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General
Edmond war wahrlich überrascht, als Selene das kleine Gasthaus betrat und Maxim und ihn geradezu herzergreifend um Vergebung anflehte. Während sich für Maxim die Angelegenheit rasch wieder erledigt hatte und sich auf die vielen Kekse stürzte, die das Dienstmädchen mitgebracht hatte, blickte Edmond zunächst argwöhnisch drein und musterte mit bedächtigem Blicke Selenes Augen, aus denen am Ende ihrer Worte bereits die Tränen begannen zu fließen. Leider wurde Maxim nicht aus seinen Grimassen und Andeutungen schlau, doch zumindest Elly erfreute sich sichtlich an die schräge Gestik und Mimik, mit der die Beiden miteinander versuchten, zu kommunizieren. Nach einigen erfolglosen Versuchen gab Edmond sein unverständliches Gebaren auf und behielt dafür im Hinterkopf, dass es wohl mal wieder Zeit für einige pädagogische Maßnahmen war, um Maxim in solchen Situationen ein angemessenes Verhalten zu vermitteln...
Mit ruhigen Schritte kam der Graf auf das junge Hausmädchen hinzu und zückte ein kleines Tuch aus Seide, mit dem er ihr vorsichtig die Spuren ihrer Tränen beseitigte, während er ihr mit der anderen Hand den Kopf hielt und dabei sanft über ihre Wange strich. In diesem Moment entschwand aus seinen Gesichtszügen das anfängliche Misstrauen und Edmond wirkte gar erleichtert, als er sie nun mit einem verschmitzten Lächeln ansah.
"Nun, wir befinden uns in einer außergewöhnlichen Situation und vielleicht habt Ihr sogar recht, Selene, vielleicht hat diese Nacht tatsächlich jemand über mich gewacht und verhindert, dass mir finstere Gestalten ihre Krallen in den Leib stoßen oder mir genüsslich meinen Lebenssaft aussaugen. Und so bin ich erleichtert, Euch an diesem Morgen wiederzusehen und euren Worten lauschen zu können. Gewiss, eure Entscheidung am vergangenen Abend war überaus vorschnell und unüberlegt, doch erkennt Ihr denn nun, wie ernst es um unsere Lage bestellt ist? Wenn nicht einmal jemand wie Ihr, die Ihr Caspar und Sophia von Busch besser kanntet, als manch ein anderer, Euch nichtmals mehr zweifelsfrei imstande seht, die Spreu vom Weizen zu trennen?
Ich bin am Leben und wem auch immer ich dies wohl zu verdanken habe, so habe ich keinen Grund, noch länger einen Groll gegen Euch zu hegen, Selene. Wir haben gestern Abend einen weiteren Diener Satans seiner gerechten Strafe zuführen können und wir dürfen uns in unserem Handeln nicht durch fehlendes Vertrauen und Missgunst selbst im Wege stehen. Die Einzigen, die davon profitieren, sind diejenigen, für die wir dadurch zur leichten Beute werden und es auf all die unschuldigen Bürgerinnen und Bürger Düsterburgs abgesehen haben.
Ihr könnt Euch gar keine Vorstellungen darüber machen, wie froh ich bin, dass Ihr selbst zur Besinnung gekommen seid und die Vernunft Euch den rechten Weg gewiesen hat. Und doch, macht Euch keine falschen Hoffnungen, auch ich bin nicht unfehlbar, dennoch habe ich einen sehr guten Überblick dadrüber, welche Umtriebe sich derzeit in unserer geliebten Stadt breit machen. Jede helfende Hand ist nunmehr für uns vom Nutzen, um die Straßen Düsterburgs von diesen Auswüchsen des personifizierten Bösen zu befreien und deshalb dürft Ihr jetzt auch nicht mehr euer Fehlverhalten beweinen. Was geschehen ist, ist geschehen, und noch ist ja einmal alles gut gegangen. Wir sollten jetzt lieber wieder nach vorne blicken und uns darum kümmern, Licht ins Dunkle zu bringen. Trotz alledem hat es auch an diesem Morgen wieder ein Opfer gegeben, wie Ihr wohl wisst. Dieses Mal hat es die junge Sängerin Marina getroffen, doch es scheint, als wären weder die Vampire noch diese haarigen Bestien für den Mord verantwortlich, aber das wisst Ihr sicherlich schon? Euer Onkel ist auch Mitglied der Stadtwache, nicht wahr? Vielleicht wisst Ihr inzwischen sogar bereits mehr als ich über die Umstände? Die Stadtwache hat momentan viel um die Ohren, gestern Abend noch ließ man den Barbier Sven Frankenfels festsetzen und seine Räumlichkeiten durchsuchen, ich bin gespannt auf das Ergebnis dieser Aktion.
Es ist natürlich außer Frage, dass ich für die Kosten aufkommen werde, die durch die Schäden im Anwesen der von Buschs entstanden sind. Zudem habe ich mir schon längst Gedanken darum gemacht, was mit Rebecca und Euch geschehen soll, da ihr nunmehr quasi arbeitslos geworden seid. Mir selbst fehlt seit geraumer Zeit fähiges Personal in meinem bescheidenen Heim, welches sch um selbiges kümmert, und so wäre ich hocherfreut, wenn zwei so zuverlässige und vertrauenswürdige junge Damen wie ihr für mich Arbeiten würden, gesetzt dem Fall, Rebecca zieht sich in der Zukunft anständigere Kleidung an. Das wäre natürlich nur ein Vorschlag von mir, und selbst wenn ihr diesen ablehne solltet, so könnt Ihr Euch dennoch Gewiss sein, dass ich Euch weiterhin unterstützen werde, schließlich habt Ihr doch einmal den Traum, Euch selbstständig zu machen, wenn ich mich recht erinnere? Aber darüber können wir auch später noch reden. Die Beerdigung von Caspar und Sophia von Busch findet außerdem in Kürze statt, wir sollten langsam von hier aufbrechen, falls wir nicht zu spät kommen wollen. Das gilt auch für dich, Maxim!"
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