'Dann hoffe ich mal, dass ihr euch als lernfähig erweist.' Sagte Joltexa, als sie eine niedrige Senke etwas abseits des Lagers erreicht hatten. 'Das wird davon abhängen, wie gut ihr lehren könnt.' Gab Arranges zur Antwort. 'Nun, normalerweise bin ich kein Lehrer oder Ähnliches, aber ich denke, ihr seid in der Magie bewandert genug, um mir schnell folgen zu können.
'Dann lasst uns keine weitere Zeit mehr verlieren.'

Joltexa verlor auch keine weitere Zeit mehr, allerdings hatte Arranges nicht mit dem gerechnet, was gleich passieren würde, trotzdessen, was er schon alles gesehen und erlebt hatte. Die Telvanni wandte sich von ihm ab. Von der Seite konnte er tiefe Falten auf ihrer Stirn erkennen und einen Ausdruck in ihren Augen blitzen sehen, der selbst wildeste Bestien zum Winseln gebracht hätte. Dann hob sie die Arme vor sich, ohne ihren schier furchteinflößenden Blick von einem für ihn unsichtbaren Punkt in der Ferne zu nehmen. Bewegung fand den Weg in ihre Arme, Hände und Finger. es wirkte beinahe so, als würde sie mit den Fingern die Luft zwischen ihren Händen formen wollen und zu einem Knäuel ballen. Arranges Interesse wuchs, während er beeindruckt auf das Geschehen blickte. Eine derartige Technik war ihm nicht unbekannt, jedoch war er kein Meister der Zerstörung und konnte entsprechend nur wenige Zauber, die das erforderten. In den meisten Fällen handelte es sich um wirklich massive Zauber, deren schiere Macht Raum und Zeit zu bersten vermochten - so jedenfalls muteten einige von ihnen an. Und tatsächlich formte sich nach und nach eine sogar für unfähigste Magier fühlbare, magische Präsenz. Die wirbelnde Luft zwischen den beiden Handflächen der Magierin färbte sich in mattem Grün, eine Farbe, die Arranges mit aufkommender Übelkeit an die pestilenten Sümpfe der Schwarzmarsch erinnerte. Er wunderte sich noch einen Augenblick ob dieser seltsamen Empfindung, als ihm tatsächlich der Geruch von Moder in die Nase stieg. Ein Gestank, der von fast schon zerfließendem Fleisch kündete, stechend und betäubend. Aber Arranges war viel zu fasziniert von dieser neuartigen Kraft, welche Joltexa da formte. Und plötzlich sah es so aus, als hielte die Frau eine direkt konsistente Masse in Händen. Ein wabernder, unstetiger Klumpen, in dem Sich alle Farben, die man höchstens in Scheisse oder den Reagenzgläsern sehr gewagter Experimente vermuten würde. Zähe Fäden ziehend, dehnten sich faulig schwarze Tropfen bis auf die Erde nieder. Dort wo der greifbar gewordene Pesthauch das Gras berührte schien das saftige, lebendige Grün sofort und ohne Kompromiss zu verdorren. Graubraune Dämpfe stiegen auf und vereinten sich mit den graugrünen Ausdünstungen aus dem Giftpfuhl selbst.

Joltexa drehte den Kopf ein wenig zu Arranges. 'Könnt ihr eine Kreatur beschwören?' Der Kaiserliche zuckte leicht zusammen, er war immernoch fixiert auf diese Art der Zerstörungsmagie, dass er sich etwas überrumpelt sah. Aber er reagiert dennoch schnell und rief einen Caitiff. Die Kaiserliche nickte anerkennend, vermutlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass er in der Lage wäre solche tatsächlich eher, mächtige Kreaturen zu rufen. Und dann richtete sie ihren Zauber auf den Caitiff. Viel zu plötzlich. Arranges konnte gerade noch einen schnellen Satz nach hinten tun, ehe ein seelenloser Wurm aus Gestank, Gift, Schlamm und Eiter den Caitiff wie ein Geschoss erreichte. Der Dremora kreischte in einer Tonlage auf, die Arranges das Blut in den Adern gefrieren ließ. Der Zauber hatte nahezu die gesamte Front der Beschwörung mit seiner... Fäulnis oder was auch immer es war, benetzt. Die Magie griff das übernatürliche Schaffenswerk des Nekromanten an und das mit einer Härte, die ihn fast holzhammerartig dazu zwang, das Band zu dem Dremora aufzugeben. Pein ungeahnter Intensität musste durch Mehrunes Scherge fluten. Der ansonsten so resistente und nahezu unzerstörbare Körper des Dämons schrumpfte, wurde unter heftigem Blubbern und der Entwicklung widerlich stinkender Gase, die dem Totenbeschwörer die Kehle zuschnürten, aufgelöst. Dunkles Blut schoss unter der grauen, quellenden Haut des Drmoras hervor. Der Schwertarm fiel einfach wie von Lepra abgefressen, von der Schulter, während der Kopf plötzlich in ungesundem Winkel nach hinten kippte, Sehnen und haltende Gewebsfaser unter dem Kiefer durchtrennt von dem ätzenden Gift. Eine Blutfontäne schoss aus dem Hals empor, wurde aber sofort und zusammen mit einem letzten Gurgeln, als wolle sich der Dremora noch ein letztes Mal gegen diese vernichtende Magie wehren, von dem unerbittlichen Eindringen der von Konsistenz und Färbung her eiterähnlichen Säure erstickt. Dann zeigte sich das Reich des Vergessens endlich gnädig und riss die bis ins Mark geschändete Seele zurück. Das übrige Gift verdampfte in nur wenigen Herzschlägen und vermischte sich wieder so mit der Natur, wie zuvor, bevor die Pestilenz durch Magie von Joltexa zu einer einzigen, konzentrierten Quelle der Unreinheit gebunden wurde.

