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Thema: [Vampire von Düsterburg] Tag 7

  1. #1

    [Vampire von Düsterburg] Tag 7

    Ein neuer Tag beginnt. Nach dem "Massensterben" am Vortag, an dem gleich drei unschuldige Bürger von uns gegangen sind, gibt es an diesem Morgen zumindest eine kleine gute Nachricht: In dieser Nacht ist niemand gestorben.

    Der Tag dauert bis Freitag Abend (spät, vermutlich zwischen 22 und 24 Uhr).

  2. #2
    Auch die 7. Nacht war für Havelock ohne Erholung gewesen... Hoffnungslos saß er am Morgen des 7. Tages an seinem Schreibtisch und dachte an all die Menschen, welche in so kurzer Zeit den Tod gefunden hatten.
    3 wichtige Bürger der Stadt, an nur einem Abend... Schon wieder hatte Havelocks Bauchgefühl ihn bitter getäuscht... Nicht, dass er nicht geahnt hatte, dass Sven der Vampirjäger gewesen ist, es war einfach die falsche Entscheidung gewesen die dieser getroffen hatte. Selene... dieses arme Mädchen, welches die Bürger der Stadt, Nachts mit ihrem eigenen Leben verteidigte...ein so grausamer Tod...
    Und dann die... der überaus robuste Rebecca...

    "Wieder haben meine Entscheidungen eine Kettenreaktion des Todes verursacht..." er senkte sein Haupt. Eine Feder schwebte durch das Antiquariat, auf unsichtbaren Winden gleitend, Havelock hob seinen Kopf und ein freudloses Lächeln umspielte seine Lippen :"...aber es ist noch nicht vorbei, auch in tiefster Finsternis, existiert eine letzte Spur Licht, sonst würde man selbst die Dunkelheit nicht erkennen." Ein kleiner Schimmer gleißte durch Havelocks Augen, als dieser sich, auf seinen Stock gestützt, erhob und sich anschickte, sein Schicksal wie jeden Tag, erneut in die Hand zu nehmen.

    Draußen auf der Straße atmete er die frische morgendliche Luft, schloss die Augen und ging langsamen Schrittes, den Stock vorsichtig vor sich her setzend, die Straßen entlang. Richtung Stadtpark, wo er die Ruhe spüren wollte, welche er in den letzten Tagen nicht halten konnte...

    ---------------------Viele Jahre vorher in Düsterburg / oder wie Havelock wurde was er ist-------------------------------------------------------------------------------------

    Waren Minuten, Stunden oder Tage vergangen, seit er schwer verletzt den Abhang in die Kellergewölbe hinuntergerutscht war? Er vermochte es nicht mehr zu sagen. Die Agonie in der sich der gemarterte Geist des jungen Waisen befand, wurde nur unterbrochen von dem aufsteigenden Schmerz, welcher in Krampf erfüllten Wellen, den Leib Havelocks durchfuhr.
    Niemand erhörte die flehentlichen Rufe, von dieser Welt erlöst zu werden. Niemand wusste um ihn. Niemanden kümmerte es.

    Niemand, bis auf die Ratten Düsterburgs, welche nur auf den passenden Moment warteten. Auf den Moment, an dem Ihre frisch eingetroffene Mahlzeit aufhören würde sich zu rühren.
    Wie in einem Fiebertraum lag Havelock in dem schlammigen Morast des Kellers und sog den Schmerz seines Herzens tief in sich auf. Bis alles Glück verstreut und nur noch Bitterkeit und Elend seine Gedanken kontrollierten.
    "Havelock..." Dunkelheit und Schmerz würde das Letzte sein, was er in den letzten Zügen seines Lebens spüren würde. "Havelock..." Er schloss die Augen.

    "Mariella... warum..."
    Wie ein böser Traum, tanzte die Vorstellung seiner Geliebten, vor seinen Augen, Ihr Lächeln so fern, was blieb war der Duft ihres Parfüms, welches all seine Sinne in ihren Besitz nahm. So nah, aber für immer unerreichbar. Dieser Blick... "Havelock..."
    Er spürte es, bevor sein vergehender Geist etwas wahrnehmen konnte.

    "Havelock...komm zu mir..."
    "Havelock... erwache aus deinem Kummer..."
    "Deine Zeit ist noch nicht gekommen..."

    Die lauernden Ratten stoben auseinander als Havelock, wie von unsichtbaren Kräften gelenkt, seinen geschundenen Körper über den Morast zog... Der Stimme entgegen.

    "Du darfst noch nicht gehen junger Havelock... Dies ist nicht dein Ende..."
    "Dein Schicksal liegt nicht mehr in deiner Hand... es wurde entschieden..."

    Die purpurnen blitze des Schmerzes ignorierend, langsam aber stetig in die Finsternis des Kellers eintauchend, wurde das Gefühl zu einer Gewissheit. Er würde hier nicht sterben, nicht Heute und auch nicht in Zukunft...

    "Du darfst nicht gehen bis du deine Bestimmung erfüllt hast, junger Havelock..."


    "Komm zu mir... Ich werde es dir zeigen..."

    Sein Leib zerschunden, seine Seele zerrissen, sah er Sie nun direkt vor sich... Die gestaltlose Erscheinung Mariellas, tanzte, mit dem Glück der Liebe in den Augen, vor ihm durch die Düsternis. Wie eine verlorene Seele, nur durch die Liebe Havelocks erschaffen, welche seine Herz zu zersprengen drohte. Die Erinnerung Mariellas trat in die sich aufbauenden Schatten und summte leise, und kaum hörbar das Lied welches Havelock ihr bei seinem ersten besuch an ihrem Fenster gesungen hatte.

    "Es ist nicht mehr weit..."
    "Dies ist nicht das Ende..."
    "Aber du kannst es von hier aus sehen..."


    Mariellas Gesicht zeigte ein letztes mal tiefste Trauer in ihren kristallklaren Augen, als ihr gestaltloser Körper verblasste und sich mit der Finsternis vereinte. Und dann, ein alter Durchgang, halb verborgen von Schutt und Geröll und die Stimme, welche aus den Tiefen des Bodens kam, ihn antrieb, ihn lockte...

    "Dies ist nicht das Ende, Havelock... aber ich werde es dir zeigen..."



    Geändert von Mr.Räbbit (07.12.2011 um 13:10 Uhr)

  3. #3
    Ein neuer Tag zog herauf.
    Ein Tag, der selbst in diesen Tagen eine kaum bedrückendere Stimmung hätte mit sich bringen können; am Vorabend waren drei Menschen - zwei davon zweifellos unschuldig - zu Tode gekommen. Und das nur, weil die Mehrheit der Vertauenspersonen den geifernden Worten des Bürgermeisters Folge nachgekommen war und Sven hatte hinrichten lassen. Nun hatten sie neben einen Mann, der sich des Mordes an Wachen schuldig gemacht hatte, auch Selene verloren, sowie Rebecca, dessen Rolle in diesem gesamten Stück Adryan nicht richtig einordnen konnte.
    Mit gedankenschwerem Blick sah er aus dem Fenster, von wo aus er einen dünnen Regenschleier erkennen konnte, der sich über den Ort gelegt hatte.
    Die Berührung einer Hand auf seiner Schulter ließ ihn unwillkürlich zusammenzucken und das folgende leise Kichern beruhigte seinen beschleunigten Puls wieder. "Worüber denkst du nach?", fragte Libra. Nach der Versammlung hatten sie sich auf Adryans Zimmer zurück gezogen und sich über das gerade Geschehene unterhalten. Zunächst. Danach gab es andere Dinge, die ihrer beider Aufmerksamkeit bedurften.
    Adryan lächelte und legte seine Hand auf ihre. "Ich frage mich, wie wohl Bürgermeister Dantes mit dem Wissen zurecht kommt, dass es seine forcierte Verurteilung von Sven gewesen sein könnte, die zwei weiteren Menschen - zwei unschuldigen Menschen - das Leben gekostet hat. Oder ob ihn das überhaupt berührt.". Libra rümpfte die Nase. "Ich glaube kaum, dass er sich mit etwas wie Schuldgefühlen belastet. Das passt nicht zu seiner Art.".
    Der Ermittler nickte. "Mir ist gerade etwas eingefallen.", sagte er und wandte sich zu Libra um, deren rotes Haar sanft auf ihre Schultern fiel. "Ich werde Shael bitten, mich zu der Obstplantage zu führen. Die Besitzerin habe ich bisher nur auf den Versammlungen gesehen, jedoch noch kein Wort mit ihr gewechselt. Ein Versäumnis, das ich nachholen möchte.". Libra nickte und gemeinsam machten sie sich auf den Weg, Adryans jungen "Asistenten" zu finden.

