Die langen großen Ferien (Les Grandes Grandes Vacances, 2015)






Die jungen Geschwister Ernest und Colette aus Paris besuchen über die Ferien ihre Großeltern auf dem Land in der Normandie. Aber es ist Ende 1939 und der Zweite Weltkrieg bricht in Europa aus. Der Vater muss an die Front und der Mutter geht es gesundheitlich nicht gut, sodass sie zu einem Sanatorium in die Schweiz reist. Die Kinder sind in der neuen Umgebung auf sich gestellt, aber finden schnell neue Freunde und erleben diverse Abenteuer, mit dem Krieg als ständiger Begleiter. Besatzung, Resistance, Entbehrungen... Wer hätte gedacht, dass ihre "Ferien" den ganzen Konflikt lang andauern würden?

Die Serie hat zehn Folgen mit je ca. 25 Minuten Laufzeit, ist zurzeit auch auf Netflix verfügbar (dort seltsamerweise als fünf Doppelfolgen zusammengeklebt, warum auch immer) und kann ich nur dringend empfehlen! Die Geschichten basieren auf realen historischen Zeugnissen und Berichten, die zur hohen Authentizität beitragen. Dabei wird die Handlung stets aus der Perspektive der Kinder erzählt und ist somit trotz des schwierigen Themas für die ganze Familie zugänglich und geeignet - für jüngere Zuschauer ist es ein toller Einstieg zur Auseinandersetzung mit dem Krieg, und erwachsene Zuschauer werden die eine oder andere eigene Erinnerung aus früheren Tagen darin wiederfinden und bekommen ein tolles Porträt der Ereignisse mit einem frischen Blickwinkel.

Anders als in vielen anderen Produktionen mit einem solchen Setting wird auf übertriebenen Pathos und Belehrungen mit dem Holzhammer angenehm verzichtet. Die Charaktere sind glaubwürdig und machen eine interessante Entwicklung durch. Dabei wird das Geschehen niemals zu düster. Untermalt wird die Serie von sehr nostalgisch wirkender Musik, was mir besonders zugesagt hat. Das Design stammt von Comiczeichner Emile Bravo. Der Animationsstil ist ebenfalls überzeugend, denn hier gehen die vorhandenen CG-Elemente fließend und nahtlos in 2D-Zeichnungen auf, sodass man die einzelnen Bestandteile auf den ersten Blick kaum auseinanderhalten kann. Sie verschwimmen zu einem runden Ganzen, wie aus einem Guss, ohne je die Immersion zu stören. Figuren (teilweise?) aus dem Computer sehen aus wie traditionell animiert usw., auch die Bewegungen bleiben stets lebendig und flüssig. Genau so muss das sein.

Les Grandes Grandes Vacances hat nicht ohne Grund einige Preise bekommen. Schaut mal rein wenn ihr damit auch nur grob was anfangen könnt. Hat mir ausgesprochen gut gefallen und kann man super an zwei bis drei Abenden gucken.