Arranges konnte kaum anders, als beeindruckt und fasziniert auf den Fleck auf dem Boden zu schauen, wo noch ein paar leicht braune Stellen im Gras von dem eigentlich nur sehr kurzen Schauspiel, das ihm jedoch so herrlich lange erschien, dass er es auf einer anderen Verstandesebene sehr genossen hatte. Das ist ungebändigte Macht. Ich muss diese Magie erlernen. Joltexa stellte sich neben ihn und blickte ebenfalls auf die Stelle im Gras, wo er zuvor den Dremora beschworen hatte. 'Jetzt seid ihr dran.' Sagte sie und grinste. Arranges wandte sich zu ihr und schaute ihr in die Augen. 'Mir ist diese Magieart völlig unbekannt, wie ich zu meiner Schande gestehen muss. Was muss ich denn genau tun?' Tatsächlich war er insgesamt völlig ratlos, was ihn zwar einerseits ärgerte, aber andererseits wollte er auch diese Macht beherrschen, Zerfall zu rufen und zu lenken. Joltexa konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. 'Es ist im Grunde relativ einfach. Anders, als bei Feuer, Frost oder Schock, müsst ihr eure Magie nicht formen, sondern lediglich dazu nutzen, den Zerfall rundherum, überall in der Natur um euch, im Boden, in den Pflanzen, in der Luft, auszutreiben und eurem Willen zu unterstellen. Allerdings bringt auch das direkt den einen einzigen Nachteil mit sich, den diese Magie aufweist. Für jene, die Giftzauber nicht gänzlich beherrschen und nicht zur Meisterschaft getrieben haben, ist es nur schwer, sie zu wirken. Besonders leicht fällt es Anfängern in Sümpfen, meinetwegen auch auf Friedhöfen oder an sonstigen Orten, wo der Zerfall und die Pestilenz sogar mit bloßem Auge für Hirntote zu erkennen ist. Ich musste mich hier auf weiter Flur, wo alles blüht und wächst ebenfalls ziemlich anstrengen, um starke Magie wirken zu können, jedoch bin ich es gewohnt, Giftzauber zählen zu meinen persönlichen stärken.' Hmm... naja, wenn man das Prinzip einmal verstanden hat, scheint es grundsätzlich möglich, überall diese Zauber zu sprechen. 'Versucht es einfach mal, selbst wenn es nicht funktioniert, bekommt ihr ja vielleicht schonmal ein gutes Gefühl dafür.' Ermutigte ihn die Kaiserliche.