    Geändert von Simon (07.12.2011 um 18:02 Uhr)

  4. #4
    Maxim wachte aus einem traumlosen Schlaf aus und fand sich in einem recht edlen und teuer eingerichteten Schlafzimmer wieder. Er schüttelte seinen Kopf um sicherzugehen, dass er auch wirklich wach war. Seine Haare waren wild durcheinander und sein Körper war steif. Er stand auf und bewegte sich ein wenig. Dann lief er für eine Weile im Kreis und dachte nach: "Das muss... Edmonds Zimmer sein..." Nach ein paar Minuten fühlte er sich bereits unwohl und fehl am Platze. "Er wird mich doch wohl nicht letzte Nacht hierher getragen haben, oder?" Aber eine andere Erklärung hielt er nicht für möglich. Bedrückt suchte er den Ausgang des Gebäudes.

    Er machte sich in Richtung Rathaus auf. Er bliebt vor dem schwarzen Brett stehen und bemerkte einen Termineintrag, der ihn ein wenig überraschte.
    Zitat Zitat
    Auf Tag XX Monat YY Jahr Z [in einer Woche] angesetzt:
    Beerdigung der anmutigen Heldin Düsterburgs: Selene. Bittte ehrt die Person,
    die uns vor manchem Unheil bewahrt hat und steht bei ihrer Beerdigung bei. Vielen Dank.

    Bekannmachung von Düsterburgs Bürgermeister Edmond Dantés
    Schnell sprintete er hellwach zum Arbeitszimmer von Edmond herein, öffnete die Tür und sah Edmond einige Unterlagen ausfüllen. In einem ausgelaugten Blick schaute er Maxim an. Er ist stürmisch hineingedrungen und hatte nicht vorher angeklopft. Im Normalfall würde sich Maxim damit eine Standpauke verdient haben, doch dieser Tag war anders. Edmond war müde. Nicht nur körperlich, sondern auch geistlich. Und Müdigkeit war zu dieser Zeit ein bitterer Fluch, der in die Seelen der Menschen eindrang und sie veränderte. Edmond legte seine Stift beiseite und lehnte sich an seinen gemütlichen Stuhl zurück.

    "Ja, bitte?"

    Maxim war erschüttert. Nur zwei Worte und ein Augenblick genügten, um sagen zu können, dass Edmond heute anders war. Doch er war nicht richtig bestürzt. Stattdessen zuckte er mit einer Augenbraue nach unten. Seine Hände ballten sich zu Fäusten zusammen und waren kurz davor die Wand zu zerschlagen. Garstig trat er vorwärts zum Arbeitstisch und haute mit einem Schlag auf das Holz. Die Tassen und Dekorationen hinterließen dabei ein klimperndes Geräusch.

    "Edmond, soll das ein Witz sein?! Willst du mich völlig verbirnen?!"
    Anstatt sich verwundert zu fragen, was mit ihm los sei, antwortete Edmond einfach nur: "Was genau meinst du, Maxim?"
    "Selene war eine Verbündete - eine Freundin von uns! Sie hatte völliges Vertrauen in dem, was wir von uns behaupteten!"
    "Ach, wer weiß das denn schon so genau..."
    Noch kräftiger schlug er mit derselben Hand auf den Tisch: "ICH weiß es! Und ich kann nicht fassen, dass du sie einfach der Öffentlichkeit preisgibst und sie dann nur auf ihre Rolle in dieser Misere zurzeit reduzierst! Warum haben wir nicht einfach Bekannte von ihr - nein - ihre Familie eingeladen und eine persönliche Bestattung durchführen können?! Was willst du damit erreichen? Sie unehrenhaft vor Schaulustigen ins Loch schmeißen um mehr Ansehen zu bekommen?!"
    "Maxim, ich finde, du interpretierst ein wenig zu viel da hinein."
    Maxim liefen Tränen aus seinen Augen. Er hämmerte nun mehrmals mit beiden Händen auf den Arbeitstisch und fing an zu schreien: "Ich interpretiere, was ICH will, denn ICH wurde 14 Jahre lang von meinem Großvater erzogen und du hast meine Lebenslust höchstens um zwei Jahre verlängert! Ich dachte, du wärst eine ehrenvolle Person und hättest Ahnung beim Umgang mit Menschen, aber du hast mich tief enttäuscht, Edmond!"

    Die Empfangsdame kam in das Zimmer hinein. Beide blickten sie an. "Ähm, junger Herr, ihr seid ein wenig zu laut." Wütend drehte er seinen Blick noch einmal zu Edmond: "Aha, noch ein Ersatz, wie?! Erst Marina, dann Selene und jetzt?! Willst du sie mir nicht auch bekanntmachen?! Dann können schließlich wieder irgendwelche Verrückte kommen und sie um die Ecke bringen, sehr schön, nicht?! Schnapp dir doch gleich noch Libra dazu!" "Maxim, jetzt werd doch nicht lächerlich, du weißt, dass du gerade Schwachsinn erzählst...!"

    Doch ehe sich Edmond versah, rannte Maxim bereits nach draußen. Er blickte zur Tür und senkte danach den Kopf nach unten. Er verstand absolut nicht, weshalb Maxim sich derart über die öffentliche Beerdigung aufregen konnte. Die Empfangsdame ließ ihn allein. Sie wollte sich nicht in diese Angelegenheit einmischen. Edmond dachte ein wenig nach und fasste sich dann an die Stirn. Danach füllte er weiter Unterlagen aus.

    Geändert von Ligiiihh (07.12.2011 um 21:39 Uhr)

  5. #5
    Miller ging schnurstracks auf auf die Menge zu, die sich vor der Tribüne des Kundgebers versammelt hatte. Die Leute bemerkten die schweren Schritte hinter sich und drehten sich Miller zu. Einige wichen unweigerlich ein wenig zurück, als sie den stämmigen Mann ungeminderten Schrittes auf sich zukommen sahen. Diejenigen, die zu langsam waren, schubste Miller unwirsch beiseite. "Sprich!", brüllte er den Kundgeber an. Dieser stand erstarrt auf seinem kleinen Podest und blickte Miller mit großen Augen an. "Wie... was meinen... immer mit der-"
    Miller sprang mit einem Satz auf das Podest und packte den jungen Mann am Kragen.
    "Was ist geschehen? Wer ist es heute Nacht gewesen? Vampir? Mensch? Werwolf? Reden Sie, verdammt!"
    Wild rüttelte Miller an dem armen Mann, der angsterfüllt aufschrie.
    "Nichts! Ich weiß nicht wovon Sie reden!" Miller hielt inne und sah den Mann verbissen an. "Was soll das heißen, nichts?! Es passiert immer was! Reden Sie, Herrgottsack noch eins. Ich heiße Miller!"
    "Aber wenn ich es doch sage, ich weiß nicht, wovon Sie reden! Eine junge Dienstmagd ist verstorben, und-"
    "Halten Sie mich nicht zum Narren, Mann! Natürlich ist eine Dienstmagd gestorben, die ganze Stadt weiß das! Ich frage Sie, warum Sie hier mit einer Kundgebung in der Hand stehen und was diese Nacht geschehen ist!"
    Der junge Kundgeber blickte Miller entgeistert an. Wie eine wilde Bestie hielt dieser ihn fest im Griff und blickte aus verbissenem Gesicht und mit weit aufgerissenen Augen auf ihn herab. Spucke schäumte aus den Mundwinkeln und verschwitzte Strähnen fielen auf die leichenblasse Stirn. Schließlich stammelte der Kundgeber: "Eine Meldung vom Bürgermeister. In einer Woche sei die Beerdigung der jungen Dienstmagd, und die Bürger sollen ihr die letzte Ehre erweisen. Mehr habe ich nicht."

