Der Alkohol hatte Havelock weder geholfen einen klaren Gedanken zu fassen, noch ihm einer klaren Entscheidung näher gebracht. Zudem kam noch hinzu, dass Heute keine einzige Vertrauensperson in der Taverne eingekehrt war.
Benommen und innerlich leer, ging der alte Mann gemessenen Schrittes durch die Stadt, als plötzlich ein Bote zu ihm kam und verkündete, dass er sich in der Herberge einfinden solle, wo schon bald die Abstimmung stattfinden würde.
Wen würde er nur wählen... Die Auswahl wurde zwar kleiner, aber die Entscheidung dadurch auch nicht gerade leichter, denn jede falsche Entscheidung... Havelock durchfuhr ein schmerzhafter Gedanke... jede weitere falsche Entscheidung, konnte den Untergang bedeuten.
Vor der Herberge von Maxim dem Waisen angekommen, hielt Havelock kurz inne und betrachtete das zwar heruntergekommene aber dennoch von fleißiger Hand gepflegte Gebäude.
Wenn Havelock an Maxim dachte, dachte er automatisch auch an seine eigene Vergangenheit als Waise. Aber damals waren auch andere Zeiten...
--------------------------Viele Jahre vorher in Düsterburg / oder warum Havelock wurde was er ist--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Regen klatschte an die geborstenen Scheiben der Fenster, des Waisenhauses in der Junkergasse, als draußen die Welt in Sturm und Blitz unterzugehen drohte.
Das Auge des Betrachters erblickt einen karges, trauriges Zimmer, in welchem die Tapete an vielen Stellen abgeblättert und die Dielen verbogen und feucht zu sein scheinen. Kleine Brocken Putz fielen auf das Bett eines kleinen Jungen, welcher gerade die schrecklichste Erfahrung machen musste, welche ein 8 Jähriger überhaupt erleben kann. Doch war der junge Havelock nicht der einzige, der dieses Schicksal teilte, denn der Krieg zerstörte nicht nur die Leben von Soldaten, sondern auch dass ihrer Familien.
Als man Havelocks Mutter, Schild und Schwert seines Vaters überbrachte, zerbrach für ihn eine Welt und mit der Zeit auch sein Leben...
3 Tage nach dem seine Mutter dann, an einem frostigen Novembertag, nach langer Krankheit ihrem Körper entschwand, kam Havelock zusammen mit vielen Waisen des noch immer schwelenden Krieges, in eines der zum bersten gefüllten Waisenhäuser.
Die Tage vergingen, als das harte Leben, mit einer Peitsche aus Hunger und Gewalt die Waisen des Krieges formte und eine verlorene Generation gebar, welche die Schrecken der dunklen Jahre geerbt hatte. Diese grausame Art des Lernens, würden viele nicht überleben, doch jene die durch jene Schmiede des Gehorsams und der Angst geformt wurden, hatten das Zeug, sich trotz ihres Status in der Welt zu behaupten. Auch Havelock war durch diese Schule gegangen und an Tagen wie diesen, Dankte er den Hieben der Mutter Annabella, welche die Waisen, mit Rute und Stock gestraft hatte, aber wohl durch diese Tortur auch gestählt hatte. Der arme Maxim hingegen...
-------------------------Vor dem Gasthaus---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Havelock öffnete die Augen.
In letzter Zeit kamen diese Träume immer öfter, sie jagten und verhöhnten ihn, hielten ihn wach und vernebelten seinen Geist. Und stetig die lautlose, erdrückende Stimme des Buches...
In der Herberge, herrschte ein kleines durcheinander, Türen waren umgestürzt und viele der Anwesenden wirkten, als hätten sie sich gerade erst wieder von einem Streit beruhigt. Havelock nahm seinen Dreispitz ab und nickte dem beschäftigten Maxim, Shael, Adryan, Libra, Dankwart sowie der Obsthändlerin Ava zu, als er in die schweigsame Runde sprach:
"Wie mir bekannt wurde, gab es Heute Nacht keinen einzigen Toten, ich würde dies nur zu gern als gutes Zeichen werten, aber wie uns sicher allen bekannt ist, ist dies noch nicht das Ende des Weges." Havelocks Blick ertastete die Mienen der Anwesenden; "Ich hoffe, dass bald auch die restlichen Vertrauenspersonen eintreffen und wir heute die richtige Entscheidung treffen werden..."