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Fossil
[Erynn]
„Und wenn das noch einmal jemand täte? Euch bezahlen, meine ich? Würdet Ihr mir dann eiskalt einen Dolch in den Rücken treiben, wenn ich mich umdrehe? Wärt Ihr dazu fähig? Arranges mag sich mitunter benehmen wie die Axt im Walde, aber ihm kann ich trauen.“ Erynn sah der anderen ernst in die Augen. „Ihr fragt mich, ob ich es wirklich nötig habe, mit ihm herumzuziehen. Ich weiß auch wie es wirkt, wenn ich seine Beleidigungen wortlos hinnehme... Laßt mich Euch eine Gegenfrage stellen: Habe ich es denn nötig mich von jemandem belehren zu lassen, der bereits versucht hat mich zu töten? Von jemandem, bei dem ich mir nie sicher sein kann ob er es nicht noch einmal versuchen würde, mit dem Hinweis, es sei nichts Persönliches?“ Sie atmete hörbar aus. „Vielleicht bin ich blind Arranges gegenüber. Vielleicht paßt meine Art mit ihm umzugehen aber auch nur nicht in Euer Konzept, wie Ihr glaubt, daß die Dinge laufen sollten.“ Erynn beobachtete, wie Drevenis Finger fast unsicher durch die feine Asche auf dem Boden fuhren, als wollte sie mit dieser Handlung irgend etwas überspielen und ihre Stimme wurde etwas weicher, als sie fortfuhr: „Aber an Eurem Gesicht sehe ich, daß Ihr tatsächlich an eine bestimmte Situation denkt, die Euch widerfahren ist...“
[Dreveni]
Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, Erynn zu belehren, sie wollte sie eher warnen. "Vertrauen ist ein interessantes Konzept...", setzte sie an. Tatsächlich tat Dreveni genau das, was Erynn sie gerade fragte. Sie rechnete immer damit, dass ihr jederzeit jeder in den Rücken fallen konnte. "Ich hätte jedenfalls keine größeren Gewissensbisse, wenn ich euch oder Arranges doch noch umbringen sollte. Allerdings arbeite ich gerade für euch, und damit habt ihr - zumindest im Moment - eine gewisse Sonderstellung." Sie überlegte, ob sie auf Erynns letzten Satz eingehen sollte, und betrachtete derweil ihr Gesicht. Trotz der Narben hatte es immer noch etwas unschuldiges, wenn sie Dreveni mit ihren großen Augen ansah. Ausserdem war die andere wirklich hübsch, wenn sie nicht immer so zerrupft rumlaufen würde. "Es gab schon viele Situationen, in denen ich besser daran tat, dem anderen nicht zu vertrauen.", antwortete sie schließlich ausweichend. Sie konnte allerdings nicht verhindern, dass sich wieder dieser verbitterte Zug um ihren Mund legte, der ihr selbst schon aufgefallen war, nachdem sie nach dem Mord an Feryn wieder zuhause bei Cheydinhal in den Spiegel geblickt hatte.
[Erynn]
"Nun, dann weiß ich wenigstens, woran ich bin", antwortete die Kriegerin, doch in ihrer Stimme lag keine Schärfe. "Es wird Euch vielleicht überraschen, aber ich habe genau diese Diskussion schon mit Arranges geführt, vor einer ganzen Weile. Es ging ebenfalls um Vertrauen, und warum es so unklug ist - oder auch nicht. Vielleicht könnt Ihr Euch das in Eurem Beruf tatsächlich nicht leisten, aber... es gibt Situationen, in denen man allein hilflos ist. Eine solche ist auch der Grund, weshalb ich hier bin, aber das nur am Rande. Vor allem muß es furchtbar einsam sein. Laßt mich Euch eine weitere Frage stellen: Wofür lebt Ihr? Woran freut Ihr Euch, und mit wem teilt Ihr diese Freude? Oder Euren Kummer? Macht Ihr all das mit Euch alleine ab, weil Ihr niemandem so weit trauen könnt, etwas von Euch preiszugeben? Werden Euch nicht irgendwann auch die schönen Dinge zur Last, wenn ihr sie niemandem zeigen könnt? Mir jedenfalls würde das Herz davon wohl irgendwann so schwer, daß es einfach aufhören würde zu schlagen..."