    Miller blickte den Mann entgeistert an, der Blick seiner glasigen Augen trübte sich leicht. Als er den Griff um den Kragen etwas lockerte, wurde er von zwei Männern gepackt und von dem Podest gezerrt.
    "Keine Toten?"
    "Was reden Sie denn-"
    "Tote! Werwölfe, Vampire, verdammt nochmal! Der Teufel geht des Nachts durch die Straßen und sie wollen mir erzählen es gibt keine Toten!"
    "Sie sind ja wahnsinnig, Herr... Miller."
    Miller riss sich aus dem Griff der beiden Stadtbewohner und gestikulierte mit dem Zeigefinger wild in Richtung des Kundgebers. "Wahnsinnig?" Er machte einen Schritt vorwärts, die Männer beobachteten ihn angespannt. "Ich bin nicht wahnsinnig, junger Mann. Ich bin Vertrauensperson!"
    Mit diesen Worten drehte er sich um und ging. Die Menge wich zur Seite, während Miller in Richtung Rathaus stapfte. Da wandte er sich noch einmal dem Kundgeber zu und rief: "Und wenn ich nicht die Werwölfe aufhalte, wer dann! Jetzt, wo die Dienstmagd tot ist, wer dann, frage ich! Diese Stadt ist dem Untergang geweiht... die Dienstmagd ist tot. Dienstmagd. Wisst ihr überhaupt, dass sie-"
    An dieser Stelle brach Miller in Tränen aus. Er winkte ab und verließ die sichtbar erleichterte Menge, die sich nach dem Vorfall langsam zerstreute.

    Was soll das für eine Ironie sein, fragte sich Miller. Unmöglich, keine Toten. Wollten sie uns nach dem gestrigen Triumph auch noch verhöhnen?! "Nur weiter so, ihr braven, unschuldigen Bürger, richtet euch selbst zugrunde, wir sehen derweil zu!", schienen sie zu sagen.

    Alle Musik und Melodie des letzten Abends waren aus Millers Körper gewichen, übrig war eine leere Hülle, blass und fiebrig. Die Schuld nagte genüsslich an den Überresten, sie hatte sich Miller wie ein Wolfspelz um die Schultern gelegt.

    Es half alles nichts. Er kannte in diesem Moment nur eine Person, die sein uneingeschränktes Vertrauen besaß. Sein uneingeschränktes Vertrauen und seinen blinden Zorn, beide unrechtmäßig verdient.
    Er machte sich auf zum Rathaus.

    Geändert von Schattenläufer (07.12.2011 um 22:28 Uhr)

  6. #6
    Das Klappern des Gehstocks, kündigte das langsame Erscheinen des Antiquars an. Die kurze Erholung im Park, war trotz des schlechten Wetters, Balsam für Havelocks Seele. Er dachte in letzter Zeit sehr oft an die Vergangenheit. Wahrscheinlich weil nicht mehr viel Zukunft für ihn übrig geblieben war.
    Die Zahl der Vertrauenspersonen schwand zwar, aber Heute sollte keiner von ihnen den Bestien zum Opfer fallen...
    Am Marktplatz herrschte ein reger Tumult, aus dessen sich die Stimme Millers erhob.
    "Ich bin nicht wahnsinnig, junger Mann. Ich bin Vertrauensperson! "Und wenn ich nicht die Werwölfe aufhalte, wer dann! Jetzt, wo die Dienstmagd tot ist, wer dann, frage ich! Diese Stadt ist dem Untergang geweiht... die Dienstmagd ist tot. Dienstmagd. Wisst ihr überhaupt, dass sie-"

    Miller war vollkommen aufgelöst, so hatte er den Komponisten noch nie gesehen.
    Havelock entschied sich dagegen, mit ihm zu reden. Bei der, mit Sicherheit bald angesetzten, Versammlung würde er sich mehr Gehör verschaffen können.
    Der schwache Regen, durchdrang langsam aber sicher Havelocks Kleidung, weswegen dieser sich nun in Richtung der Taverne bewegte.

    Er hatte etwas zu verkünden... aber dafür brauchte er vorerst vor allem eines... Alkohol.

    Geändert von Mr.Räbbit (08.12.2011 um 15:51 Uhr)

  7. #7
    Shael war wieder einmal in der Taverne eingeschlafen. Er hatte gestern beide Hände in das Feuer gelegt, weil er sich so bemühen hatte, dass Sven nicht hingerichtet wird. Aber es hatte nichts, rein gar nichts genützt. Sven war tot und hatte ausgerechnet Selene, die so ein vernünfitiges und scharfsinniges Wesen besaß, mitgenommen. Shael war die halbe Nacht in der Taverne gesessen, bis er wohl eingeschlafen war. Zumindest konnte er sich trotz ein wenig Alkohol an die Geschehenisse an den Abend davor erinnern. Mal wieder war der Bürgermeister gestern Schuld am Tod von einem, wenn nicht zwei Unschuldigen gewesen. Shael stand auf und ging aus der Taverne. Der Himmel war grau,es schien auch nicht gerade das beste Wetter zu sein. Er sah sich umund er bemerkte, dass ihm zwei Gestalten entgegenkamen, die er als sie näher kamen, als Adryan und Libra identifizieren konnte. "Morgen.", murmelte Shael. "Der Abend gestern war wirklich fürchterlich. Ich weiß gar nicht mehr, was ich im Moment so recht machen soll. Überall ist es gefährlich."

  8. #8
    Maxim begriff sich selber nicht. Zwei Jahre Fürsorglichkeit und Freundschaft hatte er so gut wie zerstört in einem einzigen, kurzen Gespräch ohne vieler Widerworte. Es regnete draußen, aber das interessierte ihn nicht. Er rannte, egal wohin ihn das auch führen möge, er rannte. Die Leute auf dem Bürgersteig hatten es eilig, in dieser Menschenmenge, die Schutz vor dem Regen suchte, fiel er nicht großartig weiter auf. Sein Körper war durchnässt und er wurde langsamer: Die Müdigkeit, die Anstrengungen, der Stress... all das war kurz davor, ihn umzubringen. Stattdessen aber verkroch er sich in eine Gasse und versteckte sich sitzend hinter leeren Kisten. Die Regentropfen vermischten sich mit seinen Tränen. Er blickte für einen Augenblick hoch und dachte sich: "Ob Selene auch weint...?"

    Er saß dort für eine Weile und war völlig apathisch. Ein einziger leerer Blick auf den Boden zeichnete seinen Zustand komplett. Er dachte nach, ohne klare Gedanken zusammenfassen zu können. Sein schwacher Körper ließ nicht nach. Wie angwurzelt saß er nach mehreren Minuten immer noch am selben Platz und war glatt am Ertrinken. "Großvater hat mir nie erlaubt, im Regen zu bleiben... und wenn ich nass nach Hause kam, gab es Ärger... was würde passieren, wenn ich jetzt nach Hause gehen würde....?" Er hatte nichts konkretes erwartet. Wahrscheinlich würde er wieder geradewegs in sein Zimmer laufen und sich mit einer Decke trocknen. Das dachte er zumindest. Eine Begrüßung bekam er so gut wie durchgängig seit zwei Jahren nicht mehr, wenn er in der Herberge ankam. Nicht einmal die Gäste verloren ein Wort der Höflichkeit ihm gegenüber. Als ihm das auffiel, wurde er schlagartig darüber traurig. Bis heute hatte ihm das nichts ausgemacht, er hielt sich immer für rangniedriger und dachte, er hätte es nicht verdient, großartig beachtet zu werden. Edmond hielt er auch immer für einen sehr großen Glücksfall.

