Gesprächsstoff bezüglich der Frage "einfach vs. mächtig" sondern eben auch über den Vergleich zur Vorgängerversion.
Und genau das bringt die Leute dazu, zu diskutieren. Nicht das Setting. Das ist zu dem von DSA3 praktisch identisch, zumal bei DSA der Metaplot ohnehin komplett unabhängig von den Regelwerken voran marschiert. Aber der Umstand, daß ich jetzt selbst mit einem dedizierten Hilfsprogramm eine Dreiviertelstunde und zwei Bücher brauche, um einen generischen Krieger zu bauen, der ist schon interessant und neu.
Settings sind am interessantesten, wenn ein System neu auf den Markt kommt (und dann relativ wenig diskutiert wird, weil nur wenige es kennen), wenn es erweitert wird (oder der Metaplot eine unerwartete Wende nimmt) oder wenn es rebootet wird (in welchem Fall 90% des Settings gleich bleiben). Was sich danach ändert, sind die Regeln. Und deshalb wird über die geredet.
Und man kann alle Publikationen bezüglich des Settings durchlesen und weiß dann alles. Bei den Regeln finden sich auch Jahre später noch Leute, die Einzelregeln kreativ kombinieren und dann (echtes D&D-Beispiel) jemanden haben, der Erzfeinde in Verbündete verwandeln kann, indem er aus dem Stand zehn Meter hoch springt.
Natürlich gibt es auch immer noch Setting-Diskussionen. Beispielsweise hat im Exalted-Fandom die Veröffentlichung von The Manual of Exalted Power: The Infernals für Wogen gesorgt, weil die Autoren sehr unbeholfen mit der Materie umgegangen sind; sie wollten "grausam" schreiben und es ist statt dessen "abstoßend" herausgekommen. Letzter Stand ist, daß weite Teile des Fandoms die erste Hälfte des Buches (im Wesentlichen alles, was Settingkram beinhaltet) als schlicht nichtexistent ansehen. Und es gibt immer noch Leute, die ihre eigenen Retcons für einige der schlimmeren Stellen schreiben, um wenigstens Teile des Buchsettings retten zu können. Aber natürlich ist sowas dann schon Fandom-intern und wird kaum bei einer allgemeinen Diskussion erwähnt.