Oh Mann, She-Ra and the Princesses of Power!

Ganz für sich stehend fand ich die erste Staffel der neuen Serie noch okay. Der Klischee-Overkill und Love-will-save-us-all-Ansatz (die finale Schlacht wird literally Regenbogen-Style geschlagen xD) hat genervt, und das Design ist enttäuschend minimalistisch simpel gehalten, manche Charaktere sehen geradezu peinlich aus. Ich verzichte mal auf umfassende Beispielbeschreibungen. Auch die Animationsqualität hält sich in Grenzen (dennoch ein Riesenfortschritt gegenüber Filmation-Niveau, aber das war ja auch nicht schwierig ^^). Ironischerweise reißen die Schurken für mich einiges wieder raus. Wie Shieru oben schon schrieb, Catra ist toll. Die einzige Figur die mir wirklich gefällt und die Potential hat. Überhaupt funktioniert die Serie zumindest auf so einer grundsätzlichen Ebene, als Ausgangspunkt für mehr, aber noch mit viel Luft nach oben.

Doch wie immer bei Reboots und Remakes muss sich die Serie für mich den Vergleich mit dem Original gefallen lassen. Habe ja kein Problem mit diversen kleineren Änderungen bei einer neuen Version nach so langer Zeit, speziell wenn die ursprüngliche Serie jetzt nicht gerade als absoluter Popkultur-Klassiker gilt und selbst einige verbesserungswürdige Aspekte hatte. Aber DAS HIER? Sorry, da muss ich mich Knuckles anschließen, die neue Show hat wenn überhaupt nur noch höchst oberflächlich etwas mit dem Vorgänger zu tun und macht visuell, tonal und storymäßig etwas völlig anderes daraus! Die Veränderungen bei einigen Charakteren, ihrer Hintergrundgeschichte und dem Handlungsverlauf sind wirklich Verschlimmbesserungen. Madame Razz sieht völlig anders aus und hat nur einen kurzen Auftritt in einer Episode, während Kowl zu einem Stofftier-Cameo (!) degradiert wurde. Autsch. Swift Wind erinnerte mich nun an diesen weiblichen Droiden aus dem Star Wars Spin-off Solo, denn sobald es den Mund aufmacht redet das Vieh nur noch davon, wie es andere versklavte Pferde aus ihren Ställen befreien möchte usw., ätzend.

Sowas hasse ich, da die Macher mit solchen Entscheidungen einfach null Respekt vor dem Original zeigen und den Namen mit seinem Wiedererkennungswert und Nostalgiefaktor nur für mehr Aufmerksamkeit ausnutzen, um ihr eigenes Ding draus zu machen. Wenn die Verbindungen ohnehin so minimal sind, wäre das hier wesentlich interessanter gewesen, wenn man sich den She-Ra-Faktor und damit auch die ganzen Vergleiche komplett gespart hätte. An dem Ursprungsmaterial und einem authentischen Update dazu hatte Noelle Stevenson offenbar kein ehrliches Interesse. Von der Nimona-Autorin hatte ich mehr erwartet.

Während Catra so viel interessanter gemacht wurde als damals, kann man das von Adora /She-Ra nicht gerade behaupten. Sie ist jetzt tollpatschig, inkompetent und stolpert fremdgelenkt vom einen Plotpunkt zum nächsten, trifft kaum selbst bewusste und aktive Entscheidungen. Während sich die frühere Adora hinterfragte und nach dem Hinweis ihres Bruders erstmal selbst auf einer Reise davon überzeugte, dass die Horde fiese Invasoren sind, die eine Terrorherrschaft errichten, geschieht in der aktuellen Fassung alles Wichtige mehr oder weniger zufällig oder wird von anderen von außen aufgedrückt. Stichwort Agency bzw. deren Abwesenheit. Die Protagonistin gibt hier nicht mehr den Ton an. Darüber hinaus wurden fast alle Verbindungen zu He-Man und Eternia gekappt, die in der Serie aus den 80ern noch eine bedeutende Rolle spielte.

Unter Dreamworks-TV-YouTube-Videos wurde wieder der Zensurhammer geschwungen, um unliebsame Kommentare mitsamt berechtigter Kritik zu löschen. Bei der Optik gehen die Probleme mit der Titelheldin weiter. Über das eigentliche She-Ra Redesign wurde ja eine Mini-Kontroverse im Netz und unter Fans ausgelöst ^^ Und nein, mir geht es nicht darum dass sie früher mehr Haut zeigen durfte, sondern darum, dass sie einfach bad-ass war, eine Kriegerin die Stärke und trotzdem Anmut ausstrahlte. Das Redesign erscheint mir subjektiv und in Aktion jedoch echt hässlich, ganz besonders die überdimensionierten Schulterpolster (?), die ihr ganzes Profil viel zu sehr in die Breite gehen lassen, sowie die kurzen, weißen, hautengen Sport-Leggins, die mal sowas von nicht dort reinpassen und wahrscheinlich einfach nur ein Mittel waren, um Animationsaufwand zu sparen (Hose und Bein werden bloß durch einen Strich getrennt und verschiedenfarbig angemalt). WTF? Auch dass sie durch die Verwandlung physisch so viel größer wird hätte nicht sein müssen.

