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Thema: Der goldene Bolzen und der verlorene Koffer

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    An sich hat es Cipolla ganz gut getroffen. Mein "Problem" mit diesem Text ist, dass man (beziehungsweise ich) als Leser das Gefühl hat, dass du uns durch teils sehr offensichtliche Sprachbilder und Metaphern die Aussage hinter deinem Text aufbinden willst. Wenn ich es auf etwas festlegen müsste, würde ich sagen, dass das hauptsächlich von einer zu großen Menge und Dichte ebenjener Metaphern und Sinnbilder sind. Sprich es fehlt an einem "realistischen" Kern, in das diese dann eingebunden werden können. Die Mittel sind sozusagen zum Selbstzweck geworden, und man hat das Gefühl, dass du a) selbst den Sinn der Geschichte irgendwie verloren hast, und b) sagen willst: "Schaut mal wie toll transzendental ich schreiben kann!" (Ich werfe dir da keinerlei Absicht vor, ich versuche nur zu erklären, wie das für mich rüberkommt.) Außerdem packst du die beiden Teile (Zimmer - Zug) einfach so übergangslos aneinander, was wiederum dieses Fehlen einer "Grundgeschichte" bewirkt.

    Möglicherweise kommt das auch davon, was du einleitend geschrieben hast: Schnell zu einer fertigen Version zu kommen ohne zu editieren. Ich kenne das, ich bin auch oft der Meinung, zu viel nachträglich herumzuschrauben ist nicht gut, aber besonders wenn du einen solchen Text schriebst, der sehr stark mit Sprachbildern arbeitet und auch sprachlich etwas komplexer ist, solltest du unbedingt einige Zeit nach dem Schreiben noch mal intensiv drübergehen, am besten laut vorlesen lassen. Wenn man schreibt ist man immer in einem gewissen Flow drinnen, und hat außerdem ganz viele Assoziationen und Bilder im Kopf, die in den Text hineinspielen, aber nicht unbedingt geschrieben werden. Das gilt umso mehr, je ... abstrakter die Erzählung wird, weil man anfängt, sehr viel vorauszusetzen und persönliche Assoziationen einzubauen. Das heißt jetzt nicht, dass jeder Text für alle einwandfrei verständlich sein muss (das kann er auch gar nicht), aber einen gewissen gemeinsamen Grund brauchst du dennoch mit dem Leser damit dieser etwas mit dem Text anfangen kann.

    Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.

  2. #2
    Ich habe mir das Leben mal wieder selbst schwer gemacht. Auf eure guten Beiträge nicht zu antworten war unverschämt, aber es steckte kein Unwille dahinter, oder Überheblichkeit. Ich hatte auch nicht das Gefühl, dass schon alles gesagt war. Manchmal kann ich nur nicht anders. Da schreibe ich mit einigem Abstand mehrere Antworten vor und verwerfe sie kurz darauf wieder, weil sie mich nicht zufrieden stellen.
    Mittlerweile stellt sich mein Gemütszustand einigermaßen stabilisiert dar, ich habe die Geschichte nochmal Teil dessen werden lassen und kann eure Argumentation nachvollziehen. Das gesagt, bin ich dennoch zufrieden mit der Geschichte und kann nicht versprechen, dass ich jemals aufhören werde meine eigenen Bilder zu interpretieren. Nur das Ausmaß wird Ausnahme bleiben.

    Der große Unterschied zwischen Kafkas Konstruktion und meiner ist - so vermute ich -, dass er die Zügel nicht aus der Hand gibt. Er stellt sich nicht selbst vor vollendete Tatsachen, sondern kontrolliert den Ablauf seiner Geschichten. Das tue ich in der Regel nicht und hier ist das besonders prominent. Der Inhalt war einfach da und während ich ihn runtergeschrieben habe, musste ich ihn gleichzeitig interpretieren - zumindest verspürte ich den Zwang das zu tun. Im Grunde bin ich gleichzeitig Autor und unbedarfter Leser der Geschichte. Ich kann nicht mal behaupten, dass die Interpretation total eindeutig ist, fand aber wie ihr, dass ein ziemlich eindeutiges Bild gezeichnet wurde. Vielleicht ist die Geschichte am Ende nicht mehr wie ein Ausdruck von Weltschmerz, wie man ihn mit solcher Offensichtlichkeit sonst nur bei Teenagern findet, aber ich bilde mir zumindest ein, das mit einem gewissen Stolz und realistischem Bewusstsein getan zu haben.
    Von daher finde ich diesen Eindruck sehr spannend, weil das genaue Gegenteil der Fall ist:
    Zitat Zitat von La Cipolla
    Es kommt so rüber, als würdest du was sehr Direktes, Handfestes aus deinem Kopf in eine Geschichte packen wollen, und während das wahrscheinlich durchaus ne normale Herangehensweise ist, merkt man es hier irgendwie sehr deutlich (und das ist das Problem!).
    Zitat Zitat von Aenarion
    Mein "Problem" mit diesem Text ist, dass man (beziehungsweise ich) als Leser das Gefühl hat, dass du uns durch teils sehr offensichtliche Sprachbilder und Metaphern die Aussage hinter deinem Text aufbinden willst.
    Ich glaube ich versuche mich in naher Zukunft mal an einer alternativen Version, quasi ohne Interpretation, nur um zu sehen, wie sie wirkt.


    Wie gesagt, eure Argumentation kann ich gut nachvollziehen und bei jeder anderen Geschichte würde ich vermutlich in dieselbe Kritikkerbe schlagen, aber bei meiner habe ich das Gefühl, dass der Entstehungsprozess keine andere Art des Schreibens erlaubt hätte. Auch nicht, was die Zusammenhangslosigkeit zwischen den beiden großen Abschnitten anbelangt. Ich weiß, dass ist ein sehr intimes Merkmal, von dem nur ich was habe, aber eure Reaktionen deuten für mich auf jeden Fall darauf hin, dass ich bessere Brücken zwischen mir und Leser bauen muss und das ist sehr hilfreich. Und ein gesundes Maß zwischen fünfe gerade sein lassen und Verbesserung versuche ich mir gleich mit anzugewöhnen!
    Also, vielen Dank!

    Geändert von Owly (28.01.2012 um 20:42 Uhr) Grund: Fehler ausmerzen - gehört dazu

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