Zitat Zitat von Glannaragh Beitrag anzeigen
Für "Deutschland" nimmt man oft 1517 an, also bis zum Thesenanschlag zu Wittenberg. Ablaßhandel gabs aber schon vorher, das war ja eines der Dinge, gegen die Luther sich gewandt hat.
Vereinfacht gesagt nimmt man das Jahr 1500 als Fixpunkt für das Ende des Mittelalters, auch wenn einige Historiker sagen, dass es sogar erst 1789 wirklich geendet hat. Die Fixierung auf das Jahr hat mehrere Gründe: Zum einen fand der Thesenanschlag Luthers 1517 in Wittenberg statt und beendete so die Einigkeit der Kirche im Abendland. Zum anderen werden aber auch die Daten 1450 (Buchdruck mit beweglichen Lettern), die Eroberung Konstantinopels 1453 (Ende des oströmischen Reiches) oder das Jahr 1492 (Entdeckung Amerikas) genannt.

Zitat Zitat von Skyter 21 Beitrag anzeigen
Ja, prinzipiell oder vielmehr theoretisch hatte man die Freiheit zu entscheiden ob man Gott folgt oder nicht. Rein praktisch gesehen wäre alles andere recht ungesund. Wurde den Kindern nicht allg. eine Gottesfürchtigkeit anerzogen?
Ach, es gab wesentlich mehr Sekten im Mittelalter, die relativ unbehelligt leben konnten. Sieht man einmal von den Extremfällen der Katherer und ähnlicher Gruppierungen ab, sind die meisten von denen meist gar nicht aufgefallen. Mit der Gottesfürchtigkeit ist das aber noch eine andere Sache. Dieser Aspekt lebte in Europa noch eine ganze Weile auf einer breiten Gesellschaftsbasis fort. So gab es während der Kaiserzeit und der Weimarer Republik beispielsweise auch die Zentrumspartei, die die Interessen der Katholiken vertrat und eine der stärksten politischen Kräfte war. Auch heute kann man das Selbstbild noch in der Parteienlandschaft wiederfinden, wenn man sich mal die Buchstaben CDU aufdröselt: Christlich Demokratische Union. Der Name kommt dabei auch nicht von ungefähr.

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Gut, für die Philosophie des Mittelalters ist das zu weit gegriffen. Aber betrachten wir es mal von der modernen Seite: Wäre ein Zustand neutralen Handelns, dafür ohne freien Willen, besser als unser jetztiger Zustand?
Aus Sicht der Kirche ändert sich ja nichts an ihrer Argumentationslinie. Das Weltbild wird ja nach wie vor durch die Gegensätze von Gut und Böse bestimmt. Zu dem anderen zitiere ich einmal Kant:

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Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
Gerade der freie Wille ist eines der Charakteristika, die meiner Meinung nach den Menschen auszeichnen. Auch wenn der Mensch Fehler macht, ist er immer in der Lage zu lernen. Zwar dauert dieser Lernprozess teilweise verdammt lange, aber ich würde da schon einige Besserungen im Vergleich zu früher erkennen.

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Ja, ich habe Faust I gelesen und Faust I & II als Theatheraufführung gesehen. Klar ist der Mensch, respektive Faust, ein Spielball zwischen Gut und Böse. Wenn man diese Theorie aus heutiger Sicht betrachtet, könnte Gott dem doch abhilfe schaffen oder etwa nicht?
Nicht, wenn man von einem Gleichgewicht der Kräfte ausgeht, bei dem der Teufel auf der anderen Seite immer wieder gegen ihn agiert.

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Von dieser Zeit weiß ich relativ wenig. Bis wann zählen denn Historiker das Mittelalter? 1400 oder 1500? In den Zeitraum hätte ich jetzt den Beginn der Ablasspolitik der Päpste gesetzt.
Siehe oben. Das Problem ist allerdings, dass die epochalen Grenzen allerdings fließend sind. Während in Deutschland teilweise noch tiefstes Mittelalter herrschte, hatte in Italien, wo die Päpste ihren Sitz hatten/ haben, schon die Renaissance eingesetzt, die man im Allgemeinen zur Frühen Neuzeit zählt.

Die Ablasspolitik ist sogar noch etwas komplizierter. Die gibt es nämlich in unterschiedlichen Härtegraden als kirchlichen Gerichtsbestandteil schon seit der Antike. Was wir heute unter dem Ablasshandel verstehen, ist allerdings das massvie Verkaufen der Ablassbriefe unter den Renaissancepäpsten.

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Und wie finanzieren sich die Kirchen in den USA?
Sie müssen als Institution keine Steuern zahlen und können Spenden beziehen.