Ich habe das Spiel aus auf der Hand liegenden Gründen vor 1 1/2 Monaten wieder gestartet und sehr ausführlich gespielt. Einige Dinge sehe ich mittlerweile kritischer, andere kann ich dafür mehr zu schätzen wissen. Für mich ist es dieser eine Titel, bei dem ich den Begriff "Action-RPG" in seiner Quintessenz vom Klang her so viel passender finde, als bei irgendeinem anderen Spiel.
Ich habe darüber nachgedacht warum für mich DD deutlich mehr flutscht als typische Rollenspiele die man von Bethesda etc kennt. Und ich denke eines der Gründe ist dass DD tatsächlich wenig Downtime beinhaltet. Es gibt keine tiefgründigen Gespräche, keine elaborierte Hintergrundgeschichte für den eigenen Helden und anderen Figuren, auch dank dem innovativen Vasallen Feature was deutlich mehr auf Headcannon bei der Partygeschichte setzt. Die Exposition wichtiger NPC's findet rein über Gesprächsfetzen statt und vieles davon meist auch optional leicht verpassbar. Man ist in seiner Rolle fest, aber in seinem Expressionismus komplett frei. (so frei, dass man es in New Game+ Speedruns in unter einer Viertelstunde durchspielen kann)
Und dafür gibt es auch auf Gameplay-Seite viel zu entdecken, die Welt wurde von Hand gestaltet, nicht nach Baukasten Schema, überall finden sich tonnen von Truhen, die nicht einfach nur rumliegen (gut das auch teilweise) sondern teilweise wirklich knifflig versteckt sind, gerade in den Dungeons finde ich bei jedem Durchgang wieder was komplett neues. Auch hier meinen Respekt hat das Spiel, dass jeder Dungeon es schafft sich realistisch ins Spiel einzufügen und trotzdem mit eigenen Besonderheiten und interesannten Layouts lockt, häufig mit gut versteckten optionalen Wegen. Ohne das fantastische Sprungsystem, was sich einfach klasse und gewichtig anfühlt, wäre das wohl nicht möglich gewesen, so ist Dragons Dogma voll von meist optionalen Plattforming durchzogen was man nutzen muss wenn man die best verstecksteten Schätze finden will, das führt dazu dass man nicht einfach nur blindlings an allem vorbei läuft, weils eh nur einen Weg und eine Richtung gibt.
Es ist diese unheilige Allianz aus einem gestreamlinedten JRPG, aber gleichzeitig klassischen West-RPG's was die Möglichkeiten an Entscheidungen und Ausgängen betrifft. Das alles konsequent, manchmal auch unerbittlich in die Spielwelt eingebettet, wenn Quests nicht für den gesamten Spielverlauf zur Verfügung stehen, wenn man diese auf vielerlei Weise nicht "ideal" abschließen kann. Ich habe bei dem Spiel abermals viele neue Sachen gefunden und erfahren, auch im Austausch mit anderen Spielern. Es ist unglaublich wie viel Detail an vielen Stellen steckt, dabei ist DD schlussendlich nie das geworden, was es ursprünglich hätte werden sollen und trotzdem schockt die sonst biedere und trockene Präsentation am Ende
Mich stört mittlerweile am Gameplay dass man jeder Zeit Heilitems aus dem Inventar reinpfeifen kann und diese auch günstig zu haben sind. Aufgefangen wird das Feature aber durch die Traglast. Im Prinzip kann man sich mit vielen Heilitems vollkommen eindecken und damit für sich stehend durch Bosse heilen, in der Praxis beim normalen Spielen passiert das jedoch nicht, weil man dann nichts anderes mehr tragen kann und man vor allem viel Loot einsacken möchte. Nichtsdestotrotz wird wohl der Nachfolger diesen Kritikpunkt angehen dadurch dass die maximale Grenze die sich die HP heilen lassen, nach und nach nachlässt, wenn man sich nicht ausruht.
Auch hat mich das Balancing im Hauptspiel schwer irritiert, manche Kämpfe die ich sehr mühseelig in Erinnerung hatte, sind bereits nach wenigen Sekunden vorbei gewesen. Die Dark Arisen Expansion hat einige Dinge am Spiel geändert, aber scheinbar nicht die Kampfbegegnungen.
