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Thema: Wölfe von der Düsterheide - der fünfte Tag

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Alles hatte sich geändert. Böckling war nicht mehr, und das erste Mal seit Ausbruch der Reißerplage war ein Streifen Hoffnung am Horizont zu erkennen. Und wem hatten alle dies zu verdanken? Natürlich Goliath.
    Glöckchen erwachte an diesem Morgen mit einem Tatendrang, wie sie ihn in letzter Zeit nie verspürt hatte. Sie war sofort hellwach und blickte stolz zu ihrem Bruder. Er lag mit einem merkwürdigen Lächeln neben ihr, und sie war nicht sicher, ob er schon wach war, oder seelig von seinem Erfolg träumte.

  2. #2
    Friedobert erwachte in seinem "üblichen" Ritual, sprich: Eimer fällt runter und er wacht erschrocken auf. Als er seinen Unterstand verlassen wollte, hörte er, wie scheinbar jemand seinen Namen rief. "War da etwas?", bei näherem Umsehen, konnte er aber nichts ausfindig machen, was dafür verantwortlich war. "Hab mich wohl nur verhört..." als er sich umsah, konnte er kein totes Schaf ausfindig machen, was seltsam war, wo war Blumenkohl abgeblieben und hatten sie tatsächlich schon alle Wölfe erledigt, oder nicht? "Böckling selbst hatte doch gesagt, dass es noch mehr von ihnen gäbe..." mit diesen Worten ging er ersteinmal zu seinem angestammten Weideplatz.

  3. #3
    "Hm? Da hinten steht Blanche. So wie sie aussieht, scheint sie einen Alptraum gehabt zu haben!" Silvus lief in ihre Richtung und wollte sie ein wenig beruhigen. "Guten Morgen, Blanche. Du siehst ziemlich panisch aus, hattest du einen Alptraum? Komm, ich muntere dich..." Doch dann sah auch er die blutige Wolle. "Verdammt, was ist hier passiert!? Bitte, lass es nicht Mmii sein! Blanche, warte du hier und beruhige dich etwas, ich hole den Leithammel!" Silvus raste los und rief dabei schnell Gary zu: "Mister Gary, gehen Sie bitte schnell zu Blanche und passen Sie auf sie auf! Sie steht sehr unter Schock!" Dann kam er bei Goliaths Schlafplatz an und sah auch Glöckchen. "Kleines Fräulein, sagen Sie, schläft Euer Bruder? Sie müssen ihn schnell wecken, es geht um... Die Wölfe haben ein neues Opfer gerissen! Bitte wecken Sie ihn auf und stoßen dann zu mir, ich werde euch zu der Leiche... naja... den Einzelteilen führen!" Silvus wartete etwas abseits auf die beiden, bis auch Mmii endlich kam. "Mmii, bin ich froh dich zu sehen! Aber das heißt, dass jemand anderes tot ist... Wer nur?" Mmii zeigte in diesem Moment auf Mike, der seinen Kopf gegen einen Baum schlug. "Der arme Mister Mike... Weißt du, er war selbst nur ein Opfer der Wölfe. Und darüber macht er sich im Moment Vorwürfe. Ich hoffe nur, dass keiner ihn verdächtigt. Ich... ich denke, ich werde ihn verteidigen. Schließlich war Böckling der einzige, der ihn richtig verstand - ein Wolf! Er braucht jetzt mehr Hilfe den je..." Silvus drehte sich um. "Was Scherzo angeht, nun, da musst du wissen, er ist... jetzt ein Wolkenschaf (ich hoffe, das verletzt ihn nicht zu sehr). Er war ein Opfer der Wölfe und wurde bereits gestern begraben. Mmii, es tut mir so leid, dass du das alles miterleben musst! Ich verspreche dir, ich werde von heute an nicht mehr von deiner Seite weichen!"

