Ihre Flinkheit kam Erynn zugute. Sie löste sich von ihrem Gegner, rollte sich über die Schulter ab und war die Erste, die wieder auf die Füße kam. Wieder führte sie einen schnellen Stich mit dem Dolch aus, mehr, um nicht doch noch ins Nach zu geraten als weil sie bereits einen genauen Plan gehabt hätte, wohin sie hätte zielen müssen. Tatsächlich kratzte ihre Klinge lediglich über die fremdartige, elegante Lederrüstung, die der andere trug. So ein Ding hatte sie noch nie gesehen, aber es schien von guter Qualität zu sein. Sie würde nicht viele Möglichkeiten haben, einen effektiven Stich oder Schnitt anzusetzen.
Lauernd umkreisten sie sich. Der andere führte eine schmale, leicht gebogene Klinge mit nur einer geschliffenen Schneide, nicht viel länger als ihr Stahldolch, aber insgesamt wirkte ihre Waffe gegen dieses fremdartige Messer geradezu krude.
Erynn spürte, daß sie langsam aber sicher nervös wurde. Eigentlich hatte sie das ganze recht schnell beenden wollen, aber dieser Plan war ja mal sowas von nicht aufgegangen. Sie haßte es, wenn das Getümmel zu dicht wurde, um den Bogen verwenden zu können. Noch schlimmer war es, wenn das Gewühl sogar zu dicht war, um ihr Langes Schwert sinnvoll einsetzen zu können, so wie jetzt. Am allermeisten jedoch haßte sie es, sich auf eine Messerstecherei einlassen zu müssen. Schon in den Übungskämpfen in der Gilde hatte sie mit dem Dolch nie wirklich glänzen können, und jetzt, im Ernstfall, verflüchtigte sich der Vorteil, den sie vorhin herausgearbeitet hatte, erschreckend schnell. Sie duckte sich unter einem Stich hinweg der auf ihren Kopf zielte, ließ den Dolch im Gegenzug in Richtung des Knies ihres Feindes vorzucken, erwischte ihn jedoch nur leicht. Wieder sprangen sie beide zurück, belauerten sich, bis Erynn endgültig die Geduld verlor. Sie beschloß, sich auf die Stärke ihrer Rüstung zu verlassen, öffnete ihre Deckung und nahm einen Treffer an der Hüfte hin, während sie den Arm hochriß, den letzten Abstand zu ihrem Gegner schloß und den Knauf ihres Dolches mit einem ungesund hohlen Geräusch auf die Stirn des Wegelagerers krachen ließ. Er starrte für einen Moment vor sich hin wie ein Ochse, dann kippte er um wie ein gefällter Baum. Die Elfin sah sich wild nach Freund und Feind um. Sie hatte sich schon wieder viel länger an einem einzelnen Gegner aufgehalten, als ihr lieb war.