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Thema: [Vampire von Düsterburg] Tag 1

Baum-Darstellung

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  1. #19
    Die Frühstücksvorbereitungen waren an Selene größtenteils vorbeigegangen, sie war nach der Ernennung ihres Herrn zu anderen Aufgaben beansprucht worden und war froh immerhin noch einen der Kirschkuchen, die über Nacht abgekühlt und schön durchgezogen waren, mit einer Rosinenschrift „Bürgermeister von Düsterburg“ schmücken zu können.

    Einige der Dienstmädchen die den Bäcker aufgesucht hatten trugen bereits in aller Frühe erste Gerüchte von der Ausgangssperre, dem geputzten Schaffott, einer afrikanischen Raubkatze, wilden tollwütigen Hunden, einer Stimmtafel und dem neuen Bürgermeister der gestern einen zuviel getrunken hatte und anscheinend nicht wach zu kriegen war ins Haus. Wobei die zwei blonden jungen Mädchen die sich über letzteres unterhielten von Selene rasch zurechtgewiesen wurden, da sie sich offensichtlich nicht klar waren das sie gerade über Herrn von Busch sprachen.

    Rebecca war schon früh verschwunden um die Herrschaften aufzuwecken kam jedoch für lange Zeit nicht mehr herunter; da Selene ihre Pflichten soweit erfüllt hatte entschloss sie sich die anderen beiden Kuchen abzugeben auch um aus dem Gewimmel der aufgebrachten Dienstboten herauszukommen, ihr war dieses Verhalten unheimlich.

    Sie sah schon bald das der gewohnte Weg ins Gängeviertel durch die Tore zum Hafen nicht benutzbar war und nahm so den Weg durch die Lagerhallen des alten Fritz um zur Schwester ihres Vaters zu kommen. Wie immer hieß sie der Gestank nach Petroleum mit dem den Kinder dort die Läuse vom Kopf gewaschen worden waren und der durchdringende Krankheitsgestank sowie der fade Geschmack von Graupensuppe an dem Ort, an dem auch sie aufgewachsen war, willkommen.

    Ihre Tante Evi sah schrecklich zugerichtet aus, anscheinend war ihr Mann der bei der Wache arbeitete in diesen Tagen besonders aggressiv - und Selene sah an dem Blick in den müden alten Augen das der Kuchen wohl verkauft werden musste um wenigstens Geld für die Wolle zu bekommen. Sie verließ ihre Tante bald wieder, nicht jedoch ohne über die Worte der Alten nachzusinnen.

    „Du weißt ja wie er is Lenchen, der wollte heute mal wieder Mann sein, nach dem was er heute morgen mit ansehn musste – nur dasser jetzt von der Wache nach Hause kommt, das brauch ich nich so oft, besser ists er versäuft seinen Sold und ich seh ihn 3 Tage nich. Er meinte sie wollen Wolfsfallen aufstellen in der Stadt – verrückt, nich? Und der wachhabende Arzt der sich die Schweinerei an diesem armen Teufel 2 mal ansehen musste will auch nich mehr zur Arbeit kommen.

    Zugerichtet hammse den, Lenchen, ein junger Bursche, stammt nich ma aus der Stadt; völlig auseinandergenommen hat mein Franz gesacht, und der hat geweint bei der Vorstellung an den Jungen, den kannte er ja nich mal aber jung und gesund wies heißt muss er gewesen sein.... und konnt ihn mir auch nich beschreiben weil sowenig von dem übrig war. An seinem Rapier ham se den Jungn erkannt... Groß wie eine Kuh muss diese Bestie sein so wie se den Jungen auseinandergerissen hat, wie eine Offenbarung des Teufels persönlich, hat mein Franz gesacht... bete Lenchen, bete, denn wer braucht Gotts Hilfe in solchen Zeiten nicht?“


    Völlig verwirrt kam Selene dann auf der Suche nach Edmont Dantés am Marktplatz an, wobei sie noch die pergamentene Hand ihrer Tante auf ihrer Wange zu spüren schien. Sie lauschte den Worten des neuen Bürgermeisters und war völlig perplex als Vertrauensperson ausgewählt zu werden. Wortfetzen drangen auf sie ein, Herr Miller war einer der besonders lautstark debattierte und die Aggressivität ging nicht nur von ihm aus. Ein Mann, der bei der rothaarigen Frau stand die ihre Herrin mit der Sängerin zusammen angesprochen hatte – der Name Libra schoss ihr in den Kopf – wetterte gerade noch los „Wie sollte auch ein einzelner Hund einen erwachsenen Mann komplett zerstückeln?".