    Geändert von TrustyBell (06.05.2011 um 21:49 Uhr)

  4. #4
    Glöckchen wollte ihren Bruder gerade freudig und sanft wecken, als Silvus an ihnen vorbei kam. Ihre gute Laune wurde sofort im Keim erstickt, als er etwas von einem neuen Opfer erzählte. Entschlossen nickte sie und sagte: "Ist gut, ich werde ihn wecken. Keine Sorge, Goliath macht das schon." Ein gewisser Stolz lag in ihrer Stimme. Ihr Bruder war nun Leithammel, und sie war seine Schwester, die ihm immer zur Seite stand.
    "Wach auf!" ,sagte sie zu ihrem Bruder und stubste ihn in die Seite. Es tat ihr leid, dass sie ihn mit schlechten Nachrichten wecken musste, aber sie wusste, dass er der Richtige war, um sich um alles zu kümmern. "Du hast Arbeit, neuer Leithammel!"

  5. #5
    "In Ordnung. Blanche? Was ist passiert? Hat ...hat es schon wieder ein Schaf erwischt?!"
    Gary wurde blass. aus der Ferne hörte er einen Namen. Immer wieder einen Namen.
    Oh nein! Jill!
    "Jill ...", flüsterte Gary dem weinen nahe, "...sie wird doch nicht etwa ... Sie war doch gestern noch ..."
    Gary sah verzweifelt zu Blanche.
    "Sie morden - Selbst Frauen und wehrlose Kinder ... Wer auch immer es getan hat ... Wir müssen den Mörder finden. Oh bitte, großer Gschaat im Himmel, lass es nur noch einen Reißer sein - Und uns den heute töten."

  6. #6
    Der neue Tag war angebrochen und Goliath mochte gar nicht aus den Federn kommen, denn er träumte selig und voller Freude einen süßen Traum über seinen grandiosen Erfolg am gestrigen Tag! Doch musste er seine Rolle als neuer Leithammel wahrnehmen und den anderen Schafen ein Vorbild sein. Darum wachte er heute vergleichsweise besonders früh auf und wartete voller Hoffnung darauf, was der Tag wohl bringen würde. Glöckchen war natürlich schon längst wach wie er feststellte. Ob es heute wieder ein Schaf erwischt haben mochte?
    "Guten Morgen, Heide!", verkündete er freudig und gesellte sich zugleich zu den anderen Schafen. Natürlich musste er bald noch eine Ansprache halten und Goliath blickte zu seiner Schwester. "Gibt es etwas Neues? Haben wir ein neues Opfer zu beklagen? Wird jemand vermisst?", fragte er besorgt in die Runde.

    Geändert von Edmond Dantès (06.05.2011 um 21:59 Uhr)

  7. #7
    Glöckchen stand mit erhobenem Haupt neben Goliath und sagte: "Einer der Neuen, Silvus heißt er, glaube ich, hat vorhin gemeint, es gäbe ein neues Opfer. Genaueres musst du ihn selbst fragen." Sie seufzte kurz. "Macht es dir etwas, wenn ich mir das vorerst nicht anhöre?" Ein mulmiges Gefühl hatte sich in ihr breit gemacht, und sie hatte Angst zu erfahren, wen es getroffen haben könnte. Noch waren nicht so viele Schafe wach, dass sie einen Überblick hatte, wer fehlen könnte.
    "Und wenn du nichts dagegen hast, werde ich zu den alten Kothaufen gehen. Bö-" sie schluckte kurz bei dem Gedanken daran, "Böckling sagte doch irgendwas von einer Botschaft. Ich werde sie mir ansehen, da er mir gezeigt hat, wie man im Kot liest, und dir genau Bericht erstatten. Vielleicht kann ich etwas Hilfreiches entdecken." Glöckchen spürte, dass sie sich ein wenig davor fürchtete, zu dem Ort zurück zu kehren, an dem sie das letzte Mal richtig mit Böckling gesprochen hatte... und keinen Gedanken daran verschwendet hatte, dass er ein Reißer sein könnte. Aber sie wollte ihren Bruder unterstützen.
    Dieser war einverstanden, und blickte sich nach Silvus um. Glöckchen seufzte noch einmal tief, "Du schaffst das schon!", und ging dann geradewegs zu den Kothaufen.

    Der, den Böckling frisch hinterlassen hatte, war sofort zu erkennen, er lag etwas Abseits, aber sah ein bisschen anders aus als die anderen Schafskot-Hinterlassenschaften. ...