    Er stand vor seiner Herbergstür. Es war ein ziemlich ungewöhnliches Gefühl, da er noch nie außerhalb geschlafen hatte und jetzt plötzlich erst mitten am Tag das Innere seines Zuhauses sieht. Er öffnete ganz normal die Tür und trat ein, als er plötzlich Ava durch den Empfangsraum streifen sah. Sie beide blickten sich überrascht an und es war sehr still. Nicht einmal das laute Plätschern der Regentropfen bemerkten sie noch. Ava brachte kein Wort heraus, sie wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Angeklagt hatte sie ihn und trotzdem schlief sie noch in seiner Herberge. Maxim, der diese Tasache völlig vergaß, ignorierte die Angelegenheit. Viel mehr war er seelisch davon zerstört, dass sie nichts sagte. Kein "Hallo", kein "Wie geht's dir", kein "Bitte bereite mir doch etwas zu Essen zu". Stille. Und er fühlte sich erneut wertlos. Er fing wieder an zu weinen und fing an zu reden: "Es ist so wie immer... a-aber..." Während sich seine Fäuste wieder zusammballten, trat Ava erschrocken einen Schritt nach hinten. "...es macht mich plötzlich so unglaublich traurig... i-ich... ich... spiele ich denn keine Rolle mehr? I-ich bin auch nur ein Mensch! Bitte! Ich bin auch nur ein Mensch, warum behandelt ihr mich alle so?! WARUM?!"

    Doch er erwartete keine Antwort, sondern lief in sein Zimmer und knallte die Tür zu.

  9. #9
    "Maxim?! Maxim, bitte, so öffne doch die Tür!"
    Ava hämmerte mit bloßen Fäusten gegen das harte Holz, bis ihre Hände bluteten. Sie fühlte sich so verzweifelt wie selten in ihrem Leben zuvor. Sie hatte Maxim am gestrigen Tage beschuldigt, eine Gefahr für die Stadt zu sein, und bereute es nicht. Es war ihre Pflicht als Vertrauensperson, die Ungeheuer aufzufinden und auszulöschen. Dennoch hatte sie bei ihrer Wiederbegegnung kein Wort herausgebracht, die Worte waren ihr im Hals stecken geblieben. Sie schämte sich. Er war doch nur ein Kind...
    Aber er war ihr nun einmal als Verdächtigster in ihren Kreisen erschienen. Ava würde jetzt immer noch genauso handeln, doch warum kam es ihr so falsch vor...?
    Sie hatte die Herberge schon verlassen wollen, da sie seine Gastfreundschaft nicht ausnutzen wollte, aber sie hatte es nicht über sich gebracht, sein Heim ohne ein Wort des Abschieds zu verlassen. Doch selbst beim Abschied hatte Ava versagt und ihn nur zusätzlich verletzt.
    "Bitte, Maxim! Bitte, lass uns darüber reden! Wir sollten so nicht auseinandergehen!"

    Geändert von Neadyn (08.12.2011 um 22:56 Uhr)

  10. #10
    Rastlos wanderte Edmond in der letzten Nacht umher und zerbrach sich den Kopf über diese schicksalshafte Wendung, die der letzte Abend genommen hatte. Erneut war er vollkommen entkräftet und inzwischen kam ihm alles wie ein böser Traum vor, wie ein Streich, die höhere Mächte ihm spielten und es schien, als wäre er nichts weiter als eine Puppe in einem Theater, deren Fäden von gerade diesen unsichtbaren Kräften gezogen wurde. Gefangen in einem Körper, der in den letzten Tagen mehr Unheil zu verbreiten schien und sich somit seiner eigentlichen Bestimmung aufs Äußerste widersetzte.

    Doch es steckte noch immer ein Funken Hoffnung in ihm und so lange er noch das Glück hatte zu leben, wollte er gewiss nicht aufgeben und tatenlos mitansehen müssen, wie diese Kreaturen der Nacht sich auch über die letzten menschlichen Stadtbewohner hermachen würden. Auch wenn ihr Schicksal inzwischen an einem seidenen Faden hing, so war sein Willen doch noch nicht gebrochen und schließlich war er niemand geringeres als der Bürgermeister dieses verfluchten Ortes!
    Die Toten der letzten Tage hatten dennoch tiefe Wunden in die Seelen aller Bürgerinnen und Bürger gerissen, welche immer mehr anfällig wurden für jegliche Art der Verleumdung und Beschuldigung, aus denen einzig und allein ihre Feinde einen Vorteil ziehen konnten. Der unerwartete Tod Selenes hatte trotz allem auch bei Edmond tiefe Spuren hinterlassen, und während er so durch die Gänge auf und ab schritt, zweifelte er immer wieder an seinem Verstand. Waren seine Entscheidungen tatsächlich so falsch gewesen? Einen Mörder hatte er zum Tode verurteilt, doch konnte er damit nicht verhindern, dass dennoch jemand diesem wahnsinnigen Menschen zum Opfer will. Selene. Ausgerechnet Selene.

    Ob ein Fluch an ihm haftete, dem jede Frau zum Opfer fiel, die sich ihm näherte? Wäre es um die Lage nicht so ernst bestellt, hätte man durchaus in Aberglaube verfallen können. Doch es half nichts. Dass sie sich Zeit ihres Lebens insgeheim der Aufgabe gewidmet hat, andere Leute zu beschützen, musste sie nun teuer bezahlen. Und nun schienen alle Mühen vergebens und all diese Menschen eines sinnlosen Todes gestorben zu sein. Nein, so sehr es ihn auch bewegte, so wenig durfte sich Edmond nun von seiner Trauer betäuben lassen. Wenn all dies vorbei war, dann würde er sicherlich genügend Zeit haben, diese persönlichen Verluste zu beklagen. Menschen mochten sterben, doch die Ideale der Freiheit und Gleichheit, von welchen auch Selene stets geträumt hatte, konnten nicht so einfach von irgendwelchen Tieren ausgerottet werden!

    Wenn auch sichtlich erschöpft, bestritt Edmond entschlossen den neuen Tag und versuchte, Herr seiner Gedanken und Gefühle zu werden, um endlich Klarheit zu gewinnen. Er machte sich auf dem Weg zum Rathaus und als er zum Himmel hinaufblickte, fielen auch schon die ersten Tropfen. Die Wolken hatten sich bedrohlich dunkel zusammengezogen und der aufkommende Regen ließ das Gefühl erwecken, als würden sie über die Toten des vergangenen Abends weinen. Oder waren es Tränen ob der Opfer, die es noch geben würde, ehe wieder die Sonne erstrahlen sollte?

    Es dauerte nicht lange und Maxim trat in Edmonds Arbeitszimmer. So schnell er gekommen war, so schnell war er auch wieder verschwunden. Eine gar merkwürdige Szene, die sich dort abgespielt hatte, jedoch fehlte es dem Grafen in diesem Augenblick einfach an das notwendige Feingefühl, so dass Maxim ihn traurig und enttäuscht verließ. Auch ihm war Selenes Tod offensichtlich nahe gegangen und so verübelte Edmond ihm seinen Ausraster nicht weiter, wohlwissend, dass Maxim schließlich wieder zur Vernunft kommen würde, denn schlussends würde auch er begreifen, dass es manchmal Situationen im Leben gab, in denen persönliche Gefühle auf der Strecke bleiben mussten, denn schließlich ging es hier und jetzt um weit mehr, als um den Verlust eines geliebten Menschens. Vielleicht versuchte Edmond aber auch einfach nur die Tragik der letzten Ereignisse geschickt zu verdrängen,
    Noch während Edmond über Maxims Worte nachdachte, sah er zum Fenster hinaus auch schon Miller, wie er sich zügigen Schrittes dem Rathaus näherte...

