Ergebnis 1 bis 8 von 8

Thema: Review Thread #1 - The Warm Up

  1. #1

    Review Thread #1 - The Warm Up

    Hallo allerseits,

    da ich sehr gerne schreibe und auch sehr gerne Musik höre (wer nicht?), habe ich mir überlegt, mal einen Review-Thread aufzumachen. Leider ist das Review-Forum ja schon lange tot und auch sonst werden hier nur sehr selten Reviews gepostet. Wer jetzt wieder sagt, Reviews bringen nichts und sind ein veraltetes Instrument, um Musik an den Mann oder die Frau zu bringen, soll die Klappe halten. Ganz einfach. Als es das Review-Forum noch gab, habe ich sehr gerne Reviews geschrieben (ich glaube Trigaram und ich waren praktisch die einzigen) und selbstverständlich tue ich das immer noch. Ausserdem habe ich an der Anzahl Klicks gesehen, dass meine Reviews immer sehr gut besucht waren, das freute mich natürlich enorm. Auch haben mir einige Leute gesagt, dass sie durch meine Reviews auf Alben aufmerksam geworden sind, die sie sich danach gekauft haben.
    Ich werde hier nur Alben reviewen, die mir gefallen und die ich geil finde. Ein Drecksalbum zu beschreiben, wie Scheisse es ist etc., dafür ist mir meine Zeit mittlerweile zu schade. Ich werde in diesem Thread ungefähr wöchentlich ein neues Album vorstellen. Selbstverständlich könnt ihr mir Feedback geben, vielleicht stosst ihr durch diesen Thread auf neue Musik, die euch sogar gefällt, oder ihr findet ein Album, dass ich reviewt habe, total Kacke, aus diesem und diesem Grund usw. Aber hauptsächlich geht es mir einfach darum, meine Freude am Schreiben und der Musik auszuleben und wenn dabei jemand noch ein Goldstück findet, dass er in seine heimische Plattensammlung stellen kann, ist doch sowieso alles paletti, oder? Also dann, auf viele Reviews und macht's gut,

    euer D-M


    p.s.: Erstes Review folgt im Laufe des Tages.
    p.p.s.: Selbstverständlich dürft ihr auch eure eigenen Reviews hier einstellen, wenn ihr Lust dazu habt.

  2. #2
    Super Sache das
    Ich werde sicherlich auch wieder mal das eine oder andere Review hier reinstellen - toller Thread

  3. #3


    Revocation - Chaos of Forms
    Reviewed by deserted-monkey



    Veröffentlichung: August 2011
    Herkunft: Boston, Massachusetts, USA
    Stil: Progressive, Thrash, Death
    Web: http://www.myspace.com/revocation
    Spielzeit: 46:59
    Tracks: 12


    Revocations Chaos of Forms ist eine metallische Wundertüte, die ihr bombastisches Feuerwerk gleich beim ersten Anhören zündet. Jeder der zwölf Songs versteht es, den Hörer mitzureissen, hinfort auf eine Reise quer durch alles, was das hartmetallische Universum zu bieten hat. In den knappen fünfzig Minuten Spielzeit, die Revocation auf ihren dritten und neusten Longplayer gebannt haben, wird ein derart breites Spektrum an Musik geboten, wie einige Bands es in ihrer gesamten Karriere nicht hinkriegen. Ohne Scheiss! Auch diesmal ist die Basis technisch komplexer Thrash Metal, welcher praktisch ständig auf der Grenze zum Death Metal hin- und hertanzt. Trotz vieler technischer Finessen, klassischen und anspruchsvollen Solis, plötzlicher Tempowechsel und dem Einsatz genrefremder Instrumente wie zum Beispiel einer Hamond Orgel, verliert der Hörer niemals den roten Faden aus den Augen (Ohren), welcher sich durch das ganze Album zieht. Revocation sind ein musikalisches Überfallkommando, dass dich unvorhergesehen und mitten in die Weichteile erwischt.

    Chaos of Forms klingt genau so, wie moderner Metal klingen sollte. Frisch, eingängig, melodiös, intelligent. Zuweilen vielleicht auch etwas verrückt, aber genau das sorgt für die richtige Portion Überraschung. Immer wieder schütteln die Musiker einen erneuten Twist aus den Ärmeln, der selbst nach zigmal anhören noch nicht langweilig wird. Jedes der zwölf Stücke auf Chaos of Forms hat seine Daseinsberechtigung, nichts wirkt uninspiriert oder fehl am Platze. Dieses Album strotzt vor Spielfreude und Mut zur musikalischen Horizonterweiterung. Songs wie Beloved Horrifier oder Reprogrammed grooven dir die Rübe weg, während Cradle Robber und No Funeral mit überraschendem Clean-Gesang aufwarten und Conjuring the Cataclysm mit einer sehr schönen akustischen Gitarreneinlage verzaubert.

    Obwohl wirklich jedes Lied anders klingt als das vorhergehende, so hat man nie das Gefühl, verschiedene Alben zu hören. Trotz der zum Teil enormen musikalischen Diversität klingt alles wie aus einem Guss. Unterstützt wird die ohnehin sehr gute akustische Darbietung von einer druckvollen Produktion, welche einfach Freude bereitet und alle Instrumente und Details gut in Szene zu setzen weiss. Die beiden Gitarristen zocken mörderische Riffs, der Schlagzeuger thrasht, groovt, holzt und fetzt einfach alles in Grund und Boden, der Bass bratet wie kein anderer und der Sänger kreischt und brüllt in bester Metalcore-Manier. Alles passt hervorragend zusammen und ergibt einen Mix, von dem man nach dem ersten Anhören nicht mehr so schnell genug kriegen kann. Dafür wird auf Chaos of Forms einfach viel zu viel geboten.

    Obwohl die beiden Vorgängeralben ziemlich zerrissen wurden, werden Revocation in der Szene mittlerweile schon fast als "Retter des Metal" angesehen. Ob ich diese Meinung teilen kann, weiss ich ehrlich gesagt nicht und möchte auch keine solche Aussage machen, aber Revocation ist sicher eine junge Truppe (Gründungsjahr 2006) die ihr eigenes Ding durchzieht und sich ganz deutlich von der Masse an Klonen abhebt, welche immer wieder die gleiche, gesichtslose Mukke spielen und nichts anderes tun, als sich in den Schatten grosser und namhafter Bands auszuruhen.

    Geändert von deserted-monkey (22.09.2011 um 17:33 Uhr)

  4. #4
    Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht 

Name:	Staind2011cdcover.jpg 
Hits:	97 
Größe:	74,6 KB 
ID:	10447
    Staind - Staind

    • Genre: Alternative
    • Produzent: Johnny K
    • Release: 13.09.2011
    • Gesamtlänge: 42:10
    • Bewertung: 8/10


    Review
    Glatte 10 Jahre ist es her, dass Staind mit ihrem dritten Album „Break The Cycle“ (2001) und den dazugehörigen Singles „It’s been awhile“, „Outside“ und „For You“ zu Weltstars geworden sind. Die danach veröffentlichten Alben konnten diesen Status zwar in den USA weiterhin bestätigen, blieben beim Rest der Welt mit eher mittelmäßigem Interesse bedacht.
    Das schlicht „Staind“ betitelte siebte Album soll der Band aus den USA auch außerhalb ihrer Heimat wieder mehr Geltung verschaffen und das mit derart rabiaten Mitteln, die man so lange nicht mehr von der Band gehört hat.