  8. #8
    Freilich konnte Goliath seiner Schwester nicht widersprechen und ließ sie passieren. Sollte es ein neues Opfer gegeben haben, so brauchte sie ja nicht dabei zu sein, wenn es darum ging, die sterblichen Überreste zu identifizieren und zu begraben. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn nun bereits alles vorbei gewesen wäre, doch eines war sicher: Dies würde der Anfang vom Ende für die Reißer sein! Vielleicht konnten Böcklings letzten Aufzeichnungen Aufschluss darüber geben, wer alles sich zum Komplizen bei diesen schrecklichen Morden verschworen hatte.
    Rasch lief Goliath Richtung See, zu Silvius, Blanche und Gary, die bereits aufgeregt einen Kreis um etwas auf dem Boden gebildet hatten. "Was liegt dort? Wen hat es getroffen?" Sofort sah er die Blutflecken und abgenagten Knochen, vom Schaf selbst schien nicht mehr viel übrig geblieben zu sein, die Reißer hatten ihre Arbeit gründlich erledigt.
    "Es ist kaum mehr etwas zu erkennen, und doch, als ich mich auf dem Weg hierhin umgeblickt hatte, konnte ich Jill nirgends entdecken und mir scheint, wir stehen nunmehr vor ihren letzten Überresten. Unsere Gegner haben kaum etwas an ihr gelassen, der Tod Böcklings hat sie nurnoch wilder und hungriger werden lassen! Seht ihr irgendetwas, was auf den Übeltäter hinweisen könnte?" Goliath war fassungslos, ausgerechnet Jill! Die Rache der Reißer hatte sie alle nunmehr erneut hart getroffen, sie schienen vor keinem Schaf zurückzuschrecken.

    Geändert von Edmond Dantès (06.05.2011 um 22:59 Uhr)

  9. #9
    "Es... es ist schrecklich...", murmelte Blanche und schluchzte auf. "W-wie können die Reißer nur etwas... etwas so grausames tun? Jill h-hat doch niemandem etwas getan, sie h-hat doch sogar uns Lämmer verteidigt. Das hier hat sie einfach nicht verdient! Wir müssen d-diese verdammte Drecksköter finden! Glaubst du, dass wir das schaffen können, Gary?", fragte sie mit einem flehentlichen Blick in ihren nassen Kulleraugen.

  10. #10
    Kaum hatte sich Glöckchen etwas umgesehen, fand sie ihn, die omninöse Kotscheibe, schon. Sie tat sich noch etwas schwer mit Lesen und das ein oder andere Wort konnte sie nicht ganz verstehen. Es machte es auch nicht leichter, dass die Nachricht offenbar in aller Eile geschrieben worden war. Dennoch schaffte sie es die letzte Botschaft des ehemaligen Leithammels erfolgreich zu entschlüsseln.

    Zitat Zitat von Böckling aka Tatze
    Liebes Schaf, dass das hier ließt

    Falls ich diesen Tag nicht überleben sollte, bitte ich euch darum: Führt die Chroniken fort. Egal was passieren wird, sie sind es, was diese Heide so besonders machen. Ich weiß es, ich habe genug von diesen Schafen gelernt um mich in ihren Handwerk genau auszukennen. Obwohl ich sie für äußerst schmackhaft halte, so muss man doch annerken welche intellektuelle und historische Leistung in diesem alten Kothaufen liegt.
    Es war offensichtlich nach alten Brauch üblich, dass der Leithammel vorgibt was in diesen Texten zu stehen hat. Falls der Leithammel nicht schreiben kann, ditkiert eben einem Chronisten.
    Mein einziger Wunsch ist es also, führt diese Chroniken fort.
    Und rennt nicht zuviel auf der Heide herum. Je mehr Fett ihr habt, desto besser schmeckt ihr.

