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Thema: [Vampire von Düsterburg] Tag 3

Baum-Darstellung

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  1. #7
    Selene ging zielstrebig zu Maxims Herberge, sie hatte den Mantelkragen hochgeschlagen und die Haube und die Schürze die sie als Dienstmagd auszeichneten gegen eine weiß-rosa Robe und einen kleinen Hut getauscht. Sie hatte bemerkt das ihr Onkel ihr nun zutraute für sich selbst zu sorgen und sie hatte als Vertrauensperson eine Aufgabe, die vor ihren Pflichten als Dienstmagd stand. (Auch wenn eine kleine Stimme in ihrem Kopf aufbegehrte, doch sie besänftigte sie indem sie sich versicherte das alle Aufgaben ja erfüllt waren).

    Die Tore waren noch verschlossen, auch wenn die ersten Wachleute sich bereitmachten um die Händler zu kontrollieren. Direkt neben Maxims Gasthaus standen zwei Wachleute die versuchten die anwesenden Schaulustigen zu vertreiben. Selene hörte nur ein wenig Getuschel als sie vorbeieilte - sie hasste diese Schaulust. "Hier soll es passiert sein" und "Habt ihr gehört, es soll eine Frau mit blauen Haaren gewesen sein und bunten Kleidern - beim Abtransport hats der Bäcker heut morgen gesehen."

    Blaue Haare... Selene wurde speiübel und sie hätte lieber kehrt gemacht. Wenn Maxim nicht nur irgendwen gefunden hatte, sondern auch noch eine Person die er gemocht hatte... "dann braucht er soviel Beistand, wie er kriegen kann.", flüsterte Selene leise und zwang sich weiterzugehen. Weniger selbstbewusst, dafür mit der Hoffnung darauf sich wenigstens bei ihm entschuldigen zu können, stand sie dann vor der Tür der Herberge. Innen brannte schon Licht und Selene hörte leise Stimmen.

    Als sie schwach gegen das harte, kalte Holz pochte verstummten die Stimmen im inneren.

    In der Stille blitzten die Aufgaben für den heutigen Tag in ihrem Geiste auf - das Begräbnis, eine Beschuldigung des Grafen um jeden Preis verhindern, mehr Stimmen finden um endlich einen der Mörder zu richten.

    Sie biss sich auf die Unterlippe und kramte nach dem Bündel mit den Keksen. Sie hatte sich nicht überlegt was sie sagen wollte... als dann die Tür langsam auf ging und Edmond Dantés Blick sie traf wäre sie am liebsten davongelaufen. Mit ihm hatte sie nun gar nicht gerechnet.

    "Was wollt ihr?", fragte der Graf sie und seine Stimme klang einen Hauch kühler als sonst. Selene schluckte und wurde merklich ein gutes Stück kleiner.

    "Heute morgen war der Notar und der Pfarrer im Anwesen der von Buschs und ich hatte gebacken, nur waren die Herren sehr in Eile. Ich würde gerne Maxim sehen und mich bei ihm entschuldigen... und ihm die Kekse hier geben..", sie hauchte die letzten Worte nur, aber der Bürgermeister schien sie gehört zu haben. Auch wenn er abweisend wirkte, ließ er sie dann doch hinein. "Er ist hier, wenn er mit euch sprechen will könnt ihr hereinkommen." Im Vorübergehen lächelte sie ihn warm und dankbar an. "Habt Dank, ich werde euch nicht lange aufhalten.".

    Sie verneigte sich tiefer als sonst, sodass zwei Kekse aus dem Tuch das sie sich vor die Brust hielt fielen, und als die Tür sich hinter ihr schloss war sie aus zwei Dingen froh: Zum einen, das die Blicke der Schaulustigen draussen nun nicht nur von einem Elchhuf sondern von stabilem Eichenholz abgehalten wurden und zum anderen das sich ihr hier die Chance bot sich nicht nur bei Maxim sondern auch gleich bei Graf Dantés zu entschuldigen.

    Wenn sie nur den Mut fand einen Anfang zu machen, dann wäre alles gut. Ihr Blick fiel auf Elly, die Wirtstochter, die einen Besen in der Hand hielt wie sie heute morgen ihren Degen - Maxim hingegen blickte sie an, wie er sie gestern angesehen hatte. Bittend, aber auch mit einem merkwürdig schmerzhaften Zug in seinem Blick. Alle vier, die in diesem Raum standen wussten das sie den Bürgermeister gestern ohne zu zögern ans Messer geliefert hätte - und wofür? Für die einen kurzen Blick auf einen Bruchteil der Wahrheit, die sich im Moment vor ihnen allen zu verbergen schien. Aber das er ihr zugehört hatte, als Herr von Busch seine Rede hielt, das er sich um alles kümmerte, vielleicht sogar für sie und Rebecca vorgesorgt hatte, das er in seinem neuen Amt besser und engagierter war als alle Vorgänger, die es sogar vor diesen Morden gegeben hatte - das hatte sie völlig ignoriert.