    Bereits die Eröffnungsnummer „Eyes wide open“ lässt einen gespannt aufhorchen; in einer derart aggressiven und angepissten Grundstimmung – und gleichzeitig wieder mitreißend und einprägsam im Refrain – hat man die Band seit Jahren nicht mehr gehört. Die Riffs brettern wie wild und Aaron Lewis packt mal wieder sein Gebrüll aus, das man so zuletzt auf „Dysfunction“ (1999) erleben durfte.
    Und die Richtung, die der erste Song vorgibt, wird bis zum letzten Song auch konsequent durchgezogen. Mal geht es mit etwas mehr melodischem Anteil zur Sache („Not Again“, „Throw It All Away“), mal werden auch Genrekollegen zitiert („Failing“, der ein wenig an Alice In Chains erinnert) oder einfach nur ohne Kompromisse abgerockt („Now“). Dabei vergisst die Band niemals ihre Stärken und die sind neben den harten Riffs auch einprägsame Melodien, authentisch transportierte Emotionen und die großen Refrains zum Mitsingen. Jeder der 10 Songs ist mit solch einer Melodie und solch einem Refrain gesegnet, die mal schneller, mal langsamer zünden; so bleibt „Eyes Wide Open“ direkt nach dem ersten Durchgang im Kopf hängen, während man sich in Stücke wie das düstere „Wannabe“ oder das drückende „Take A Breath“ reinhören muss. Das Tempo der neuen Songs bewegt sich dabei in einem recht übersichtlichen Bereich zwischen mittlerem Tempo und ein wenig schneller als mittleres Tempo. Das lässt die Stücke über kurz oder lang ein wenig gleichförmig erscheinen, lediglich „Something To Remind You“ kann als einzige des Albums Ballade hervorstechen. Dennoch kann sich das Album hören lassen, denn sowohl handwerklich wie produktionstechnisch wissen Staind ganz genau, was sie wollen. Gitarrist Mike Mushok überzeugt auf ganzer Linie mit seinem Spiel und den feinen Soli, die wohl dosiert über das Album verteilt sind und Bassist Johnny April liefert pumpende Rhythmen und Grooves zum Mitwippen, während Schlagzeuger Jon Wysocki bei seinem letzten Album für Staind wieder einen hervorragenden Job macht (Wysocki verließ die Band nach Abschluss der Aufnahmen – Anm. d. A.). Aber am Erstaunlichsten jedoch ist wieder einmal die Wandlungsfähigkeit der Stimme von Aaron Lewis. Während er auf dem letzten Album („Illusion Of Progress“, 2008 ) eher in den melancholischen Gefilden unterwegs war, bietet er auf „Staind“ sein vollständiges Gesangsspektrum auf. Von wütendem Geschrei über melodischen Gesang bis hin zu aggressiven Brüllen tobt sich der Sänger komplett aus und bindet seine Stimme wie so oft als eigenständiges Instrument ein.
    Doch so sehr man sich darüber freuen kann, dass mit „Staind“ die rockigen Wurzeln der Band wieder offengelegt wurden, so sehr muss man sich auch der Tatsache stellen, dass die Songs allesamt recht austauschbar wirken. Als Anhänger der Band dürfte einen diese Tatsache wohl wenig interessieren.

    Mit „Staind“ vollzieht die Band beinahe eine Wendung um 180° und demonstriert eindrucksvoll, dass sie es nicht verlernt haben, richtige Bretter unters Volk zu bringen. Den Erfolg ihres Megasellers von 2001 werden sie damit wohl kaum erreichen, doch „Staind“ sollte zumindest das Zeug dazu haben, die Band auch dem Rest der Welt wieder in Erinnerung zu rufen.

    Tracklist
    1. Eyes Wide Open (03:30)
    2. Not Again (04:34)
    3. Failing (05:26)
    4. Wannabe (03:49)
    5. Throw It All Away (04:24)
    6. Take A Breath (03:56)
    7. The Bottom (04:15)
    8. Now (03:44)
    9. Paper Wings (04:23)
    10. Something To Remind You (04:07)

  5. #5


    Mastodon - The Hunter
    Reviewed by deserted-monkey



    Veröffentlichung: September 2011
    Herkunft: Atlanta, Georgia, USA
    Stil: Progressive, Sludge, Stoner, Metal
    Web: http://www.myspace.com/mastodon
    Spielzeit: 53:01
    Tracks: 13