    In abgrundtiefstem Hass

    Tatze , auch bekannt als, Böckling

  11. #11
    Mike beobachtete das Gespräch zwischen Goliath und seiner Schwester während ihm noch immer Blut den Schädel hintunterlief. Als Glöckchen sich schließlich entfernte begab er sich zu ihm.
    "Also dann, neuer Leithammel, was werdet ihr jetzt tun? Ihr habt doch Böcklings Vorgehensweise ständig kritisiert und obwohl er tatsächlich ein Reißer war bezweifle ich ernsthaft, dass sich euer Vorgehen sonderlich von des seines unterscheiden wird. Ihr könnt mich natürlich gern eines besseren belehren."
    Aber dazu würde es wohl nicht kommen. Heute nacht würden sie wieder jemanden dem Zaun opfern und bei ihrer bisherigen Erfolgsquote würden sie sicherlich erneut ein Schaf rösten.
    "Und bevor du mich übrigens beschuldigen willst selbst zu diesen Monstern zu gehören solltest du dich fragen ob Böckling wirklich so bescheuert gewesen wäre mit einem seiner Komplizen so offensichtlich gemeinsame Sache zu machen! Er hat mich einfach nur ausgenutzt indem er mich hat glauben lassen ich würde gebraucht werden!"

  12. #12
    Ruhig und einigermaßen gefasst untersuchte Goliath die Wollfetzen und die Blutspuren. Die Blutspuren führten nur ein paar Schritte weiter und verschwanden dann im Nichts. An den Überresten der Wolle und des Torsos konnte man nurnoch die Bissspuren eindeutig erkennen, die gewiss nicht schafigen Ursprungs waren. Dieser Fund blieb ein Rätsel, welches seine Geschichte den anderen Schafen nicht Preis geben wollte. "Verdammt, ein neues Opfer und keine verwertbaren Spuren... Die meisten Schafe schlafen noch und wir sollten ihnen diesen Anblick ersparen. Lasst uns ein passendes Grab neben dem von Frau Määhra am Apfelbaum ausheben!", schlug Goliath entschlossen vor, denn diesr Anlick würde die Schafe nur unnötig verängstigen und jegliche Hoffnung rauben, dass sie ihren Gegnern wirklich noch Einhalt gebieten konnten, so verheerend wie ihre Taten waren.

    Gerade, als er diese Entscheidung gefällt hatte, kam Mike zu ihm und gab seine Bedenken, was das weitere Vorgehen anging, zum Besten.
    "Nun wissen wir: Böckling war ein Reißer und die vielen toten Schafe nicht nur Pech, sondern bewusst von den Reißern verbrochene Morde, indem sie gemeinsam die Herde lenkten und ihre Wahrnehmung trübten, bis sie alsbald ihre eigenen Kameraden dem Zaune opferten. Gestern haben wir es geschafft, das Oberhaupt der Reißer zu stellen und ihn mit seiner eigenen Methode zu Fall zu bringen. Doch noch immer befinden sich die Reißer unter uns und die einzige Wahl, um uns ihrer zu entledigen, die wir haben, ist es, auch sie zu erkennen und dem Zaun zuzuführen.
    Böckling hat willkürlich unschuldige Schafe ermorden lassen, denn er war ein Reißer. Doch ich werde gezielt jene Schafe zäunen lassen, die in Wahrheit zu unseren Feinden gehören! Ab heute soll kein Schaf mehr sein Leben lassen müssen durch unser Urteil, dies wird der Unterschied zu seinem Vorgehen sein.

    Natürlich hast auch du dich mit deinem Verhalten verdächtig gemacht, Mike, und ebenso hätte niemand zuvor geglaubt, dass unser alter Leithammel ein Reißer sein würde. Doch nun ist es so gekommen und wir werden uns nach den Beweisen richten müssen, die wir haben, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Wenn du unschuldig bist, dann hast du nichts zu fürchten! Doch die Reißer sollten sich in Acht nehmen, ein neuer Leithammel ist auf der Weide! "

  13. #13
    "Was ist denn hier passiert?" Friedobert hatte bemerkt, dass sich einige der Schafe schon wieder versammelt hatten. Es konnte doch nicht sein, dass es doch wieder ein Opfer gab. "Was ist das denn??? Wen hat es denn diesmal erwischt? Es hört wohl scheinbar nie auf...Ich nehme mal an, dass wir auch heute eine Wal treffen sollen, oder? Also, wer heute dem Zaun zum Opfer fallen soll...", der Gedanke, dass das Morden weiterging, gefiel Friedobert ganz und gar nicht.

