[Dreveni]
Dreveni hatte sich nachdem sie ihre Waffen und Ausrüstung in Ordnung gebracht hatte auf dem niedrigen Lager niedergelassen und versuchte, etwas zu schlafen. Viel mehr als ein leichter Dämmerschlaf wurde es nicht, es kam ihr auch nicht vor als hätte sie geschlafen, obwohl sie immer wieder für ein paar Minuten einnickte. Halb wach bekam sie schließlich mit, dass Erynn die Baracke verließ. Als draußen Stimmen laut wurden, war Dreveni endgültig wieder wach. Als sie aufgestanden war und mit dem Ohr an der Tür der Baracke hing, hörte sie nur noch den Schluss von Arranges und Erynns Gespräch.
Vorsichtig zog sie die Tür einen Spalt auf und sah Erynn gerade noch den Weg zum Hauptteil des Lagers entlang gehen. Spontan beschloss Dreveni ihr zu folgen, sie konnte ebenfalls etwas Übung gebrauchen. In ruhe öffnete sie den zerzausten Zopf, schüttelte ihr Haar mit den Händen grob auf und steckte es schließlich im Nacken zu einem einfachen Knoten, nachdem sie die Tür wieder leise geschlossen hatte. Dann hängte sie sich den Gürtel mit ihrem Langschwert um die Hüften, befand dass es warm genug war um den Mantel bei ihrem Gepäck zu lassen und verließ die Baracke. Arranges nickte sie nur kurz zu, dann ging sie den gleichen Weg, den zuvor Erynn eingeschlagen hatte. So schwer sollte sie nicht zu finden sein, irgendwo mussten auch die regulären Truppen üben. Dreveni legte keine große Eile an den Tag, auch wenn ihr die Aufmerksam durchaus bewusst war, die sie erregte, so ganz ohne Rüstung, nur in ihrer dunklen Tunika und der schwarzen Hose mit dem Langschwert an ihrer Seite. Allerdings waren gerade hier vermutlich keine Agenten der Morag Tong, auch wenn es ihr trotzdem lieber gewesen wäre, nicht so sehr aufzufallen. Aber sie konnte es nicht ändern, und die ganze Zeit in der Baracke wollte sie ebenfalls nicht bleiben.

[Erynn]
Joltexa, ja? Ihr duzt euch also schon? Na, das ging ja schnell... Mit rabenschwarzen Gedanken im Kopf ging Erynn schnellen Schrittes auf die geordneten Zeltreihen der einfachen Soldaten zu. Banner des Hauses Telvanni waren überall zu sehen, schlaff vom Regen. Sie bahnte sich einen Weg durch das Getümmel aus Schwertkämpfern, Kampfmagiern und hauptsächlich bosmerischen Bogenschützen, an der Messe vorbei, von der fremdartige, aber nicht unangenehme Gerüche ausgingen, bis sie einen offenen, eingezäunten Platz nahe des Zentrums der Zeltstadt erreichte, wo sich einige Kämpfer übten. Von Methys wußte sie, daß die Telvanni nicht viel für Fremdlinge übrig hatten, aber offenbar siegte auch hier Pragmatismus über Animositäten. Die meisten Krieger und Magier waren zwar Dunmer, aber sie sah auch Vertreter anderer Völker, von schwergerüsteten Orks über zierliche, bretonische Zauberweber bis hin zu argonischen Speerträgern.
Sie war bereits ein paar Minuten auf den oberen Querbalken der Umzäunung gelehnt dagestanden und hatte den Kriegern zugesehen, die sich in ihren verschiedenen Disziplinen übten, als sie Schritte auf sich zukommen hörte. Erynn wandte den Kopf und erblickte Dreveni die sich, adrett wie immer, zu ihr gesellte und ebenfalls die Kämpfenden betrachtete. "Guten Morgen", grüßte die Bogenschützin, froh darüber, daß es nicht Arranges war, der ihr nachgelaufen war um ihr eventuelle peinliche Fragen zu stellen. "Wie ich sehe, hat es Euch ebenfalls aus der Enge der Barracke getrieben." Wieder besah sie sich das Treiben auf dem Platz mit kritischem Blick. "Was haltet ihr von denen? Ich kann nur für die Schwertkämpfer sprechen, aber die meisten von ihnen wirken auf mich nur wie Kanonenfutter für die Daedra..."

[Dreveni]
Schließlich hatte sie Erynn erblickt, die an einem Zaun gelehnt den Kriegern beim Üben zusah. Auf Erynns Frage beobachtete Dreveni selbst das Treiben eine Weile genauer, bevor sie ihr antwortete: "Vermutlich wird ohnehin nur darauf spekuliert dass sie die Daedra eine Weile aufhalten." Ob sie sie aufhalten sollten um genug Zeit zu gewinnen, das Tor zu schließen oder um die Bewohner der Insel in Sicherheit zu bringen lies Dreveni offen. "Habt ihr irgendwo Übungsschwerter gesehen?" Sie hätten auch mit ihren richtigen Waffen üben können, allerdings hätte sie Erynns Klinge vermutlich schartig geschlagen und es war auch nie ausgeschlossen dass man trotz aller Vorsicht nähere Bekanntschaft mit dem gegnerischen Schwert machte.

