Erschrocken schlug sie die Hände vor den Mund. „Ein Mord?“, rief Ava entsetzt, „Das ist ja furchtbar! Und auf solch grausige Weise umgebracht! Wie konnte jemand dem jungen Reisenden nur etwas derartiges antun?“ Sie war immer noch fassunglos. Noch gestern hatte sie Thorben in der Kneipe gelauscht, als er Shael von seinen Abenteuergeschichten berichtete. Er konnte nicht tot sein. Doch die Realität war nicht so gnädig.
Havelock nickte traurig und Rafael sah sie mitfühlend an. Er hatte sich vor seiner schrecklichen Offenbarung sogar für sein Verhalten am vergangene Tage entschuldigt, auch wenn Ava nicht genau verstand, weswegen. Sie war es doch gewesen, die sich zu aufdringlich nach seinem Privatleben erkundigt hatte.
Und als wollte er sie ablenken, fragte er Ava nun neugierig: "Aber, was mich, um ehrlich zu sein, interessieren würde, ist, wie sie heute Morgen eigentlich in die Stadt gekommen sind. Soweit ich weiß, liegt ihre Plantage außerhalb der Stadt, und die Stadttore wurden heute ja nicht geöffnet. Ich hoffe, sie verzeihen mir meine Neugier."
Sie schniefte noch einmal und brachte dann ein kleines Lächeln zustande. „Ach das. Es gibt eine schmale Stelle in der Stadtmauer, die eingestürzt ist. Mein Mann hat sie mir damals gezeigt, als ich immer auf dem Marktplatz Obst verkaufte, während er sich um die Plantage kümmerte. Es ist um vieles kürzer als der Umweg über die Stadttore, deshalb gehe ich auch jetzt noch gerne dort entlang. Allerdings haben mich auch die Stadtwachen bemerkt und sich gefragt, wie ich Einlass bekommen haben könnte. Der Weg wird nun gesperrt, sie sind gerade dabei, die Mauer zu reparieren. Ich habe zu spät bemerkt, dass uns alle Tore verwehrt sind und sitze nun hier fest...“ Ava schüttelte ratlos den Kopf. „Ich weiß noch nicht genau, was ich nun tun soll. Vielleicht werde ich irgendwo Unterschlupf finden, doch mein schönes Obst... ich habe noch längst nicht alles geerntet und in ein paar Tagen wird es nicht mehr so süß sein, wie es jetzt ist. Wenn ich jetzt nicht noch etwas verkaufe und Obst einlagere, wird das ein harter Winter werden...“ Sie sah die beiden Männer an, dann lächelte sie traurig. „Aber ich schätze, im Moment hat jeder von uns genug einige Probleme.“