  14. #14
    Gary sah Blanche verzweifelt an.
    "Ja, wir schaffen es! Wir sind es Jill und all den anderen schuldig. Hm, gibts es jemanden der Jill verdächtig vorkam? Wenn von denen noch jemand lebt ... Vielleicht wollte dieser Jemand eine Zeugin ..."

  15. #15
    Blanche schüttelte nur leicht den Kopf. "Ich hatte den Eindruck, dass sie genau die gleichen Schafe verdächtigte wie die meisten anderen auch. Gestern hat sie Böckling gewählt, davor glaube ich Garrett... aber ich habe ansonsten nicht viel mit ihr zu tun gehabt." Sie runzelte die Stirn. "Ich glaube, die Reißer wollten uns abschrecken, indem sie das hier tun. Aber es ist furchtbar, dass es ausgerechnet Jill treffen musste!"

  16. #16
    Glöckchen hatte die Botschaft von Böckling mühsam entziffert, und war hin und her gerissen. Einerseits spürte sie Wut, dass sie alle so lange einem Reißer getraut hatten, der sie stolz ins Verderben geführt hatte. Andererseits war ihr wieder eingefallen, dass sie ohnehin einmal vor gehabt hatte, Goliaths Heldentaten für die Nachwelt festzuhalten. Sie hatte dies in dem Chaos, das die Heide heimgesucht hatte, vollkommen vergessen, aber nun war eigentlich der beste Moment, wirklich damit zu beginnen. Ihr Bruder war bestimmt das jüngste Schaf, das jemals Leithammel geworden war, und er würde es noch weit bringen, so etwas musste im Kot verewigt werden. Es ärgerte sie nur, dass sie damit etwas ausführte, worum ein Reißer gebeten hatte.

    Sie las die Nachricht noch einmal, und ihr fiel nichts auf, was irgendwelche Hinweise hätte geben können. Doch dies war immerhin nicht das einzige von Böckling verfasste Kotstück, vielleicht hatte er in seinen eigenen Chroniken ja Hinweise oder Botschaften für seine Komplizen hinterlassen.
    Glöckchen sah sich um. Hier waren Berge von Kothaufen, einige dunkel und steinhart, andere hell und dünn wie ein angefaultes Salatblatt. Sie hatte keine Ahnung, wo die Chroniken sein könnten, und mit ihren noch nicht ausgereiften Lesekünsten würde es ewig dauern, bis sie alles durchgesehen hatte.
    Dann fiel ihr jedoch der Platz ein, auf dem Böckling ihr damals gezeigt hatte, wie man im Kot schrieb. Und tatsächlich, dort lagen all seine Hinterlassenschaften, fein säuberlich gestapelt.

    "Erster Tag nach Böckling..." ,murmelte Glöckchen konzentriert.Durch Magie, durch sehr kompliziert hergestellte Tarnfelle die es ihnen erlauben die Form, den Geruch, die Gehweise und die Stimmen von Schafen anzunehmen, wir wissen es nicht.....Ramirez.... Integrationsunwillen...
    Sie legte die Scheibe zur Seite und sah sich die Nächste an.
    ...zeigte Goliath keine Scham, sondern war sogar Stolz das "Auslandsschaf", wie er es nannte, los zu sein....Baron Baa.... einst eine Wolfsplage über seine ehemalige Herde gebracht...
    Glöckchen stockte. Baron Baa hatte so etwas schon einmal erlebt? Wahrscheinlich hatten sie ihn deshalb an den Zaun geschickt. Er hätte vielleicht aus Erfahrung gewusst, wie man die Reißer besser enttarnt.
    Die nächste Scheibe.
    ...wieder war es Goliath... Frau Määhra... Garrett...

    Glöckchen schnaubte. Sie würde in ihren eigenen Chroniken einiges richtig stellen müssen, was der Reißer geschrieben hatte. Trotzdem gaben seine Niederschriften ein paar gute Informationen ab. Sie würde Goliath gleich davon erzählen, und so versuchte sie, sich die Zeilen möglichst genau einzuprägen. Wie gut, dass sie so ein kluges Lämmchen war.