Na gut. Arranges konzentrierte zunächst Magie in rauen Mengen und ließ sie dann völlig willkürlich auf die Welt um sich herum los. Das Ergebnis war in etwa so sichtbar, wie die Luft zwischen seinen Händen greifbar. Eine steile Falte erschien auf der Stirn des Magiers. Das kann doch nicht so schwer sein. Er wiederholte das Ganze, konzentrierte sich aber jetzt auf die Magie und darauf, sie gezielt auf das Gras in seiner unmittelbaren Nähe zu richten. Und tatsächlich, er spürte etwas... auch wenn er nicht sagen konnte, ob es richtig oder falsch war. Schweißperlen traten ihm auf die Stirn, während er unter größter mentaler Anstrengung an etwas herumzerrte. Etwas das den Kaiserlichen krank zu machen schien, wenn er auch nur kurz daran dachte, schwemmte aus irgendeiner Ecke hervor, als hätte man einen Stöpsel aus einem überfüllten Wasserschlauch gezogen. Arranges hatte das Gefühl, auf Links gedreht zu werden, als er der Fäulnis freien Lauf ließ, aber gleichzeitig weiter mit seiner Magie auf seine Umgebung einwirkte. ölige Essenzen, deren zwickender Reiz seine Nase und seinen Rachen ausfüllte, ballte sich vor dem Pflug seines geistigen Zwangs. Aber alles, was er zustande brachte, war eine direkt wieder verpuffende leicht trübe Wolke, die vielleicht an ein wenig an den normalen Humusgeruch in einem sehr dichten Wald erinnerte. Desillusioniert schaute er auf. 'Das war für den Anfang doch gar nicht so schlecht... für den insgesamt zweiten Versuch sogar ziemlich gut, wenn ich das so sagen darf.' Im Geiste winkte Arranges ab, nickte aber nach außen hin nur. Jetzt war sein Ehrgeiz wieder geweckt, seit viel zu langer Zeit mal wieder. Obwohl... so lange ist das gar nicht her... In einem Winkel seines Gehirns erinnert sich Arranges daran, wie er den selben Anflug von Ehrgeiz verspürte, als er vor Monaten damit begann, sein Versprechen gegenüber Erynn zumindest ein bisschen einzulösen und sie die ersten Schritte zur Feuermagie zeigte.

Die Sonne folgte weiter ihrer Bahn gen westlichen Horizont, während Arranges unermüdlich übte. Joltexa hatte es sich auf einem flachen Felsen im Gras bequem gemacht und verfolgte das Tun des Magiers. Der seit einigen Stunden nun ziemlich wolkenfreie Himmel über den Weideländern hüllte sich in den ersten zarten rosa Streifen, der das Abendrot ankündigte, als in einiger Entfernung plötzlich Trompeten ertönten. Arranges und Joltexa schauten gleichermaßen überrascht auf. Das Drachenbanner erschien über den Hügeln im Süden. Die Verstärkungstruppen des Reichs waren endlich da. Und zwar nicht zu wenige. 'Hattet ihr Einblick in die Korrespondenz, wie viel Truppen angefordert wurden?' Fragte Arranges, als binnen weniger Augenblicke eine sehr breite Linie über den Hügeln in die Richtung des Lagers aufmarschierte, hinter deren ersten Reihen man noch mehr Drachenbanner erkennen konnte, deren Anzahl auf den ersten und den zweiten Blick aber nur zu schätzen, möglich war. 'Nein, aber ich weiss, dass... es um eine große Zahl ging.' Um eine große Zahl... mit diesen Truppen könnte man das gesamte Lager doppelt und dreifach gestapelt füllen... 'Wir gehen wohl besser zurück zum Lager, wenn die Truppen dort erstmal angekommen sind, werden die Generäle mit der Umsetzung der Schlachtplänen nicht mehr zu lange zögern.'
'Schade, jetzt konntet ihr mir nichts mehr von euren Beschwörungskünsten lehren.'
'Macht nichts, der Caitiff hat bewiesen, dass ihr durchaus fähig genug seid, Beschwörungszauber auf die altmodische Weise zu erlernen.' Damit drückte sie ihm 4 Schriftrollen in die Hand. 'Ich denke ihr wisst ohne weitere Worte, wie es geht?' Arranges nickte nur, dann machten sie sich auf den kurzen Weg zurück zum Lager.

Im Lager angekommen hatte sich die Kunde vom Anrücken der Verstärkungen schon längstens herumgesprochen. Eifrig stapften Generäle und Hauptmänner durch die Zeltreihen. Milizen räumten ihre bunt gewürfelten Ausrüstungen zur Seite, sodass die Soldaten, gehüllt in schwere Rüstungen, leichter unterwegs waren auf dem Weg zu den ihnen zugedachten Zelten im Norden des Lagers. Joltexa hielt Arranges vor der Barracke jedoch nochmal zurück. 'Ich werde zusehen, dass ihr einer EInheit der Telvanni zugeteilt werdet, Kampfmagier haben im allgemeinen Schlachtengetümmel nichts verloren, wir brauchen jeden Magiebegabten in den Totenlanden...' Dann lief sie ohne ein weiteres Wort davon. Das wird immer besser... ich habe Schriftrollen, eine neue Magieart und bin einem großen Siegelstein fast zum Greifen nahe. Mit einem breiten und zufriedenen Grinsen im Gesicht trat er in die Barracke ein, während er die Schriftrollen am Gürtel verstaute. In der windschiefen Hütte fand er Erynn. Schweigend ließ er sich auf das einzige freie und relativ unzerwühlte Lager fallen. 'Die Truppen des Reichs sind auf dem Weg und werden heute Nacht hier ankommen.'