  11. #11
    Ava schlug weiter gegen die Tür. Der Konflikt war kurz davor, die beiden auseinander zu reißen und dennoch war dieser der größte Bund zwischen den beiden momentan. Die Tür war alt und morsch und die ersten Schrauben fielen raus. Ein letzter Schlag gegen die Tür und rummps. Sie fiel um und machte ein knallendes Geräusch. Staub flog beim Aufprall vom Boden in die Luft. Maxim saß in einer Ecke auf dem Bett. Seine Arme umschlossen seine Beine und sein Kopf war nach unten gerichtet. Plötzlich verspürte Ava einen kalten Luftzug und erstarrte. Was war das für ein Gefühl, welches sich um sie schlich? Sie zitterte kurz und dann war es ihr wieder warm. Der Kamin im Empfangsraum war deutlich zu spüren in seiner Präsenz. "Maxim, ich..." Er unterbrach sie: "Hallo..." Sie verstand ihn genau, doch sie fragte trotzdem nach. "W-wie bitte?", sagte sie verwundert zurück."Ich sagte Hallo... ... ..." "Maxim, ich verstehe nicht ganz..." Sein Blick richtete sich zu ihr. Er war voller Zorn und Enttäuschung, doch die Traurigkeit, die ihn zierte, verdeckte seine inneren Gefühle. "Natürlich verstehst du nicht... ich bin nur ein Waisenkind mit einer kleinen, armseligen Herberge... ich bin es nicht wert, begrüßt zu werden..." "M-maxim, das meinte ich doch nicht so..." "Und trotzdem weißt du nichts", antwortete er kleinlaut, "du hast keine Ahnung, was es heißt, wenn man nichts hat, was einen hält. Ich habe nicht viel, ich will auch nicht viel! Aber was ich habe, bedeutet mir NICHTS! Ich will kein Gott sein, aber was soll ich mit mir anstellen?! Ich bin gar nichts und aus Nichts wird nichts..." Avas Augen liefen feucht an: "Maxim, hätte ich gewusst, dass du nur-" "Lass mich allein...", unterbrach er sie abrupt, "...ich will jetzt keine Personen um mich herum... besonders keine, die vom falschen Seher als unschuldig bezeichnet wurden..." "A-aber Maxim, was willst du damit sagen?!", fragte sie ihn erschrocken. "Ist das nicht lustig? Ich schließe mich selber aus und werde mich nicht los... ... ... ...ach, Ava... ruhe dich ruhig auf seinem Schutz aus... Talis hat das echt geschickt eingefädelt... doch wir sind beide dem Untergang geweiht..." Er begann selbstironisch zu lachen. Mit einer Hand verdeckte er seine beiden Augen. Tränen liefen über sein zähneknirschendes Grinsen. "Aber sei froh, Ava... ich bin ja fast so gut wie erledigt... also wird meine Stimme gegen dich auch nicht unbedingt etwas ausrichten können..." Er legte sich auf die Seite ihn und starrte gedankenlos gegen die Wand.

    Geändert von Ligiiihh (10.12.2011 um 14:07 Uhr)

  12. #12
    Friedrich Miller bemerkte weder Maxim noch Havelock, während er, sein Ziel vor Augen, über den Marktplatz schritt. Im Rathaus hielt er sich nicht lange mit Formalitäten auf, mit einem knappen "Heiße Miller, Vertrauensperson - muss den Bürgermeister sprechen" eilte er am Sekretär vorbei, welcher ihm verdutzt hinterherblickte. Miller hatte den Weg zum Arbeitszimmer des Bürgermeisters noch vage ihm Kopf, und bald stand er vor der eichernen Tür. Ohne vorher zu klopfen, langte er nach dem Türgriff - als sich die Tür auf einmal öffnete und Edmond von Dantes vor ihm stand.
    "Guten Tag, Herr Miller, kommen Sie herein."
    Von Dantes gab den Weg frei und machte eine einladende Handbewegung. Miller wurde hiervon kurz aus dem Takt gebracht, doch schließlich trat er ins Zimmer.

    "Woher wussten Sie, dass ich vor der Tür-", setzte Miller an, dann brach er ab und murmelte: "Wie dem auch sei. Ich bin gekommen, weil es Dringendes zu besprechen gibt, nicht um Schwätzchen zu halten."
    Er wusste nicht genau, wie er anfangen sollte. Schließlich sah er dem Bürgermeister tief in die Augen und rief: "Wir haben gestern einen schrecklichen Fehler gemacht, nur weil Sie nicht wussten, welche Prioritäten zu setzen sind!" Ja, das war ein ganz guter Anfang. "Ich hatte es ja geahnt! Mir hatte es von vorne bis hinten nicht gefallen. Wir hätten den Mörder ins Gefängnis stecken können, wo er keinen Schaden anrichtet, aber nein, wir mussten ihn sofort hinrichten, und jetzt sehen Sie, was passiert ist!"
    Edmont von Dantes sagte kein Wort. Er wusste, dass Miller den Tod von Selene meinte, und wohl auch den Tod Rebeccas, selbst wenn hierfür niemanden im Raum die Schuld traf. Ja, nicht einmal der vermaledeite Frankenfels schien für ihren Tod verantwortlich zu sein - eine Untersuchung hatte ergeben, dass die eigentlich sofort tödliche Krankheit bereits einen ganzen Tag in Herrn Stepback gearbeitet hatte. Ein letzter Abschiedsgruß des hoffentlich letzten Vampirs, der Düsterburg unsicher gemacht hatte - Talis Schönbrunn.

    Miller brauste weiter auf. "Ich schlage Ihnen etwas vor, Herr von Dantes: Halten Sie bei der heutigen Versammlung Ihre unheilbringende Gosche im Zaum und klagen Sie nicht sofort den erstbesten Bürger an, der Sie schief angeschaut hat. Denn das werden heute so einige sein, das kann ich Ihnen sagen!"
    Mit einem leisen Räuspern meldete sich Edmond von Dantes zu Wort. "Herr Miller, ich werde die Person anklagen, die ich für einen Werwolf halte. So, wie ich es bisher immer getan habe. Sie können und werden mir nicht den Mund verbieten, nur weil Sie von Trauer und Wut geblendet sind."
    "Geblendet, ha! Machen Sie sich doch nichts vor, die ganze verdammte Stadt ist blind! Da können Trauer und Wut auch nicht mehr viel bewirken! Und von Mund verbieten kann keine Rede sein, ich möchte nur ein einziges Mal, dass wir, die Menschen Düsterburgs, ein klares Votum ablegen und damit einen Werwolf hängen! Das muss doch, bei Gott, möglich sein! So viele Personen kommen ja nicht in Frage, und Sie sollen wenigstens einmal eine der hauptverdächtigen Personen anklagen!"

    Allmählich verlor von Dantes die Geduld. Dieser Musikus maßte sich ganz schön viel an, so mit seinem Bürgermeister zu sprechen. "Ich bin mir sehr wohl bewusst, an wen Sie denken. Gestern haben einige Leute nicht für Frankenfels gestimmt, was ihr gutes Recht war, doch keiner von ihnen gab seine Stimme aufgrund eines Werwolf-Verdachts. Dieser Clerc und Libra hatten sogar den Nerv, mich anzuklagen, der ich ja bewiesenermaßen ein Mensch bin. Sie müssen mich nicht darüber aufklären, wie verdächtig das wirkt. Und nun beruhigen Sie sich endlich, mit Ihnen ist so ja nichts anzufangen."
    Millers Blick trübte sich wieder. Ja, mit ihm war gerade wirklich nicht viel anzufangen. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und starrte gedankenverloren ins Nichts.
    "Clerc, Libra, Dankwart, Ava und Shael - sie verdächtigten Maxim oder Sie, ein Vampir zu sein. Warum sollten sie das tun? Die Menschen dieser Stadt sind Nacht für Nacht dem Tode geweiht, und dann versuchen diese Leute nicht einmal, einen Werwolf ausfindig zu machen, nein - sie versuchen, Vampire zu finden! Von denen wir nicht einmal wissen, ob wir sie schon vernichtet haben... heute Nacht gab es keinen Toten, Herr von Dantes. Die Werwölfe sind sich ihrer so sicher, dass sie es sich nicht nehmen lassen, uns zu verhöhnen. Für sie sind wir die Gejagten, und sie entscheiden, wann sie die Flinte anlegen.
    Heute Abend muss einer von ihnen hängen. Clerc schließe ich aus, ebenso wie Dankwart - bleiben noch Libra, Ava und Shael. Und... Maxim, für den Sie Ihre Hand ins Feuer legen. Das tun Sie doch, oder? Sie müssen selbst wissen, ob dieses Vertrauen begründet ist, doch ich werde mich hier nicht gegen Sie stellen. Shael war über den Tod des ersten Opfers... Thorben... dermaßen bestürzt, dass ich ihn nicht so sehr verdächtige wie die anderen beiden."