    Sie vergaß ihm auch völlig den Kuchen zu überreichen, denn etwas wichtigeres lag ihr auf dem Herzen, als sie an den großen stattlichen Mann herantrat.

    Herr Dantés, verzeihen sie die Störung und verzeihen sie bitte alle drei das ich ihr Gespräch eben unfreiwillig mitangehört habe“, sie knickste eilig noch den beiden anderen Personen zu die bei ihm standen, „aber ich möchte sie bitten baldmöglichst mit Frau von Busch zu sprechen, auch wenn dies bedeutet diese Rede vorzeitig zu einem Ende zu bringen. Herr von Busch und sie waren letzte Nacht sehr lange beschäftigt und im Augenblick ist es sicherlich besser wenn jemand ihn direkt darauf hinweist das er …“, sie senkte die Stimme, „sich um Kopf und Kragen redet, wenn er so weitermacht.“

    Mit flehendem Blick sah sie dem Grafen in die Augen und festigte ihren Stand nur um weiterzureden, jetzt wo sie angefangen hatte schwoll der Mut in ihrer Brust nach und nach an und verdrängte die Angst.

    „Ich kann mich ja irren, aber wäre es nicht besser sämtliche Vertrauenspersonen in ihr Haus einzuladen um die Frage nach dem weiteren Vorgehen zu klären und um eine Zerspaltung in Parteien zu verhindern? Und vielleicht noch wieso er genau diese Vertrauenspersonen ernannt hat, zumal so viele Zugereiste darunter sind?“


    Sie hüstelte und blickte in die Richtung der Sängerin, Marina hieß sie doch...aber wie weiter?

    „Ihr... entschuldigt bitte, werte Dame.... aber ich weiß nicht wie Politiker sich verhalten, dennoch hat Herr von Busch einige gute Gründe wieso er im Moment nicht ganz im Bilde ist. Er hat letzte Nacht lange gearbeitet und Vorbereitungen getroffen. Er ist wohl weniger verdächtig, nur sehr übernächtigt. Ich hoffe ihr verzeiht wenn ich eure Vermutungen dahingehend enttäuschen muss.“

    Bevor die Sängerin etwas entgegnen kommte unterbrach lauter Lärm der von einigen Streitenden zu kommen schien die Rede des Bürgermeisters ebenso wie alle anderen Gespräche.

    Als Selene erkannte wer sich da gerade fast an die Kehle ging, ließ sie ihren Korb mit dem Kuchen vor Graf Dantés Füße sinken und nahm die Beine in die Hand um zu retten, was zu retten war – und wenn es nur die weiße Schürze ihrer Vorgesetzten war.

    Augenscheinlich hatte eine Frau, die Rebecca ungewöhnlich ähnlich sah, aber nach Alkohol und Knoblauch stank einen Mann niedergeschlagen über dem nun die Obsthändlerin Ava kauerte. Was war hier nur los? Der Mann war im Gesicht über und über mit Blut besudelt...

    Solange Selene nicht klar war was hier vorgefallen war konnte und dürfte sie nicht einschreiten, das stand ihrem Stand nicht zu. Sie versuchte also erstmal den Pulk um die vier Personen aufzulösen, sofern sie nicht schon von Wachen zurückgedrängt wurden die schnell hinzugekommen waren als es zum Schlagabtausch gekommen war, indem sie rief „Es ist vorbei, hier gibt’s nichts mehr zu sehen!“ und einigen weiteren Wachen zuwinkte, damit sie mithalfen diese Situation zu entschärfen.

    Dann kniete sie sich neben die Obsthändlerin und fragte leise „Verehrte Ava, was ist denn hier gerade passiert?“, während sie noch hilfesuchende Blicke nach den übrigen Vertrauenspersonen aussandte und ihr Blick dann an Graf Dantés hängenblieb, der ein wenig fassungslos über das plötzliche Erwachen von Tatendrang in der sonst so unscheinbaren Dienstmagd war.

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