Während Adryans Körper dem Feuer übergeben wurde, kniete Libra die ganze Zeit am Scheiterhaufen. Als in den frühen Morgenstunden der letzte Scheit seine Glut verlor, war ihr Gesicht gerötet und schwarz von Ruß, ihre Arme von den Flammen geschunden und verbrannt, ihre Haare, ihre wunderschönen roten Haare durch die Hitze geschmolzen und verknäult. Sie starrte an den Pfahl in der Mitte, an dem nicht mehr war, außer rauchende Überreste. Überreste, die gestern noch in einem Bett lagen, lachten, ihre Hand hielten.

Julie winselte und legte ihren Kopf auf Libras Schoß. Libra hatte keine Ausdruck auf dem Gesicht. Keine Gefühlsregung. Nur Schmerz. In wenigen Tagen hatte sie erst Grandy, dann Dankwart und schliesslich Adryan verloren. Und alles nur durch den selbstsüchtigen Edmond. Dankwart hatte immerhin mehr Vampire enttarnt als er. Er, der einige dieser Biester sogar noch verteidigt hat und unglaublich viele Unschuldige hat hängen lassen. Es hatte keinen Sinn mehr. Keinen Sinn. Egal, was geschehen würde, wie lange sie noch überlebte...es hatte keinen Sinn unter diesem Bürgermeister.

Libra wusste, sie würde diesen Tag nicht überleben. Spätestens heute Nacht oder morgen war es vorbei. Sie war isoliert. Maxim und Edmond hielten zusammen, ebenso war Ava gegen sie, und vermutlich auch Miller. Und was nützte ihr die Unterstützung von Dragoneri? Wollte sie diese Unterstützung überhaupt?

Hätte sie die Chance, wäre sie ein Monster, sie hätte schon lange Edmond ermordet. Aber wer sagt, dass sie es nicht als Mensch auch tun konnte?

Der Bürgermeister würde sterben. Das schwor sich Libra, als sie sich mit einem Grinsen auf den verschmorten Lippen erhob.