  17. #17
    Wer wohl verdächtig ist? Es stand also fest, dass sie noch unter den Schafen waren, diese Kreaturen, Finsterwandler, die sich tags in Schafe und des Nachts in Reißer verwandelten und sie waren auf Rache aus. Die gestrige Hinrichtung, Friedobert hatte sich auch gestern nicht getraut, dieser beizuwohnen, schließlich fand sie am Zaun statt. Nicht, dass noch ein Funke übersprang und ihn erwischte, schon allein bei dem Gedanken wurde Friedobert ganz mulmig zu Mute. Genauso wie das, stellte sich aber früher, oder später ein neues Problem, denn wenn sie weiterhin dem Zaun Schafe opferten, musste er irgendwann so beschädigt sein, dass die Elektrizität von alleine wich. Vielleicht war das ja das höhere Ziel des Rituals. Also, wenn der Zaun endlich befriedigt war, zumindest klang dieser Gedanke für Friedobert mehr als einleuchtend.

    Was war dieser Zaun überhaupt? Als er sich näher mit dem Gedanken befasste, musste Friedobert feststellen, dass es nicht der selbe sein konnte, den er seinerzeits kennengelernt hatte. Der hier war anders, er hatte so einen seltsamen Geruch, ein Geruch, der schon vor dem ersten Zaunopfer von diesem Zaun ausging. Er war anders als der, der von dem anderen ausging. Es war schwierig zu beschreiben...Friedobert konnte einfach nicht das passende Wort finden. Der Zaun, der ihn fast getötet hatte, hatte irgendwie den Geruch von frieschem Gras gehabt, das hatte sich mit seinem Erlebnis praktisch in Friedobert eingebrannt, aber dieser hier? Vielleicht lag es ja an der Spannung, oder an der Umgebung, aber dieser hier hatte einen eigenartigen Geruch, der viel mehr künstlich war. Technisch gesehen konnte es aber nicht sein, beide Zäune bestanden aus Holz, beide waren mit Blitzen bewaffnet, beide waren in einer wäldlichen Umgebung.

    Selbst von der Machart schienen sie gleich zu sein, vielleicht war es einfach nur die Atmosphäre. Das musste es sein, auf seiner Heimatheide waren die Schafe stehts und ständig in ihre Arbeiten und Studien beschäftigt, das hat natürlich auch auf die Umgebung seinen Einfluss. Hier wiederum schienen sie es alle gelassen zu sehen, die einzige studientechnische Angelegenheit schien wohl der Kothaufen zu sein, den Friedobert vor ein paar Tagen gesehen hatte. Das und das Klima! Mit jedem Moment wurde es ihm ein wenig klarer, aber trotzdem...irgendetwas fehlte, irgendetwas wichtiges, etwas, was er übersehen hatte und was von entscheidender Bedeutung war. Vielleicht war es doch an der Zeit, sich einmal dem Zaun zu nähern, vielleicht würde die Erkenntnis ihn dann endlich überkommen...auf der anderen Seite...es war der Zaun und er war voller Elektrizität und das wohl schon sehr lange.

    Damals, als sie ihn versucht hatten, auf diese Weide zu bringen...Friedobert war panisch gewesen und ließ sich nicht auf normalen Wege auf die Weide schaffen. Als Konsequenz davon haben sie ihn mit einem Helikopter über der Heide abgeworfen. Der Fallschirm ist aber zu früh losgegangen, weshalb er beinahe im Zaun gelandet wäre. Damals war dieser ebenfalls voller Elektrizität gewesen. Das wäre dann schon das zweite mal gewesen, dass er beinahe sein Leben verloren hätte. Warum war Friedobert überhaupt hier? Er versuchte sich zu erinnern.

    Es gab eine Regel auf seiner Heimatweide: Jedes Schaf wird einmal in seinem Leben auf eine andere Weide geschickt, um dort etwas über andere Schafskulturen zu erfahren. Friedobert wollte unbedingt ebenfalls auf eine andere Weide, aber er erhielt immer nur ein und die selbe Antwort: es ist zu früh.
    Irgendwann erreichte eine Nachricht die Oberhäupter seiner Heimatweide, eine Nachricht, dass der Schäfer mit dem Schäfer einer gewissen Düsterheide in Kontakt stand und dass eine Art freundschaftlicher Schafstausch stattfinden sollte. Allerdings stand noch nicht fest, welches Schaf das glückliche war, welches auf die andere Weide sollte. Was natürlich keiner wusste: dieser Tausch war dauerhaft und nicht wie sonst üblich, nur für eine bestimmte Zeit (es ging damals immer das Gerücht um, die Schafe werden nur deshalb für eine gewisse Zeit weggeschickt, damit sie dort fett werden, zumindest fand der Austausch immer in der Zeit vor Ostern statt und seltsamerweise verschanden einige Schafe kurz nachdem sie wieder in der Heimat ankamen, einfach spurlos über Nacht).

    Friedobert war begeistert von der Neuigkeit und machte sich zugleich auf, den ältesten davon zu erzählen, vielleicht konnte er sie ja endlich davon überzeugen, selbst einmal auf eine andere Heide zu dürfen. Die Ältesten waren alles andere als erfreut, schließlich ging es ja um Friedobert, der, der schon Angst bekam, wenn sich ein Gewitter auf einer Entfernung von 5 km näherte, wie sollte er überhaupt am Zaun vorbeikommen? Mal davon abgesehen: dieser Austausch schien etwas besonderes zu sein, auch wenn kein Schaf wusste, dass es so war. Dennoch wollten sie lieber ihr bestes Schaf schicken und das war Friedobert nun einmal nicht.

    Der Tag kam, an dem eine merkwürdige Box, von ein paar Menschen getragen, auf der Weide landete. Stolz wanderte das Prämienschaf, das war das Schaf auf der Heide, das von allen bewundert wurde, in Richtung einer Öffnung der Box, als plötzlich ein komisches Klingeln von irgendeinem komischen Gerät kam. Kurz darauf verschwanden die Menschen einen Moment und genau in diesem Augenblick gab es ein Donnern. Für den Tag war Gewitter angesagt und Friedobert voller Angst rannte wie immer panisch durch die Heide, auf der Suche nach Schutz. Da bot sie eine offene Box natürlich an. Noch bevor das Prämienschaf reagieren konnte, stürmten die Menschen wieder auf die Heide, schlossen die Box, sie waren überzeugt, dass das Schaf darin das ausgewählte war und stürmten damit zu ihrem Fahrzeug.

    Bevor irgendjemand etwas bemerken konnte, waren sie schon auf dem Weg zur Düsterheide: zuerst über Land, dann mit dem Helikopter über Wasser und zuletzt auf die Düsterheide. Die Boten waren auf jeden Fall Idioten, denn als Friedobert sich weigerte, den Zaun zu passieren, sie waren dumm genug, ihn vorher freizulassen, schnappten sie ihn, stiegen in den Helikopter und warfen ihn einfach mit einem Fallschirm ab.

    Was es nun mit dem Zaun auf sich hatte...wer weiß, aber im Moment gab es wichtigeres, wie diese Wale.

  18. #18
    "So weit ich mich erinnern kann, hat sich Jill nie auffällig verhalten, sondern stets brav an ihren Socken gestrickt und ruhig auf der Weide gegrast. Auch ihr Wahlverhalten hilft uns keinen Schritt weiter, sie hatte sich zumeist den anderen Schafen angeschlossen und keinen besonderen Verdacht gegen Jemanden gehegt. Allerdings war sie am vorletzten Tag vor ihrem Tode die Allererste, die Mike angeklagt hatte, ob dort ein Zusammenhang besteht? Nur dem Zufall konnte sie es womöglich verdanken, nicht in der selben Nacht umgekommen zu sein, denn die Reißer wurden gewiss von Scherzo abgelenkt, dessen Wahl allein auf Glöckchen fiel, ganz gleich, ob er wirklich etwas gewusst haben mochte. Nun aber lasst uns zunächst Jills Überreste endlich begraben und sobald alle Schafe erwacht sind, können wir gemeinsam über unser weiteres Vorgehen sinnieren, vielleicht fällt einem anderen Schaf ja noch etwas Kluges ein!"