    Schon mal von Mastodon gehört? Solltest du nämlich. Wenn nicht, gibt es einiges nachzuholen. 1999 gegründet hauen die Jungs von Mastodon beständig Alben und EP's raus (mittlerweile 5 Alben und 6 EP's plus zahlreiche Singles und Compilations). Bisher habe ich nur das 2004er Album Leviathan ausführlich gehört und war damals ziemlich begeistert. 2011 sind die Mannen um Mastodon nun mit ihrem fünften Full-Length-Release am Start und zeigen eindrücklich, wie vielseitig gut gespielter Metal sein kann. Mastodon in irgendwelche Genregrenzen einzuengen fällt schwer, doch ihre Musik lässt sich am besten als Progressive Metal beschreiben. Angefangen haben die Jungs als reine Sludge Band, haben sich aber in den mittlerweile mehr als zehn Jahren Bandbestehen kontinuierlich weiterentwickelt und wildern zunehmend in anderen Spielarten des Metals, welche sie scheinbar ohne Schwierigkeiten in ihren breitgefächerten Sound integriert haben. Auch die neue Platte zeigt eine Band, die definitiv weiss, was sie tut und ihre Fähigkeiten umzusetzen und an den Hörer zu bringen versteht.

    Auf The Hunter ist so einiges an Songmaterial vertreten, dass beim ersten Hörgang nicht direkt Zugang finden wird. Dafür ist der Sound teilweise einfach zu verspielt und der Aufbau der einzelnen Songs so verschieden, dass man gar nicht alles auf einmal aufnehmen kann. Stücke wie Spectrelight oder das superbe Curl of the Burl sind echte, ziemliche straighte Gassenhauer, denen man noch relativ gut folgen kann. Mit zunehmender Spielzeit wird die Musik allerdings immer verträumter und seltsamer. Beispielsweise Creature Lives ist ein echt schräges Teil, dass mit einem langen, von dröhnenden Geräuschen und Gelächter begleiteten Intro beginnt, dass irgendwie so klingt, als würde man von einem Alienraumschiff in dessen Bauch hinaufgebeamt werden. Danach setzt ein dezentes Riff ein, dessen Melodie einem die ganze Zeit irgendwoher bekannt vorkommt, man aber nie genau sagen kann, woher. Der Titeltrack The Hunter ist ein cooler psychedelischer Song, der mit sehr schönem Gesang aufwartet. Selbstverständlich gibt es, wie zuvor schon erwähnt, auch etwas härtere Stücke. Zum Beispiel bei Blasteroid gibt's dann im Refrain auch mal richtiges Hardcore-Geschrei, dass sich aber herrlich in das Gesamtbild einzufügen weiss.

    Mastodon produzieren einen Sound, in dessen Gewand gehüllt sich jede Minute wie eine Ewigkeit anfühlt. Dies ist beileibe nicht negativ zu verstehen, denn die Musik lässt dich einfach träumen, vergessen, halluzinieren. Obwohl jeder Song knackig und kurz daherkommt (nur zwei Songs sind über fünf Minuten lang), bleibt dieses Gefühl durch das ganze Album bestehen. In jedem Stück sind herrliche, kleine Melodien versteckt, die schnell im Ohr hängen bleiben und sich dort einnisten. Ich habe mich schon öfters erwischt, wie ich eine Melodie gesummt habe und erst gar nicht wusste, was das ist, was ich da summe. Doch dann bemerkte ich, dass es eine solche Melodie aus einem der dreizehn Lieder auf The Hunter war. Mastodon produzieren mit ihrem neusten Streich eine sogähnliche Wirkung, so dass man immer wieder zu ihrem Sound zurückkehrt.