Deswegen hatte ich auch viele unspekakuläre eher platte Begegungen im Hauptspiel (wenn auch klar ist, dass ich mit meinem Wissen ich mir vieles leichter gemacht habe)
Glücklicherweise habe ich dann noch die Insel Finstergramm aus dem DLC gemacht und wow, das war wirklich vitalisierend, das war deutlich unerbittlicher plötzlich musste ich mir meine Kämpfe aussuchen und konnte mit einigen cleveren Tricks so manchen noch eigentlich zu starken Feind entledigen statt durch pure Muskelkraft.
Das ist allerdings auch der Moment wo einem das Spiel in eine Ausrüstungsgrindspirale zieht und wow, ich bin von mir selbst überrascht wie oft ich durch die Räume gelaufen bin um meine Party bestmöglich vorzubereiten die Manigfaltigkeit an möglichen Gegenständen die man zum "identifizieren" kann und der stärkere Fokus auf die Rift-Kristalle hat voll eingeschlagen und den dann doch eigentlich sehr kurzen Content derbe in die Länge gezogen, ich weiß nicht ob ich das eher positiv oder negativ anrechnen muss, da ich hier vor allem pur extrinsisch motiviert war. Auch wenn man dann das erste Mal Finstergramm bewältigt hat und dann ein zweites mal mit einem noch härteren Gegner-Layout durch darf + neuer Phase beim Final Boss hat diese "addiction" nicht aufgehört. (Wobei mich der Kampf gegen 2 wüste Wyrms, mit Dauer Meteor Spells fast zur Verzweiflung gebracht hat.)
Blöd nur dass der DLC Dungeon nach dem Endgame-Dungeon des Hautpspiels kommt, was sehr ungeschickt ist bedenkt man wie viele Lazarussteine man am Ende zusammen hat.
Das teilt Dragons Dogma für mich quasi schon in 2 Bereiche so traurig dieser Vergleich auch ist, da es an MMO's anmutet. Das "Endgame" was zu nem Dungeon-Crawler mutiert bei dem das Highlight das erklimmen von fetter Monster noch viel frequenter zum Vorschein kommt. Und das Open-World RPG, was vor allem spannend ist zu entschlüsseln, durchaus auch über mehrere Spieldurchläufe hinweg, da es quasi schon will dass man Dinge verpasst. Beide Teile können gleich lang sein, wenn man sich der Lootspirale am Ende hingibt oder die ein oder andere Beschwerlichkeit in Kauf nimmt, welche der Dark Arisen Erweiterung sowie die payed DLC's (die im PC Port z.B. schon direkt alle zur Verfügung stehen) leider deutlich entschlackt hat und ein bisschen vom Reisegefühl wegnehmen.
Dragons Dogma ist echt so'n weirder West-JRPG-Hybrid mit Vorliebe auf ne etwas nüchterne Darstellung des Mittelalters was dann aber oben drauf scheinbar willkürliche mythologische Elemente einführt. Doch die lebendige Atmosphäre des Spiels bleibt bis heute für mich unerreicht, aufgrund so vieler eigenwilliger Designentscheidungen, die das Ziel hatten eben schon einen Open-World Ansatz zu haben wo das reisen sich realistischer anfühlt, ich finde das Konzept nach wie vor stark ausbaufähig, aber das Spiel hat viele Dinge gewagt, die man in handelsüblichen (Action-)RPG's so nicht wieder findet, das zieht sich durch so viele Bereiche dass es sich für mich auch heutzutage noch sehr frisch anfühlt. (in welchen RPG kann man schon Key Items fälschen mit dem sich ganze Questlines bei einem weiteren Spieldurchgang überspringen lassen, andere dafür fehlgeschlagen?)
Bei allem was ich zu Teil 2 gelesen habe, soll es einen "Double-Down" auf diese Aspekte machen (noch weniger Questhilfen/Maker, begrenztere Schnellreise im Vergleich zur DA Erweiterung, Heilung limitert mit dem stärkeren Fokus aufs campen, noch frequenteres autosaving bei nur einem Spielstand)
Also die absolute anti-these zu Theme-Park A-RPG's ala Elden Ring, wo alles schnell und bequem vonstatten gehen muss. Auf so ein Spiel mit einem derartigen Produktionswert warte ich schon sehr lange.
Ich hoffe sehr dass sich all die guten Zeichen bewahrheiten.