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Legende
Selene lauschte Millers Klavierspiel mit innigem Entzücken. Er spielte nicht nur wunderschön, auch die Lieder die er anstimmte waren aufmunternd und vielen Anwesenden bekannt.
Die Musik, der Wein der ausgeschenkt wurde und die Leichtigkeit die sich nun in ihr Herz schlich machten es ihr leichter die richtigen Worte zu finden als der Graf sie ansprach. Lächelnd hörte sie ihm zu und sie musterte seine langen schlanken Hände mit denen er leidenschaftlich jedes Wort unterstrich. Als er ihre Pralinen lobte und sich verstohlen über die Lippen leckte machte ihr Herz einen kleinen Sprung vor Freude. Als seine kühle Hand nach ihrer griff zuckte sie nur einen kurzen Moment zurück und blickte um sich ob nicht eine der Vertrauenspersonen einen Einwand haben würde – immerhin war sie nicht von Stande.
„Edmond, meint ihr es ist schicklich? Ich möchte euch keine Probleme bereiten, wisst ihr.“ Sie errötete leicht aber entspannte sich als sie sein selbstbewusstes Lächeln sah. „Nur keine Furcht meine Schöne, ich denke in diesen Tagen ist alles ein wenig anders und ihr wart in den letzten Tagen so mutig wie es eine Dame aus gutem Hause nur sein könnte. Für mich macht es keinen Unterschied woher ein Mensch kommt, wichtig ist was in ihm schlummert.“ Ein wenig aufgeregt griff Selene nach ihrem Weinglas, kleckerte allerdings ein kleines bisschen auf die Schnürbänder ihrer Haube. Sie biss sich auf die Unterlippe und nahm die Haube ab und nutzte die Gelegenheit um ihre Haare neu zu flechten. „Nungut, ich vertraue eurem Urteil noch ein zweites Mal. Zu euren Fragen... hmmm nun meine Nächte... sie waren ungewöhnlich. Auch wenn ich kurze Nächte gewohnt war, so angespannt wie es derzeit zugeht bekommt man ja kaum ein Auge zu. Vor allem wenn man sich Sorgen machen muss um die, die einem wichtig sind.“ Sie blickte Edmond lange in die Augen, ließ die Haarflechten lose auf ihre Schultern fallen, errötete dann als sie bemerkte was sie da gesagt hatte und setzte hinzu, „Dankwart beispielsweise. Oder Maxim. Ja ich habe sogar Libra dort sehr gern gewonnen, so kurz ich sie auch kenne, unter ihrem feuerroten Haar scheint ein ebenso lebendiger Geist zu sitzen. Sie ist wahrlich eine Frau die sich mit Männern messen kann.“
Edmonds Augen leuchteten kurz auf als sie die Sorge und die Angst um andere erwähnte – er strich mit dem Handrücken über ihre Wange, so als sei sie etwas besonders kostbares, zerbrechliches und griff dann neugierig nach ihren hellleuchtenden Locken. Ihm schien zu gefallen was er sah, und Selene überließ es ihm sie zu „frisieren“, was vor allem darin bestand die beiden Zöpfe nach und nach aufzutrennen und mit den Fingern unendlich langsam durch die Wellen zu kämmen. Sie schloss genießerisch die Augen während sie weiter das Gespräch mit ihm suchte. „Es war sehr nobel von euch wie ihr Maxim vorhin verteidigt habt. Ich glaube er kümmert sich leidenschaftlich um andere, aber auch er braucht jemanden der auf ihn Acht gibt. Ich bin sehr froh ihn in eurer Obhut zu wissen.“ Dann schlug sie die Augen wieder auf und bemerkte ein Lächeln auf seinen Lippen – das seit Marinas Tod von seinem Gesicht fortgewischt gewesen war. „Ihr seht sehr glücklich aus Graf. Erleichtert, fast so als sei eine Sorge weniger auf eurem Herzen.“ „Das zwei Bürger meiner Wahl vertrauen ehrt mich ebenso wie es mir das Herz erleichtert, meine Dame. Ich hatte Sorge das ich selbst, in dem Sturm der Gefühle die sich bei den Diskussionen heute anbahnten, meine klare Sicht einbüßen würde die ich doch so dringend brauche in meinem Amt. Umso mehr freut es mich das ihr mir bei dieser Wahl vertraut.“ Selenes Augen glitzerten leicht, als sie ein wenig näher an Edmond rückte, bis ihre Knie sich berührten und sanfte Schauer durch ihre Körper schickten. „Meine Dame“ hatte sie nun wirklich noch nie jemand genannt. Ihr Blick fiel auf Adryan und Libra, die es sich auf einer Eckbank der Taverne so gut es ging gemütlich gemacht hatten. Sie lag an seiner Brust, er fuhr ihr zärtlich mit den Fingern durchs Haar. Dann tauschten sie einige Worte, einige Blicke und verschwanden nach oben auf ihr Zimmer.
Vor dem Fenster blinkten ein paar Sterne hell auf, fast so als wollten sie den Bürgern, die in der hellerleuchteten Schenke saßen einen Weg weisen, dorthin wo ihre Träume wahr werden konnten. „In wenigen Tagen“, murmelte Selene leise, „gemeinsam...“ und dann vergaß sie alles um sie herum und überließ sich einfach nur dem Augenblick, dem Wein, der Musik und der Wärme die sie umgab.
~*~
Miller spielte eine Volksweise, die seit Generationen hier in Düsterwald geläufig war – ein Lied das Hoffnung in die Herzen der Anwesenden setzte – und viele summten mit, als Miller die letzten Strophen spielte:
Schulter an Schulter, Hand in Hand,
gemeinsam vor Abgründen stehn
nicht zurückschrecken sondern vorwärts gehen
brückenschlagen in den Nebel hinein.
Kein Bedauern, kein Zaudern,
denn wir haben nichts zu verliern.
Wir leben unser Leben, so wie wirs uns wünschen
nehmen unser Schicksal selbst in die Hand.
Wir finden einen Weg ins Herz der andren
bis jeder sein Innerstes nach aussen zeigen kann.
der Stolz meiner Leute, mein Volk, meine Kameraden
zusammen wird es gehen, gemeinsam überstehen wirs!
Zeigt uns den Weg, zeigt uns wohin wir gehören
Wie ein Stern, der uns führt -
so brennt unser Herz und leitet uns.
Der Weg ist schwer, doch keiner bleibt allein.
Geändert von Viviane (05.12.2011 um 02:36 Uhr)
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