    Auch haben sich Mastodon nach über zehn Jahren und vielen Erfolgen noch nicht dem Kommerz verschrieben. Dafür ist die Musik einfach viel zu sperrig und vertrackt. Auch folgen sie keinem bekannten Konzept, sondern packen ihre verrückten Ideen in erstaunliche Soundgewänder, die teilweise fragil, andernteils schon fast erdrückend wirken und so einen bunten Strauss an unkonventioneller Musik entstehen lassen. Lyrisch ist das Ganze wohl auch ziemlich abgefahren, von Sex im All bis hin zu einer Geschichte über Monster ist so praktisch alles vertreten. Mastodon ist keine Band um mal eben im Hintergrund zu hören (funktioniert natürlich schon, aber das Meiste wird dadurch nicht greifbar sein), sondern sollte am besten in einem dunklen Raum mit Kopfhörern gehört werden. Wenn du dazu noch ein kleines Hilfsmittel wie einen Joint verwendest, wirst du vollends in eine andere Welt geblasen. Aber auch ohne solche Hilfsmittel ist The Hunter definitiv eine Reise wert! Somit spreche ich eine Empfehlung an alle Musikjünger aus, die's gerne mal etwas anders mögen und sich überraschen lassen wollen. Ein musikalischer Trip der Güteklasse A. Viel Spass!

  6. #6
    Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht 

Name:	Evanescence_Album.jpg 
Hits:	63 
Größe:	43,5 KB 
ID:	10738
    Evanescence - Evanescence

    • Genre: New Metal / Alternative Rock
    • Produzent: Nick Raskulinecz
    • Release: 11.10.2011
    • Gesamtlänge: 47:15
    • Bewertung: 8/10


    Review
    Mit „Fallen“ (2003) katapultierte sich die Band Evanescence aus dem Untergrund direkt in die großen Hallen dieser Welt. Das ambitionierte und durch den Ausstieg von Gründungsmitglied und Songwriter Ben Moody beeinflusste Nachfolgewerk „The Open Door“ (2006) konnte an diesen Erfolg nicht anknüpfen und so schien sich die Band um Sängern Amy Lee wieder in den Untergrund zurückgezogen zu haben. So dachte man, doch nun steht mit „Evanescence“ ein neues Album der Gruppe aus Little Rock (Arkansas) ins Haus, auf dem man versucht, die Glanztaten vergangener Zeiten in die Gegenwart zu überführen.

    Die Stilistik oder die musikalischen Mittel, die bereits ihr Erfolgsalbum mit einigen unwiderstehlichen Songs bestückt haben, werden auch auf der dritten offiziellen Veröffentlichung zur Rate gezogen. Das bedeutet also wieder geradlinige Rocksongs, einige ruhige und vom Piano getragene Momente und ganz viel Eingängigkeit. Gleichzeitig wurden die über weite Strecken wie Fremdkörper wirkenden Kompositionen des Vorgängers von 2006 dankenswerter Weise in der Schublade behalten, so dass sich Evanecnece wieder im vollen Umfang auf das konzentrieren, was sie einst so berühmt gemacht hat. So klingen Titel wie „The Change“, „My Heart Is Broken“, die sich langsam steigernde Ballade „Lost In Paradise“, das mitreißende „Oceans“ oder der ruhige Albumabschluss „Swimming Home“ wie von ihrem Debüt und vereinen eben jene genannten Markenzeichen, jedoch ohne dabei eine ähnlich hohe Ohrwurmqualität aufzuweisen. Interessanter sind da schon Stücke wie die Eröffnungsnummer und erste Single „What You Want“, das mit einem unheimlich energischen Schlagzeugspiel und einer dezenten Referenzen an Depeche Mode beginnt und sich über eine ausladende Bridge in einen großartigen Refrain steigert. Hier zeigt das Quintett, dass es noch immer in der Lage ist, tolle Songs und vor allem starke Hits zu schreiben (alleine das grandiose Finale von „What You Want“ verursacht Gänsehaut). „Erase This“ hingegen lebt vor allem von dem dynamischen Mitwirken des Pianos, das erfrischender Weise nicht in einem melancholischen oder wehklagenden Song zum Einsatz kommt, sondern gleichwertig mit dem Rest der Band einen leicht epischen Song rockt. In diesen Momenten zeigt die Band ihre eigentliche Klasse, wenn sie aus ihren eigenen Konstrukt ausbricht und neue Dinge ausprobiert. Dazu gehört die Rückkehr zu mehr Härte, die man vor allem in dem mit leicht schleppenden Riffs beginnenden „Made Of Stone“, dem rhythmisch groovenden „The Other Side“ oder „The End Of The Dream“ mit seinem epischen Refrain hören kann. Und wenn eine Band sich wagt, in einem Song wie „Sick“ die Kanadier von The Birthday Massacre zu zitieren macht eindeutig klar, dass sie eh nichts zu verlieren haben.
    „Evanescence“ versprüht eine angenehme Frische und Leichtigkeit, die dem Vorgängeralbum an so vielen Stellen gefehlt hat. War „The Open Door“ so etwas wie eine Findungsphase, so hat sich die Band mit ihrem dritten Album etabliert. Auf instrumentaler Ebene gibt es eigentlich kaum etwas, was man ankreiden könnte; die Riffs sind knackig, die Melodien eingängig, der Groove hat sogar noch um einiges zulegen können und die Stimme von Amy Lee passt wieder fabelhaft zu den Stücken. Das Einzige, was man der Sängerin ankreiden kann ist die wenige Abwechslung in ihrem Gesang; auf „Fallen“ oder auf dem Demo „Origin“ bewegte sich die gute Frau stimmlich auch mal in etwas tiefer gelegenen Gefilden oder nahm bedrohliche Klangfarben an. Auf „Evanescence“ pendelt der Gesang zwischen pathetisch, normal und melancholisch. Doch angesichts der durchweg starken 12 neuen Stücke dürfte dieser Punkt Jammern auf wirklich hohem Niveau darstellen.