    Miller begrub seinen Kopf zwischen seinen Armen und raufte sich die Haare. Edmont von Dantes sagte in die Stille hinein: "Selene hatte Ava ebenfalls für verdächtig gehalten."

    Geändert von Schattenläufer (09.12.2011 um 10:22 Uhr)

  13. #13
    Der junge Shael sah äußerst mitgenommen aus - sein Gesicht sprach Bände von Schlafmangel und Alkohol, tiefe dunkle Augenringe kontrastierten seine blasse Hautfarbe. Beinahe hätte man ihn für einen Untoten halten.
    "Du hast Recht, es ist wirklich überall gefährlich.", stimmte Adryan nickend zu und sah sich in der Tawerne um. Sonderlich viele Besucher gab es nicht und die wenigen blickten verstohlen umher. Paranoia - Verfolgungswahn - grassierte wie eine Krankheit an diesem Ort und würde es nicht die allabendlichen Hinrichtungen geben, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis die Menschen hier über einander herfallen würden. Wie die Tiere.
    "Kannst du mir - uns - einen Gefallen tun, Shael?", fragte Adryan und sah den jungen Mann ernst an. Dieser erwiderte den Blick und wartete schweigend. "Du kennst dich hier aus, kannst du uns zu Ava führen?", schaltete sich Libra in das Gespräch ein.
    "Ava? Was wollt ihr von ihr?", fragte der junge Mann mit einer Mischung aus Neugier und Skepsis. Adryan und Libra tauschten einen kurzen Blick aus, ehe der Ermittler antwortete: "Uns mit ihr unterhalten - und damit im besten Fall den Beweis erbringen, dass sie keine der Morde begannen hat.".

  14. #14
    Mit Millers Worten im Kopf erhob sich Edmond aus seinem Sessel und schritt ans Fenster. Der letzte Abend hatte für große Verwirrung gesorgt, und auch das Fehlen eines weiteren Opfers an diesem Morgen sorgte nicht gerade für Begeisterung unter den Vertrauenspersonen, wohlwissend, dass die Gefahr noch längst nicht vorüber war.

    "Nun, ich fürchte, wir haben mehr als nur einen Fehler begangen. Seit dem heutigen Morgen wissen wir, dass wir alle einem großen Irrtum aufgesessen sind, wenngleich er für unsere derzeitigen Überlegungen keine allzu große Rolle spielen dürfte. Adryan wurde niemals das Opfer der Werwölfe, denn wir wissen nun, dass er niemals durch einen Heiltrank gerettet wurde. Stattdessen hat unser unbekannter Magier jemand anderem wohl das Lebe gerettet. Demnach hätte Adryan einen Angriff der Werwölfe nur dann überlebt, wenn in jener Nacht Selene ihn davor beschützt hätte. Doch tat sie dies? Nein, vielmehr war ich es, über den sie in jener Nacht gewacht hat. Sie selbst sagte zu mir an dem folgenden Morgen:
    "Ich glaube das heute Nacht jemand auf euch aufgepasst hat, Graf Dantés." Sie wusste es nur zu gut, schließlich war sei selbst jene Person gewesen, die mich vor den Klauen der Werwölfe bewahrt hat.Und warum hätte sich Rafael für jemanden opfern sollen, der schon längst beschützt worden war? Des Rätsels Lösung ist dabei denkbar einfach: Nicht die Werwölfe, sondern die Blutsauger waren es, die Adryan in jener Nacht angegriffen haben. Womöglich haben sie darauf gehofft, dass Ihr, Miller, ihn erneut anklagen würdet. Dies ist glücklicherweise nicht geschehen und somit hat Adryan diesen Übergriff überleben können. Somit wäre bewiesen, dass es sich bei ihm keinesfalls um einen Vampir handeln kann. Wäre er jedoch ein Werwolf gewesen, hätte er euch doch gewiss bereits nach eurer ersten oder gar zweiten Anklage unschädlich machen wollen."


    Eine Weile noch starrte Edmond zum Fenster hinaus und beobachtete das rege Treiben auf dem Marktplatz. Je weniger Vertrauenspersonen sie noch waren, desto mehr Klarheit über die vergangenen Vorfälle schienen sie zu gewinnen, obgleich die neuen Erkenntnisse für manche zu spät kamen. Die Zahl der Verdächtigen Personen hatte sich nunmehr weiter minimiert und so war es an diesem Tag wohl endlich so weit, einem dieser Bestien das Handwerk zu legen. Mit einem Lächeln wandte sich der Bürgermeister nun wieder seinem Gast zu.
    "Wie dem auch sei, Ihr habt mit euren Vermutungen wohl recht, wobei sich auch weiterhin an meiner Haltung gegenüber Maxim nichts geändert hat. Ihn trifft mit Gewissheit keine Schuld an diesen üblen Verbrechen der vergangenen Nächte. Libra, Shael und Ava sind zurzeit jene Personen, die uns am verdächtigsten erscheinen sollten. Gestern Abend haben wir Rebecca und Selene verloren, und so wäre es wirklich ein grausamer Akt, ausgerechnet heute ein weiteres Weib dem Henker zu überantworten. Die Tatsache, dass die Werwölfe so lange überlebt haben, muss bedeuten, dass sie wahre Meister dadrin sind, ihre wahre Gestalt zu verbergen und uns allen etwas vorzuspielen.
    Ich hege daher die Vermutung, dass Shael ebenfalls zu diesen Kreaturen gehören muss. Ist es Euch noch nicht aufgefallen? Seit Beginn der Geschehnisse war Shael nahezu unsichtbar und an den meisten Tagen ebenfalls nur bei den Abstimmungen präsent. Und doch hat ihn bis heute niemand groß verdächtigt, noch wurde er das Ziel der Werwölfe und Blutsauger. Befremdlich, nicht wahr? Er hat am gestrigen Abend sogar noch vor Ava ausgerechnet Maxim beschuldigt und diese hat sich ihm dann angeschlossen. Gleichzeitig ist Ava die einzige Person neben Talis Schönbrunn gewesen, die sowohl Grandy als auch Dankwart angeklagt hat. Kann dies Zufall sein? Sie stimmte ebenso nicht gegen Chester. Sollte es überhaupt nnoch einen dieser Blutsauger geben, so müssten wir diesen in ihr vermuten.
    Doch wer ist jener Mensch mit den magischen Kräften, welcher Marina das Lebe nahm und heute dafür eines gerettet hat? Es wird weder Shael noch Ava gewesen sein und so bin auch ich der festen Überzeugung, dass mindestens einer von den Beiden zu jenen Gestalten gehört, die wir so lange vergeblich gejagt haben. Alles weitere wird sich sicherlich schon bald aufklären. Da wir inzwischen nurnoch so wenige sind, dürften wir auch zu einer raschen, wohlüberlegten Entscheidung kommen können. Es ist ohnehin schon spät, wir sollten uns daher jetzt auf dem Weg machen und uns zu den anderen Vertrauenspersonen gesellen. Einige von ihnen habe ich heute noch überhaupt nicht gesehen, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist?"

    Mit diesen Worten verschloß Edmond seine vertraulichen Unterlagen und machte sich bereit zu gehen, während Miller noch immer vor ihm saß. Die ganze Zeit über waren seine Arme über seinem Kopf verschränkt gewesen, doch am Ende dieses Gesprächs machten Miller und Edmond den Eindruck, als wüssten sie nun ganz genau, was zu tun war, um gemeinsam diesem Schrecken ein Ende zu bereiten, und so verließen sie wieder zielstrebig das Rathaus, in der Hoffnung, keine weitere falsche Entscheidung zu treffen...