    Selene stellte die Kekse auf einen kleinen Tisch, der neben dem Kamin stand ab und blickte in die Glut. Dann atmete sie tief ein und begann zu reden - ohne wie es üblich war für eine Frau darauf zu warten das einer der beiden anwesenden Männer sie ansprach. Sie fürchtete sich, den Mut zu verlieren wenn sie noch länger wartete. "Ich habe gestern die falschen Schlüsse gezogen und es tut mir Leid das ich euch beide in Gefahr gebracht habe. Nach der heutigen Nacht glaube ich euch beiden - ich vertraue euch, weil deine Worte nun für mich endlich Sinn ergeben Maxim. Du sagtest "aber was, wenn sie genau wollen das ihr denkt, das er noch lebt - das sie wollen das ihr diese Schlüsse zieht?". Und du hattest vollkommen Recht damit. Ich war dumm zu denken das sich so viele Vertrauenspersonen in einem Menschen irren sollten, ja ich dachte für einen Moment sogar alle ausser mir wären mit diesen Mördern unter einer Decke und keiner würde das offensichtliche Aussprechen, da sie ihren Komplizen schützen wollen, aber ich habe einfach etwas unübersehbares übersehen. Ich war stolz und hochmütig und voreilig. Und ich bin so dankbar dafür das ihr die Nacht überstanden habt, Graf Dantés."

    Sie blickte auf und sah das sich Maxim bereits an den Keksen gütlich tat, wobei seine Züge weicher wurden, und eben Elly, die den Besen sinken ließ ein paar abgab. Edmond Dantés hingegen sah noch misstrauischer aus als zuvor aber er gab ihr mit einer Geste zu verstehen sie solle weiterreden - und sich beeilen.

    "Ich glaube das heute Nacht jemand auf euch aufgepasst hat, Graf Dantés. Versteht ihr und die Tatsache das eine einzige andere Person soviel Vertrauen in euch hat genügt mir vollkommen um ebenfalls davon überzeugt zu sein." Sie schluckte und spielte unterm Mantel mit ihrem Degen, der kalte Stahl presste sich in ihre Hand, die Glocke erwärmte sich unter ihrer angespannten Hand. Sie fasste Mut und sprach es aus - "Ich war eine Närrin, so zu daher zu reden mit den Argumenten die ich genauso gut hätte nutzen können um euch zu verteidigen. Was ich gestern getan habe ist unverzeihlich - und dennoch, ich hoffe das ihr mir vergeben könnt." Sie fiel auf die Knie und neigte den Kopf erst zu Maxim, dann zum Grafen. "Maxim, Graf Dantés - wollt ihr mir verzeihen und mich helfen lassen? Ich wünsche mir nicht mehr als euch von Nutzen zu sein. Und ich stehe in eurer Schuld."

    Ihre Hand löste sich von dem Griff ihres Degens und legte sich auf ihre linke Brust - direkt über dem Herzen. Sie wartete ab, was sie sagen würden und war bereit bei allem was ihr lieb und teuer war diesen beiden Männern Treue zu schwören.

    Aber sie wusste nicht ob die zwei ihr überhaupt noch vertrauen konnten... oder ob sie es wollten, nachdem was sie gestern getan hatte. Eine gewisse Zeit verging, ohne das jemand sprach und Selene fing an zu zittern und sie konnte die Tränen nicht zurückhalten, zu groß war die Anspannung und zu groß war das Leid das sie selber über andere hätte bringen können mit ihrer Dummheit. Ihr Onkel hatte Recht - sie war so dumm, zu nichts zu gebrauchen, unnütz, eine Last... "Bitte, ich verspreche euch, meine Stimme wird nie wieder gegen euch erhoben werden Graf, ich schwöre es. Ich bin zäh, ich werde arbeiten bis ich keinen Fleck am Körper mehr habe, der nicht schmerzt. Aber bitte, schickt mich nicht fort ohne mir die Chance zu geben mir eure Nachsicht und Vergebung zu verdienen und meine Schuld einzulösen.", auch wenn sie nicht wusste ob das half oder es nur schlimmer machte, so sprudelten immer fort Worte aus ihrem Mund, ebenso wie die Tränen sich einen Weg über ihre Wangen suchten und dann auf die Holzdielen fielen die im Schein der Glut rötlich schimmerten.

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