    Das dritte Album ist also einer Art Befreiungsschlag gleichgekommen und die schlichte Betitelung „Evanescence“ scheint darauf hinzudeuten, dass die Band nunmehr ihren eigenen Stil gefunden hat. Der unterscheidet sich zwar nur marginal von dem, was man bereits 2003 von ihnen gehört hat, doch unterm Strich haben sie es wieder geschafft, einige wirklich gute Songs zu kreieren.

    Tracklist
    1. What You Want (03:41)
    2. Made of Stone (03:33)
    3. The Change (03:42)
    4. My Heart Is Broken (04:29)
    5. The Other Side (04:05)
    6. Erase This (03:55)
    7. Lost in Paradise (04:42)
    8. Sick (03:30)
    9. End of the Dream (03:49)
    10. Oceans (03:38 )
    11. Never Go Back (04:27)
    12. Swimming Home (03:43)

  7. #7


    Blood Revolt - Indoctrine
    Reviewed by deserted-monkey



    Veröffentlichung: Juli 2010
    Herkunft: Edmonton, Alberta, Kanada
    Stil: Black, Death, Doom, Thrash, Grind
    Web: http://www.bloodrevolt.com/ (leider keine Myspace-Seite)
    Spielzeit: 42:15
    Tracks: 8


    Extrem-Geknüppel der fiesesten und gleichzeitig besten Sorte zelebrieren Blood Revolt auf ihrem Debüt-Langeisen Indoctrine. Die drei Mitglieder der Truppe haben allesamt schon in anderen Projekten ihr musikalisches Können unter Beweis gestellt, sie wissen also, wie man's macht. Unter dem Namen Blood Revolt verbirgt sich der audiophone Weltuntergang. Ein rauer, kratziger und verstörender Mix aus norwegischem Black Metal, Death Metal der alten Schule, bratendem Doom Metal, einer handvoll knüppelndem Thrash und einer Prise Grindcore wird hier dem Hörer um die Ohren gehauen, bis es nur noch blutet. Das lyrische Konzept beruht auf der Geschichte eines Mannes, welcher gegen das System und organisierte Religion rebelliert, wobei er letztendlich Erlösung und Rache im Lauf einer Pistole findet. Indoctrine ist ein dreckiges und psychotisches Werk, dass es nach dem Lauschen erstmal zu verdauen gilt.

