Für die gesamte Stadt war dieser Morgen ein ruhiger, nebeliger Mittwochmorgen. Doch in der Barierstube Düsterburgs begann der Tag mit aggressivem Geschreri. "VERDAMMT, DU SAGTEST GESTERN NACHT ERST, ES WÜRDE KEINE PROBLEME MIT DEN LIEFERUNGEN GEBEN!". Sven rastete volkommen aus. Er packte einen Stuhl und warf ihn in Richtung seines 11-jährigen Gesellens, welcher Sven bei allerlei Aufgaben eines Barbiers - vor allem medizinischen Arbeiten, wie Aderlässe oder Wundbehandlungen - unterstützt. Der Junge konnte dem laut krachenden Stuhl noch knapp ausweichen und sagte verängstigt: "Herr, ich habe mich geirrt, aber bitte lassen sie mich leben, es war keine Absicht!" Mit einem zornigen Blick erstarrte Sven vor dem zusammengekauerten Jungen, drehte sich dann ruckartig um und murmelte irgendetwas scharf Klingendes vor sich hin, während er hastig seinen dunkelbraunen Mantel überzog und das Haus ruckartig und mit einem lauten Türknall verließ.
Die kühlen Winde des neuen Tages verachtete Sven wie Küchenschaben, welche sich an Malzeitresten vergreifen. Es interessierte ihn alles nicht. Sein ganzer Beruf ging ihm auf den Nerv und verlieh ihm einen demütigenden Würgereiz. Mit kalten Blick schreitete er durch die erst seit neustem gepflasterten Straßen von Düsterburg. Er hatte sich heute nichts sonderlich Interessantes vorgenommen. Sein Geschäft hat jeden Mittwoch und Sonntag geschlossen. Die einzige bürgerliche Pflicht, der er heute nachkommen musste, war die Kandidatur eines neuen Bürgermeisters. Aber welches Gesindel in dieser affengefüllten Stadt hätte schon die Kompetenzen, dieses Kaff zu leiten? Eine einzige Person fällt ihm ein, welche mindestens den Anstand besitzt, für Ordnung zu sorgen. Der alte Antiquar, welcher nur 5 Straßen von Svens Barbierstube entfernt wohnt. Er hat schon recht oft Svens Geschäft besucht. Bartstutzen und Schröpfen. Die einzige Person, mit der Sven noch keine schlechten Erfahrungen machen musste. Der alte Herr mag zwar sehr mürrisch sein, aber ein Dummschädel ist er nicht...
Sven passierte eine Kreuzung und begegnete den ersten Durchreisenden an diesem Tag. Ein junger, aber eher hässlicher Kerl von kräftigem Körperbau. Links von ihm ging an alter, recht edel gekleideter Mann. Er könnte eine Rasur vertragen. Dann gab es noch eine junge Frau zur rechten des kräftigen Mannes. Eine rothaarige, leicht entnervt wirkende Frau. Die Neuen konnten deutlich den eiskalten Schauer und die düstere Laune mit einem traurigen Unterstrich spüren, welche von dem blassen Barbier ausging. Wortlos und nur mit einem depressiven Blick wollte Sven an den drei Wanderern vorbeigehen, bis sich plötzlich der Hund an ihrer Seite aufschreckte und offensiv zu bellen begann. Doch die einzige Reaktion von Sven war ein grausiges Fauchen mit entsrprechenden Armbewegungen, welches Julie zum Zurückschrecken zwang. Sven rüttelte seinen Mantel und ging stillen Wesens seinen Weg.