[Erynn]
Dort drüben", antwortete Erynn, nachdem sie ihren Blick kurz über die Ränder des Übungsrings hatte schweifen lassen. Mit dem ausgestreckten Arm deutete die Elfin auf ein Holzgestell, das jemand zum Schutz vor dem anhaltenden Nieselregen mit einer gewachsten Plane bedeckt hatte. Nach einem weiteren Moment drehte sie sich zu Dreveni um: "Wieso? Wollt Ihr Euch mit mir schlagen?" Ein schiefes Grinsen teilte ihre Lippen. "Soll mir recht sein. Es kann nicht schaden, in Übung zu bleiben."
Die beiden gingen auf den Schwertständer zu. Die Holzschwerter darauf schienen tatsächlich für den allgemeinen Gebrauch bestimmt zu sein, jedenfalls sahen sie so aus, als wären alle und folglich so recht niemand dafür zuständig, die Dinger zu pflegen. Erynn wählte eine der Übungswaffen für sich, die ihr einigermaßen gut in der Hand lag, danach bezogen sie und die Assassinin auf dem Kampfplatz Aufstellung. Es war tatsächlich das erste Mal, schoß es der Bogenschützin durch den Kopf, daß sie wirklich miteinander fochten. Das verspricht interessant zu werden... Sie nickten sich gegenseitig kurz zu, dann hob Erynn ihr Schwert auf Hüfthöhe neben ihren Körper und setzte ohne weitere Umschweife zu einem Hieb an, der auf Drevenis Oberschenkel zielte.

[Dreveni]
Dreveni griff zu einem Schwert dessen Klinge in etwa so lang wie die ihres eigenen war, das aber einen längeren Griff hatte. Als sie Erynn gegenüber stand, hielt sie ihr Schwert mit leicht gestreckten Armen vor dem Körper, die Spitze zielte auf Erynns Gesicht. Kaum hatte Erynn ihr zugenickt, holte diese schon mit dem Schwert aus, und zielte ausgerechnet auf ihren Oberschenkel. Schnell ging sie einen halben Schritt zurück, und da Erynn sich sowieso schon ziemlich strecken mußte, um an Drevenis Klinge vorbeizukommen, war sie schnell ausserhalb ihrer Reichweite. Sie beugte den Oberkörper leicht nach vorn und versetzte Erynn einen angedeuteten Schlag von oben auf den Scheitel. "Tot.", sagte sie nur mit einem leichten Grinsen. Dadurch, dass sie doch ein Stück größer war als Erynn hatte sie in dieser Situation einfach einen Vorteil in der Reichweite.

...

Als Erynn erkannte, daß ihre Eröffnung eher weniger schlau gewesen war, hatte Dreveni ihren Konter längst vollendet. Sie fluchte leise, zog sich wieder in die Ausgangsposition zurück und nahm eine defensive Haltung ein. Wieder nickte sie der Anderen zu und überließ den Angriff diesesmal der Assassinin.
Dreveni hielt das Schwert ebenso wie Erynn vor den Körper, die Spitze zeigte allerdings auf den Boden. Lauernd umkreiste sie Erynn als würde sie auf ihren Angriff warten. Plötzlich tat sie unerwartet einen großen Schritt, so dass sie leicht seitlich von Erynns Schwert zu stehen kam, und versuchte ihr die Klinge zur Seite zu schlagen.
Die Assassinin war schnell, das mußte Erynn ihr lassen. Sie drehte sich in den aufwärts geführten Hieb, blockte den Angriff mit ihrer eigenen Klinge und versuchte, das Schwert ihrer Begleiterin nach unten wegzudrücken.
Erynn parierte ihren Schlag und drückte nun ihrerseits Drevenis Klinge nach unten. Nachdem Erynn mit dem Teil der Klinge nahe der Parierstange relativ nah an der Spitze von Drevenis Schwert war, gelang ihr das auch mühelos, allerdings war es nicht weit genug vorn, so dass Dreveni ihr Schwert hätte frei bekommen können, ohne sich eine gefährliche Blöße zu geben.
Erynn machte einen Ausfallschritt nach vorne und schloß den Abstand zu Dreveni, wobei sie ihr Schwert an dem der Anderen entlanggleiten ließ. Kurz bevor sie deren Parierstange erreichte, löste sie die Klinge von Drevenis Schwert und stieß den Knauf ihrer Übungswaffe mit einer kurzen Drehung ihrer Handgelenke in Richtung des Gesichts der Assassinin. "Das wäre Eure Nase gewesen."
Als Dreveni ihr Schwert endlich freibekam, oder vielmehr Erynn davon abließ, versuchte sie noch einen hektischen Ausweichschritt, hatte aber gleich darauf den Knauf von Erynns Schwert vor dem Gesicht. Die Andere war ebenfalls schnell, und Dreveni mußte ihr anerkennend zunicken.

Sie arbeiteten noch eine ganze Weile auf dem schlammigen Übungsplatz an ihren Techniken. Je besser sie den Stil der jeweils anderen Frau kennenlernten, umso mehr wurde das erste, vorsichtige Taktieren von waghalsigeren Manövern abgelöst. Es stellte sich heraus, daß sie beide sich auf einem annähernd gleichen Niveau bewegten, was ihnen half, voneinander zu lernen.
Der Vormittag war schon vorangeschritten, bis sie schließlich, verschwitzt und von unten bis oben mit Matsch besprenkelt, zu der Entscheidung kamen, daß es fürs Erste genug sei.