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Thema: [Vampire von Düsterburg] Tag 8

Baum-Darstellung

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  1. #4
    Der beißende Geruch von Rauch weckte Miller spät aus seinem tiefen Schlaf. Das Adrenalin alarmierte all seine Sinne und noch ehe er sich versah, stand er aufrecht auf beiden Beinen und blickte sich um. Der orangene Schein der Flammen vor dem Fenster beleuchtete das Schlafzimmer. Die Glocken erklangen und Rufe der Nachtwächter erschallten in den Gassen: "Feurio! Feurio!"
    Hektisch rannte Miller zur Tür und riss sie auf. Auf dem Flur war dichter Qualm, er konnte kaum etwas erkennen. Miller hielt die Luft an und rannte zur Treppe. Er konnte kaum glauben, was er sah: Das gesamte Untergeschoss stand bereits in Flammen. Warum war er nicht eher aufgewacht! Aber er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, er musste handeln, die Luft ging ihm langsam aus. Konnte er die Haustür erreichen oder sollte er einen Sprung aus dem Schlafzimmerfenster wagen?
    Nein, dabei würde er sich alle Knochen brechen. Er fasste einen Entschluss und rannte die Treppe hinunter, der Qualm war so dicht, dass er nichts erkennen konnte, doch den Weg zur Haustür konnte er schlimmstenfalls auch blind finden...

    Miller sah nicht, dass er die letzte Stufe erreicht hatte, und geriet ins Stolpern. Der Länge nach schlug er auf dem Boden auf, der Schreck ließ ihn aufschreien. Als er instinktiv nach Luft schnappte, atmete er nichts als heißen Rauch ein. Die Augen tränten ihm und er konnte nur noch schemenhafte Umrisse sehen. Mit Mühe brachte sich Miller auf die Beine, sein Kopf war vernebelt, lange hielt er nicht mehr ohne frische Luft durch. Blind und mit schmerzendem Knie tastete er sich zur Haustür vor, während links und rechts von ihm das orangene Leuchten bedrohliche Ausmaße annahm und die Hitze Schweißperlen auf seine Stirn trieb.
    Nur noch ein paar Schritte...
    Miller rüttelte panisch am Türgriff, doch die Tür öffnete sich nicht, er hatte es sich in den letzten Tagen zur Gewohnheit gemacht, doppelt abzuschließen. Ihm wurde schwindlig, als er einige Schritte rückwärts torkelte, um Anlauf zu nehmen. Mit all seiner verbleibenden Kraft warf sich Miller gegen die Tür, diese krachte laut, doch sie gab nicht nach. Bunte Punkte tanzten vor Millers Augen, hinter ihm arbeiteten sich die Flammen durch die Wohnung. Gib jetzt nicht auf, alter Narr!

    Sein Schädel dröhnte und er vertraute seinen Beinen nicht mehr, aber er ein verzweifelter Lebenswille hielt Miller bei Bewusstsein. Noch einmal nahm Miller ein wenig Anlauf und warf sich gegen die Tür, diesmal ohne sich aus Rücksicht auf seinen Körper zurückzuhalten, wie er es vorher getan hatte.
    Das letzte, was Miller hörte, war das Krachen der Tür, als die Angeln aus der Wand rissen. Während Miller bewusstlos die Stufen zu seinem Haus hinuntersackte, fiel die Tür hinter ihm vollends über und traf ihn hart ins Rückgrat.

    Doch Friedrich Miller spürte nicht die harten Schläge der Stufen oder die Wucht der schweren Holztür. Er spürte auch nicht die Hände, die ihn packten und in Sicherheit schleiften.

    ~°~

    "Was ist passiert", sagte Miller schwach in die Leere hinein.
    "Ruhig, Friedrich, ganz ruhig. Das Feuer konnte gelöscht werden. Du bist in Sicherheit." Die Stimme kam Miller bekannt vor, doch er konnte sie nicht zuordnen. Wo war er?
    "Lottchen, bist du das? Das Feuer... steht das Haus noch?"
    Für eine Weile war es ruhig. Dann sagte die Stimme sachte: "Dein Haus konnte nicht gerettet werden, Friedrich. Es tut mir so, so leid."
    "Konntet ihr die Instrumente retten? Wenigstens das Klavier und das Cello?"
    Miller erhielt keine Antwort. Er hustete laut, dann fiel er in einen traumlosen Schlaf. Die Unterhaltung hatte ihn viel Kraft gekostet.

    Geändert von Schattenläufer (11.12.2011 um 23:12 Uhr)

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