Ja, kann ich. Die Anzeichen sind an den Augenbewegungen und der Gestik, im weitesten Sinne auch der Mimik, festzumachen. Bei den Augenbewegungen merkt man es oft daran, dass Leute beim “Erinnern” ihre Augen nach links bewegen, was nicht Erinnerung sondern Konstruktion ist. Das heisst dann, sie erinnern sich nicht wirklich, sondern erfinden gewisse Details hinzu -- das muss aber nicht absichtlich sein, sondern unbewusst. Gerade bei privaten Themen ist das dann ein Anzeichen dafuer, dass man eine Erinnerung ausschmueckt oder konstruiert. Dito bei der Gestik; wenn man Leute laenger beobachtet merkt man oft, dass bestimmte Muster in den Bewegungsablaeufen immer mit bestimmten mentalen Aktionen in Verbindung stehen. Es gibt Leute, die kratzen sich, wenn sie luegen, ander Nase (beispielsweise), oder immer, wenn sie sich an einen gewissen Moment erinnern, fassen sie einen sogenannten “Ankerpunkt” an ihrem Koerper an, der diese Erinnerung intensiviert oder wieder hervorrufen kann. Dieses Verhalten hab ich oft bei Leuten bemerkt, die sich im Gespraech ueber gewisse Themen meiner Ansicht nach unsicher fuehlen. Dieses “ankern” hilft ihnen dabei, wieder in die comfort zone zurueck zu finden.
Kommt ganz stark darauf an, wer der Gespraechspartner ist. Bei einem Freund wuerde ich diese Sachen ansprechen. Ich wuerde sagen, “hey, merkst du, dass du gerade immer wieder visuelle Konstruktion betreibst, wenn ich dich nach X frage?” und ihm das verstaendlich machen. Wenn er sich darauf einlaesst, dann kann das auch helfen, sicherer im Umgang mit diesen Elementen zu werden. Einige Leute sperren sich allerdings total dagegen und glauben einfach nicht, dass es dieses Verhalten wirklich gibt. Da muss man dann anders herangehen und kann solche Dinge auch fuer den anderen unbewusst steuern -- aber ich denke, dass Dir Deine Therapeutin das besser erklaeren kann.
Wenn ich den Partner nicht so gut kenne, oder er/sie mit mir nicht wirklich ueber das Problem reden will (kommt vor, wenn diese Unsicherheit eher unbewusst auftritt und ich oder er/sie das Thema nicht evoziert hat), dann kann man mit ein paar kleinen Tricks die Unsicherheit aufloesen, wie zum Beispiel durch “Pacing” -- d.h. die eigenen Regungen und Bewegungen denen des Gespraechspartners angleichen. Dadurch entsteht unbewusst so eine Art von Vertrauen, und man wirkt fuer den anderen sympathischer, weil er/sie sich mit den eigenen Regungen identifizieren kann. Pacing reicht von auditiven Mitteln (dem Angleichen des Sprechtempos) bis hin zum “spiegeln” von Bewegungen (wenn er/sie sich am Arm kratzt, mache ich das kurz darauf auch, usw.).
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute, die solche Unsicherheiten nicht bewusst festmachen koennen, oft nicht wissen, wie sie reagieren. Unsicherheit merkt man, wenn sie stark genug ist, auch ohne sich auf Muster wie Augenbewegung oder Gestik zu konzentrieren. Einige Leute stottern oder zucken, wenn die Unsicherheit gross genug wird, und das merkt dann auch so gut wie jeder. Allerdings wissen viele oft nicht, wie sie reagieren sollen. Viele zeigen dann Sympathie, was ja lieb gemeint ist, aber nicht immer funktioniert. Vor allem dann nicht, wenn die Sympathie in einem anderen Sinnessystem stattfindet. Einige Menschen moechten es, dass man ihnen sagt, dass man sie versteht, waehrend fuer andere solche Worte nur Schall und Rauch sind, die moechten lieber umarmt werden, und noch andere fuehlen sich durch den Koerperkontakt beengt und wollen lieber ein empathisches Laecheln sehen. Herauszufinden, in welchem Sinnessystem der andere sich bewegt, und in welchem Sinnessystem man reagieren muss, ist nicht einfach und fuer viele Leute, gerade wenn man nicht gut befreundet ist und einfach fragen kann, “Hey, soll ich dich in den Arm nehmen?”, ein Problem.
Ich hoffe, ich hab die Fragen einigermassen brauchbar beantwortet und das war jetzt in etwa das, was Du hoeren wolltest. ^^