Ich möchte euch heute ein wenig mein Projekt vorstellen, an dem ich hin und wieder mal ein bisschen werkele und das mittlerweile dann doch schon so weit konzipiert ist, dass mir etwas Feedback dazu ganz gut gefallen würde. Das Ganze werde ich rein textlich präsentieren, keine Bilder, keine Teaser und Trailer und sehr viel überflüssige Informationen. Ich bitte den geneigten Kommentator, sich dennoch ein Gesamtbild zu verschaffen und seine Eindrücke und Gedanken ausgiebig und in aller Ehrlichkeit kundzutun.
Papierengel - Anges de papier - Paper Angels - Malakei neyar - Angeles de papel
Eines Nachmittags warst du
auf meinem Arm eingeschlafen.
Eine Stunde verging, mein Arm tat weh,
aber ich konnte ihn nicht bewegen.
Ich wusste, dass du dann aufwachtest.
Du würdest mich verlassen.
Es wäre mit indes wirklich sehr wichtig und deshalb extrem nett und hilfreich, wenn dieses Feedback ausführlich ausfällt; es müssen keine Romane werden und ich bin auch für Kritik in kleinerem Umfang sehr dankbar, aber aus einem großen, eingängig dargelegten Gesamteindruck kann man sich so viel mehr nehmen als auch mehreren Einzeilern und Teilmeinungen. Ich hoffe, euch mit meiner Darstellung die Muse geben zu können, euch ein wenig Zeit für mich und mein Projekt zu nehmen.
Einen Story-Abriss möchte ich (noch) nicht geben, dafür ist dabei vieles zu sehr miteinander verwoben und potenziellen Spielern möchte ich den Spaß des Entdeckens und Erlebens nicht verderben. Zu gebotener Zeit wird es aber sicherlich einige andersartiger Einblicke geben, die vielleicht ebenso Interesse wecken könnten.
Die Originalidee zu Papierengel trage ich schon eine ganze Weile mit mir herum. Entstanden ist sie aus meinen ersten ernstzunehmenderen Gehversuchen in der Schriftstellerei. Hinzu kamen weitere kleine Plots, die gern umgesetzt werden wollten, mehrere unterschiedliche Ideen, die allein keinen besonders beeindruckenden Gesamteindruck hinterlassen hätten können.
Schließlich habe in angefangen, Ideen und Konzepte miteinander zu verweben, zu interferieren und dem Ganzen eine Form und einen festen Aufbau zu geben. Sehr geholfen haben mir dabei einige literarische, kinematographische Inspirationen und einige Spieleumsetzungen. Vor allem Freebird Games haben dazu beigetragen, dass ich mich letzten Endes entschlossen habe, die Verwirklichung des Projektes zumindest zu versuchen, denn allen voran Lyra's Melody und Quintessence zeigen, wie man auch ohne unnötig viel Schnickschnack eine beeindruckende mise-en-scène erreichen kann.
Ich setze Papierengel mit dem RPG Maker XP um. Mir ist klar, dass viele Nostalgiker RM2k(3)-Spiele bevorzugen und ich muss zugeben, dass mir die verpixelte 320x240-Auflösung in vielerlei Hinsicht leichter zu bearbeiten wäre und mir der alte Grafikstil hin und wieder um einiges mehr zusagt, allerdings halte ich sehr viel auf die Umsetzungsmöglichkeiten des RMXP, nicht zuletzt die zusätzliche Grafiktiefe, die flexible Charactergröße, der zusätzliche Tile Layer und allem voran Ruby Scripte halte ich mittlerweile für meine Zielsetzungen als unerlässlich und machen mir die Arbeit auch angenehmer, sodass ich mich auf das Story-telling konzentrieren kann.
Lange lange habe ich mich gesträubt, auch nur daran zu denken, ein größeres Projekt ohne eigenen Grafikstil und sonstige Besonderheiten zu starten, gerade aber durch Kan Gaos Werke wurde mir klar, dass man auch mit dem üblichen Krimskrams und ein wenig Pixelarbeit eine sehr schöne und vollkommen zureichende Atmosphäre kreieren kann. Letzten Endes fehlt mir die Zeit und die Motivation, mich derart ausgiebig mit der Schaffung eines komplett eigenen Stils auseinander zu setzen, weshalb ich begonnen habe, das Spiel in der herkömmlichen XP-RTP-Grafik umzusetzen und diese mit ein paar netten Effekten zu komplettieren.
Desweiteren ist das Spiel in 4 bzw. 5 Sprachversionen verfasst, Deutsch, Englisch, Französisch, Ivrith und eventuell Spanisch. Für den gemeinen Forennutzer wird das sicherlich ziemlich unerheblich sein, reichte ihm doch eine deutsche Sprachversion völlig aus, allerdings hilft das mir persönlich sehr stark dabei, multimedial zu arbeiten und Texte und Dialogsituationen nach einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu betrachten und zu bearbeiten. Ich muss auch zugeben, dass ich oller Sprachfanatiker dadurch eine gesündere Beziehung zum Projekt aufbauen kann. Davon ab eröffnet mir das, sollte ich mit der Umsetzung des Projektes jemals so weit kommen, dass etwas Spielbares vorliegt, den Weg in ausländische Communitys.