[Dreveni]
Dreveni hätte es tatsächlich interessiert, was für Ansichten Arranges zu dem Thema hatte - allerdings nur in der Hoffnung, seine schwachen Punkt zu finden. Erynns Ansichten jedenfalls fand sie schon fast rührend, und ziemlich naiv. "Ich glaube nicht, dass mir auch nur einer meiner Auftragsgeber vertraut hat, weil er allein nicht mehr weiterkam. Ich hoffe doch wirklich nicht, dass ihr diese Art von Zweckgemeinschaft als Vertrauen bezeichnet. Vertraut ihr mir vielleicht?" Sie sah Erynn für ein paar Sekunden prüfend in die Augen. "Was das andere angeht: Ja, ich mache alles mit mir selbst aus. Zur Not könnte ich mit Mordan sprechen, wenn ich das Bedürfnis hätte." Dass sie es nicht fertig gebracht hatte, mit ihm über Feryn zu sprechen, bevor sie ihm das Stilett in den Rücken stach, kam kurz an den Rand ihres Bewußtseins, sie verdrängte es aber gleich wieder. "Davon abgesehen bringt es meiner Meinung nach überhaupt nichts, seinen Kummer anderen Leuten um die Ohren zu schlagen. Dadurch ändert sich überhaupt nichts, was geschehen ist, es macht auch.... ach, egal." Der letzte Satz hatte schärfer und bestimmter geklungen als beabsichtigt. "Und ganz so freudlos ist mein Leben auch nicht. Auch wenn es vermutlich schwer zu verstehen ist, ich mag meine Arbeit. Ausserdem muß man nicht sein Seelenleben vor anderen ausbreiten, um ihnen für eine gewisse Zeit nahe zu sein." Sie hoffte dass Erynn verstand, was sie ihr mit diesem Satz sagen wollte, aber sie war sich bei der jüngeren Dunmer gar nicht so sicher.
[Erynn]
Erynn warf Dreveni einen prüfenden Blick zu, forschte in ihrem Gesicht nach weiteren Reaktionen. Sie hatte irgendetwas angekratzt, so jedenfalls schloß sie aus dem heftigen Tonfall, der in gewissem Gegensatz zu den Worten der Assassinin stand. "Ihr habt mir eben selbst gesagt, daß ich Euch nicht trauen kann. Schade eigentlich, aber ich bin auch nicht darauf angewiesen, nur, falls ich diesen Eindruck bei Euch gerade erweckt haben sollte. Ich bin auch nicht hier um Eure Seele zu retten, sondern nur meine eigene."
Sie ließ das Thema fallen und richtete sich an einer Düne, die sich in ihrem Rücken auftürmte, häuslich ein. "Wie dem auch sei, ich bin dafür, daß wir uns zumindest für ein paar Stunden ein wenig hier ausruhen. Der Beschwörer ist in Hörweite, und ein Pfeil überbrückt die Entfernung schnell genug, falls irgendwas sein sollte." Bald begann sie, mit halbgeschlossenen Lidern zu dösen. Wirklich schlafen wollte sie nicht, schon gar nicht nach diesem Gespräch gerade eben. Wenngleich... Doch, Dreveni, ich vertraue dir. Jedenfalls für diesen Moment und so lange ich es muß. Bis wir den Verräter gefunden haben...
Ein Plan reifte langsam in ihr, was sie mit Gumora anstellen würde, wenn sie ihn gestellt hatten. Ein finsterer Plan, der wohl auch Arranges und Dreveni überrascht hätte, hätten die beiden jetzt in ihren Kopf schauen können. Sie wußte genau, wie die beiden über ihre Ansichten dachten, aber weder Nekromant noch Assassinin schienen zu begreifen, daß sie längst nicht mehr so weich und manipulierbar war, wie sie glaubten. Sie würden sich schon noch wundern. Allen voran aber würde sich Gumora wundern... wenn er noch die Zeit dazu fand.
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