    Geändert von Edmond Dantès (09.12.2011 um 14:47 Uhr)

  15. #15
    "Ja, natürlich kann ich das machen.", antwortete Shael. "Sie ist allerdings nicht mehr auf ihrer Plantage, seitdem vor ein paar Tagen diese Vorfälle passierten und die Stadttore geschlossen worden. Sie konnte nicht mehr auf die Plantage, aber soweit ich weiß, ist sie bei Maxim eingezogen. Die Tore sind zwar mittlerweile wieder offen, aber offenbar wohnt sie immer noch da. Ich weiß allerdings auch nicht genau, wieso. Und Ihr wollt sie befragen? Ich war zwar bisher grundsätzlich der Meinung, sie habe nichts zu verbergen, aber als Ermittler muss man seinem Beruf durchaus gewissenhaft ausführen, das verstehe ich." Er drehte sich um und machte sich mit Libra und Adryan auf den Weg Richtung Herberge. Es war eiskaltund es wurde zunehmend kälter und kälteraufgrund eines pfeifeenden Windstoßes. Shael for. Hätte er sich doch nur etwas wärmer angezogen! "Brr.....ich bin dafür, wir legen einen Zahn zu. Sonst bin ich festgefroren, ehe wir die Herberge erreichen." So liefen sie ein wenig schneller, womit zum Glück niemand wirklich ein Problem hatte. Die Beiden schienen schon weit herumgekommen zu sein, wenn ihnen die Kälte und der Wind so wenig ausmachte. Irgendwann waren sie dann an der Herberge angekommen. "So, da wären wir." Doch dann stutzte er. Das oberste Fenster war offen und sie konnten Maxims Stimme hören. Er klopfte gegen die Eingangstüre und rief: "Jemand zu Hause?"

  16. #16
    "Shael, ich denke, bei einer Herberge wird es nicht sehr viel ausmachen, wenn man eintritt", warf Libra ein. "Oh, ja... nun... richtig, treten wir ein." Die drei traten ein un bemerkten gleich, wie eng es im Empfangsraum war. "Nun, etwas mehr Platz wäre ja nicht schlecht... aber so schlimm ist es gar nicht." Alle Blicken richteten sich gleich auf die umgeworfene Tür. Was da drin war, das wollte zunächst niemand nachschauen. "Das hier ist die Herberge dieses kleinen Jungen? Nun, dass er nicht sehr reich war, davon habe ich schon gehört, aber das bei ihm die Türen einstürzen hätte ich nicht erwartet." "Das war meine Schuld... aber reden wir nicht darüber...", sagte Ava, langsam die Gästezimmertür öffnend, "wenn ihr mit Maxim reden wollt, mit ihm ist gerade nicht so gut zu plaudern..." Adryan trat zu ihr hervor: "Danke, aber eigentlich wollten wir mit Euch reden, Ava. Wir hatten ja noch nicht so oft das Vergnügen." "Aber natürlich.... ähm... kommt doch bitte hier herein, da wird schon niemand etwas dagegen haben..." "Wenn so viele Leute hier sind, warum halten wir die Versammlung nicht heute hier ab?" Ava wurde unwohl bei dem Gefühl, welches sie bekam, wenn sie hierblieb. Doch da die Situation scheinbar danach verlangte, willigte sie ein. "Es ist zwar ein bisschen eng hier, aber das Gästezimmer hat schon ausreichend Platz für zeh- äh... neun Leute..." "Sehr gut, dann möge das doch bitte jemand dem Bürgermeister verkünden und eine Bekanntmachung am schwarzen Brett veröffentlichen." "Ich mach' das..." Maxim kam von der Seite und warf seine zwei Heller in das Gespräch. Und geradewegs war er auch schon draußen. Das Rathaus war nicht sehr weit entfernt, ein Katzensprung nannte es sein Großvater früher. Er ging sogleich rein und sprach mit der Sekretärin. Diese machte sich zum Arbeitszimmer des Bürgermeisters auf (es war übrigens dieselbe Frau wie von vorhin). Davor schrieb sie in großer Schrift einen Zettel für Maxim auf, welchen er über die Bekanntmachung von Selenes Beerdigung ans schwarze Brett heftete.

  17. #17
    Während Maxim sich um die Formalitäten kümmerte, schaute sich Libra ein wenig in der Herberge um. Der kleine Junge war sehr ruhig, und man konnte spüren, dass er von Wut getrieben war. Sein Weltbild schien zusammenzufallen...oder versuchte er nur, uns alle zu täuschen? Und was war mit Ava? Die junge Frau war bisher immer so unheimlich still gewesen, dass Libra sie gar nicht einschätzen konnte. Dasselbe galt so ähnlich auch für Shael. Dennoch. Sie hatte eingesehen, dass es keinen Sinn machen würde, weiter den Bürgermeister anzuklagen, selbst nach ihrer Logik nicht. Dann wäre Maxim eine weit größere Gefahr...

    Libra setzte sich auf die stabilst aussehende Sitzgelegenheit, ein Sofa. Julie sprang neben ihr aufs Polster, und legte, unter den missbilligenden Blicken von Ava, ihre Schnauze auf Libras Umhang. Adryan stellte sich hinter das Sofa und legte seine Hände auf Libras Schultern. Reflexartig griff sie eine Hand. Während sie so dasaßen, kam Dankwart in die Herberge, der unterwegs von Maxim fast umgerannt wurde.

    Niemand war groß zum Reden aufgelegt. Niemand wusste, wer heute hängen sollte. alle "einfachen" - "eindeutigen" "Verdächtigen" waren, dank Zutun des Bürgermeisters, tot. Ebenso wie zahlreiche Unschuldige.

  18. #18
    Der Alkohol hatte Havelock weder geholfen einen klaren Gedanken zu fassen, noch ihm einer klaren Entscheidung näher gebracht. Zudem kam noch hinzu, dass Heute keine einzige Vertrauensperson in der Taverne eingekehrt war.
    Benommen und innerlich leer, ging der alte Mann gemessenen Schrittes durch die Stadt, als plötzlich ein Bote zu ihm kam und verkündete, dass er sich in der Herberge einfinden solle, wo schon bald die Abstimmung stattfinden würde.

    Wen würde er nur wählen... Die Auswahl wurde zwar kleiner, aber die Entscheidung dadurch auch nicht gerade leichter, denn jede falsche Entscheidung... Havelock durchfuhr ein schmerzhafter Gedanke... jede weitere falsche Entscheidung, konnte den Untergang bedeuten.

    Vor der Herberge von Maxim dem Waisen angekommen, hielt Havelock kurz inne und betrachtete das zwar heruntergekommene aber dennoch von fleißiger Hand gepflegte Gebäude.
    Wenn Havelock an Maxim dachte, dachte er automatisch auch an seine eigene Vergangenheit als Waise. Aber damals waren auch andere Zeiten...

    --------------------------Viele Jahre vorher in Düsterburg / oder warum Havelock wurde was er ist--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    Regen klatschte an die geborstenen Scheiben der Fenster, des Waisenhauses in der Junkergasse, als draußen die Welt in Sturm und Blitz unterzugehen drohte.
    Das Auge des Betrachters erblickt einen karges, trauriges Zimmer, in welchem die Tapete an vielen Stellen abgeblättert und die Dielen verbogen und feucht zu sein scheinen. Kleine Brocken Putz fielen auf das Bett eines kleinen Jungen, welcher gerade die schrecklichste Erfahrung machen musste, welche ein 8 Jähriger überhaupt erleben kann. Doch war der junge Havelock nicht der einzige, der dieses Schicksal teilte, denn der Krieg zerstörte nicht nur die Leben von Soldaten, sondern auch dass ihrer Familien.
    Als man Havelocks Mutter, Schild und Schwert seines Vaters überbrachte, zerbrach für ihn eine Welt und mit der Zeit auch sein Leben...
    3 Tage nach dem seine Mutter dann, an einem frostigen Novembertag, nach langer Krankheit ihrem Körper entschwand, kam Havelock zusammen mit vielen Waisen des noch immer schwelenden Krieges, in eines der zum bersten gefüllten Waisenhäuser.
    Die Tage vergingen, als das harte Leben, mit einer Peitsche aus Hunger und Gewalt die Waisen des Krieges formte und eine verlorene Generation gebar, welche die Schrecken der dunklen Jahre geerbt hatte. Diese grausame Art des Lernens, würden viele nicht überleben, doch jene die durch jene Schmiede des Gehorsams und der Angst geformt wurden, hatten das Zeug, sich trotz ihres Status in der Welt zu behaupten. Auch Havelock war durch diese Schule gegangen und an Tagen wie diesen, Dankte er den Hieben der Mutter Annabella, welche die Waisen, mit Rute und Stock gestraft hatte, aber wohl durch diese Tortur auch gestählt hatte. Der arme Maxim hingegen...