    Indoctrine wurde mit rudimentärsten Mitteln eingeknüppelt, als musikalische Begleitung gibt es nur eine Gitarre und ein Schlagzeug zu hören und nicht zwei Gitarren plus Bass, wie bei vielen anderen Kapellen heutzutage eigentlich üblich. Ausserdem ist die Produktion sehr rau und kalt, was perfekt zu der Atmosphäre des Albums passt. Die Songs weisen aber trotzdem eine Komplexität auf, die aktives Zuhören erfordert. Obwohl die Musik grösstenteils von Blastbeats unterlegt ist, gibt es immer wieder Zwischenteile, die das Ganze zumindest ansatzweise auflockern und manchmal sogar so etwas wie groovige oder melodische Parts entstehen lassen. Nichtsdestotrotz klingt dieser Silberling als wäre er direkt in der Gosse entstanden, an einem schmutzigen Ort, wo man jeden Tag um sein Überleben kämpfen muss.

    Hervorzuheben sind auf Indoctrine ganz klar zwei Dinge: Erstens das Schlagzeugspiel. Es ist wirklich verdammt krass, was der Mann hinter den Kesseln für ein Inferno entfacht. Die Drums klingen sehr natürlich, als wären einfach ein paar Mikros um das Drumset aufgestellt und losgebrettert worden. Getriggertes Schlagzeug? Fehlanzeige! Das muss man einfach mal gehört haben. Am besten sind die extrem schnellen Parts, während denen man das Gefühl bekommt, an einem verdammten Krieg teilzunehmen und durch Bombenhagel und Granatsplitter zu rennen. Intensiv, wäre hier das richtige Wort. Zweitens gilt es den Sänger zu erwähnen: Vermutlich erwartet jeder bei einer solch heftigen Musikmischung, dass der Typ am Mikro ordentlich röhrt, brüllt, kotzt, kreischt und keifft. Tut er auch. Teilweise. Kreischen und Keiffen liegt ab und zu mal drin, meist singt der Mann aber clean. Ja genau, er singt. Clean. In seiner Stimme liegt die ganze Zeit etwas Psychopathisches, etwas Verzweifeltes und Selbstmörderisches. Dies verleiht den Texten erst recht Ausdruck. Untermalt mit den aufs Äusserste vergewaltigten Instrumenten schlägt Indoctrine ein wie eine Bombe.

    Die Gitarre klingt dunkel, schwer, verzerrt. Mal spielt sie Knarziges, Doomgeschwängertes (My Name in Blood Across the Sky), mal morbide Thrash-Riffs (Indoctrine) oder dreht während Highspeed-Attacken vollkommen durch (Bite the Hand, Purge the Flesh). Zwar besitzt nicht alles Wiedererkennungswert, doch in diesem Fall verstehe ich das nicht als schlecht zu erachten, denn irgendwie passt das eben in dieses völlig gestörte und dreckige Gesamtklangbild. Solos gibt es übrigens über die gesamte Spielzeit hinweg keine. Irgendwie würde das aber auch fehl am Platz wirken. Die effektiven Melodien auf dieser Platte lassen sich an einer Hand abzählen, alles andere ist ein Brei aus den übelsten Dingen, die man sich nur vorstellen kann. Fazit: Indoctrine ist roh, räudig, hässlich und als Soundtrack für Psychopathen gedacht, die ihren nächsten Amoklauf planen.