Nicht nur war Adora /She-Ra in den 80ern noch der unangefochtene Mittelpunkt der Serie - die Verwandlungssequenz speziell in brenzligen Situationen markierte auch das jeweilige Highlight der Folge. Jetzt taucht She-Ra (also Adora verwandelt) kaum noch auf und das eigentlich Traurige dabei ist, dass ich wirklich froh darum bin. Die Protagonistin und Titelfigur ist mitunter der langweiligste und ödeste Part des Reboots. Überhaupt frage ich mich, ob nicht irgendwas gehörig falsch läuft, wenn ich die ganze Zeit auf Seiten der Horde bin und hoffe, dass sie gegen die Prinzessinnen-Allianz siegen Catra ist wie gesagt klasse, aber auch Shadow Weaver taugt was und bei Hordaks bisherigen kurzen Auftritten wurde soweit alles richtig gemacht.

Stimme Shieru ebenfalls zu, dass die Folge mit dem Prinzessinnenball die bisher beste war *g* Insgesamt war diese Neuauflage schon recht unterhaltsam, nur irgendwie aus den falschen Gründen (unfreiwillig sehr cheesy und cringy) und mit einer Reihe von dicken Fehlern, Makeln und Schnitzern. Für viele Fans der Originalserie ist das leider gar nix, die Fantasy-Elemente wurden zurückgefahren, viel mehr erinnert die aktuelle Version stellenweise an einen japanischen Magical-Girl-Abklatsch. Für bedeutend jüngere Zuschauer taugt das schon eher was, aber ich finde es trotzdem schade, dass man hier keine etwas originalgetreuere Umsetzung gewagt hat. Falls es eine zweite Staffel geben wird, hoffe ich auf diverse Verbesserungen, dann könnte das vielleicht noch was werden. Würde die auch schauen, wobei es inzwischen mehr so eine Art morbide Neugier ist, wie ein Unfall, bei dem man einfach nicht weggucken kann



Zitat Zitat von Shieru Beitrag anzeigen
Aber OK, selbst damit könnte ich leben, wenn nicht die Tatsache wäre, dass die Charaktere meistens NULL Shading haben, und die Haare (die auch noch meist extrem schlecht animiert wurden) auch einfarbige Blobs sind. Vor allem Adoras Haare leiden darunter bis zuletzt, während die Haare anderer Charaktere (z.B. Mermista) in späteren Episoden in einzelnen Sequenzen gelegentlich ein bisschen (man beachte die zahlreichen Einschränkungen, die ich hier verwende) Shading spendiert bekommen.

Sorry, aber wenn man schon Animesque Charadesigns benutzt, dann muss man auch das entsprechende Detail in die Frisuren stecken. Die Kampfsequenzen selbst sind auch einfallslos und extrem hölzern animiert - man hatte wohl kein hohes Budget? In Episode 2 und 13 ist z.B. öfter mal die Rede von "Horde-Armeen", zu Gesicht bekommt man die jedoch nicht. Zudem haben die Animatoren vergessen, dass Adora ja das Schwert mit sich herum trägt (sie zieht es sich wohl bei Gelegenheit aus dem Hintern), zumindest bis Episode 11, ab der man sich einen Spaß daraus machen kann, zwischen den einzelnen Shots zu gucken, ob Adora jetzt ihr Schwert auf den Rücken gezeichnet wurde oder nicht - macht nur kein Trinkspiel daraus Übrigens ändert sich die Farbe des She-Ra Outfits in der letzten Episode ohne jegliche Erklärung (sieht aber so besser aus).
Dito. Vor allem verstehe ich auf künstlerischer Ebene die Gründe für diesen billigen Stil einfach nicht, falls die hier nicht ganz schlicht gespart haben an Zeit und Geld. Ich weiß nicht, ob du mal Voltron: Legendary Defender gesehen hast, ebenfalls ein Netflix-Cartoon-Reboot, das genau wie She-Ra von DreamWorks Animation Television produziert wurde, aber in absolut jeder Hinsicht besser aussieht. Das mit dem Schwert ist mir übrigens auch aufgefallen ^^

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Man merkt, dass die Writer den Konflikt der Charaktere am liebsten komplett auf die emotionale Ebene verlagert hätten, aber von den Dreamworks Executives trotzdem ein Minimum an World und Character Building verlagt wurde (was sie aber trotz allem nicht geliefert haben). Das Problem an der Sache ist, dass She-Ra in erster Linie eine (ziemlich seichte) Comedy ist, zumindest so lange, bis man die Charaktere und deren geANGSTe erst nehmen soll. Die immer gleichen Konflikte ("Ich bin so wertlos, ich bin an allem Schuld, ich bin so schlecht!" "Nein, bist du nicht, wir lieben dich, WIR waren es, die wertlos, schlecht, etc") werden ad absurdum wiedergekaut und sind so auch Teil des Deus Ex Machinas des Finales, das gerade deshalb trotz der Tatsache, dass man hier nur auf die Ebene "ITS MAGIC, IT JUST WORKS" hätte gehen können, unglaubwürdig wirkt.