Die Papierengel, das sind drei an der Zahl. Drei Geschichten, die gemeinsam drei Erzählkreise durchlaufen, um am Ende völlig verändert wieder herauszukommen. Die Papierengel bemerken, dass sie etwas vermissen, begeben sich auf die Suche und finden vielleicht sogar irgendetwas, was es auch sei.
In den alten Märchenbüchern meiner Großeltern wird erzählt,
dass die Liebe nur eine Last für den frei denkenden Geist sei.
In den Märchen meiner Kindheit las ich,
dass nur wer liebt und innig sich von der Liebe fesseln lässt,
wirklich frei von allen Banden geworden sei.
Ich liebte einmal einen Engel ganz aus Papier.
Als er mir eines Tages entflogen war,
wusste ich, dass ich von nun an frei war.
Ich war selbst zu einem Papierengel geworden.
Aurore.
Maintes gens dient que en songes
N'a se fables non et mençonges;
Mais l'en puet tiex songes songier
Qui ne sunt mie mençongier;
Ains sunt après bien apparant.
Aurores Welt ist der Schlaf, der Traum von Utopie, den sie lebt. Eines Tages ist sie aus der Welt der Wachen geflüchtet, weil sie auf das Wachsein keine Lust mehr hatte. Ein sehr kindlicher Verstand ist auf der Suche nach Ebenbürtigkeit, nach Erstrebenswertem, nach Bedeutung. Sie verliert sich in wilden Phantasien, die aus ihrer Traumflucht mehr Realität machen, als ihr lieb ist. Es vereinen sich hier Gedanken aus den Werken von Saint-Ex, aus Geschichten der Romantik, allen voran Kinderliteratur des 19ten Jahrhundert, und einige andere Einflüsse vorwiegend aus Kinder- und Jugendmedien.
Der Aurore-Zyklus bietet vor allem kleine, eingegrenzte Spieleinlagen, die ich noch nicht genauer definieren kann. Es wir auf alle Fälle keinen großen Handlungsspielraum in dem Sinne geben, dass man durch die Lande zieht und selbst sein Schicksal bestimmt, das Spielerlebnis will eher hinter der Geschichte zurücktreten, deshalb läuft das hier ziemlich linear ab.
Jules.
Pik Ass.
Dreizehn von Dreizehn sind Dreizehn.
Jules lebt als Schlafwandler in der Welt der Wachen. Er lebt und erlebt, aber er läuft auf kein anderes Ziel zu als auf sein eigenes Abbild in den Spiegeln (literally). Seine Existenz ist eine Art Mauerschau, seine Motivation fragwürdig. Schwer zu kämpfen hat er mit Verlust. Es geht hier vor allem um die etwas delikateren Themen, Wertephilosophie in Relation zur Lebenswirklichkeit, Menschsein in Relation zum Weltschmerz.
Der Jules-Zyklus wird keine bzw. nur sehr wenig Interaktion bieten. Er versteht sich viel eher als eine Art Visual Novel und geht dabei in thematischen Zusammenhang mit den anderen beiden Storysträngen auf.
Hannah.
It smells
sweet
and spicy,
exotic...
And it smells like cedarwood
and wild gooseberries.
And like the sea,
the beach and
like the fresh dew on cactuses.
And I smell the stars, the air
and life.
I always wished, that this was in fact
reality...
Hannah lebt in einem Traum, viel weiter darin als Aurore in ihrem, sie ist im Gegensatz zu ihr nicht Erschaffer der Traumrealität, sondern Teil des Geträumten. Auch sie ist auf der Suche, allerdings weiß sie auch nicht so genau, wonach eigentlich, sie merkt nur mit der Zeit, dass etwas fehlt. Hierin verbirgt sich noch viel mehr Coming-of-Age-Kram als in den anderen beiden Strängen, es wird auch hier ein bisschen um Wertephilosophie gehen. In Hannahs Werdegang verweben sich vor allem Sinn- und Verständnisfragen und das in Beziehung Setzen des Eigenen mit der Umwelt.
Der Hannah-Zyklus enthält die meisten Rollenspiel-Elemente, der Spieler wird sich in der Welt ziemlich frei bewegen können, darf vielleicht sogar in gewisser Hinsicht Kämpfe bestreiten (bin mir da aber noch nicht so sicher, ich halte nich so viel von Monsterklopperei).
Dazu sei gesagt: Auch, wenn Begriffe wie "Wertephilosophie" und solches Zeug sicher recht abschrecken mögen, der Anspruch an das Projekt ist es, Bedeutung zu verstecken, nicht sie zum einzigen Merkmal zu erheben. Es stehen schon das Spielerlebnis und das Geschichtenerzählen im Vordergrund, das Projekt soll unterhalten, nicht belehren oder sonst irgendwie intellektuell besonders herausfordernd sein.