  8. #8


    Origin - Entity
    Reviewed by deserted-monkey



    Veröffentlichung: Juni 2011
    Herkunft: Topeka, Kansas, USA
    Stil: Technical, Brutal Death
    Web: http://www.myspace.com/origin
    Spielzeit: 36:31
    Tracks: 11


    Drei Jahre sind ins Land gezogen, seit Origin uns ihren Highspeed-Knüppel Antithesis um die Ohren gehauen haben. Ich möchte hier zu Beginn nur soviel loswerden: Es war damals mein erstes Origin Album. Ich war einfach nur platt. Origin spielen den technischsten und schnellsten Death Metal, den ich je gehört habe. Auch auf der neusten Platte, genannt Entity, fahren sie auf dieser Schiene fort. Allerdings kann man hier nicht von einem Stillstand sprechen, denn die Band hat sich durchaus auch weiterentwickelt. Das fünfte Album bringt daher neben den Lichtgeschwindigkeitssongs auch jede Menge Abwechslung und frische Ideen mit. Teilweise lassen einen Origin sogar für kurze Zeit verschnaufen (z.B. während des rein instrumentalischen Tracks The Descent), wobei sie damit Neuland betreten. Natürlich brettert das Material immer noch gnadenlos über den Hörer hinweg, oder besser gesagt in dessen Lauscher hinein. Wer den Drummer von Origin einmal gehört hat, weiss, dass er alles zu Fetzen und Stümpfen gekloppt hat, nachdem er seine Wut an den Kesseln auslassen dufte.

    Die meisten Songs auf Entity sind kurz und prägnant, bombardieren einen mit messerscharfen und blitzschnell gespielten Riffs. Daneben gibt es aber auch regelrecht epische Vertreter wie das geniale Saliga, dass mit seinen über sechs Minuten Spielzeit für die meisten Hörer wohl eine Zumutung darstellen wird. Ich muss zugeben, eine Origin Platte komplett am Stück zu hören, ist nur etwas für Masochisten. Nach ca. der Hälfte der Spielzeit stellt sich eine Art Kopfweh-Gefühl ein, weil die Musik einfach zu heftig ist, um sie nicht nur stückchenweise zu geniessen. Die Produktion der neuen Scheibe (und auch des Vorgängers) ist ziemlich steril geraten, aber ich denke, dass das durchaus auch so beabsichtigt ist. Das Drum ist einfach die Hölle. Dermassen viele Tempiwechsel, Breakdowns, abrupte Rythmuswechsel und Co. habe ich noch selten vernommen. Das Ganze ist technisch auf Top-Niveau. Als direkter Vergleich fällt mir nur Cattle Decapitation ein, deren Drummer ein ähnliches Tier ist.

    Origin penetrieren die Ohren mit einer Dreifach-Vocal-Attacke (sprich: sie haben drei "Sänger"), die es in sich hat. Screams, Growls, Shouts usw. sind alle vorhanden und gehen Hand in Hand, wechseln sich ab oder erschallen auch mal alle drei zusammen gleichzeitig. Somit wird es auch in diesem Lager niemals langweilig. Der Bass verschwindet im Mix leider etwas nach hinten und ist meistens nicht auszumachen, dafür schrotet die Gitarre um so mehr. Technische Highspeed-Riffs, melodische Interludes und sperrige oder völlig durchgeknallte Leads sind das Rezept, welches eine herrlich verrückte Suppe ergibt, die jeder Death Metal Fanboy mit Sicherheit gerne auslöffeln wird. Hinzu kommen Texte die weit über den üblichen Todes- und Metzelthemen stehen, die in diesem Musikbereich schon seit den Kindheitstagen Einzug gehalten haben.

    Entity ist ein weiteres Meisterwerk aus dem Hause Origin und reiht sich nahtlos in die Diskographie der Amerikaner ein. Für Freunde von extrem technischem Metal sind sie definitiv mehr als nur eine Empfehlung. Wer das Speed-Geballere einmal live gesehen hat, weiss, dass die Jungs wirklich so gut sind und auch auf der Bühne nicht enttäuschen. Entity ist wie viele andere technische Death Metal Releases auch, nur dass der Drummer und der Gitarrist scheinbar auf Koks sind. Wer also die volle Breitseite auf die Ohren haben und/oder gerne die sechzigjährigen Nachbarn beim Sex stören will (ich spreche aus Erfahrung), schmeisst sich diese Platte in den Player. Ach ja: Alle anderen tun das natürlich auch, und zwar jetzt!

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •