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Thema: Auf dem Rücken (das bist du)

Baum-Darstellung

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  1. #13
    Danke für deine Kritik. =)
    Ich habe so ein bisschen die Angst, dass man beim nur Zuhören die Klammern nicht mitbekommt, einfach weil es kein übliches Stilmittel ist und ich nicht weiß, wie man diesen "Klammerunterton" ohne dieses Wissen dann aufnimmt, ob das Verwirrung schafft.

    Die Überbetonung, das muss ich zugeben, fand ich selbst hier recht passend, aber das ist sicher Geschmackssache. Beziehungsweise habe ich vom Rezitieren auch nicht so viel Ahnung. Ich weiß nur, dass bei Lyrikrezitationen sehr gern mal derart überbetont wird (was ich dann aber meistens auch nicht mag) und Slam Poetry baut auch oftmals auf sowas auf. Gerade die Stelle "Totenstarr und totenstill", da hast du sicher recht, wenn du sagst, dass ich es dort zu sehr übertrieben habe; das Flexiv musste ich anfangs aber irgendwie betonen, damit es sich vom vorherigen "starr und still" abhebt - und auf das "tot-" wollte ich tatsächlich einen gewissen Akzent. Da der gesamte Text nun auf diesen Wiederholungen aufbaut und ohne sie nicht recht zu funktionieren weiß, musste ich die Überbetonung dann im Folgetext immer wieder mitnehmen.

    Wie gesagt, für meine Ohren wirkt es schon noch; das heißt aber nicht, dass ich mit deiner Aussage nichts anfangen kann, viel eher hilft sie mir, das nochmal zu bearbeiten. =)

    Insgesamt bin ich aus den Übungsphasen eigentlich raus und schreibe tatsächlich gänzlich nur noch auf Inhalt. Das ist sicher ziemlich überheblich gesagt, aber ich finde mich tatsächlich momentan zu einem Punkt wieder, an dem ich weiß, zu was ich stilistisch in der Lage bin und was ich damit umsetzen kann und für die meisten Inhalte und Intentionen reicht das komplett aus. Mein Gerüst bei diesem Text bestand beispielsweise nur aus zwei Teilen:

    Zum einen das Bild des auf dem Rücken Tragens, das habe ich mir aus einem anderen, unveröffentlichten Text von mir geliehen, wo es einen anderen, etwas positiveren Charakter (das auf dem Rücken Tragen als Geste der Hingabe mit dem etwas eklig-süßen Beigeschmack von "bis ans Ende der Welt" - bäh) hatte, und hab es mit der Umklammerungsgeste, also im Sinne von "etwas klammert sich an einen" (in dem Fall eben der tote Leib auf erster Ebene und die Erinnerung auf zweiter), abstrahiert.
    Zum anderen die 'und'-Folge, also "Und du liegst bei mir, wenn ..., und ...", "Und du klammerst dich fest, wenn ..., und ..." etc., weil ich die sehr mag, die lässt nämlich immer das vorhergehende Aufzählungsglied offen und das ist irgendwie toll um Fragen aufzuwerfen und so.

    Der Rest hat sich tatsächlich über den Inhalt ergeben. Darunter fallen alle Stilmittel, vor allem eben auch die offensichtlichsten, Klammern, Wiederholungen, Plenasmen, als auch die Charakteristik des Erzählsubjekts (wobei die natürlich vom inhaltlichen Schreibprozess nicht zu trennen ist). Dass dieser Eindruck von Etüdenhaftigkeit aufgetaucht ist, kann ich aber in gewisser Weise nachvollziehen, da rutscht man nämlich schnell rein, wenn man in Wiederholungen schreibt. Was man in der Etüde macht, also das ständige Reorganisieren gleicher oder ähnlicher Passagen in immer wieder neuen Zusammenhängen, ist hier ja grade ein Teil der Textstilistik. Genauso wie sich der Übende zur Verinnerlichung immer wieder in Kreisbahnen ein Stück zurück, dann wieder vor bewegt, so macht das hier auch mein Erzählsubjekt, geht immer wieder Stücke zurück und stellt Veränderung fest, die zum nächsten Gedanken geleiten; dann wieder Stücke zurück et perge et perge.

    Glaube die Verständnisprobleme folgern auch eher aus der Hermetik des Textes, gegen die ich aber nie etwas machen kann oder will. Einige Bildattribute sind sehr subjektiv verortet; unmöglich dass die jemand vollständig erschließt. Ich schreibe allerdings auch immer auf drei Leserfelder hin: (1) Den perfekten Leser, also vornehmlich mich selbst, der alle Hinweise richtig folgert und die Stilebene korrekt aufschlüsselt. (2) Den sinnsuchenden Leser, der die offensichtlichsten und objektiven Hinweise richtig folgern muss, um aufschlüsseln zu können (dass das für ihn möglich wird, ist meine Aufgabe, mit der ich hin und wieder, auch hier, ziemlich arg zu tun habe). (3) Den Symbolisten, für den eigentlich nur das Textmotiv eine Rolle spielt und der eher Ansprüche an die Poetizität des Textes stellt.
    Ich hab mich mittlerweile eigentlich auch daran gewöhnt, dass die Texte nicht d'emblée verstanden werden. Verständnis war auch nie so ganz mein Anspruch; ich freue mich viel eher, wenn ich diese drei Leser bediene, ohne in die Gefahr zu geraten, dass mich ein vierter Leser in die Hände kriegt, nämlich der, der um des Lesens willen liest und tumb Aphorismen klopft. Deswegen gibt es in meinen Texten glaube ich auch keine Aphorismen. Aber das nur am Rand.

    Ich bedanke mich jedenfalls nochmals herzlich für deine Meinung zum Text, die für meine Reflexion wirklich einmalig wertvoll ist. Besonders gefallen haben mir die Klammern in deinem Feedback!


    Und Danke auch an Karl. Ich find's schade, dass du nicht geweint hast; also eigentlich ist der Text auch nicht unbedingt darauf ausgelegt (wobei es natürlich toll ist, wenn man es mal schafft, derartige Emotionen hervorzurufen), aber dich von allen wollte ich weinen sehen.
    Naja, beim nächsten Mal. *Hände reib*

    Geändert von Mordechaj (20.04.2011 um 08:56 Uhr)

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