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Provinzheld
Wie alle anderen Schafe war auch Nivicola am Vorabend erschöpft, durchgeschwitzt, aber befriedigt in den Schlaf gefallen. Nun, da sie aufwachte, erinnerte sie sich daran, was zuvor vorgefallen war. Sie hatten Friedobert dem Zaune übergeben wollen. Doch dieser hatte sich nicht als Wolf, sondern als Schaf der Liebe entpuppt. Diese Liebe hatte in Nivicola wieder einen Funken der Hoffnung aufglimmen lassen. Sie war bereit, sich dem neuen Tag und seinen Herausforderungen zu stellen – jedoch nicht, ohne zuvor ihren ungeheuren Hunger zu stillen. Sie trottete über die Heide auf der Suche nach Nahrung, bis sie am Zaun ankam. Was sie dort vorfand war aber mitnichten etwas zu Essen. Es war ein fremdes Schaf, durchbohrt von einem spitzen Zaunende, goldbraun geröstet vom elektrischen Zaun. Starr vor Entsetzen blickte Nivicola auf den verbrutzelten Kadaver. Sie konnte sich nicht mehr rühren, konnte keinen Laut von sich geben, konnte nicht einmal wegsehen. Sie stand einfach nur da – mehrere Minuten lang. Doch dann, wie ein Blitz, durchfuhr sie die Erkenntnis, was sie da gerade sah. Sie schrie, lauter denn je zuvor. Ihr Schreien klang panisch, verstört und verzweifelt. Und es fand so schnell keine Ende.
Geändert von Narrenwelt (19.05.2011 um 14:24 Uhr)
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