Friedrich Miller war mit seinen Gästen im Wirtshaus angekommen und hatte Platz genommen. Die Ereignisse von eben hatten ihn ins Grübeln gebracht, und er war zu einem Entschluss gekommen, den er richtig hielt. Er meldete sich zu Wort.
"Was unser neuer Bürgermeister über Vampire und Werwölfe sagt, muss wahr sein, so unglaublich es auch scheinen mag. Jeder, der hier ohne guten Grund einen anderen verdächtigt, muss prinzipiell selbst verdächtigt werden, ein Vampir zu sein, daher ist große Vorsicht geboten. Und auch, was Frau Marina sagt, ist richtig: Ein Vampir kann dann die Schuld von sich lenken, indem er nicht das eigene Opfer anklagt. Doch ihr ist in ihrer Logik ein klarer Fehler unterlaufen: Havelock konnte sich nur selbst schaden, als er sich gestern auf die Liste schrieb. Der Grund hierfür ist einfach: Als Vampir hätte er gewusst, wer das Opfer ist, und hätte somit freie Wahl zwischen uns allen gehabt - daher machte ihn die Selbstanklage in dieser Hinsicht nicht verdächtiger als jeden anderen von uns, er brachte sich nur in die Gefahr, dass er durch die eigene Stimme eine Mehrheit gegen sich selbst erlangte. Wäre er hingegen ein Werwolf, so hätte er keinen Grund gehabt, seine Anklage nicht gegen den Vampir Train zu richten, der bereits von einigen auf die Liste geschrieben und somit eine sichere Wahl war. Nein, all diese Fakten überzeugen mich davon, dass Havelock unschuldig sein muss.
Ich kann bereits erhobene Anklagen nicht rückgängig machen, doch bitte ich die anderen Vertrauenspersonen, die Fakten zu überdenken."
Miller stand auf. Der folgende Teil fiel ihm nicht leicht.
"Ich möchte selbst jedoch etwas berichten, das vielleicht ein neues Licht auf einige Personen hier wirft. Heute wurde ich besucht von vier Menschen - Havelock, Dankwart, Libra und Adryan. Sie waren zu mir gekommen, weil letzterer, Herr Clerc, sie dazu angestachelt hatte. Sie wollten erfahren, warum ich gestern scheinbar einen Hund verdächtigte. Wenn es erwünscht ist, kann ich die Ereignisse kurz erläutern, jedoch fasse ich mich fürs erste kurz. Der Grund für den Besuch bei mir war vorgeschoben, so viel steht fest. Der wahre Zweck war der, mich einem Personenkreis verdächtig zu machen. Diesen Schluss musste ich ziehen, als ich meine Begleiter auf dem Weg hierher befragte. Hierfür lässt sich eine Erklärung finden: Adryan Clerc hatte gestern bemerkt, dass ich seinen Namen auf die Liste geschrieben hatte. Er schien mir verdächtig und ich musste eine Entscheidung treffen, also war meine Wahl nicht besser oder schlechter als die eines jeden anderen hier. Heute hatte er bei mir zuhause die Gelegenheit, sich von einer anderen Seite zu zeigen. Zu zeigen, dass ihm das Wohl der Bürger dieser Stadt am Herzen liegt. Stattdessen versuchte er, mich in die Enge zu treiben und dabei Zeugen zu haben, die gegen mich sprechen würden.
Ich kann mir niemals sicher sein mit meiner Entscheidung, doch ich habe eine getroffen. Es ist kein Zufall, dass Adryan Clerc heute ausgerechnet mich ins Visier genommen hat - ich war mit meiner gestrigen Beschuldigung zu nah an die Wahrheit gekommen."
Mit einem Seufzer fügte Miller nach einer kurzen Pause hinzu. "Ich klage Adryan Clerc an. Ich bete, dass ich keinen Unschuldigen ans Messer liefere."