Es wird dennoch sehr viel halbwegs literarisch motivierter oder poetizistischer (ein tolles Wort!) Kram verarbeitet werden und man wird als Spieler nicht umhin kommen, ein bisschen Gefallen an Zwischentönen, Metaphern und Abstraktionen mitzubringen. Story, Handlung und Beziehungen, Konflikte, Tension sollen aber trotz alledem klar und nicht abstrus artsy-fartsy sein. Das ließe sich mit den vorhandenen Materialien und meinen Fähigkeiten auch nicht verwirklichen.
Den Spieler erwarten lebendige, detailreiche Welten, die nur darauf warten, eine Vielzahl von Geschichten zu erzählen, und drei Charaktere, die zwischen all den vielen Geschichten und all der vielen Welt kaum wissen, wie verloren sie darin sind. Neben Ausflügen in mehrere reelle und erdachte Kulturbilder, einem Haufen Pathos und Melancholie und unzähligen Gedanken und Emotionen, die nur darauf warten, gedacht und empfunden zu werden, will vor allem eine ausgewogene und bedeutungsvolle musikalische Untermalung für abgerundete Unterhaltung sorgen.
Außerdem gibt es:
- viel Text, von dem man nicht alles lesen muss
- viele sinnträchtige und viele sinnlose Anekdoten
- einen großen Schwall an liebevoll zusammenposamentierter Poesie
- noch mehr Pathos
- sprechende Tiere
- sprechende Wesen, die keine Tiere, dafür ganz schön komisch sind
- Gedankenmonologe
- Wüste, so weit das Auge blickt
- Berge, die bis zur Sonne reichen
- unberührte Auen und Waldlandschaften
- eine moderne Stadt, die urbaner und ausdrucksstärker nicht sein könnte
- die Möglichkeit Träume und Realität zu erkunden
- einen Mandolinenmann
- ungefragte Cameo-Auftritte
Wer immer noch der Ansicht ist, zahlreiche Kampfsystem-Schlachten mit nervigem Battle-Theme-Gedudel in der Endlosschleife und On-Map-Echtzeitkämpfe in Hack-and-Slay-Manier würden zu einem guten Spiel gehören, wird hier wohl enttäuscht sein. Wenn es überhaupt zu grober Gewalt kommen wird, dann höchstens in Form von Ohrfeigen. Aber keine Angst; ohne Konflikte keine Spannung, ohne Spannung keine Unterhaltung - und je mehr Konflikte bestehen, umso mehr Auseinandersetzungen werden sich anbahnen. Dass diese auch auf andere, manchmal recht suspekte Weise geklärt werden können, dafür will dieses Projekt bürgen.
Ausbleiben werden außerdem belanglose Fillerdialoge, deren Existenz sich einzig darin begründet, dem Spieler die Illusion einzugeben, er wäre in der Spielwelt von Leben umgeben, obwohl "Hallo, ich stehe hier und grabe mit dem Zeigefinger nach Popeln." noch keine Daseinsberechtigung ist, schon gar nicht, wenn das Nasebohren die einzige Masche ist, mit der das NSCchen einen um den Finger wickeln will (pun intended, to be memorised).
Außerdem sucht man vergeblich nach:
- der Mission die Welt zu retten (ist auch ein ziemlich gemeiner Anspruch)
- sonstigen großen Abenteuern und Heldentaten
- Ruhm, Ehre, Reichtum, Macht und der Gunst der ersten Nacht
- einem Game-Over-Screen
- Speicherpunkten
- Heilschreinen
- besonders ulkigen Soundeffekten
- Drachen, vor allem solchen, die Feuer speihen
- Kindern, die im Wald verloren gegangen sind (nein wirklich, wer so doof ist, sich im Wald zu verlaufen, sollte nicht gesucht werden)
So ziemlich alles andere, was man sich so vorstellt, könnte man sogar finden. Ich bin dahingehend auch gern offen für kreative Vorschläge oder kleine Challenges.
Im Moment besteht vom Spiel noch nicht sehr viel mehr, als eine mittlerweile ziemlich umfangreiche Konzeption sowie etwa ein Drittel vom (ziemlich langen) Intro und etwas Spielwelt. Ich habe in den letzten Tagen intensiv mit der Umsetzung der Spielwelten begonnen, da ich vorerst an Drafting und Ruby-Scripts sowie anderer technischer Feinheiten alles beisammen habe, was ich dafür brauche, vielleicht kann ich bald sogar mit etwas Bildmaterial aufwarten oder mit einem fertiggestellten Intro (okay, das dauert tatsächlich noch eine Weile) erste einblicke bieten. Da es sich um ein sehr zeitaufwendiges Projekt handelt und ich nicht wirklich diszipliniert bin beziehungsweise auch noch ganz andere Sachen zu tun habe, wird das Projekt sicherlich entweder sehr lange brauchen, bis es in einem halbwegs vermarktbaren Stadium ist, es kann sogar sein, dass ich ziemlich schnell die Lust daran verliere, wie das leider vielen Projekten geht. Bis dahin bade ich aber in Zuversicht und hoffe, vielleicht ein wenig Interesse geweckt zu haben und sich der ein oder andere wirklich durch all den Text gequält hat, um mir mit etwas Meinung und Feedback zur Seite zu stehen.![]()