    -------------------------Vor dem Gasthaus---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    Havelock öffnete die Augen.
    In letzter Zeit kamen diese Träume immer öfter, sie jagten und verhöhnten ihn, hielten ihn wach und vernebelten seinen Geist. Und stetig die lautlose, erdrückende Stimme des Buches...

    In der Herberge, herrschte ein kleines durcheinander, Türen waren umgestürzt und viele der Anwesenden wirkten, als hätten sie sich gerade erst wieder von einem Streit beruhigt. Havelock nahm seinen Dreispitz ab und nickte dem beschäftigten Maxim, Shael, Adryan, Libra, Dankwart sowie der Obsthändlerin Ava zu, als er in die schweigsame Runde sprach:
    "Wie mir bekannt wurde, gab es Heute Nacht keinen einzigen Toten, ich würde dies nur zu gern als gutes Zeichen werten, aber wie uns sicher allen bekannt ist, ist dies noch nicht das Ende des Weges." Havelocks Blick ertastete die Mienen der Anwesenden; "Ich hoffe, dass bald auch die restlichen Vertrauenspersonen eintreffen und wir heute die richtige Entscheidung treffen werden..."

  19. #19
    Die Sekretärin fing Edmond von Dantes und Friedrich Miller auf der Treppe ab. "Herr von Dantes! Ihr kleiner Protégé Maxim war gerade hier. Ich soll Ihnen ausrichten, dass die Abstimmung heute in seiner Herberge stattfinden wird. Sie sollten sich direkt dort einfinden."
    Edmont nickte. "Danke, Luise. Wir sind schon auf dem Weg." Eigentlich hätte er es vorgezogen, den Ort der Versammlung selbst zu bestimmen, doch heute kam es ihm nicht ungelegen, dass die restlichen Vertrauenspersonen dies bereits in die Wege geleitet hatten. Als er mit Friedrich Miller das Rathaus verließ, rief ihnen die Sekretärin noch hinterher: "Herr von Dantes, ist es wahr? Können wir gar nichts gegen die Bestien ausrichten?"
    Miller kam von Dantes mit der Antwort zuvor. "Wir werden nicht ohne Kampf aufgeben." Er drehte sich um und trat hinaus auf die Straße. Edmont von Dantes überlegte kurz, dann zuckte er innerlich mit den Schultern und folgte Miller.

    ~°~

    In der Stube der Herberge hatten sich bereits die meisten Vertrauenspersonen eingefunden, lediglich Leonardo di Dragonieri und Dankwart fehlten noch. Miller war ob dieser Tatsache etwas beunruhigt. Wir brauchen ihre Stimmen, wenn wir eine Chance haben wollen, dachte er bei sich. Er betete, dass sie bald eintreffen würden.
    Edmont von Dantes setzte bereits zu einer einführenden Rede an, da schnitt ihm Miller das Wort ab und sagte:
    "Ich denke, der gestrige Tag hat gezeigt, dass einige der Personen hier... Vorbehalte haben, was die Meinungsmache des Bürgermeisters betrifft. So möchte ich, unbeeinflusst und aus eigener Überzeugung, meine Meinung zuerst verkünden. Es ist von höchster Wichtigkeit, dass alle hier, die sich mit gutem Gewissen als Mensch bezeichnen können, an einem gemeinsamen Strang ziehen. Sonst wird dieser Tag wieder in dem Tod eines Unschuldigen enden. Edmont von Dantes gehört ohne Zweifel zu diesen Personen, und ich zähle mich selbst auch dazu, obgleich manche hier womöglich berechtigte Zweifel diesbezüglich hegen. Ich sage es frei heraus, ich habe meine Liste der Verdächtigen, und auf ihr finden sich Libra, Ava und Shael. Unter ihnen befindet sich meiner Meinung nach mindestens ein Werwolf. Edmont von Dantes ist hier einer Meinung mit mir. Sollte jemand einen triftigen Grund haben, nicht für eine dieser Personen zu stimmen, so soll er nun sprechen, ansonsten soll er sich mir anschließen
    Es bringt uns nichts, wenn wir Vampire in anderen Personen vermuten, wenn wir nicht einmal wissen, ob sie noch eine Gefahr für uns darstellen. Jeder, der seine Stimme aufgrund eines Vampirverdachts abgibt, macht sich verdächtig!
    Um es kurz zu fassen: Ich verdächtigte heute Ava am meisten, doch unser Bürgermeister brachte ein gutes Argument vor, nicht für sie zu stimmen: Ihr bisheriges Wahlverhalten lässt eher auf einen Vampir denn einen Werwolf schließen. Meine Stimme wird daher heute Abend an Shael gehen, sollte dieser keinen Beweis dafür liefern können, dass er kein Werwolf ist."


    Es war keine große Rede, doch Miller hatte gesagt, was er zu sagen hatte. Gespannt blickte er in die Runde. Würde sich jemand anschließen?
    Dem Bürgermeister murmelte er zu: "Wenn Sie wollen, können Sie jetzt Ihren Senf dazugeben, Herr von Dantes."

    Geändert von Schattenläufer (10.12.2011 um 03:06 Uhr)

  20. #20
    Havelock hatte Recht: es hatte zumindest etwas Gutes, dass diese Nacht keiner von ihnen von den Monstern getötet worden war. Doch dass heute Abend jemand gehängt werden würde, das stand außer Frage.
    Adryan blickte sich in der kleinen Herrberge um und sein Blick fiel auf Ava, die sich deutlich unwohl zu fühlen schien.
    "Maxim schien mir eben besonders schlechter Laune zu sein. Wisst ihr den Grund dafür, Ava?", fragte der Erimmtler unvermittelt und riss die Frau damit offensichtlich aus ihren trüben Gedanken.
    "Maxim?", murmelte sie und schien für einen Augenblick nicht ganz bei sich zu sein. Dann schüttelte sie den Kopf, als ob sie ihre Gedanken ordnen würde und sah den Ermittler an, dessen Hand durch Libra gehalten wurde. "Ach, ich glaube keiner von uns ist dieser Tage sonderlich guter Laune", sagte sie und fügte unter der Andeutung eines dünnen Lächelns hinzu: "Euch und eure Begleiterin vielleicht ausgenommen.". Während Libra es vorzog, anmutig zu erröten und sich damit zu befassen, das Fell von Julie zu streicheln, verzog Adryan keine Mine. "Da mögt ihr Recht haben, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass da mehr als nur "diese Zeiten" sind, die für seine Laune verantwortlich ist.". Adryan beugte sich etwas vor und sah Ava eindringlich an. "Erzählt mir, was ihr wisst, Ava. Ihr selbst wisst genau, dass es hier und heute um viel geht.".
    Die Frau sah den Ermittler mit geweiteten Augen an, Augen die zu glänzen begannen. Doch bevor Tränen ihre Wangen herunterlaufen konnten, wischte sie sie unwirsch mit dem Handrücken weg.
    "Die Ereignisse der letzten Tage haben Maxim mehr zugesetzt als jedem anderen hier.", sagte sie und blickte sich im Raum um. "Er hat niemanden mehr auf der Welt, er ist ganz alleine. Und ich denke, dass er damit rechnet, am Ende des Tages am Galgen zu hängen.". Adryan runzelte die Stirn. "Aber warum sollte dem so sein? Ich zumindest sehe keinen Grund, den Jungen anzuklagen.". Ava zuckte mit den Schultern - sie schien es ebenfalls nicht zu wissen.
    In diesem Moment betrat Maxim den Raum - und alle Blicke hefteten sich unweigerlich an den Jungen."Ist was?"

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