Dadurch wirken die Charaktere aber irgendwann nur noch unsympathisch, vor allem, weil die geballte Inkompetenz dieser REBELLEN-ANFÜHRER, die einem jede Episode als Comedy-Gag vor die Füße geknallt wird, einen irgendwann nur noch mit den Augen rollen lässt, und man am liebsten schreien möchte: Ja, du bist schlecht in deiner Rolle, und nein, die Macht der Liebe kann keine Kompetenz in einem Krieg ersetzen. ÄNDERE WAS!

(...) Es ist nur in einer Serie, in der ohnehin alle Charaktere ungezwungen miteinander herzlich umgehen (selbst die Wilde Horde besteht hier nicht aus Robotern, sondern ist eine große, leicht ruppige aber immer noch liebende Familie, wenn man von Hordak und Shadow Weaver mal absieht) nicht besonders mutig
Für mich beißten sich diese Aspekte oft. Im Prinzip finde ich die Comedy sogar relativ gelungen, aber wenn dann ne halbe Minute später das große Drama betont werden soll, funktioniert das irgendwie nicht mehr effektiv. Anders ausgedrückt, völlige tonale Dissonanz. Man weiß nie so recht, wann man die Story ernst nehmen kann/soll und wann nicht. Ein ernstes Setup wird für spaßige Lacher verwendet während absolute Banalitäten zu angsty Auseinandersetzungen führen.

Für meinen Geschmack haben sich in der Serie alle etwas zu lieb Das ist besonders bei der Horde und ihrer Interaktion mit den Rebellen ein Problem, denn die sollten eigentlich auf den Tod verfeindet sein. Einerseits fand ichs schön, dass mehr auf das Training bei den Invasoren eingegangen und damit eben nicht nur Adoras und Catras Vergangenheit beleuchtet, sondern dem Saftladen der Schurken dort auch viel stärker ein nachvollziehbares Gesicht gegeben wird. Andererseits ist das herzlich wenig wert, wenn sie dadurch massiv weichgespült werden und sich dann unter anderem ein junges und ultra-naives Mitglied der Horde von einem Gefangenen (!) in Sekundenschnelle dazu überreden lässt, wichtige Informationen preiszugeben, nur weil ihm endlich mal jemand zuhört und er davor ja nie ernst genommen wurde und gerne Freunde hätte und... erneut: WTF?

Ich erwarte ja kein blutiges Gemetzel, und dass es zwischen der Heldentruppe und den Schurken gewisse Schnittmengen gibt hat irgendwo auch seinen Reiz, gerade bei diesen verjüngten Charakteren, aber sorry, wenn überhaupt keine ernsthafte Bedrohung mehr zu spüren ist, dann taugt auch der eigentliche Konflikt nicht viel. Teilweise hatte ich den Eindruck, dass von der Gründer-Technologie eine viel größere Gefahr ausgeht als von den Bösewichten. Denke nicht, dass das so beabsichtigt gewesen ist.

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Falls die Macher auf die (berechtigte!) Kritik hören, die jetzt kommt (und sich nicht von dem Hate verunsichern lassen, der leider jetzt schon zirkuliert) kann man hierraus was brauchbares machen, wenngleich es auch nie nen weltbewegenden Level erreichen wird - dazu ist einfach jetzt schon zu viel für die Tonne. (...) Die alte She-Ra-Serie war ja auch weiß Gott kein Wunderwerk, es war eine Serie für Kids, die aber Regeln hatte und in sich konsistent war! Und hey, von He-Man gab es 2002 eine Neuauflage, die wesentlich bessere Animationen und besseres Writing hatte als She-Ra 2018. (...) In meiner Kindheit habe ich mir oft gewünscht, dass Cartoons das Gefühlsleben der Charaktere ernsthafter beleuchten; mit Ausnahme von Catra, die wohl auf Grund eines schieren Zufalls der beste und komplexeste Charakter der Serie ist, macht She-Ra jedoch hier alles falsch, was man falsch machen kann
This! So much this! Und ja, He-Man von 2002 hat gezeigt, wie man so etwas besser machen und würdig updaten kann, auch ohne sich inhaltlich übermäßig weit zu entfernen.