    Mit diesen Worten trug er die Wollfetzen und Knochen zusammen, die von Jill übrig geblieben waren, und machte sich dazu auf, am Apfelbaum ein weiteres Erdloch auszuheben, direkt neben der Stätte von Frau Määhra. Goliath hoffte, dass in der Zwischenzeit seine Schwester schon etwas Neues herausgefunden haben mochte, denn er sah, wie sie noch immer vertieft in weiter Ferne über den Kotscheiben stand.

  19. #19
    Am liebsten hätte Glöckchen die Kotscheiben vergraben, bei so viel Unwahrem, wie darin stand. Aber sie waren wichtige Beweise, und zumindest die Eckdaten stimmten. Nachfolgende Schafe mussten von dieser Katastrophe erfahren. Schon einmal war durch Baron Baa ein ähnlicher Vorfall entstanden, und man konnte nicht ausschließen, dass es nach diesem Mal wieder vorkommen würde. Dann würde es aber zumindest Aufzeichnungen geben. Sie ärgerte sich, dass Baron Baa so früh von ihnen gegangen war, er hätte bestimmt nützliche Informationen gehabt.
    Später würde sie bei ihrem ersten eigenen Eintrag ("Tag 1 nach Goliath" ,dachte sie stolz) vermerken, dass der Chronikenschreiber vor ihr selbst ein Reißer gewesen war, und klar stellen, dass es nur ihrem Bruder zu verdanken war, dass er entlarvt wurde.

    Vorerst gab es aber Wichtigeres. Ein paar Schafe hatten offenbar begonnen, beim Apfelbaum ein weiteres Grab auszuheben, und Goliath war unter ihnen. Sie wollte ihm gleich Bericht erstatten und auch sehen, wen es denn nun erwischt hatte.
    Als sie näher kam, bemerkte sie, dass Mike sich ebenfalls beim neuen Leithammel herumtrieb. Mit einem äußerst kalten Blick schritt sie an ihm vorbei. Wahrscheinlich fürchtete er wieder einmal um sein Leben, da er mit Böckling so vertraut gewesen war, und versuchte sich nun einzuschleimen. Sie jedoch würde, ganz gleich was er tat, nie vergessen, dass er sich jedes einzelne Mal Böcklings Entscheidung angeschlossen hatte, und zuletzt auch Goliath am Zaun sehen wollte.

    "Wen hat es erwischt?" ,fragte sie schließlich ihren Bruder, nachdem sie sich zu ihm gesellt hatte, und begonnen hatte, beim Graben zu helfen. Inzwischen hatte sie schon fast alle der Schafe auf der Weide zu Gesicht bekommen, doch konnte immer noch nicht klar sagen, wer fehlte.
    Mehrere umstehende Schafe beantworteten ihre Frage schwermütig. So gruben sie eine Weile lang schweigend und traurig, um Jill die letzte Ruhe zu gewähren. Danach war noch genug Zeit, um über Böcklings Machwerke zu sprechen.

  20. #20
    Mike hatte es doch gewusst. Goliath hatte nicht vor auch nur das geringste zu ändern. Lasst uns einfach weitere Schafe dem Zaun opfern in der Hoffnung einer von ihnen könnte ein Reißer sein! Ja, Böckling hat bewusst unschuldige Schafe ausgesucht, aber wie wollte Goliath bitte gezielt die Reißer erwischen wenn er keinen Plan hatte welcher von ihnen zu diesen Monstern gehörte? Außer natürlich er war selbst einer, zum Schein von Böckling ernannt in der Hoffnung sie würden seiner Anschuldigung keinen Glauben schenken, was natürlich nur noch mehr unschuldigen Schafen das Leben kosten würde.

    Oh und da kommt ja seine Schwester, deren Blicke Mike scheinbar durchbohren wollten. Sie war doch nichts weiter als Goliaths Anhängsel und anstatt die Situation selbst zu durchdenken eiferte sie lieber ihrem absolut unfehlbaren Bruder nach. Dieser hätte den gestrigen Tag ja nichtmal überlebt wenn nicht irgendjemand im Verborgenen noch eine Stimme abgegeben hätte!

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