-
Fossil
Die Ruine war ziemlich weit entfernt von Molag Mar und Erynn fürchtete zwischenzeitlich, daß sie die Guars zuschanden geritten haben würden, bevor sie Nchuleftingth erreichten. Endlich jedoch, als sie schon fürchtete zum Abwarten gezwungen zu sein, weil aufziehender Nebel das Licht von Monden und Sternen schluckte und sie fast blind in der Aschewüste zurückließ, schälten sich fremdartige Strukturen aus dem Zwielicht, seltsamer als alles, was die Elfin je zuvor gesehen hatte. Was auch immer diesen Bau aufrecht erhielt, mit normaler Statik hatte es wohl nicht viel zu tun.
Sie überließ es Arranges, die Speerspitze zu bilden, genau genommen blieb ihr auch nichts anderes übrig, da der Nekromant längst zur Höchstform aufgelaufen war und gleich von Anfang an so viel Radau veranstaltete, daß Erynn die Überlegung einer vorsichtigen Infiltration direkt verwarf. So hielt sie sich ein Stück weit hinter ihm, einen Pfeil auf der Sehne, um mit einem schnellen Schuß eingreifen zu können, wenn die Situation Gefahr lief, außer Kontrolle zu geraten.
Dann wurde es hektisch. Erynn hörte Rufe aus den Tiefen der Ruine und der Beschwörer wurde plötzlich von einem Khajiit angesprungen, der sich zuvor für ihrer beider Augen unsichtbar im Schatten verborgen haben mußte. Spätestens als das Katzenwesen starb, war ihre Position preisgegeben. Die Entführer mußten nichts weiter tun als den Schreien zu folgen. Die Kriegerin hob ihren Bogen und blickte, die Wand des Ganges stets in ihrem Rücken behaltend, immer wieder um sich, während sie Arranges tiefer in die Dwemerstätte folgte. Vor ihnen tauchte eine kurze Treppe auf, die einige Stufen nach unten führte, als Erynn ein Geräusch hinter sich mehr spürte als hörte, das nicht ganz zu dem dauernden Knarren und Ächzen des uralten Bauwerks passen mochte. Sie duckte sich und fuhr herum, entging nur knapp einem Wurfmesser, das harmlos ihre Maske streifte und außer Sicht verschwand. Die Elfin legte an, nahm sich aber nicht mehr die Zeit wirklich zu zielen, als sie am Fuße der Treppe Tumult vernahm. Man hatte sie in die Zange genommen.
Sie ließ die Sehne fahren und beobachtete, wie einer der Jagdpfeile ihres Vaters die Netchlederrüstung des Angreifers durchschlug und zitternd in dessen Unterleib stecken blieb. Der Mann kippte auf die Seite, beide Hände um den Pfeilschaft gekrampft, und begann zu schreien. Er kreischte immer noch als Erynn herumwirbelte, den nächsten Pfeil bereits auf der Sehne. Sie sah gerade noch, wie der Beschwörer zurücktaumelte und sich schüttelte, als sei ihm schwindelig. Er wurde von zwei weiteren Gestalten schwer bedrängt, die wie sie selbst Ledermasken trugen und bösartig aussehende, schwere und doch seltsam elegante Streitkolben schwangen. Die Dunmer fällte einen von ihnen mit ihrem nächsten Schuß, doch um ein weiteres Mal anzulegen blieb keine Zeit mehr. Erynn stieß sich ab, überwand die Treppe mit einem einzigen Sprung und flog, das rechte Bein vorgestreckt, auf den zweiten Gegner zu. Sie hatte auf das Knie gezielt, jedoch geriet ihr Sprung eine Handbreit zu kurz und so traf ihr Außenspann stattdessen die Wade ihres Widersachers. Es genügte, um seinen Zweck zu erfüllen. Die Elfin hörte das Schienbein brechen. Vom Schwung ihres Körpers weitergetragen, fiel sie über den strauchelnden Körper, rollte sich ab und kam gerade rechtzeitig wieder auf die Füße um zu sehen, wie Arranges seine Silberklinge im Rückgrat ihres Feindes versenkte und ihm so den gar aus machte.
Kaiserlicher und Dunmer sahen sich einen Moment lang an. „Bist du in Ordnung?“ fragte Erynn. Ihre Stimme klang dumpf unter dem Mundtuch. Arranges nickte nur und winkte ab.
Sie setzten ihren Weg fort, und schon nach der nächsten Biegung des Gangs fanden sie sich vor einer der seltsamen runden Metalltüren wieder, die so typisch für den Baustil der Dwemer zu sein schienen. Erynn hängte den Bogen über ihre Schulter und zog das Schwert. Ein weiteres Nicken, dann griffen sie jeder nach einem Türflügel und rissen sie auf.
Sie platzten in einen weiteren, komplett mit Metall ausgekleideten Raum. Drei Personen befanden sich darin, von denen zwei sie mit einer Mischung aus Überraschung, Zorn und Entschlossenheit anstarrten. Und zwischen ihnen... Dreveni!
Einer der beiden Dunmer hielt die Assassinin grob bei den Oberarmen gepackt, der andere, sehr dicht vor ihr, hatte seine Hand in den schönen, schwarzen Haaren ihrer Begleiterin vergraben und deren Kopf in schmerzhaft aussehendem Winkel nach hinten gerissen.
Das Erstaunen der beiden Männer und die damit einhergehende Reglosigkeit währte nur einen Lidschlag, kürzer jedenfalls als das kalte, lähmende Gefühl, das Erynn durch die Glieder fuhr. Sie kannte diese Situation nur zu gut.
Dreveni wurde zu Boden geschleudert und blieb dort zunächst reglos liegen, als die Entführer sich Beschwörer und Bogenschützin zuwandten. So plötzlich wie die Starre gekommen war, verschwand sie auch wieder. Mit einer Geschwindigkeit, von der Erynn bisher nicht gewußt hatte daß sie sie besaß, warf sie sich jenem entgegen, der zuvor hinter der Meuchlerin gestanden hatte. Sie riß das Langschwert hoch über ihren Kopf, ihre eigene Deckung nicht achtend, und ließ es mit aller Macht auf den Dunmer niedergehen, durchbrach mit schierer Wucht dessen Verteidigung und schlug ihm das Kurzschwert aus der Hand, brachte ihre Klinge mit einer vollen Drehung ihres Körpers herum und spürte mit schwärzester Befriedigung, wie Muskeln und Sehnen des Halses dem kalten Stahl nachgaben. Ihr Gegner öffnete den Mund, brachte aber nichts heraus als einen Schwall dunkelroten Blutes. Dann stürzte er.
Allein die Maske verhinderte, daß sie auf den Leichnam spuckte, dann fuhr sie zu dem Nekromanten herum, der mit dem anderen Entführer focht. „Arranges!“ brüllte sie über den Kampfeslärm hinweg „Laß ihn am Leben!“ Laß ihn am Leben. Dieser da gehört Dreveni...
Geändert von Glannaragh (01.11.2011 um 19:51 Uhr)
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln